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Verfahren zur Herstellung von Polyurethanen Gegenstand des Patents
912 863 ist ein Verfahren zur Herstellung von Polyurethanen. Das Verfahren ist dadurch
gekennzeichnet, daß man die Di-chlorkohlensäureester von Diolen der allgemeinen
Formel X (OH) 2, in der X einen zweiwertigen aliphatischen Kohlenwasserstoffrest
bedeutet, der mindestens vier Glieder besitzt und durch Heteroatome oder Heteroatomgruppen
unterbrochen sein kann, mit Diaminen in Gegenwart von säurebindenden Mitteln oder
überschüssigem Diamin umsetzt.
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Dieses Verfahren ist weitgehend anwendungsfähig insofern, als nicht
nur Polyurethane aus primären Diaminen, sondern auch solche aus sekundären Diaminen,
wie z. B. N, N'-Dibutylhexamethylendiamin, hergestellt werden können. Die bisher
erwähnten Polyurethane aus disekundären Diaminen sind sehr weiche und in organischen
Lösungsmitteln im allgemeinen leicht lösliche Stoffe, die sich für manche Verwendungszwecke,
z. B. Lacke, sehr gut eignen, für die Gewinnung von Fasern und Flächengebilden aber
kaum in Betracht kommen.
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Es wurde nun gefunden, daß man neue, technisch wertvolle, durch Reckung
vergütbare lineare Polyurethane erhält, wenn man bei der Umsetzung von Dichlorkohlensäureestern
mit
Diaminen in Gegenwart säurebindender Stoffe nach dem Hauptpatent als Diamin zumindest
teilweise Piperazin verwendet. Schon die glatte Bildung hochpolymerer Stoffe ist
in diesem Falle überraschend, nachdem bekannt ist, daß im Piperazin die beiden Stickstoffatome
sich gewöhnlich nicht gleichwertig verhalten. Mit diesem Umstand dürfte auch die
Tatsache zusammenhängen, daß gute Polycarbonamide aus Piperazin und Dicarbonsäuren
nur verhältnismäßig schwer und in manchen Fällen auch gar nicht zu erhalten sind,
weshalb man schon vorgeschlagen hat, den Piperazinrest erst in die Kette eines bifunktionelien
Stoffes in amidartiger Bindung einzufügen und das gewonnene Kondensationsprodukt
dann mit geeigneten Ergänzungskomponenten zu polykondensieren. Hierbei wurden dann
gut spinnbare Polyamidverbindungen erhalten. Demgegenüber ist es überraschend, daß
die aus Piperazin nach dem Verfahren des Patents gi2 863 erhältlichen Polyurethane
sich durch besonders gutes Faden- und Filmbildungsvermögen auszeichnen, obwohl sie
keinen an LTrethanstickstoff gebundenden Wasserstoff aufweisen. Gleichzeitig zeigen
diese Polyurethane des Piperazins noch gute Löslichkeit in wichtigen Lösungsmitteln,
z. B. Methylenchlorid, so daß sie nicht nur aus der Schmelze oder im thermoplastischen
Zustande, sondern auch aus Lösungen verarbeitet werden können. Die Polyurethane
nach der Erfindung haben noch den weiteren Vorzug einer verhältnismäßig guten thermischen
Beständigkeit, sofern die eingebautenGlykolreste nicht an sich schon zur Vercrackung
neigen. Unerwünschte Vernetzungen können weder bei der Herstellung noch als Folge
einer thermischen Zersetzung auftreten. Auch die chemische Beständigkeit, insbesondere
gegen saure und alkalische Hydrolyse ist recht gut.
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Für die Gewinnung der Polyurethane des Piperazins sind an sich beliebige
Di-chlorkohlensäureester und Gemische von solchen geeignet, z. B. die Di-chlorkohlensäureester
des Tetramethylen-, Hexamethylen- und f-Methyl-hexamethylenglykols, des Thiodiglykols,
des p-Xylylenglykols und des «o, v,)'-Dioxy-p-dipropylbenzols.
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Sehr wertvoll wegen ihrer hohen Schmelzpunkte sind die Polyurethane
des Piperazins mit den Di-chlorkohlensäureestern aus Tetramethylenglykol und aus
aromatischen Glykolen, in denen die endständig hydroxylierten Oxyalkylgruppen sich
in p-Stellung befinden. Bevorzugt sind im letzteren Falle Verbindungen, in denen
die alkoholischen Hydroxylgruppen vom aromatischen Kern durch zwei oder besser mehr
Kohlenstoffatome getrennt sind. Ein Teil des Piperazins kann auch durch andere Diamine,
z. B. Tetramethylendiamin oder o), a)'-Diamino-p-diäthylbenzol, ersetzt werden.
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Die Arbeitsweise bei der Herstellung der Polymeren ist im wesentlichen
dieselbe wie beim Verfahren des Hauptpatents. Als halogenwasserstoffbindende Mittel
werden zweckmäßig Alkalihydroxyd oder Alkalicarbonat verwendet. Es kann vorteilhaft
sein, einen Teil dieser Alkalien durch einen Piperazinüberschuß zu ersetzen. Zweckmäßig
verwendet man die Elektrolyte in einer solchen Konzentration, daß das Piperazin
zum Teil ausgesalzen wird. Als Verdünnungsmittel für das Chlcrid lzcirmcn indifferente
Lösungsmittel, wie Mcthylenchlorid, Tetrahydrofuran oder Benzol, in Frage. Die Reaktionstemperaturen
werden während des Zusammengehens der Teilnehmer zweckmäßig zwischen o und etwa
io° gehalten. Gegen Ende der Reaktion kann die Temperatur auf 3o bis 40° oder noch
höher gesteigert werden.
