-
Verfahren zur Verbesserung der Festigkeitseigenschaften eines stabförmiqen
Bewehrunqseisens Als Bewehrungseisen bei Eisenbetonkonstruktionen wird allgemein
ein kohlenstoffarmes, heiß gewalztes Eisen (Stahl 37) mit einer Fließgrenze
von etwa 2d.oo kg/cm2 und einer Bruchdehnung von etwa 2o% und darüber verwendet,
wobei der Kohlenstoffgehalt des Eisens gewöhnlich um o,r % beträgt. Es ist bekannt,
Eisen zur Verwendung bei Eisenbetonkonstruktionen entweder durch Verwinden, Walzen
oder Ziehen kalt zu verarbeiten, wodurch die Festigkeit des Eisens erhöht wird,
so daß man es infolgedessen einer größeren zulässigen Beanspruchung unterziehen
kann. Gleichzeitig hat aber die Kaltverarbeitung, wobei man die Verarbeitung des
Eisens bei einer Temperatur unter 700° C versteht, als Folgeerscheinung den Nachteil,
daß die Bruchdehnung herabgesetzt wird, wodurch dem Umfang der Kaltverarbeitung
und, dadurch der Erzielung einer erhöhten Festigkeit eine Grenze gesetzt ist. Es
ist bekannt, bei der Kaltverarbeitung durch Verwinden gleichzeitig das Eisen einer
Zugspannung, die unter der Fließgrenze liegt, auszusetzen. Dies hatte den Zweck,
einem Verbiegen der Stangen vorzubeugen. Beim Verwinden dehnt sich nämlich das Eisen
in der Regel bleibend um etwa o,30/0. Wird diese Dehnung durch eine zusätzliche
Zugbeanspruchung während des Verwindens etwas erhöht, so werden gerade Stangen erhalten,
die nicht nur schöner aussehen und für die praktische Verwendung geeigneter sind,
sondern auch gleichmäßigere Versuchsergebnisse
zeigen als gebogene
Stangen. Eine Dehnung über die Fließgrenze hinaus wurde aber dabei als schädlich
angesehen.
-
Es ist ferner bekannt, bei der Herstellung von Armierungseisen für
Eisenbetonkonstruktionen mehrere Stäbe unter Beibehaltung der ursprünglichen Länge
als Ganzes miteinander zu verdrillen. Dabei sollte bei der Streckung des einzelnen
Stabes die natürliche Streckgrenze überschritten werden. Wird bei einem solchen
Verdrillen von zwei oder mehreren Stäben der Abstand zwischen den Endpunkten der
Eisen konstant gehalten, so werden die äußersten, d. h. die von der Verdrehungsachse
am weitesten entfernt liegenden Werkstoffkörner beim Verdrillen der stärksten Dehnung
unterworfen. Die Kaltverformung und damit die Festigkeitserhöhung ist bei diesem
Verfahren daher über den Querschnitt der einzelnen Stäbe ungleichmäßig verteilt.
-
Es hat sich indessen jetzt herausgestellt, daß es möglich ist, durch
eine besondere Kaltverarbeitung die Fließgrenze des Eisens wesentlich mehr als bei
dem vorstehend erwähnten bekannten Verfahren zu erhöhen, ohne daß die Bruchdehnung
dabei in dem gleichen Umfang herabgesetzt wird, wie dies bei den bekannten Verfahren
der Fall ist. Bei dem Verfahren gemäß der Erfindung wird eine plastische Kaltverformung
mittels Anlegen zweier in bezug auf die Stabachse verschieden, im wesentlichen senkrecht
zueinander gerichteter Verformungskräfte an den Stab bewirkt, wobei mindestens durch
eine axial angelegte Kraft eine Streckung des Stabes in Längsrichtung erfolgt. Erfindungsgemäß
werden dabei die verschieden gerichteten Verforrnungen nacheinander vorgenommen,
mit der Maßgabe, daß zuerst die in Stablängsachse angelegte Streckkraft zur Einwirkung
gebracht und das durch diese hervorgerufene Strecken bis zur unteren Streckgrenze
durchgeführt wird, derart, daß das Ende des gezackten Teiles im Kraftverlängerungs-Diagramm
erreicht wird. Die zweite Verformung ist dann eine derartige, daß durch sie für
einen Teil der Eisenpartikeln eine Bewegung in eine andere Richtung bewirkt wird
als die von der ersten Verformung bewirkte. Diese zweite Kaltverformung kann insbesondere
aus einem Kaltverwinden bestehen. Hierdurch wird eine Dehnung des Eisens erzielt,
die bei weichem Eisen von q. bis 7% ausmachen kann.
