Verfahren zur Herstellung geformter Gebilde. Die Herstellung von linearen Polyalkyl- harnstoffderivaten ist bis jetzt nicht befriedi gend gelungen, sogar sind vollkommen lineare Polyalkylharnstoffderivate bisher nicht mit Sicherheit bekannt.
Prinzipiell kann man hochmolekulare Stoffe von diesem Typus durch Einwirkung von aliphatischen primären Diaminen auf a.liphatisehe Diisocyanate her stellen, doch hat es sieh ergeben, dass die mei stens sehr reaktionsfähigen Diisocyanate mit den NH-Gruppen der gebildeten Harnstoff derivate unter Bildung von stark verzweigten Makromolekülen weiter reagieren (0. Bayer, Angew. Chemie 59A [1947] 257). Die also er haltenen Produkte sind denn auch nicht ge eignet für die Verarbeitung auf Fasern und Fäden. Auch andere Versuche haben nicht zu den gewünschten hochmolekularen linearen Produkten geführt.
Als Beispiele können ge nannt werden: die Einwirkung auf Diamine verschiedener Derivate und Substitutionspro- dukte der Kohlensäure (H2C03) wie Phosgen, CO2, Kohlensäureester usw.
Die Herstellung von linearen Polyalkyl- thioharnstoffderivaten ist bekannt. Man lässt dazu Diamine mit dazu geeigneten Derivaten von Dithiokarbonsäure, wie dithiokarbonamin- saure Ester, Thiophosgen, Schwefelkohlen stoff, Thiokarbaminsäure usw., unter verschie- o denen Umständen reagieren.
Die erhaltenen PolyalkZ-lthioharnstoffe besitzen gute faden bildende Eijenschaften, aber zeigen wegen ihres hohen Schwefelgehaltes verschiedene un angenehme Eigenschaften, wovon die wesent lichste ihre leichte Oxydierbarkeit ist.
Die vorliegende Erfindung bezieht sieh auf ein Verfahren zur Herstellung von ge formten Gebilden, wie Fasern, Bändern, Fil men, Folien, Röhren, profilierten und nicht profilierten Stäben und andern Gegenständen,<B>.</B> Drahtbekleidung usw.
Das erfindungsgemässe Verfahren ist da durch gekennzeichnet, dass man ein unterhalb seiner Zersetzungstemperatur schmelzendes lineares Polyharnstoffderivat, das die sich wiederholende Atomgruppierung -R-NH-C 0-NR'- aufweist, worin R ein organischer Rest und R' ein organischer Rest oder Wasserstoff sind,
und das erhalten wurde durch Erhitzen bis zum Aufhören der Schwefelwasserstoffent- wicklung eines linearen Polymonothiokarba- minats mit der sich wiederholenden Atom gruppierung -R'HN-R-NH-CO-SH- in der R und R' die oben angegebene Bedeu tung haben, in thermoplastischem Zustand verformt.
Der Rest R weist vorzugsweise mindestens 4 Atome auf und wenn er aliphatisch ist min destens 7 C-Atome. Ein Teil der aliphatischen Reste kann aber auch weniger als 7 C-Atome enthalten.
Die neuen, erfindungsgemäss als Ausgangs material verwendeten Polyharnstoffderivate können erhalten werden durch Erhitzen eines Polymonothiokarbaminats mit der sich wieder holenden Atomgruppierung -R'HN-R-NH-CO-SH- worin R und R' die oben angegebene Bedeu tung haben, bis zum Aufhören der Schwefel wasserstoffentwicklung. Die so erhaltenen Produkte sind dann ganz oder nahezu schwe felfrei und lassen sich in üblicher Weise zu Fäden und Fasern verarbeiten, welche nach kalter Streckung eine beträchtliche Festigkeit besitzen. Die Masse eignet sich auch, um in be kannter Weise, z.
B. durch Pressen, Spritzen, Giessen, Spritzgiessen oder Walzen, zu andern geformten Gegenständen, wie Filme, Folien, Röhren, profilierte oder nicht profilierte Stäbe oder andern Formstücken verarbeitet zu werden oder sie kann für Bekleidung, z. B. Kabelbekleidung, angewandt werden.
Die linearen Polymonothiokarbaminate von der obengenannten Formel können hergestellt werden durch Einwirkung von Kohlenoxy- sulfid oder von Kohlenoxysnilfid gebenden Verbindungen auf Diamine von der allge meinen Formel H'HN-R-NH- worin R und R' die oben angegebene Bedeu tung haben.
