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Verfahren zur Reinigung von Naphthalin ohne Warmpressen
Die Erfindung
bezieht sich auf Verfahren zur Reinigung von Naphthalin und insbesondere auf ein
Verfahren zur Gewinnung von Reinnaphthalin aus Rohnaphthalin bzw. Schleudergut oder
anderen hochprozentigen Naphthalingemischen, insbesondere naphthalinreichen Teerölfraktionen
(Mittelöl oder naphthalinreiche Mittelölfraktionen).
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Die bisher im Großbetrieb übliche Gewinnung von reinem Naphthalin
geschieht durch Destillation angereicherter Naphthalinfraktionen des Steinkohlenteeres,
aus denen durch Kühlen ein Rohprodukt in kristallisierter Form gewonnen wird. Üblicherweise
wird ein solches Rohnaphthalin heiß gepreßt, wobei Naphthalin in Warmpreßgutqualität
erhalten wird, und nachfolgend mit Lauge behandelt und mit Säure gewaschen und dann
rektifiziert unter Gewinnung von Reinnaphthalin.
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Es ist verschiedentlich versucht worden, das Warmpressen zu vermeiden
und auf destillativem Wege zu reinem Naphthalin zu gelangen. Diese Versuche konnten
meist keinen Eingang in die Praxis gewinnen. Einer der vorgeschlagenen Wege führt
zu einem gewissen Erfolg, nämlich der, das, wie oben beschrieben, gewonnene, aus
dem Öl kristallisierte Naphthalin abzuschleudern und dieses Schleudergut nach einer
Säurewäsche scharf zu rektifizieren; freilich ist bei einem solchen Verfahren die
Ausbeute an Reinnaphthalin verhältnismäßig gering, so daß
dieser
Weg keine eigentliche Lösung des Problems bnngt.
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Die Schwierigkeiten der Reinigung von Naphthalin haben ihren Grund
darin, daß das Naphthalin von Stoffen begleitet ist, die einen dem Naphthalin ähnlichen
Siedepunkt besitzen, insbesondere Phenolkörper, homologe Naphthaline, Nitrile und
Schwefelverbindungen, insbesondere Thionaphthen.
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Es wurde nun gefunden, daß Naphthalin auf einfache Weise unter Vermeidung
des Warmpressens undloder des zeitraubenden und umständlichen Auskristallisierens
des Rohnaphthalins gewonnen werden kann, wenn das Ausgangsmaterial eine gewisse
Zeit auf eine Temperatur oberhalb des Siedepunktes des Naphthalins, also unter Druck,
erhitzt wird und die bei Entspannung des erhitzten Gutes sich bildenden bzw. frei
werdenden Dämpfe anschließend rektifiziert werden. Für die vorzugsweise durchzuführende
Erzeugung von Reinnaphthalin wird entweder vor oder nach dem Aufheizen und Rektifizieren
eine Behandlung mit Lauge und eine Wäsche mit Säure gemäß dem bekannten Verfahren
eingehalten.
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Es ist bekannt, Teere und Teerprodukte stetig ohne Verdampfung aufzuheizen
und unter Unterdruck zu entspannen und dabei alle destillierbaren Anteile einschließlich
Anthracenöl in Dampfform zu gewinnen, wobei diese Dämpfe rektifiziert werden, und
vorzugsweise so vorgegangen wird, daß die im Durchlauferhitzer zugeführte Wärmemenge
für eine scharfe Rektifizierung des Dämpfegemisches ausreicht (deutsches Patent
767 001). Dieser bekannte Vorschlag beschreibt nicht ein Verfahren zur Reinigung
von Naphthalin, und in der Tat läßt sich auf diese Weise wohl eine naphthalinreiche
Fraktion erhalten, jedoch verbleiben dabei bei dem Naphthalin die Stoffe, die bei
der üblichen Destillation nicht von Naphthalin abgetrennt werden, im Gegensatz zu
den im Vorlauf oder Nachlauf abziehbaren Produkten der Fraktion.
