Badsystem zur galvanischen Abscheidung von Metallen
Die Erfindung betrifft ein Badsystem zur galvanischen Abscheidung von Metallen.
Galvanische Bäder zur Abscheidung von Edelmetallen und Edelmetall- Legierungen sind sowohl für die Anwendung im dekorativen als auch technischen Bereich schon lange bekannt. Die löslichen Edelmetallverbindungen, die in überwiegendem Maße verwendet werden, sind auf Cyanidbasis (Kaliumgoldcyanid, Kaliumsilbercyanid), Sulfitbasis (Goldsulfitkomplexe) basierend oder enthalten Ammonium (Palladiumkomplexe). Zur Komple- xierung und Stabilisierung der Systeme werden entweder ein Überschuß des Salzbildners (Cyanid, Sulfit), an Ammonium sowie sogenannte harte Komplexbildner (Derivate der Amino- oder Nitriloessigsäure etc.) oder Kombinationen hieraus gewählt.
Systeme, die Cyanide enthalten, sind in der Regel zwar wegen ihrer Stabilität auch bei erschwerten Einsatzbedingungen bekannt, sind aber aufgrund ihrer Toxizität erhebliche Gefahrenquellen. Da ein erhebliches Interesse daran besteht, die gefährlichen Cyanide zu ersetzen, wurden auf dem Ge-
biet der Edelmetallbäder dahingehend kontinuierlich weitere Anstrengungen unternommen.
So wurde bereits die Verwendung von Sulfit bei Goldbädern oder Thiosulfat bei Silberbädern beschrieben. Diese Systeme bereiten jedoch bezüglich der Stabilität große Schwierigkeiten. Sulfit initiiert auch in komplexierten Lösungen die Selbstreduktion von Edelmetallen, wie beispielsweise Gold. Thiosulfat in Silberbädern kann wegen der geringeren Komplexierungsstär- ke photochemische Reaktionen freier Silberionen nicht verhindern. Eine zusätzliche Dosierung von Komplexbildnern, wie Ethylendiamintetraessig- säure oder Nitrilotriessigsäure oder deren Derivate verlangsamen den Reaktionsprozeß zwar, können ihn aber nicht verhindern. Zudem ist eine strenge Kontrolle des Arbeits-pH-Wertes erforderlich, so daß bei der Aufarbeitung von Spülwässern und aufgebrauchten Bädern ein deutlicher Mehrauf- wand notwendig wird. So wird bei der DE-OS-38 05 627 ein Goldsulfitkomplex eingesetzt, wobei für das Bad als weitere Bestandteile gesundheitsschädliche Pyridinverbindungen angegeben werden sowie das Nervengift Antimon.
Alle bisher bekannten, der Fachwelt zur Verfügung stehenden Badsysteme, die statt Cyanid mit Ersatzstoffen betrieben wurden und werden, haben sich wegen des schwierigen Handlings technisch nicht durchsetzen können. So wurde in der WO 92/07975 zwar bereits vorgeschlagen, als Komplexbildner für Palladium resp. Silber Aminoessigsäure und speziell Glycin zu ver- wenden; allein es handelt sich bei der dahingehenden Badlösung um einen aufwendigen Sonderfall bei der Metallabscheidung und als sog. potentiosta- tisches Abscheideverfahren ist es nicht mit den als galvanostatisch bezeichneten üblich eingesetzten Abscheideverfahren vergleichbar. Die poten- tiostatische Abscheidung verlangt unbedingt eine Trennung von Anolyt und
Katolyt über eine Membran, so daß dieses bekannte Verfahren für den kontinuierlichen industriellen Einsatz nicht brauchbar ist. Im übrigen würde die alleinige Verwendung von Glycin bei einem galvanostatischen Badverfahren auch nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, wässrige Badsysteme zur galvanischen Abscheidung von Metallen, insbesondere von Edelmetallen und deren Legierungen, zu entwickeln, die bei stabiler Arbeitsweise sowohl für die dekorative als auch die technische Anwendung geeignet sind und hochwertige Schichten gleichbleibender Qualität bei galvanostatisch arbeitenden Prozessen ermöglichen, wobei das Badsystem frei von schädlichen Stoffen, wie Cyaniden, Sulfiten und harten Komplexbildnern, ist. Ferner soll die Anzahl der zur Komplexierung der einzelnen Metalle erforderlichen Salzbildner so gering wie möglich gehalten werden.
Eine dahingehende Aufgabe wird durch ein Badsystem mit den Merkmalen des Anspruches 1 in seiner Gesamtheit gelöst.