Die Reaktion zwischen dem Diamin und dem Kohlenoxysulfid erfolgt vorzugsweise in einem organischen Lösungsmittel bei Zimmer temperatur. Mit Vorteil nimmt man hierzu Lösungsmittel, in welchen das gebildete Poly- monothiokarbaminat sich nicht löst. Beispiele von geeigneten Lösungsmitteln sind Alkohole, Benzol, Xylol, Chloroform usw.
Die besonderen Vorteile des beschriebenen Verfahrens sind: 1. Die Mengen des Kohlenoxysulfids und Diamins brauchen nicht genau aufeinander abgestimmt zu werden. Auch mit überschüssi gem Kohlenoxysulfid wird doch nur 50 1/o der ursprünglich vorhandenen Aminogruppen in
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umgeestzt, weil die salzartig gebundenen Aminogruppen nicht mit Kohlenoxysulfid reagieren.
2. Die primär gebildeten Thiokarbaminat- salze sind sehr leicht in reinem Zustand zu erhalten und sind an sieh bei gewöhnlicher Temperatur lange Zeit haltbar.
3. Beim Zerfall der Thiokarbaminatsalze erfolgt unter Abspaltung von Schwefelwasser stoff ausschliesslich die Bildung des gewünsch ten linearen Polokondensats; Vernveigungen treten dabei nicht. auf.
Die Erhitzung der Thiokarbaminatsalze kann in verschiedener Weise ausgeführt wer den. Bereits bei mässiger Erhitzung findet langsame Abspaltung von Schwefelwasserstoff statt, doch es empfiehlt sieh durch Anwen dung von höheren Temperaturen, vorzugs weise über<B>1<I>000</I></B> C, die Polykondensationsreak- tion zu beschleunigen.
Auch kann man die Reaktion bei niedriger Temperatur beginnen - eventuell bei Anwesenheit von geeigneten Lösungsmitteln - und dann die Temperatur langsam steigern. Für die Herstellung von schwefelfreien Verbindungen soll die Erhit zung so lange durchgeführt werden, bis kein Schwefelwasserstoff mehr entweicht, z. B. ist die Erhitzungszeit von der Grössenordnung von 20 bis 150 Stunden bei einer Temperatur von 170 C oder von der Grössenordnung von 6 bis 50 Stunden bei 225 C oder sogar kürzer bei noch höherer Temperatur.
Bleibt man mit der zuletzt erreichten Reaktionstemperatur unter dem Schmelzpunkt des Polymers, so er hält man dieses in der Form eines homogenen weissen Pulvers, welches ausgezeichnet geeig net ist für die Herstellung geformter Gegen stände.
Wählt- man die letzte Reaktionstempe ratur über dem Selimelzptuil,:#t des Poly mers, dann entsteht eine homogene Schmelze, woraus auf Wunsch sofort in bekannter Weise Fäden zu erhalten sind, indem man. die genannte Schmelze in geschmolzenem Zustand durch eine Spinndüse presst und dann die gebildeten Fäden kalt. streekt. 1Tan kann die Erhitzung in einem geschlossenen System doch auch bei gewöhnlichem Druck oder in Vakuum ausfüh ren, wobei der gebildete Schwefelwasserstoff ununterbrochen entfernt wird.
Obwohl nicht unbedingt notwendig, empfiehlt es sich bei der Polykondensation die gebräuchliche Vor sieht zu beachten und unter anderem für die Abwesenheit von Sauerstoff zn sorgen. Schliesslich kann die Erhitzung in einem ge eigneten Lösungsmittel, wie z. B. Phenol, Kre- solen, Xylenolen usw., ausgeführt werden.
Für das Verfahren nach der Erfindung kommen als Diamine alle aliphatischen und nicht aliphatischen diprimären Diamine in Betracht mit einem solchen Abstand zwischen den NIL,-Gruppen, dass bei der beschriebenen Reaktipn Ringschliessung nicht oder kaum auftritt, z.
B. 1,4-Diaminobutan, 1,5-Diamino- pentan, 1,6-Diaminohexan usw.; weiter mit Meta- und Paraphenylendiamin, p,p'-Diamino- diphenyl, Q,Q'-Diamino-p-xylen, Q,.C-Di- amino-p,p'-diäthyl-benzen, f',ss'-Diamino-di- äthyl-äther, ss,Y-Diamino-diäthyl-siloxan, 2- Aminomethyl-4-amino-furan usw.