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Da diese Begleitstoffe jedoch von Naphthalin abgetrennt werden müssen,
wenn gereinigtesNaphthalin oder Reinnaphthalin hergestellt werden soll, so lag für
deren Entfernung ein Destillationsverfahren nicht nahe, da diese Stoffe ja durch
Destillation eben nicht abtrennbar sind. Überraschenderweise werden nun bei dem
Aufheizen von naphthalinreichem Ausgangsmaterial, z. B. einer nach dem oben beschriebenen
Verfahren erhaltenen naphthalinreichen Fraktion, auf Temperaturen oberhalb des Siedepunktes
des Naphthalins unter einem Druck von etwa 5 at und vorzugsweise mehr während einer
nicht unwesentlichen Zeitdauer diese Begleitstoffe so beeinflußt, daß sie bei der
späteren Fraktionierung abtrennbar sind.
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Geeignet ist z. B. die übliche Verweilzeit während eines Durchgangs
für die Aufheizung von zu fraktionierendem Gut in einem Röhrenofen einer unter Entspannen
vorzunehmenden Schnellverdampfung, Es waren ferner Verfahren zur fraktionierten
Destillation von Teer (USA.-Patentschriften 2 310 500 und 2 334 667) bekannt, die
Einzelheiten von Schnellverdampfung unter Entpannen von Teer mitteilen, sich jedoch
nicht auf das Schnellverdampfen von naphthalinreichen Teerprodukten zur Erhaltung
von gereinigtem Naphthalin oder Reinnaphthalin beziehen, geschweige denn mitteilen,
daß naphthalinreiches Ausgangsmaterial bei dem Erhitzen auf eine Temperatur oberhalb
des Siedepunktes von Naphthalin ein Produkt ergibt, das dann auf destillativem Wege
z. B. zu Reinnaphthalin aufgearbeitet werden kann.
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Bei der Ausnutzung des Wärmeinhalts des so behandelten naphthalinreichen
Ausgangsmaterials unter Verwendung der Schnellverdampfung unter Entspannen, d. h.
der Trennung in einen dampfförmigen und einen flüssigen Anteil in einer Verdampfungskammer
unter Entspannen, wird als Kopfprodukt bzw. als Seitenprodukt einerRektifizierkolonne
für den dampfförmigen Anteil dieser Spontan- oder Schnellverdampfung ein hochwertiges
Naphthalin in guter Ausbeute gewonnen, während als Bodenablaufprodukt die höhersiedenden
Naphthalinbegleiter anfallen. Auch ohne Verwendung einer Behandlung mit Lauge und
einer Säurewäsche führt das Verfahren der Erfindung einen wesentlichen Erfolg gegenüber
den früheren Verfahren herbei, da es zur Gewinnung von gereinigtem Naphthalin in
Warmpreßgutqualität das Warmpressen und gegebenenfalls auch das Auskristallisieren
des Rohnaphthalins entbehrlich macht, während bei der Herstellung von Naphthalin
in Schleudergutqualität aus naphthalinreichen Teerölfraktionen (z. B. aus einer
direkt aus der kontinuierlichen Teerdestillation stammenden Naphthalinölfraktion)
das umständliche, früher unbedingt erforderliche Auskristallisierenlassen und das
Abschleudern in Fortfall kommen.
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Zur Erzeugung von Reinnaphthalin ist eine Behandlung mit Lauge zur
Entfernung der Phenolkörper und eine Wäsche mit Säure, insbesondere konzentrierter
Schwefelsäure, notwendig. Diese Behandlung mit Lauge und diese Wäsche mit Säure
kann vor der Aufheizung oder nach der Rektifizierung geschehen.
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Wenn die Reinigung des Naphthalins in einer lediglich der Gewinnung
von Reinnaphthalin dienenden Anlage geschieht, so wird die Behandlung zweckmäßig
vor dem Aufheizen vorgenommen. Wird nach einer bevorzugten Ausführungsform das Verfahren
gemäß der Erfindung in ein die Schnellverdampfung benutzendes, kontinuierlich arbeitendes
Verfahren zur destillativen Aufarbeitung von Teeren eingeschaltet, so werden die
Behandlungen zweckmäßig an der rektifizierten Naphthalinfraktion vorgenommen.