-
Beim Strecken von weichem Eisen vollzieht sich die Verformung in der
Weise, daß der Werkstoff zunächst an der gewöhnlichen Gleitfläche entlanggleitet,
die in der Regel mit der Kraftrichtung einen Winkel von etwa q.5° bildet. Während
des Gleitens wird diese Gleitfläche blockiert und bietet dann einem weiteren Gleiten
größeren Widerstand. Auf diese Weise erklärt sich die Festigkeitserhöhung' bei der
Verformung. Das erste Gleiten in einer eisernen Stange findet in einem sehr kleinen
Teil der Stange statt. Die Stange wird dadurch an der Stelle, wo das Gleiten stattgefunden
hat, dünner und fester als an den Stellen, die noch imverformt sind und daher auch
keine Festigkeitserhöhung erfahren haben. Bei weiterem Strecken findet die Verformung
(das Gleiten) daher an einer anderen Stelle der Stange statt, bis alle Teile der
Stange verformt worden sind und dadurch eine Erhöhung der Festigkeit erfahren haben.
Jedesmal, wenn ein Gleiten in noch unverformtem Werkstoff stattfindet, wird die
Stange so plötzlich verlängert, daß die Zugkraft etwas abnimmt. Daher entsteht zu
Beginn des Fließens in dem Kraft-Verlängerungs-Diagramm ein zackiger Teil. Damit
alle Teile der Stange verformt werden, ist bei weichem Eisen eine Totalverlängerung
von etwa 4. bis 7'/o erforderlich. Wird die Stange über diesen Fließbereich hinaus
gestreckt, findet das Gleiten an schon blockierten Gleitflächen entlang statt, wodurch
doppelte oder vielfältige Blockierungen entstehen, welche bewirken, daß die Festigkeit
der Stange weiter erhöht wird. Hieraus folgt, daß der Werkstoff beim Strecken über
den ganzen Querschnitt gleichmäßig verformt wird, da die Gleitvorgänge und die Festigkeitserhöhung
sowohl im Kern der Stange als auch in den äußeren Schichten gleiche Werte haben.
Beim Verwinden dagegen gleiten die äußeren Schichten bedeutend mehr im Verhältnis
zueinander als die inneren, ganz im Kerninneren ist die Verformung sehr gering.
Das Verwinden erzeugt daher eine große Festigkeitserhöhung in den äußeren Schichten
und fast keine in der Mitte, also im Querschnitt eine ungleichmäßige Festigkeit.
Daraus ergibt sich, daß man bei einer Strekkung durch eine Kraft- und Dehnungsmessung
genau kontrollieren kann, wann man die Fließgrenze überschreitet, bei einem Verwinden
ist das indessen nicht möglich.
-
Wird nun nach einem Strecken der Stange ein folgendes Verwinden vorgenommen,
läßt sich hierzu ein Werkstoff verwenden, der vorher entweder a) durch eine geringe
Streckung, d. h. eine kürzere Streckung als bis zur unteren Streckgrenze, oder b)
durch eine Streckung bis zur unteren Streckgrenze oder schließlich c) durch eine
Streckung über die untere Streckgrenze hinaus gedehnt wurde.
-
Die Wirkung dieser verschiedenen Formen der Kaltverformung ergibt
sich aus dem Folgenden: a) Werkstoff, der bis gegen die Streckgrenze gestreckt worden
ist, ist an gewissen Stellen, nämlich dort, wo sich gewöhnliche Gleitflächen befinden,
hart und widerstandsfähig gegen das Verwinden und an anderen Stellen nur elastisch
verformt und daher weich und dem Verwinden leicht zugänglich. Wird eine solche Stange
verwunden, so werden die weichen Partien, welche nur elastisch verformt und deshalb
dem Verwinden besonders zugänglich sind, zuerst und dann erst werden die plastisch
verformten Teile verwunden werden. Der Werkstoff wird somit ungleichmäßig und nicht
fester als die Stange, die nur einer normalen Verwindung ausgesetzt war, da einige
Schichten oder Teile der Stange verwunden
sind, ohne vorher plastisch
verformt gewesen zu sein.