Es ist für einen Fachmann auf dem Gebiet galvanischer Bäder überraschend, daß, sofern das Badsystem nach dem Anspruch 1 mindestens ein Metall, insbesondere in Form eines Edelmetalles und/oder einer Edelmetall-Legierung in Form eines wasserlöslichen
Salzes, - mindestens einen wasserlöslichen Eiweißstoff und/oder mindestens eine wasserlösliche Sulfonsäure und mindestens einen wasserlöslichen nitrohaltigen Stoff und mindestens ein wasserlösliches Tensid und mindestens ein Vitamin
enthält, er ein hochwirksames, stabil arbeitendes Abscheidesystem erhält, das frei von Cyaniden, Sulfiten und harten Komplexbildnern gehalten werden kann. Insofern ist das erfindungsgemäße Badsystem ökologisch unbedenklich einsetzbar. Das erfindungsgemäße Badsystem wird auch höchsten Umwelt- und Entsorgungsansprüchen gerecht.
Das Badsystem nach dem geltenden Hauptanspruch ermöglicht darüber hinaus den Zusatz verschiedener Legierungsmetalle, so daß ein breites Spektrum an Legierungszusammensetzungen erreichbar ist. Das Badsystem zeichnet sich darüber hinaus durch eine hohe Qualität der abgeschiedenen Schichten aus bei einfachster Handhabung. Ferner sind hohe Stromausbeuten möglich, so daß die Energieeinsatzmengen reduzierbar sind und mithin die Kosten. Das erfindungsgemäße Badsystem ist wenig von Schwankungen der Badbestandteile abhängig und läßt sich je nach den Einzelanforderun- gen leicht durch entsprechende Additive ergänzen. Ferner weist das Badsystem eine hohe Lebensdauer auf.
Vorzugsweise werden als Lieferant für die Eiweißstoffe Eiweißaminosäuren mit ihren Derivaten (Abkömmlingen) und ihren Salzen eingesetzt sowie zusätzlich oder alternativ Sulfonsäuren mit ihren Derivaten (Abkömmlingen) und ihren Salzen.
Die angesprochenen Eiweißaminosäuren können im Molekül neben einer oder mehrerer Aminogruppen auch eine oder mehrere Mercaptogruppen aufweisen. Beispiele für dahingehende Eiweißaminosäuren sind Glycin, Alanin, Cystein und Methionin.
Die genannten Sulfonsäuren können im Molekül eine oder mehrere Alkyl- gruppierungen und/oder eine oder mehrere Aminogruppierungen enthalten.
Beispiele für dahingehende Sulfonsäuren sind insbesondere Amidosulfon- säure, Methansulfonsäure sowie Äthansulfonsäure.
Zur Stabilisierung und Komplexierung des Badsystems haben sich besonders wasserlösliche Nitroverbindungen als Säuren und/oder deren Derivate und/oder deren Salze als günstig erwiesen. Die angesprochene Nitroverbindungen können mindestens eine Nitrogruppe, einen Carbonsäurerest und/oder Sulfonsäurerest besitzen. Beispiele für dahingehende Nitrosäuren sind 3-Nitrophthalsäure, 4-Nitrophthalsäure, m-Nitrobenzolsulfonsäuren.
Zur weiteren Stabilisierung der Systeme können wasserlösliche Stickstoffverbindungen als Säuren und/oder deren Derivate und/oder deren Salze eingesetzt werden. Die eingesetzten Stickstoffverbindungen enthalten mindestens eine Aminogruppe und/oder einen Carbonsäurerest und/oder Sul- fonsäurerest. Beispiele für diese Stickstoffverbindungen sind Nicotinsäure, deren Derivate und/oder Salze und/oder Bernsteinsäure, deren Derivate und/oder Salze, vorzugsweise deren Amid- oder Sulfoverbindungen.
Als besonders vorteilhaft haben sich als Tenside wasserlösliche Derivate der Bernsteinsäure, vorzugsweise ihre Ester, erwiesen. Als Vitamingruppe wird insbesondere Nicotinsäureamid eingesetzt, das dem Vitamin-B-Komplex, insbesondere dem Vitamin-B3, zugerechnet wird.
Als Glanzbildner können systemgerecht Sulphonderivate eingesetzt wer- den, die an der Sulfongruppe eine oder zwei Aromatreste aufweisen, an deren Kern Teilsubstitution des kohlenstoffgebundenen Wasserstoffs durch Metall, Nitrogruppen, Aminogruppen sowie Halogene vorliegen kann.