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Die Polyurethane nach der Erfindung eignen sich, wie bereits erwähnt,
besonders gut zur Verarbeitung auf Fasern und Flächengebilde, wobei sämtliche bekannten
Verformungsverfahren in Betracht kommen. Bei der Verspinnung kann es zweckmäßig
sein, geringe Mengen wasserlöslicher Weichmacher, z. B. aliphatische Amide, wie
N-Methyl-a-pyrrolidon, N-Formyl-pyrroiidin, oder Acetale, wie Trimethyloläthanmonoformal
der Formel
zuzufügen. Durch diese Weichmacher wird sowohl die Verspinnung als auch die Vergütung
durch Recken oder Verwalzen erleichtert. Nachträglich können die Weichmacher durch
Auswässern wieder entfernt werden. Auch bei der thermoplastischen Verarbeitung auf
der Walze sind solche Zusätze von Vorteil.
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Bei der Verarbeitung aus der Schmelze empfiehlt es sich, bei Temperaturen
oberhalb 15o bis i6o° den Luftsauerstoff auszuschließen, obwohl die Polymeren nach
der Erfindung verhältnismäßig wenig sauerstoffempfindlich sind. Infolge ihres verhältnismäßig
breiten thermoplastischen Bereiches sind die erfindungsgemäß hergestellten linearen
Polyurethane besonders für die Verformung nach dem Spritzgußverfahren und ähnlichen
thermoplastischen Verformungsverfahren geeignet.
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Beispiele i. Zu einer wäßrigen, etwa io°/oigen Lösung von 1/2 Mol
Piperazin gibt man 2,2 Mol Natronlauge in 3o°/oiger Lösung und tropft bei 2o° i
Mol Hexani, 4-diol-di-chlorkohlensäureester, gelöst in 2 Teilen Tetrahydrofuran,
unter heftigem Turbinieren zu. Das Polyurethan scheidet sich als farblose, faserig-flockige
Masse ab. Die trockene Substanz, die durch wiederholtes Ausziehen mit heißem Wasser
gereinigt wird, schmilzt bei iio°. Sie löst sich leicht in der Kälte in Methylenchlorid
und Eisessig, mäßig gut in Äthylenchlorhydrin. Pyridin und Äthanol lösen erst in
der Wärme. In flockigem Zustand nimmt das Polyurethan bei 2o° und 92 "/o relativer
Feuchtigkeit nur 2,3 °;l o Wasser auf. Die Schmelze kann längere Zeit ohne Zersetzung
auf Zoo' erhitzt werden. Bei 24o° ist nach etwa 1/2 Stunde beginnende Kohlendioxydentwicklung
festzustellen.
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Erhitzt man das geschmolzene Polyurethan zur Befreiung von eingeschlossenen
Gasen 1/2 Stunde bei io mm auf 18o°, so erhält man beim anschließenden Auspressen
durch eine Düse von i,o mm Durchmesser in kaltes Wasser einen klar durchsichtigen
Draht, der sich durch Recken verfestigen läßt. Die verstreckten Fäden zeigen hohe
Festigkeit und sind verliältnis:n-"ißig
weich. Sie eignen sich besonders
gut zur Verwendung als Angelleinen.
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Die gereckten Drähte liefern bei der Feinstrukturaufnahmeein außergewöhnlich
punktreiches Diagramm in Übereinstimmung mit der ausgezeichneten Orientierbarkeit
des Materials. Die Faserperiode beträgt 15,4 A-Einheiten. Derselbe Abstand ist auch
dem Molekülmodell zu entnehmen. Offenbar gehört die Elementarzelle dem triklinen
System an.
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2. In eine wäßrige Lösung von 2,6 Mol 2 n-NaOH tropft man unter heftigem
Rühren bei o bis 1o° gleichzeitig äquivalente Mengen einer konzentrierten wäßrigen
Lösung von Piperazin und 1 Mol Butan-1, 4-dioldi-chlorkohlensäureester, gelöst in
1,5 Teilen Benzol, ein. Nach beendigter Zugabe läßt man die Temperatur auf 3o bis
40° steigen und hält noch auf dieser Höhe 1 Stunde. Man neutralisiert die Flüssigkeit
mit Essigsäure, treibt das Benzol mit Wasserdampf ab und filtriert heiß. Das so
erhaltene flockige Polyurethan schmilzt bei etwa 21o° nach vorausgehendem Sintern,
also wesentlich höher als das nach Beispiel 1 bearbeitete. Die wäßrige Mutterlauge
enthält geringe Mengen eines aus Wasser kristallisierbaren und sublimierbaren, nach
vorausgehendem Sintern bei 19o° schmelzenden Stoffes, der wahrscheinlich das monomere
cyclische Diurethan darstellt. Die Bildung dieses Stoffes ist begünstigt, wenn das
Piperazin sich im Unterschuß befindet.
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Die Schmelze des Polyurethans läßt sich bei 225° auf Fäden verspinnen,
die durch Kaltrecken vergütet und durch Kochen mit Wasser und Spannung fixiert werden
können. Die so gewonnenen Fäden sind kochbeständig und eignen sich z. B. sehr gut
zur Verwendung als chirurgische Nähfäden. Im Methylenchlorid ist das Polyurethan
löslich.
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Verwendet man an Stelle des Butandioldichlorkohlensäureesters den
Pentan-1, 5-dioldichlorkohlensäureester, so entsteht ein Polyurethan, das dem nach
Beispiel i gewonnenen ähnelt. Es schmilzt bei 12o bis 123° nach Sintern ab 117°.