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Ein typisches Vorgehen nach der ersten Variante ist die Erhitzung
einer an Naphthalin reichen, einer Behandlung mit Lauge und einer Wäsche mit Säure
in üblicher Weise unterworfenen Teerölfraktion in kontinuierlicher Form unter Durchpumpen
der Teerölfraktion mit Hilfe einer Druckpumpe durch einen Röhrenofen, in dem durch
Drosselung am Austritt des Ofens ein Druck von mindestens 5 at, zweckmäßig höher,
eingehalten wird.
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Von dieser Drosselstelle, z. 13. diesem Drosselventil, kann eine
Rohrleitung in einen Verdampfungsraum einer Rektifizierkolonne führen, oder dieses
Drosselventil kann in eine gesonderte Verdampfungskammer münden. In dieser Verdampfungskammer,
die z. B. in der Rektifizierkolonne selbst vorgesehen sein kann, tritt unter Entspannung
eine Verdampfung ein, wobei Naphthalin und leichtersiedende Anteile des Ausgangs-
gutes
in die Dampffraktion gelangen unter Einstellen eines Gleichgewichts zwischen den
Dämpfen und dem Rückstand, d. h. den flüssig bleibenden, höhersiedenden Anteilen.
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Der Dampfanteil dieser spontanen Verdampfung bzw.
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Schnellverdampfung wird in einer Rektifiziereinrichtung, vorzugsweise
einer mit Böden versehenen und/oder mit Füllkörpern beschickten Rektifizierkolonne,
z. B. einer über der Verdampfungskammer angeordneten Kolonne, unter Rückfluß rektifiziert.
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Zur Erzeugung des Rückflusses kann entweder auf dem oberen Teil der
Kolonne ein Dephlegmator vorgesehen werden, oder es können, wie das gleichfalls
bekannt ist, die Dämpfe total kondensiert werden unter Rückführung eines Teils des
Kondensats und Aufgeben als Rückfluß am oberen Teil der Kolonne.
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Bei diesem Vorgehen fällt ein flüssiges Bodenprodukt an, das die
höhersiedenden Begleiter des Naphthalins und die durch die Druckerhitzung veränderten,
z. B. polymerisierten Produkte, vor allem aber das Thionaphthen enthält.
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Das Naphthalin kann entweder mit den leichtersiedenden Anteilen als
dampfförmiges Kopfprodukt der Kolonne abgenommen und in einer weiteren Kolonne als
Bodenablauf gewonnen werden, oder es kann beim Aufarbeiten in einer Kolonne unter
Abtrennen der leichtersiedenden Bestandteile als dampfförmiges Kopfprodukt das Naphthalin
als Seitenstrom abgezogen werden.
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Wie oben dargelegt, gelingt es auf diese Weise, ein Reinnaphthalin
zu erhalten, das frei ist von den Stoffen, die auf übliche destillative Weise aus
Rohnaphthalin bzw. angereichertem Naphthalin nicht entfernt werden können, was,
wie oben dargelegt, auf die Wärmebehandlung zurückzuführen ist, die stetig in dem
Röhrenofen einer Schnellverdampfungsanlage vorgenommen wird. Offenbar werden bei
dieser Behandlung bei höherer Temperatur, d. 11. einer Temperatur, die nicht unwesentlich
oberhalb des Siedepunktes des Naphthalins liegt, die störenden Begleitstoffe verändert,
z. B. polymerisiert, so daß sie aus dem Siedebereich entfernt werden, bei dem eine
destillative Abtrennung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht möglich ist.
Das auf diese Weise gewonnene Reinnaphthalin entspricht allen an Reinnapthalin gestellten
Anforderungen und zeigt z. B. eine gute Schwefelsäurereaktion und gute Ergebnisse
bei der Salpetersäureprüfung.
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Wird nach der bevorzugten Ausführungsform das Verfahren zur Gewinnung
von Reinnaphthalin nach der Erfindung mit der stetigen Aufarbeitung von Teeren unter
Verwendung des Schnellverdampfungsverfahrens verbunden, so empfiehlt sich die Vornahme
der Laugenbehandlung und Säurewäsche nach der I;raktionierung, d. h. nach dem Aufheizen
auf eine nicht unwesentlich über dem Siedepunkt des Naphthalins liegende Temperatur
und anschließender Schnellverdampfung unter Gewinnung des Naphthalins aus dem Dampfanteil
der Schnellverdampfung unter Entspannen und unter Erhaltung der höhersiedenden Produkte
als flüssiger Rückstand. Das auf diese Weise als Kopfprodukt und in einer zweiten
Kolonne gewonnene Naphthalin wird dann einer Behandlung mit Lauge und einer Wäsche
mit Säure unterworfen und anschließend destilliert, z. B. einer einfachen Destillation
unterworfen zur Abtrennung der durch die Wäsche ausgefällten Stoffe, z. B. Phenole.
