Verfahren zur Herstellung kaltverformter Bewelirungseisen. Als Bewehrungseisen für bewehrte Beton konstruktionen wird gewöhnlich ein kohlen stoffarmer, heissgewalzter Stahl (St. 37) mit einer Fliessgrenze von etwa 2400 kg/cm' und einer Bruchdehnung von etwa 20% und dar über zur Anwendung gebracht, und der Koh lenstoffgehalt des Stahls beträgt gewöhnlich 0,10%.
Es ist bekannt, Stahl zur Verwendung in bewehrten Betonkonstruktionen entweder durch Verwindung, Walzen oder Ziehen einer Kaltbearbeitung zu unterwerfen, wodurch die Festigkeit des Stahls verbessert wird, so dass man infolgedessen aus einer grösseren zulässigen Beanspruchung heraus bemessen kann, aber gleichzeitig hat die Kaltbearbei tung die nachteilige Folge, dass die Bruch dehnung verringert wird, wodurch dem Um4 fang der Kaltbearbeitung und dadurch der erreichbaren Festigkeitserhöhung eine Grenze gesetzt ist.
Während der Verwindung setzt man häu fig das Eisen einer Zugspannung aus, um zu verhüten, dass es sich krümmt. Dadurch er reicht man, dass die Stangen ein nettes Aus sehen bekommen, und dass die Versuchsergeb nisse an geraden Stangen natürlich gleich artiger werden als an krummen Stangen. Bei Verwindung wird das Eisen sich in der Regel um etwa 0,3 ,wo strecken, welche Streckung infolge der Zugbeanspruchung während der Verwindung etwas erhöht werden kann.
Bei Zusammenverwindung von zwei oder mehre ren Stangen, wo der Abstand zwischen den Endpunkten der Eisen während der Verwina dung konstant gehalten wird, werden die äussersten Fasern gleichzeitig mit der -Ver windung eine Streckung erfahren.
Es hat sich indessen nun erwiesen, dass es möglich ist, die Fliessgrenze des Stahls durch eine besondere Kaltbearbeitung we sentlich mehr als bei den bisher bekannten Deformationsverfahren zu heben, ohne dass die Bruchdehnung dadurch im selben Masse abnimmt, wie dies bei der üblichen Kaltver formung der Fall ist. Dies wird erfindungs- gemäss dadurch erreicht, dass man den Be- wehrungsstab zwei verschiedenen Kaltverfor mungen unterwirft, von denen die erste eine Kaltstreckung, die zweite aber solcher Arü ist, dass die Verformung eine Bewegungs komponente in der Querrichtung der Stab achse hat.
Die zweite Kaltverformung kann eine Kaltverwindunoder ein Kaltwalzen sein.
Die günstigste Festigkeitserhöhung er reicht man nach diesem Verfahren, wenn man bei der ersten Kaltverformung den Stab gerade so viel streckt, dass die dadurch er zeugte Verlängerung derjenigen des Stahls während des Fliessens, d. h. dem ganzen zak- kigen Stück des Zugdiagrammes des Stahls entspricht, welche Dehnung bei weichem Stahl 4-7ö betragen kann.
Beim Strecken weichen Stahls erfolgt die Verformung so, dass im Material die bekann ten Gleitflächen entstehen, die gewöhnlich einen Winkel von etwa 45' mit der Be wegungsrichtung bilden. Während des Glei- tgins wird diese Gleitfläche verfestigt und ]ei stet darauf grösseren 'Viderstand gegen wei teres Gleiten. In dieser Weise lässt sich die bei der Verformung eintretende Festigkeits erhöhung erklären.
Die ersten Gleitungen in einer Stahlstange finden in einem sehr engen Gebiet der Stange statt, so dass die Stange dadurch an der Stelle, wo die Gleitung statt gefunden hat, dünner und stärker ist, wäh rend der restliche Teil der Stange noch nicht verformt ist und daher auch keine Festig keitserhöhung erfahren hat. Beim weiteren Strecken erfolgt die Verformung (Gleitung) daher an einer neuen Stelle der Stange, bis alle Teile der Stange verformt sind und daher eine Festigkeitserhöhung erfahren haben.