Es hat sich ergeben, dass die niedrigen ali- phatischen diprimären Diamine (mit maxi mal 6 Kohlenstoffatomen) ihrer sehr hohen Schmelzpunkte wegen als solche nicht beson ders geeignet sind für die technische Verar beitung auf Fasern usw., weil die daraus ge bildeten Polyharnstoffe sich beim Erhitzen leicht zersetzen. Die Schmelzpunkte der Pro dukte, welche aus höheren aliphatisehen dipri- mären Diaminen (mit mehr als 6 Kohlenstoff atomen) erhalten werden können, sind derart, dass bei der Verarbeitung kein Zerfall auf tritt.
Es hat sich auch ergeben, dass disekundäre Diamine (z. B. N,N'-di-Methylhexamethyl- diamin) an sich für die Herstellung der ge wünschten Polyharnstoffderivate weniger ge eignet sind. Wohl kann man ein gemischtes i primärsekundäres Diamin hierzu gebrauchen (z.
B. N-Methylhexamethylen-diamin). Beson ders vorteilhaft ist die Anwendung von variierten Gemischen von diprimären Diami nen und von diprimären Diaminen mit ge n mischten primärsekundären Diaminen, weil hiermit ohne Verlust der günstigen Eigen schaften eine Erniedrigung des Schmelzpunk tes der Endprodukte erhalten werden kann.
Ein anderer Vorteil bei der Anwendung der genannten Mischungen ist, dass in dieser Weise auch die aliphatischen diprimären Diamine mit 4 bis 6 C-Atomen, welche an sich weniger geeignet sind, zu gemischten Polyharnstoffen mit Schmelzpunkten, welche die Weiterver arbeitung nicht durch Zersetzung beeinträch tigen, umgesetzt werden können. Hierdurch können auch die andern physikalischen und mechanischen Eigenschaften der Endpro dukte nach Wunsch geändert werden. Selbst verständlich ist es auch möglich, die einzeln gebildeten Polymonothiokarbaminate vor der Umsetzung zu Polyharnstoffen miteinander zu vermischen.
Weiter sind auch Diamine, welche Hetero- atome, wie Sauerstoff und Silizium, in den Kohlenstoffketten enthalten, für die Durch führung des Verfahrens nach der Erfindung geeignet.
Bei dem vorliegenden Verfahren ist es möglich, die mittlere Kettenlänge des Polykon- densationsproduktes innerhalb weiten Grenzen dadurch zu variieren, dass man eine ganz kleine Menge eines primären oder sekundären Amins (in der Ordnung von 0,5 % der Ge samtmenge Diamine und weniger) zufügt. Hierbei dient dann das primäre oder sekun däre Amin als Unterbrecher der kettenbilden den Reaktion, indem es indifferente Endgrup- pen bildet. Das Verfahren möge durch fol gende Beispiele näher erläutert werden.
Beispiet <I>1:</I> In eine Lösung von 172 g Dekamethylen- diamin in 2 Liter Alkohol leitete man COS so lange ein, bis es nicht weiter durch die Lö sung aufgenommen wurde. Es schied sich so fort ein weisser kristalliner Niederschlag des Polymonothiokarbaminats ab, dessen Menge nach Aufnahme der theoretisch benötigten Menge COS (60 g) nicht mehr zunahm. Wäh rend des Einleitens des COS wurde gut ge kühlt, weil bei der auftretenden Reaktion Wärme entwickelt wird.
Nachdem die Reak tionsmischung noch 3 Stunden bei Zimmer temperatur stehengelassen wurde, filtrierte man das abgeschiedene Salz ab, das in Va- kaum über konzentrierter H2S04 getrocknet wurde. Die Ausbeute war quantitativ. Schmelz punkt des Salzes 213 bis 215 C (unter Zer setzung). Die Bestimmung des Schmelzpunk tes hat schnell und in einem vorgewärmten Bade zu geschehen, weil bereits weit unterhalb des Schmelzpunktes H2S-Entwicklung unter Bildung von linearem Poly-dekamethylenharn- stoff stattfindet.