Es ist für einen Fachmann auf diesem Gebiet überraschend, daß er durch den Einsatz von Tensiden sowie von Vitaminen die bekannten Bäder schadstofffrei, insbesondere cyanidfrei halten kann und dennoch zu verbesserten Ergebnissen kommt, insbesondere zu erhöhten Abscheidungsraten bei ver- gleichbarem oder niedrigerem Stromeinsatz. Darüber hinaus werden gegenüber den bekannten Badsystemen verbesserte Oberflächen auch im Hinblick auf ihr Glanzbild erhalten.
Ein nach der Erfindung konzipiertes Goldbad zur Abscheidung von Fein- gold enthält das Gold beispielsweise als Eiweißaminosäurederivat der Verbindungsklasse a), vorzugsweise in der Form eines Goldcystein-Komplexes, wobei die Goldkonzentration zwischen 0,5 und 30 g/l Bad, vorzugsweise zwischen 1 und 10 g/l Bad, liegt. Der pH-Wert des Bades kann zwischen 7 und 14, vorzugsweise zwischen 8 und 12, insbesondere zwischen 9 und 10, eingestellt werden. Die Einstellung und Stablisierung des pH-Wertes kann mit Boratpuffer, Phosphatpuffer, Citratpuffer oder anderen in der Galvanotechnik üblichen Puffersystemen erfolgen. Die Arbeitstemperatur eines dahingehenden Bades wird zwischen 20°C und 80°C, vorzugsweise zwischen 40°C und 60°C, eingestellt. Die anwendbare kathodische Stromdich- te liegt zwischen 0,1 A/dm2 und 15 A/dm2, vorzugsweise zwischen 0,5 A/dm2 und 5 A/dm2.
Das beispielhafte Goldbad nach dem erfindungsgemäßen Badsystem konzipiert enthält zur Abscheidung des Feingoldes einen Überschuß des ver- wendeten Eiweißaminosäurederivates und kann zur Stabilisierung neben den angesprochenen Sulfonsäuren eine der aufgezeigten Nitrosäuren enthalten und/oder zusätzlich eine wasserlösliche Stickstoffverbindung. Diese wasserlösliche Stickstoffverbindung kann neben der Komplexierung des Goldes in einem weiten pH-Bereich vorzugsweise die Komplexierung ge-
gebenenfalls vorhandener Legierungsmetalle übernehmen. Bei der zugesetzten wasserlöslichen Stickstoffverbindung handelt es sich vorzugsweise um mindestens eine heterocyclische organische Verbindung. Diese he- terocyclische organische Verbindung kann vorzugsweise aus aromatischem Hetrocyclen bestehen. Als besonders vorteilhaft haben sich jedoch dabei Amide der Nicotinsäure herausgestellt. Als zusätzliche Stabilisierungsmittel können auch Amide der Bernsteinsäure zugesetzt werden.
Ein nach der Erfindung hergestelltes Silberbad zur Abscheidung von Fein- silber enthält das Silber beispielsweise als Sulfonat der Verbindungsklasse b), vorzugsweise in der Form von Silbermethansulfonat, wobei die Silberkonzentration zwischen 0,5 und 60 g/l Bad, vorzugsweise zwischen 2 und 40 g/l Bad, liegt. Zur Stabilisierung kann das Bad zusätzliche Anteile an dem verwendeten Sulfonat enthalten. Zur Komplexierung des freien Silbers und zum Schutz gegen photometrische Reaktion wird dem erfindungsgemäßen Bad mindestens eine wasserlösliche Eiweißaminosäure-Verbindung der Verbindungsklasse a) zugesetzt. Die wasserlösliche Eiweißaminosäureverbindung ist im Überschuß zum stöchiometrischen Verhältnis zum Silber vorhanden.
Zur weiteren Stabilisierung des Bades kann dem erfindungsgemäßen Badsystem zusätzlich mindestens eine wasserlösliche organische Stickstoffverbindung zugesetzt werden. Diese wasserlösliche Stickstoffverbindung kann neben der Komplexierung des Silbers in einem weiten pH-Bereich vor- zugsweise die Komplexierung gegebenenfalls vorhandener Legierungsmetalle übernehmen. Bei der zugesetzten wasserlöslichen Stickstoffverbindung handelt es sich vorzugsweise um mindestens eine heterocyclische organische Verbindung. Diese heterocyclische organische Verbindung kann vorzugsweise aromatisches Hetrocyclen sein. Besonders vorteilhaft haben sich
dabei Amide der Nicotinsäure erwiesen. Als zusätzliche Stabilisierung können auch Amide der Bernsteinsäure zugesetzt werden.
