Verfahren zur Entfernung von Uran(VI)-species in Form von Uranylkomplexen aus Wässern
Beschreibung
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Abtrennung von Uran(VI)-species aus Wässern mittels schwach basischer Anionenaustauscher auf Polyacrylbasis, wobei die Uran(VI)- species in Form von Uranylkomplexen als gelöstes Uranyl vorliegen.
Uran ist ein auf der Erde weit verbreites, radioaktives und reaktionsfreudiges Schwermetall. Wegen dieser Reaktionsfreudigkeit wird es in der Natur als reines Metall nicht angetroffen. Uranverbindungen können natürlicher Bestandteil von Gesteinen und Mineralien sowie von Wasser, Boden und Luft sein. In den natürlichen hydrologischen Kreislauf gelangt Uran z.B. durch Verwitterung von Gestein. Über das Wasser gelangt es auch in Flüsse, Seen und in die Ozeane. Wie hoch die Konzentrationen in natürlichen Wässern sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. Kontaktdauer zwischen Wasser und dem Gestein, Urangehalt im Gestein selber, Redoxbedingungen, Verfügbarkeit an komplexierenden Ionen im Wasser usw.
Neben dem natürlichen Eintrag gelangt Uran auch durch menschliche Aktivitäten in die Umwelt. Quellen sind z.B. alte Abraumhalden des Uranbergbaus und der weiterverarbeitenden Industrie, aber auch die Verbrennung von Treibstoffen und Kohle sowie die Ausbringung uranhaltigen Phosphatdüngers und Emissionen der Atomindustrie. Uran kommt in der Natur in verschiedenen Wertigkeiten vor (+2, +3, +4, +5 und +6), gewöhnlich aber in seiner sechswertigen From, gebunden an Sauerstoff als Uranyl-Ion (UO2 2+), vor allem in Form von Uranyl-Komplexspecies, insbesondere liegen sie als Carbonato- bzw. Sulfatokomplexspecies vor.
Urankomplexspecies des sechswertigen Urans lassen sich mit konventionellen stark basischen Anionenaustauschern (in der Regel auf Polystyrolbasis unter Konditionierung mit Chlorid oder Sulfationen) sehr effektiv eliminieren, da, abgesehen von Eisen, die meisten Verunreinigungen keine anionischen Komplexspecies bilden (Y. J. Song, Y. Wang, L. H. Wang, C. X. Song, Z. Z. Yang, A. Zhao, Recovery of Uranium from carbonate Solutions using strongly basic anion exchanger. 4. Column Operation and quantitative analysis, Reactive & Functional Polymers 39 (1999), 245 - 252).
In natürlichen Wässern, die üblicherweise Species der Kohlensäure aufweisen, liegen praktisch überwiegend Carbonato-Komplexspecies vor, da sie eine größere Stabilität aufweisen als z.B. Sulfato-Komplexe. Die in der Literatur (z.B. bei T. Sorg, Methods for removing uranium from drinking water, J. AWWA 1988, 105 - 111 ) beschriebenen Experimente zur Elimination von Uranyl-Komplexspecies aus natürlichen Wässern haben nachgewiesen, dass stark basische Anionenaustauscher in Chloridform eine sehr große Aufnahmekapazität für Urancarbonato-Komplexspecies aufweisen. Bei Rohwasserkonzentrationen von 22 - 104 μg/L konnten 9 000 bis 60 000 Bettvolumina Wasser durch entsprechende Filter durchgesetzt werden, bevor die Ablaufkonzentration 1 μg/L überstieg. Bei Rohwassergehalten von 300 μg/L betrug der Durchsatz bis zum Überschreiten der 1 μg/L-Grenze 9 000 Bettvolumina.
Entsprechend den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des lonenaustauschs reichern sich die Uranspecies bevorzugt am Filtereinlauf an. Wie entsprechende Untersuchungen gezeigt haben, betrug dabei die mittlere Beladung des Austauschermaterials etwa 35,7 g/L (als U3O8). Die entsprechende Aktivität betrug 7,8 x 104 pCi/g trockenes Harz.
Auch Untersuchungen in den USA (S. W. Hanson, D. B. Wilson, N. N. Gunaji, S. W. Hathaway, Removal of uranium from drinking water by ion exchange and chemical clarification, US-EPA Report EPA/600/S2-87/076, 1987) konzentrieren sich auf die Verwendung von stark, basischen Austauscherharzen auf Polystyrolbasis in der Chloridform. Formal lässt sich die Sorption am Beispiel von Carbonatokomplexen wie folgt darstellen: «* R-UO2(CO3) 2- + 2C1
R-(Cr) + UO2(CO3)3*- ** R-Up2(GO3)J* +4Cl
mit R als Austauschermatrix mit der funktionellen Gruppe Chorid. Die überstrichenen Symbole bezeichnen hier die Austauscherphase. Das in Klammern gesetzte Symbol (CI") verdeutlicht die stöchiometrische Menge an Chloridionen.
