Verfahren zur Herstellung von kalt formbaren Kunstmassen. Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung von kalt formbaren Kunstmassen und auf kalt form bare Kunstmassen, die Phenolresinoide oder äquivalente Bindemittel enthalten.
Unter Phenolresinoiden und deren Äquivalenten werden Produkte von harzartiger Beschaffen heit verstanden, die durch einen schmelzbaren und löslichen Anfangszustand gekennzeich net sind, der allgemein als härtbarer oder A- Zustand bezeichnet wird, und infolge ihrer Eigenschaft durch Einwirkung von Hitze un mittelbar in den unschmelzbaren oder C-Zu- stand übergehen.
Zu diesen Produkten ge hören ferner Mischungen von dauernd schmelzbaren Harzen (Novalake) und soge- nannten Härtungsmitteln, die, wie zum Bei spiel Hexamethylentetramin oder dessen :.Iquivalente, der Mischung die Eigenschaft der Härtbarkeit verleihen. Kunstmassen die ser Art enthalten ferner Füllstoffe, die, wie zum Beispiel Holzmehl, Asbest, Schleifkör- ner usw., der Masse Formbarkeit und andere nützliche Eigenschaften geben.
Phenolharzmassen werden gewöhnlich heiss gepresst, das heisst sie werden in den unschmelzbaren Endzustand in der Form unter Druck übergeführt. Man hat seit lan gem erkannt, dass es häufig zweckmässig ist, solche Kunstmassen in der Kälte zu formen und sie nach der Entfernung aus der Form in einem Ofen zu härten.
Kunstmassen, die eine solche Behandlung erfordern, sind ins besondere diejenigen, die Füllstoffe mit ge ringer Wärmeleitfähigkeit enthalten oder bei denen die Dicke des geformten Gegenstandes so gross ist, dass langes Erhitzen zur Härtung der Masse erforderlich ist. Beispielsweise wird das Kaltformungsverfahren allgemein bevorzugt für die Herstellung von Schleif rädern aus einer Mischung von Schleifkör nern und Resinoidbindemitteln.
Das Kaltformen von Phenol-Kondensa- tionsprodukten wurde zuerst von Hemming in der amerikanischen Patentschrift Nr.1125906 vom 1.9. Januar<B>1915</B> vorgeschlagen. In sei nem Werk: "Plastics and molded Electrical Insulation", Seite 179 beschreibt Hemming das Kaltformen als ein Formverfahren in heissen oder kalten Formen, wobei die ge pressten Teile aus der Form ohne Kühlung entfernt und die geformten Gegenstände nachher in der Hitze gehärtet werden.
Um eine kalt formbare Mischung zu erhalten, empfahl Hemming, eine Mischung von Phe nol mit einem Überschuss von Formaldehyd und Ammoniak als Katalysator am Rück flusskühler zu erhitzen, bis das spezifische Gewicht etwa 1,17 erreicht. Dieses Material wird dann mit Asbest oder andern Füllstof fen vermischt. In den amerikanischen Pa tentschriften Nr. 1.339134 vom 4. Mai 1920, Nr. 1.358394 vom 9. November 1920 und Nr. 1368753 vom 15.
Februar 1921 von Red man wird auf ernste Nachteile des Hem- min, sehen Verfahrens hingewiesen, und diese Patentschriften enthalten den Vor schlag, ungehärtete oder teilweise gehärtete Resinoidbestandteile zu Asbest oder andern Füllstoffen hinzuzufügen, die Mischung zu formen und die Resinoidbildung durch nach folgendes Erhitzen zu vervollständigen. Die Anwendbarkeit der in den Redman'schen Patentschriften beschriebenen Verfahren ist in verschiedener Hinsicht begrenzt.
Die Pa tente sind beschränkt auf die Verwendung von Resinoidbestandteilen mit wasserfreier Reaktion und erfordern die Anwesenheit von freiem Phenol in bedeutenden Mengen, um die notwendige Fliessfähigkeit bei dem Press- vorgang zu erzielen. Dadurch wird die Ver wendung von Hesamethylentetramin in ver hältnismässig grossen Mengen notwendig, um der Mischung die erforderliche Härtbarkeit zu verleihen und die gewünschte Umwand lung in den unschmelzbaren Zustand wäh rend der Härtung herbeizuführen.
Auf diese Weise hergestellte Gegenstände zeigen min derwertige Oberflächen und eine wesentliche Schrumpfung infolge der Änderung der Ab messungen während des Härtungsprozesses, was zum grossen Teil auf den hohen Dampf- druck der Resinoidbestandteile und deren Verflüchtigung bei den Härtungstempera- turen (gewöhnlich etwa 150 bis 200 C) zu rückzuführen ist.