Der pH-Wert des Bades kann zwischen 7 und 14, vorzugsweise zwischen 8 und 12, insbesondere zwischen 9 und 10 eingestellt werden. Die Einstellung und Stabilisierung des pH-Wertes kann mit Boratpuffer, Phosphatpuffer, Citratpuffer oder anderen in der Galvanotechnik üblichen Puffersystemen erfolgen. Die Arbeitstemperatur eines dahingehenden Bades liegt zwischen 10°C und 50°C, vorzugsweise zwischen 20°C und 40°C. Die an- wendbare kathodische Stromdichte kann zwischen 0,1 A/dm2 und 1 5
A/dm2, vorzugsweise zwischen 0,5 A/dm2 und 5 A/dm2 eingestellt werden.
Besonders vorteilhaft ist, daß in den erfindungsgemäßen Silberbädern Substrate aus Messing direkt beschichtet werden können. Die bisher erforderli- ehe Vorversilberung von Messingsubstraten in Vorsilberbädern kann mithin entfallen und somit ein kompletter Arbeitsvorgang eingespart werden.
Den erfindungsgemäßen Bädern zur Abscheidung von Feinüberzügen an Edelmetallen können in bekannter Weise Legierungsmetalle zugesetzt wer- den. Als Legierungsmetalle kommen alle bekannten Metalle des Periodensystems in Betracht, die mit dem jeweiligen Edelmetall zusammen aus einer wässrigen Lösung abscheidbar sind. Insbesondere sind dies die oben genannten Edelmetalle Gold, Silber, Palladium und Kombinationen dieser Edelmetalle untereinander. Als Legierungsmetalle für Gold kommen ferner vorzugsweise Kupfer, Zink, Zinn, Eisen und Wismut in Betracht. Als Legierungsmetalle für Silber haben sich besonders Zinn und Wismut als vorteilhaft erwiesen.
Nach den erfindungsgemäßen Bädern können bei Legierungsabscheidun- gen die einzelnen Legierungspartner durch An- bzw. Abreicherung in den Bädern in Anteilen zwischen 0 und 100 % galvanisch abgeschieden werden.
Im folgenden wird anhand zweier Ausführungsbeispiele das schadstoffarme bis schadschofffreie wässrige System zur galvanischen Abscheidung von Edelmetallen und Edelmetall-Legierungen näher vorgestellt.
Die in den nachstehenden Beispielen aufgeführten Badbestandteile wurden dabei in den angegebenen Mengen gelöst und die Lösung mit entionisiertem Wasser auf 1 I aufgefüllt. Bei den in den einzelnen Beispielen angegebenen Badparametern wurden Prüflinge mit dem entsprechenden Metall bzw. der Metall-Legierung beschichtet.
Bad 1 :
2 g/l Gold als Gold-Cystein-Komplex
5 g/l Methansulfonsäurelösung (70 %ig, neutralisiert mit Kaliumhydroxidlösung)
5 g/l Cystein
20 g/l Borax
2 g/l 3-Nitrophthalsäure
20 g/l Bernsteinsäuresulfimid 5 g/l Nicotinsäureamid (Vitamin)
1 ml/1 Tegotain 485 (handelsübliches Tensid, 1 %ige wässrige Lösung)
0, 1 ml/l Glanzbildner (handelsübliches Sulphonderivat, 1 % ige wässrige Lösung)
Temperatur: 50 - 60°C
pH-Wert: 9,5 - 10,5 Stromdichte: ca. 0,5 A/dm2 Anoden: Platiniertes Titan
Prüfling: Versilberte Messingblechabschnitte gewinkelt
Die Prüflinge sind über die gesamte Oberfläche beschichtet. Die Farbe der metallischen Beschichtung entspricht der typischen Feingoldfarbe.
Bad 2: 10 g/l Silber als Silbermethansulfonat
5 g/l Methansulfonsäurelösung (70 %ig, neutralisiert mit Kaliumhydroxidlösung)
5 g/l Cystein
20 g/l Borax 2 g/l 2-Nitrophthalsäure
25 g/l Nicotinsäureamid (Vitamin)
3 ml/l Tegotain 485 (handelsüblihes Tensid, 1 %ige wässrige Lösung)
0, 1 ml/l Glanzbildner (handelsübliches Sulphondirivat, 1 % ige wässrige Lösung) Temperatur: 25 - 30°C pH-Wert: 9,5 - 10,5
Stromdichte: ca. 1 A/dm2
Anoden: Feinsilber
Prüfling: Messingblechabschnitte gewinkelt
Die Prüflinge sind über die gesamte Oberfläche beschichtet. Die Farbe der metallischen Beschichtung entspricht der typischen Feinsilberfarbe.