Analoge Erfahrungen wurden bei der Urangewinnung gewonnen, wo praktisch ausschließlich die Uranylcarbonat-Species sorbiert wurden und der Austauscher nach
Erschöpfung praktisch vollständig damit beladen war. Die erreichten Beladungen lagen bei ca. 80 g/L trockenes Harz (als U3O8).
Für die Entfemungvon Uranylsulfatokomplexen werden auch stark basische Anionenaustauscher bevorzugt auf Polystyrolbasis in Sulfat-Form eingesetzt:
R-UO2(SO4) 2- +S0| R-(Sθ5-)2 +UO2(SO4)t- <» R-UO2(SO4)^" +2Sθt~ R-(Sθf-) + UO2SO4 «» R-UO2(SO4) _
Dabei werden Beladungen erreicht, die denen bei der Aufnahme von Carbonato- Komplexspecies vergleichbar sind. Die hohen Beladungen und die langen Laufzeiten" sowohl bei der Sorption von Carbonato- als auch von Sulfato-Komplexspecies resultieren aus der extrem hohen Selektivität der Austauscher insbesondere für die vierwertig negativen Uranylspecies.
Die Regeneration bzw. Elution der Uranspecies von den stark basischen Anionenaustauschem muss bekanntermaßen mit Lösungen von NaCI, NaNO3 oder (NH4)2CO3 erfolgen. Dabei werden, je nach Konzentration und zugegebenen Volumina, Entfernungsleistungen- von 40 bis 90 % erreicht. In den Eluaten werden Urankonzentrationen von bis zu 5 g/L (als U) erreicht. Aus den Regeneraten wird das Uran anschließend ausgefällt. Hierzu muss die Lösung entweder mit starken Säuren oder Basen versetzt werden oder die Uranverbindungen müssen mit Wasserstoff reduziert oder durch Strippen mit Dampf ausgefällt werden.
Stark basische Anionenaustauscher erlauben zwar eine sehr wirkungsvolle Elimination von Uranyl-Komplexspecies im Austausch gegen Chloridionen, im Ausnahmefall auch gegen Sulfationen. Nachteilig am Einsatz dieser stark basischen Austauscher ist aber, dass sie reversibel die Wasserzusammensetzung verändern und sowohl Sulfat- als auch (Hydrogen-)Carbonationen aufnehmen und wieder abgeben, so dass die Produktwasserzusammensetzung nicht konstant bleibt. Diese Schwankungen wirken sich nachteilig in Wasserwerken aus. Wasserwerke mit großen Speicherbehältern gestatten zwar gegebenenfalls ein Abpuffern, jedoch verursacht das zusätzlichen Aufwand und Kosten. Kleinere Werke können jedoch die Schwankungen nicht ausgleichen.
Ein weiterer Nachteil der stark basischen Austauscher ist die Regeneration. Hierfür werden NaCI-, NaNO3- oder (NH4)2CO3-Lösungen benötigt, von denen aus Kostengründen nur NaCI in Frage kommt. Es müssen jedoch konzentrierte Lösungen in erheblich stöchiometrischem Überschuss zugegeben werden, wodurch größere Volumina von konzentrierten Salzlösungen als Abfall anfallen, die schlecht zu entsorgen sind. Das gilt insbesondere für kleinere Wasserwerke.
Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Abtrennung von Uran(VI)-species aus Wasser zu entwickeln, das die genannten Nachteile und Einschränkungen des Standes der Technik nicht aufweist. Insbesondere soll ein Verfahren bereitgestellt werden, mit dem nur die Uranylkomplexspecies abtrennt werden, ohne dass hierdurch die Zusammensetzung des übrigen Wassers verändert wird.
Die Erfindung wird durch das in Patentanspruch 1 beschriebene Verfahren gelöst. In den abhängigen Ansprüchen werden bevorzugte Ausgestaltungen des Verfahrens angegeben.