Die Umsetzung des Polythiokarbaminat- salzes zum linearen Polydekamethylenharn- stoff geschah folgendermassen: Das Salz wurde während 5 Stunden in einem Druckgefäss auf 170 C in N2-Atmosphäre erhitzt. Hiernach wurde der Druck abgelassen und nochmals 5 Stunden, jetzt auf 2l.5 C, erhitzt. Es wurde dann keine weitere 112S-Bildung mehr beob achtet. Der Polydekamethylenharnstoff wurde in dieser Weise als ein in Wasser unlösliches, nahezu farbloses Pulver mit Schmelzpunkt 235 bis 240 C erhalten.
Aus der zähen Schmelze wurden Fäden gezogen und deren Festigkeit durch kaltes Strecken erheblich verbessert.
<I>Beispiel 2:</I> Das nach Beispiel 1 aus Dekamethylendi- amin und COS erhaltene Polymonothiokarba- minatsalz wurde während 5 Stunden in Va kuum auf etwa. 250 C erhitzt, bis keine H2S-Bildung mehr auftrat. Der entstandene Polydekamethylenharnstoff bildete eine zähe Schmelze, aus der Fäden mit guten Eigen schaften herzustellen waren, indem man die Schmelze durch eine Spinndüse presste und die Fäden kalt streckte.
Beispiel <I>3:</I> Wie im Beispiel 1 wurde in eine Lösung von N-Methylhexamethy lendiamin in Toluol COS eingeleitet, bis kein Niederschlag mehr entstand. Das entstandene Salz
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besass einen Schmelzpunkt von etwa 60 C. Es ist eine einigermassen klebrige Masse, wel che Spuren Lösungsmittel hartnäckig festhält.
Bei fortdauernder Erhitzung- in einem Druck gefäss auf etwa 180 C in N2-Atmosphäre wurde eine in Wasser unlösliche sehr zähe Masse mit der Bruttozusammensetzung
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erhalten, die wie in den vorangehenden Bei spielen zu Fäden verformt wurde.
<I>Beispiel</I> Wie im Beispiel 1 leitete man in eine Lösung von äquimolekularen Mengen Hexa- methylendiamin und Dekamethylendiamin in Toluol -COS ein, bis dasselbe nicht mehr auf genommen wurde. Das erhaltene Aminothio- karbaminatsalz hatte einen Schmelzpunkt von 152 bis 155 C. Bei fortdauernder Erhitzung in Vakuum auf etwa 180 C wurde ein weisses pulverartiges und in Wasser unlösliches Pro dukt mit einem Schmelzpunkt von etwa 195 C erhalten.
Die Analyse dieses Produk tes stimmte überein mit der Bruttoformel:
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Es wurde durch Schmelzen und Verformen i in thermoplastischem Zustand in geformte Gebilde übergeführt.
Beispiel <I>5:</I> In ähnlicher Weise wie im Beispiel 4 wurde aus einer Mischung von 85 Mol o/o Hexamethylendiamin und 15 Mol 1/o N-Methyl- hexamethylendiamin ein Aminothiokarbami- natsalz mit einem Schmelzpunkt von 247 bis 252 C erhalten. Das hieraus nach Erhitzung gemäss einem der beschriebenen Beispiele er haltene Polymer schmolz bei 295 C. Es wurde im Schmelzfluss zu Fäden versponnen.
<I>Beispiel 6:</I> 20 Gramm Poly monothiokarbaminatsalz, er halten aus Dekamethylendiamin und COS nach Beispiel 1. wurde aufgelöst in 1 Liter Metakresol vom Siedepunkt 202 C. Diese Lö sung wurde am Rückflusskühler unter einer reinen N2-Atmosphäre bei normalem Drnek zum Sieden erhitzt, wodurch das Karbaminat in ein Polyharnstoffderivat umgewandelt. wurde.
Am Anfang entweicht viel H2S, doch nimmt die Entwicklung allmählich ab; nach 6 Stunden Erhitzen ist der Schwefelgehalt der gelösten Stoffe noch 2 % und erst nach 24 Stunden entweicht kein H2S mehr, und die Lösung, welche während des ganzen Ver fahrens homogen war, ist schwefelfrei. Etwa 90 % des 1Ietakresols werden im Vakuum abdestilliert; (las Polyharnstoffderivat wird durch Zufügen von überschüssigem Methanol ausgefällt und dann filtriert und mit Metha nol gewaschen.
Nach Trocknen im Vakuum war der Schmelzpunkt des Polyharnstoffderi- vates 240 bis 250 C. Es wurde geschmolzen und im thermoplastischen Zustand zu Fäden versponnen.