Abgesehen von ihrer hohen Dampfspannung bei erhöhten Temperaturen können flüchtige Lösungsmittel, wie zum Beispiel Alkohol und Aceton, die gewöhnlich für Phenolresinoidmassen gebraucht werden, auch deshalb nicht für kalt formbare Massen verwendet werden, weil im Falle einer unge nügenden Menge dieser Lösungsmittel die Masse abbröckelt und ihre Form bei Entfer nung aus der Pressform nicht behält, während anderseits bei Anwendung von zu viel Lö sungsmittel die Masse die Neigung hat, a.n der Oberfläche der Pressform zu kleben. Über dies muss sich das Harz bei Anwendung der artiger Lösungsmittel in einem Zwischen reaktionsstadium befinden, das schwer zu si chern oder zu regulieren ist.
Infolgedessen ist die Technik der Kaltformung von Phe- nolresinoiden im wesentlichen stehen geblie ben bis zu der Erfindung der Verfahren, die in den amerikanischen Patentschriften von Turkington Nr. 1503392 vom 29. Juli 192.1 und von Brock 1;r. 1537454 vom 12. Mai 1925 beschrieben sind.
Nach diesen Patent- schriften wird die Entwicklung der Gase oder der Dämpfe während des Härtungspro- zesses verhindert durch das Hinzufügen von Furfurol oder andern Aldehyden, die mit der Masse in Reaktion treten und ihr Plastizität verleihen.
Es wurde nun gefunden, dass es zur Her stellung von kalt geformten Produkten nicht wesentlich ist, Mittel zu benutzen, welche sowohl die Eigenschaft haben, mit der Mi schung in Reaktion zu treten, als auch sie zu plastizieren, und da.ss andere hochsiedende Flüssigkeiten, die das Resinoid lösen oder benetzen, gebraucht werden können.
Hoch siedende Lösungsmittel von nicht härtbarer Beschaffenheit, das heisst Lösungsmittel, die, wie nachstehend beschrieben, mit dem Resi- noi.d oder dessen Bestandteilen nicht in er heblichem Masse in Reaktion treten, haben die unerwartete Eigenschaft, einer Mischung, die für das Kaltformen notwendige Kohäsion zit verleihen, so dass der geformte Gegenstand, ohne Schaden zu leiden, aus der Form ge nommen und nachher gehärtet werden kann.
Ein weiterer für die Technik sehr wichtiger Vorteil, den man durch das Hinzumischen eines hochsiedenden Lösungsmittels gemäss der vorliegenden Erfindung erzielt, besteht darin, dass die Mischung mehrere Stunden oder selbst Tage stehen kann, ohne dass die Formbarkeit oder die Kohäsionsfähigkeit der brasse leidet, vorausgesetzt, dass das Lösungs- iii ittel auf die Resinoidbestandteile ohne we- etitliehe Einwirkung ist.
Zu den hochsiedenden Lösungsmitteln nicht härtbarer Beschaffenheit, die sich für die Zwecke der vorliegenden Erfindung eig nen, gehören Hexalin, Äthylendichlorid, rl.thylenglykol, Diäthylenglykol, Diäthyl- oxalat, Diäthylphthalat, Diäthylcarbonat, Triäthanolamin, Cellusolve (das heisst Mono äthyläther des Äthylenglykols) und andere Glylolderivate usw.
Im allgemeinen fallen alle diejenigen hochsiedenden Flüssigkeiten unter die Erfindung, deren benetzende oder lösende Wirkung auf die Resinoidteilchen ausreicht, um die gleichmässige Verteilung und eine genügende Haftung bei der Aus übung des Druckes zu sichern, die mit oder ohne Erhitzen der Formen oder unter Vor wärmen der Pressmischungen erfolgt, so dass die Gestalt des aus der Form entfernten Ge genstandes erhalten bleibt. Derartige Lö- sungsmittel können für sich allein oder mit einander vermischt verwendet werden.
Sie können auch gemeinsam mit nicht lösenden Mitteln benutzt werden, wie zum Beispiel Rizinusöl, Kreosotöl ete., wodurch man grö ssere Zähigkeit oder andere wünschenswerte technische Wirkungen erzielt. Man kann diesen Flüssigkeiten oder ihren Mischungen auch Phenolresinoide hinzufügen, vorzugs weise etwa 10 % oder weniger, um Lacke zum Überziehen des Kornes oder Füllstoffes her zustellen. Man fügt dann das Phenolresinoid in pulverisiertem oder zerkleinertem Zu stande zu dem überzogenen Korn oder Füll stoff, um eine formbare Masse zu erhalten.