Das erfindungsgemäße Verfahren basiert darauf, dass Uran vorwiegend in seiner sechswertigen Oxidationsstufe und damit in Form von negativ geladenen Uranyl- Komplexspecies auftritt. Die Komplexierung des Uranyls erfolgt in wässriger Lösung in Abhängigkeit des pH-Werts und dem Vorhandensein entsprechender Liganden. In CO3 2-- haltigem Wasser sind dominante Species Uranylcarbonatkomplexe. Bevorzugt handelt es sich demzufolge in den Wässern um zu entfernende Uranylcarbonatokomplexspecies mit den Strukturen UO2(CO3)2 2" und UO2(CO3)3 4\
Darüber hinaus sind in natürlichen Wässern weitere Liganden enthalten, so dass die Uranylkomplexe z.B. auch als Sulfatokomplexspecies wie z.B. UO2(SO4)2 2" und UO2(SO4)3 4" bzw. als Phosphatkomplexe wie z.B. UO2(HPO4)2 2" vorliegen aber auch als Chloride oder Fluoride.
Kationische Uranspecies sind nur in reduzierten Wässern anzutreffen. Da solche Wässer aber in der Regel Eisen enthalten, das vor dem Kontakt mit Ionenaustauschern durch Belüftung bzw. Oxidation und Filtration entfernt werden muss, kann davon ausgegangen werden, dass hierbei die kationischen Uranspecies ebenfalls zu den anionischen Uranyl- Komplexspecies umgewandelt werden.
Das erfindungsgemäße Verfahren ist insbesondere auf die Entfernung von Uranylkomplexspecies mit der allgemeinen Formel [UO2(X)]y_ gerichtet, wobei X
Anionen natürlicher Wässer darstellen, vorzugsweise Cl", F", CO3 2", (HCO3)", (SO4)2", (HPO4)2", und y vorzugsweise 1 bis 4 bedeutet.
Die Aufgabe der Erfindung wird dadurch gelöst, dass zur Abtrennung von Uran(VI)- species in Form von Uranylkomplexen aus Wässern schwach basische Anionenaustauscher auf Polyacrylbasis in der freien Basenform eingesetzt werden.
Für die Uranyl-Komplexelimination wird bevorzugt ein schwach basischer Anionenaustauscher auf der Basis von Polyacrylamid eingesetzt. Gemäß der Erfindung handelt es sich bevorzugt um einen schwach basischen Austauscher auf Polyacrylamidbasis der allgemeinen Formel
R- (NR'2 .H2O) wobei R als Polyacrylaustauschermatrix fungiert und R' Wasserstoff, substituiertes oder nicht substituiertes Alkyl (C, - C8) oder substituiertes oder nicht substituiertes Aryl darstellt, vorzugsweise fungieren tertiäre Amine als austauschaktive Gruppen. In einer bevorzugten Ausführungsvariante der Erfindung ist der Austauscher ein modifiziertes tert.-Amin-Acryl-Copolymer, besonders bevorzugt ein tert.-Amin-Acryl-Divinylbenzol- Copolymer.
Besonders bevorzugt liegt der schwach basische Anionenaustauscher als Geltyp vor.
Die erfindungsgemäß verwendeten Austauscher sind weiterhin vorzugsweise durch eine totale Kapazität von > 1 ,6 mol/L (freie Basenform), einen Feuchtigkeitsgehalt von 56 bis 65 % (freie Basenform), und eine Dichte von 1 ,030 bis 1 ,090 (freie Basenform) gekennzeichnet und weisen ein bevorzugtes Schüttgewicht von 700 g/L auf.
Bevorzugte Korngrößen des schwach basischen Anionenaustauschers sind durch die folgenden Merkmale charakterisiert: Harmonische Mittel 500-750 μm, Gleichheitskoeffizient < 1,8; Feinpartikel-Anteii < 0,300 mm : 3,0 % max; Große Kugeln > 1 ,180 mm : 5,0 % max;
oder Harmonische Mittel 700-950 μm, Gleichheitskoeffizient £ 1,7; Feinpartikel-Anteil < 0,355 mm : 0,5 % max; Große Kugeln > 1,180 mm : 5,0-25,0 % max.
Besonders bevorzugt werden schwach basische lonenaustauscherharze der Firma Rohm und Haas Company eingesetzt, welche unter dem Namen Amberlite® IRA67 und IRA67RF vertrieben werden. Mit den bevorzugt verwendeten Anionenaustauschern, welche in der freien Basenform ohne zusätzliche Konditionierung eingesetzt werden können, erfolgt eine Sorption der Uranylkomplexspecies ohne Abgabe von z.B. Chlorid oder Sulfationen, wie das bei Verwendung konditionierter stark basischer Austauscher des Standes der Technik der Fall ist. Überraschend erfolgt eine nahezu ausschließliche Aufnahme der Uranylkomplexspecies, wobei aufgrund der größeren Stabilität die Carbonatokomplexe überwiegen. Die ablaufende Reaktion wird deshalb anhand von Uranylcarbonatokomplexen verdeutlicht:
R-( R2 -H2O) + UO2(CO3)i- «* R-UO2(CO3)|- +2H20 R-( R2 H2O) + Ü02(CO3)3^ <=> R -UO2(CO3)3*- +4H20
wobei R und R' die o.g. Bedeutungen besitzen.