Jedesmal wenn eine Gleitung in noch nicht verformtem Material einsetzt, wird die Stange so plötzlich gedehnt, dass die Zug kraft ein wenig verringert wird. Man erhält daher zu Beginn des Zugdiagrammes ein zak# kiel--es Gebiet (die Fliessgrenze oder die Streckgrenze).
Um sämtliche Teile der Stange zu verformen, ist. eine Gesamtdehnung von etwa 4-7,1für weichen Stahl erfor- derlicli. Wird die Stange über die Fliess grenze hinaus gestreckt, finden Gleitungen an bereits blockierten Gleitflächen statt, wo durch zweifache oder vielfache Verfesti gungen entstehen, die zur Folge haben, dass die Festigkeit der Stange noch weiter erhöht wird.
Infolgedessen wird das Material während eines Streckens über den ganzen Querschnitt gleichartig verformt;, da die Gleitung und did Festigkeitserhöhungen sowohl im Kern den Stange als auch in den äussern Schichten von derselben Grüsse sind. Während einer Ver windung dagegen gleiten die äussern Schich ten wesentlich mehr gegeneinander als die innern, und im Kern selbst ist die Verfor mung sehr gering. Die Verwindung bewirkt daher eine grosse Festigkeitserhöhung in den äussern Schichten und fast keine in der Mitte. also eine ungleichartige Festigkeit. über den Querschnitt.
Dies hat. zur Folge, dass man bei einer Streckung durch Kraftre und Deh nungsmessung genau kontrollieren kann, wann man die Fliessgrenze überschreitet; bei einer Verwindung ist dies aber nicht möglich.
Unternimmt man nun nach einer Strek- kung der Stange eine nachfolgende Verwin dung, kann man hierfür ein 'Material verwen den, das entweder a) bei kleinen Streckgra den, d. h. kleineren Streckgraden als die Ver längerung der Fliessgrenze, oder b) bei Streck graden, die gerade der Verlängerung der Fliessgrenze entsprechen, oder aber c) bei hohen Streckgraden vorgestreckt gewesen ist, die wesentlich über der Verlängerung der Fliessgrenze liegen. Die Wirkung dieser ver schiedenen Arten der Kaltverformung geht aus dem Nachstehenden hervor.
a) Material, das unter die Verlängerung der Fliessgrenze gestreckt ist, wird an ein zelnen Stellen, nämlich dort, wo Gleitflächen vorhanden sind, Verwindung gegenüber hart und widerstandsfähig und an andern Stellen nicht. verformt und daher Verwindung gegen über weich und empfindlich sein. Wird eine solche Stange verwunden, werden daher die weichen Teile, die nicht gestreckt wurden und daher der Verwindung gegenüber beson- ders empfindlich sind, zuerst verwunden wer den, wonach die gestreckten Teile verwunden werden. Das Material wird infolgedessen un gleichartig und nicht wesentlich stärker wer den als eine Stange, die nur einer normalen Verwindung ausgesetzt gewesen ist, da einige Scheiben oder Teile der Stange verwunden sind, ohne erst gestreckt zu sein.
b) Setzt man dagegen eine gerade bei einem der Verlängerung der Fliessgrenze ent sprechenden Streckgrad gestreckte Stahl stange einer Verwindung aus, werden sämt liche Teile der Stange gleichartig verformt sein, so dass. die nachfolgende Verwindung gleichmässig über die ganze Stange verteilt wird, was wiederum heisst, dass die Festig keitserhöhung auch gleichmässig verteilt wird.
Bei dieser Behandlung hat der ganze Querschnitt der Stange eine gewisse Festig keitserhöhung erfahren, bevor die Verwin dung beginnt, so dass auch die neutrale Zone in der Mitte der Stange stärker geworden ist, als es bei einer Verwindung allein der Fall ist, und gleichzeitig setzt die grössere Festigkeitserhöhung, die gewöhnlich erst nach Verlängerung der Fliessgrenze einsetzt, nun sofort bei beginnender Verwindung ein. Hier durch wird schon bei niedrigerem Verwin- dungsgrad eine wesentlich grössere Festig keitserhöhung erreicht, als die bei Verwin dung allein erreichbare.