-
b) Wird dagegen eine eiserne Stange, die bis zur unteren Streckgrenze
gestreckt ist, einer Verwindungsbehandlung ausgesetzt, werden sämtliche Teile der
Stange gleichmäßig verformt, so daß die darauffolgende Verwindung die ganze Stange
entlang gleichmäßig verteilt wird, was wieder dazu führt, daß auch die Festigkeitserhöhung
gleichmäßig verteilt wird. Durch die erste Behandlung hat die Stange in dem ganzen
Querschnitt eine gewisse Festigkeitserhöhung erfahren, ehe das Verwinden beginnt,
so daß auch die neutrale Zone in der Mitte der Stange fester geworden ist, als es
beim Verwinden allein der Fall wäre. Gleichzeitig tritt die größere Festigkeitserhöhung,
die normal erst am Ende eintritt, jetzt gleich beim beginnenden Verwinden ein, da
man sich sofort im steigenden Teil des Kraft-Verlängerungs-Diagramms befindet. Hierdurch
erzielt man schon bei einem geringeren Dehnungsgrad eine wesentlich größere Festigkeitserhöhung
als die, welche durch Verwinden allein erreicht werden kann.
-
c) Wird schließlich ein weiches Eisen verwunden, das vorher wesentlich
über die untere Streckgrenze hinaus gestreckt wurde, hat man schon im voraus eine
entsprechende Festigkeitserhöhung des Werkstoffes bei Beginn des Verwindens erhalten,
und dieses läßt sich daher nicht sehr lange fortsetzen, ehe sich eine Verformungssprödigkeit
geltend macht. Derart behandelte Stangen können deshalb nicht so gute Festigkeitseigenschaften
erreichen wie Werkstoff, der auf die unter b) beschriebene Weise behandelt worden
ist. Wird dagegen ein Werkstoff gleichzeitig gestreckt und verwunden, dann wird
jede Verwindung, die vor Erreichung der unteren Streckgrenze zustande kommt, einen
dem unter a) beschriebenen Verlauf ähnlichen veranlassen. Man wird daher in solchen
Fällen keine Festigkeitserhöhungen erzielen können, die den durch Verwindung allein
erzielten überlegen sind. Die infolge der Erfindung erzielten Eigenschaften des
Eisens können auch durch geeignete Legierung verbessert werden.
-
Die Verwindung kann als eine einfache Drehung in ein und dieselbe
Richtung ausgeführt werden, sie kann aber auch in ständig hin- und hergehender Richtung
ausgeführt werden oder so, daß man zuerst einige Male hin und her dreht, ehe das
endgültige Verwinden in ein und dieselbe Richtung einsetzt. Es hat sich herausgestellt,
daß das Verwinden auch nach einer vorhergehenden Streckung am besten unter einer
gewissen Zugspannung ausgeführt wird, um zu verhindern, daß sich die Stangen biegen.
-
Die angegebenen Resultate wurden durch eine Kaltbearbeitung erzielt,
die aus einer Kaltstreckung und einer darauffolgenden Verwindung bestand. Entsprechende
Verbesserungen der Festigkeitseigenschaften lassen sich indessen auch dadurch erzielen,
daß man eine andere Kaltverformung, die für einen Teil der Werkstoffkörner des Eisens
eine Bewegung in eine andere Richtung verursacht als die durch die Kaltstreckung
bewirkte, auf diese folgen läßt.
-
Als Ausgangsmaterial läßt sich sowohl weiches Eisen als auch legiertes
Eisen verwenden. Aus obigem geht hervor, daß das beste Ergebnis erzielt wird durch
eine Kaltbearbeitung, die aus einem Strecken mit Verlängerung bis zur unteren Streckgrenze,
von einem Verwinden gefolgt, besteht, welches eventuell durch andere Verformungsmethoden
ersetzt oder kombiniert werden kann, die für einen Teil der Eisenpartikeln eine
Bewegung in eine andere als die durch die Kaltstreckung bewirkte Richtung veranlassen.
-
Durch Anwendung des Verfahrens gemäß der Erfindung hat es sich bei
einer Reihe von Eisensorten als möglich erwiesen, die, Fließgrenze, die Bruchdehnung
und zugleich die Ermüdungsfestigkeit um io bis 2o% über die Werte zu steigern, die
sich durch Drehen allein unter gleichzeitigem Strecken bis zur Streckgrenze bei
weichem Eisen erzielen lassen. Wenn man dagegen Ausgangsmaterial von einer besonders
günstigen Legierung verwendet, kann man durch das Verfahren gemäß der Erfindung
um etwa 250/0 und mehr erhöhte Werte erzielen. Das Vorstrecken des Eisens läßt sich
leicht als einleitende Operation in der Verwindmaschine durchführen, wenn die Stange
in dieselbe eingespannt ist.