Die erfindungsgemäße Verwendung der schwach basischen Anionenaustauscher hat den Vorteil, dass eine Abtrennung einseitig erfolgt und außer Wasserinhaltsstoffen kein Austausch stattfindet. Zur technischen Durchführung des Verfahrens kommt aus praktischen Erwägungen bevorzugt die konventionelle Filteranordnung in Frage. Andere Anordnungen wie zum Beispiel ein durchströmter Rührkessel sind prinzipiell ebenfalls denkbar.
Die Verwendung von schwach basischen Anionenaustauschern in reiner Basenform ohne zusätzliche Konditionierung hat den weiteren großen Vorteil, dass die Regeneration des
Austauschers ausschließlich mittels NaOH durchgeführt werden kann. Dabei wird ausgenutzt, dass schwach basische Austauscher bei hohen pH-Werten nicht protoniert sind und daher keine Anionen aufnehmen können. Wegen der starken Deprotonierung bei hohen pH-Werten fallen nur kleine Volumina an Regeneraten an, die leicht zu entsorgen sind.
Die Regeneration am Beispiel Carbonatokomplex kann formal dargestellt werden als
R -UO2(C03) +(NaOH) «* R-(NR2 •H2O)+( a+) + UO2(CO3)i- R -UO2(CO3)r +(NaOH) '<=> R-(NR2 •H2O) + (Na+) + UO2(CO3)3-
NaOH ist technologisch einfach zu handhaben und es findet keine Konditionierung des Austauschers statt. An Stelle einer Regeneration kann auch eine direkte Entsorgung des beladenen Filtermaterials treten.
Verwendung findet das vorliegende Verfahren zur Entfernung von Uran(VI)-species vor allem in Wässern, die zur Trinkwassergewinnung eingesetzt werden. Dabei handelt es sich vorzugsweise um Grund- oder Oberflächenwasser.
Mit den erfindungsgemäß verwendeten schwach basischen Anionenaustauschern auf Polyacrylbasis, die in freier Basenform ohne jegliche Konditionierung eingesetzt werden können, werden hohe Beladungen und lange Laufzeiten für die Sorption insbesondere von Carbonato- und Sulfato-Komplexspecies erreicht. Aber auch Phosphatokomplexe und Chlorid- sowie Fluoridverbindungen können erfolgreich eliminiert werden.
Die Ergebnisse resultieren aus der extrem hohen Selektivität der erfindungsgemäß eingesetzten Austauscher insbesondere für die Uran(Vl)-species. Die Uranyl- Komplexspecies lassen sich bei pH-Werten zwischen 5,8 und 8,0 wirkungsvoll entfernen. Die Effizienz entspricht der Elimierung mit konditionierteπ stark basischen Austauschern auf Polystyrolbasis in diesem für die Trinkwasseraufbereitung besonders wichtigen Bereich bzw. zeigt verbesserte Werte im Vergleich zu den stark basischen Polystyrolionenaustauschern, die bekanntermaßen Verwendung finden. Jedoch weist die erfolgreiche Möglichkeit der Verwendung von schwach basischen Austauschern auf Polyacrylbasis in freier Basenform neben den bereits genannten weitere Vorteile auf. Die
Regeneration bzw. Elution der Uranspecies von den schach basischen Anionenaustauschern erfolgt durch Zugabe von NaOH, Uran kann nahezu vollständig eluiert werden. In den Eluaten wurden Urankonzentrationen von bis zu A der Konzentrationen auf dem Adsorbermaterial erreicht.
Die Erfindung wird im Folgenden anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
Beispiel
Ein Filter mit einem Innendurchmesser von 12,5 cm wurde mit 9,7 Litern (L) eines modifizierten tertiären Amin-Acryl-Copolymers (Amberlite® IRA67 der Rohm und Haas Company), das ein erfindungsgemäßes schwach basisches Austauschermaterial auf der Basis von Polyacrylamid darstellt, bis zu einer Schütthöhe von 79 cm befüllt und mit Uran-haltigem natürlichen Grundwasser bei einem Durchsatz von 60 L/h durchströmt. Die Urankonzentration des natürlichen Grundwassers betrug etwa 9 bis 17 μg/L. Nach viermonatiger Laufzeit und einem Durchsatz von insgesamt 17 600 Bettvolumina, was einem Volumen von ca. 169 m3 entspricht, lag die Ablaufkonzentration an Uran noch immer unterhalb von 0,1 μg/L.