Ferner vermeidet man auch die gefährlichen Torsionsrisse, die bei zu übertriebener Verwindung entstehen.
c) Wird schliesslich ein weicher Stahl, der vorher wesentlich über die Verlängerung der Fliessgrenze hinaus gestreckt gewesen ist, verwunden, hat man schon im voraus beim Anfang der Verwindung eine entsprechende Festigkeitserhöhung des Materials, und die Verwindung kann daher nicht lange fortge setzt werden, bevor eine Verformungssprö- digkeit sich geltend macht. Derart behandelte Stangen werden daher nicht so gute Festig keitseigenschaften erreichen können wie ein Material, das wie unter b) beschrieben be handelt ist.
Wird ein Material gleichzeitig gedehnt und verwunden, wird jede Verwindung, die einsetzt, bevor die ganze Verlängerung der Fliessgrenze durchlaufen ist, Vorgänge zur Folge haben, die mit den unter a) beschriebe nen analog sind. Man wird daher keine Festigkeitserhöhungen erreichen können, die nennenswert höher sind als die durch Ver windung allein. erreichten.
Die nach dem beschriebenen Verfahren er-, reichbare Verfestigung ist bei geeignet legier tem Stahl grösser. Ferner kann man den Stahl einer Wärmebehandlung unterwerfen, um ihm ein besonders feinkörniges Gefüge bei zubringen.
Die Verwindung kann entweder als eine einzelne Verwindung in ein und dieselbe Richtung ausgeführt werden, sie kann aber auch in immer hin und her gehende Richtung oder so ausgeführt werden, dass man erst einigemal hin und her verwindet, bevor die endgültige Verwindung in ein und dieselbd Richtung einsetzt.
Es hat sich erwiesen, dass die Verwin dung auch nach einer Verstreckung am beste bei einer gewissen Zugspannung ausgeführt wird, um eine Krümmung der Stange zu ver meiden.
Statt durch die beschriebene, aus einer Kaltstreckung und einer Verwindung be stehenden kombinierten Kaltbearbeitung, kann die beabsichtigte Verbesserung der Festig keitseigenschaften des Materials auch da durch erreicht werden, dass man jede andere Kaltverformung, die eine Bewegungskompo nente in der Querrichtung des Stahls hat, der Kaltstreckung folgen lässt. Als Ausgangs material kann sowohl weicher Stahl als ge gebenenfalls legierter Stahl zur Anwendung gelangen.
Aus dem Vorstehenden geht hervor, dass das beste Ergebnis durch eine Kaltbearbei tung erreicht wird, die aus einer Streckung mit einer Dehnung besteht, die wesentlich der Verlängerung der Fliessgrenze entspricht und von einer Verwindung gefolgt wird, der ge gebenenfalls .durch andere Verformungsver- fa,hren mit Bewegungskomponenten in der Querrichtung, wie zum Beispiel Walzen oder der--leicllen, ersetzt. oder damit kombiniert. werden kann.
Es hat sich gezeigt, dass es durch Anwen dung des Verfahrens nach der Erfindung möglich ist, die Fliessgrenze und die Bruch- dehnunb 10- 0ö über die Werte hinaus zu erhöhen, die durch eine gewöhnliche Verwin dung mit weichem Stahl erreicht werden kön nen. Wenn dagegen Ausgangsmaterialien einer besonders giinstigen Legierung zur An wendung gelangen, kann man durch das Ver fahren nach der Erfindtmg Erhöhun;-en von etwa <B>25,ö</B> und darüber erreichen.
Die Vor- streekung des Stahls kann in der Verwin- dungsmasehine als eine einleitende Operation bequem vorgenommen werden, wenn das Eisen in derselben eingespannt ist.