Bei der praktischen Ausführung dieser Erfindung kann man das Resinoid in der üblichen Weise dadurch herstellen, dass man einPhenol mitFormaldehydoder einem andern aktive Methylengruppen enthaltenden Körper zur Reaktion bringt. Hat man die resinoid- bildenden Bestandteile so gewählt, dass wäh rend der Reaktion Wasser entsteht, so wird das Kondensationsprodukt zweckmässig ent wässert und die Reaktion so lange fortge setzt, bis der feste A-Zustand, das heisst der härtbare Zustand erreicht ist.
Das Resinoid wird in diesem Zustande am besten sehr fein (100 bis 200 Maschensieb) gemahlen, und mit dem Füllstoff und Lösungsmittel gemischt. Ein geeignetes Mischverfahren be steht darin, dass man das Lösungsmittel in dem Füllstoff verteilt und dann das gemah lene Resinoid so lange einrührt, bis man ein homogenes Aussehen erhält. Man kann aber die Reihenfolge der Massnahmen bei dem Verfahren ändern oder ein hochsiedendes Lö sungsmittel in jedem Stadium hinzufügen, zum Beispiel den Ausgangsstoffen, die zur Resinoidbildung dienen, insbesondere wenn das Lösungsmittel mit Wasser nicht misch bar ist oder mit dem letzteren keine konstant siedende Mischung bildet.
Die der Mischung einverleibte Menge des hochsiedenden Lö- sungsmittels kann in weiten Grenzen schwan ken, zum Beispiel von 5 bis 20 % oder mehr, auf den Harzgehalt berechnet, so lange, bis die Masse nicht so flüssig wird, dass sie beim Herausnehmen aus der Pressform ihre Gestalt nicht mehr behalten kann.
Eine typische Mischung für Schleifartikel besteht aus etwa 350 gr Aloxitkörnern der Grösse 50, denen etwa 6 cm' Lösungsmittel hinzugefügt werden, worauf man mit den feuchten Schleifkörnern .50 gr eines gemah lenen härtbaren Phenolharzes mischt. Man füllt die Mischung in eine heisse oder kalte Pressform und setzt sie einem Druck von 70 bis 210 kg je cm' aus. Man nimmt das gepresste Stück aus der Form und härtet es durch Erhitzen etwa 24 Stunden lang je nach dem verwendeten Lösungsmittel bei Temperaturen von etwa 80 bis 160 C.
Durch das Erhit- zen wird das Resinoid im wesentlichen ge härtet, es kann in diesem Zustande von den üblichen Lösungsmitteln nicht angegriffen werden und ist praktisch unschmelzbar. Die Dichte des Gegenstandes, seine Porosität, das mehr oder weniger weitgehende Fehlen einer Ansammlung von gehärtetem Resinoid an der Oberfläche usw., hängt von den Mengenver hältnissen der Bestandteile, dem Druck des Pressvorganges und der verwendeten Flüssig keit ab.
Bei Schleifrädern spielt die Festigkeit die wichtigste Rolle, und es seien nachstehend einige vergleichende Versuche mit geformten proben angegeben. In jedem Fall wurden die oben für eine typische Mischung angege benen Mengenverhältnisse verwendet, und ebenso waren die Form und Härtungs-Bedin- gungen dieselben, so dass jeweilig nur d:e Art der Flüssigkeit geändert wurde.
Lösungsmittel: Bruchfestigkeit: Furfurol 844 Hegahydrophenol 818 Äthylenglykol 880 Diäthylenglykol 809 Zellosolve mit 10 % Resinoid 846 Die vorliegende Erfindung ist nicht nur für Schleifräder anwendbar, sondern auch für die Herstellung von andern Schleif artikeln, sowie andern Gegenständen, bei denen eine andere Art von Füllstoffen, wie zum Beispiel Asbestfasern,
verwendet wird und für die die Anwendung des Kaltfor- mungsverfahrens erwünscht ist. Bei manchen Arten von Füllstoffen, wie zum Beispiel As best, kann es zweckmässig sein, der Mischung von härtbarem Resinoid und hochsiedendem Lösungsmittel vor dem Hinzufügen des Füll stoffes ein flüchtiges Lösungsmittel hinzu zufügen, um eine gleichmässige Pressmischung zu erhalten,
wenn die Masse geknetet oder sonstwie vermischt wird. Man entfernt den flüchtigen Bestandteil im wesentlichen ehe man die Masse formt-oder bei Temperaturen härtet, die genügen, um das Resinoid-Binde- mittel in den unschmelzbaren Zustand über zuführen.