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Ein typisches Vorgehen in diesem Falle ist die Einführung des bei
der einstufig oder mehrstufig durchgeführten destillativen Aufarbeitung des Steinkohlenteeres
unter kontinuierlicher Aufheizung des Teeres, z. B. in einem Röhrenofen, Spontanverdampfung
oder Schnellverdampfung unter Entspannen in einer Verdampfungskammer, unter Trennung
der gasförmigen von den flüssigen Anteilen, die im Gleichgewicht zueinander stehen,
und Rektifizieren des Dampfanteils anfallenden Naphthalinöls in einen Röhrenofen,
z. B. einen Röhrenofen der bestehenden Anlage, wonach in einer besonderen Verdampfungskammer,
z. B. einer Verdampfungskammer einer besonderen Schnellverdampfungskolonne, durch
Entspannen die das Naphthalin enthaltenden dampfförmigen Anteile von dem flüssigen
Rückstand getrennt und die dampfförmigen Anteile in einer oder mehreren Kolonnen
- wie oben beschrieben - aufgearbeitet werden auf ein Reinnaphthalin-Vorprodukt,
d. h. ein Reinnaphthalin, das bei dieser Art des Vorgehens noch durch Laugebehandlung
und Schwefelsäurewäsche zu entfernende Bestandteile besitzt.
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Dieses Reinnaphthalin-Vorprodukt wird vorzugsweise dann in bekannter
Weise mit Lauge behandelt und mit Schwefelsäure gewaschen und einer einfachen Destillation
unterworfen unter Gewinnung eines vorzüglichen Reinnaphthalins.
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Nach einer weiteren bevorzugten Ausführungsform dieser Variante des
Vorgehens nach der Erfindung wird der Rückstand der Schnellverdampfung unter Entspannen
sowie vorzugsweise der Bodenablauf der Rektifizierkolonne, gegebenenfalls der zwangläufig
vereinigte Rückstand und Bodenablauf, sowie vorzugsweise der bei der Destillation
nach der Behandlung mit Lauge und Wäsche mit Säure verbleibende Rückstand als Rücklauf
für andere Stufen einer solchen stetigen Aufarbeitung von Teeren durch Schnellverdampfung
unter Entspannen und Rektifizieren verwendet. Ein solches Vorgehen hat einen spezifischen
Vorteil, da auf diese Weise ohne Aufwand der Rücklauf bei der Rektifizierung erhöht
und damit die Rektifizierung selbst verbessert werden kann.
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Oben ist dargelegt, daß nach der Erfindung die Wärmebehandlung des
naphthalinreichen Ausgangsmaterials bei Drücken von 5 at und darüber erfolgen muß,
wobei, wie z. B. bei der Druckerhitzung in einem Röhrenofen, Luft ausgeschlossen
ist. Das Entspannen in der Verdampfungskammer erfolgt bei Drücken unterhalb des
an der Drosselungsstelle des Ofens herrschenden Druckes. Es kann mit etwa Atmospärendruck
oder vorzugsweise bei Unterdruck in der Verdampfungskammer gearbeitet werden. Das
gleiche gilt für die Rektifizierung, bei der vorzugsweise Unterdruck angewendet
wird.
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Nach der bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein ausgesprochenes
Reinnaphthalin, das den höchsten Anforderungen entspricht, erhalten. Die Ausbeuten
an Reinnaphthalin liegen trotz der Einfachheit des Verfahrens nicht unterhalb der
Ausbeute, die
bei den bisher üblichen Aufarbeitungsverfahren erhalten
wurde.
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Wenn nicht Reinnaphthalin, sondern ein Naphthalin von der Qualität
z. B. des Schleudergutes oder des Warmpreßgutes gewünscht wird, so kann bei dem
Verfahren der Erfindung auch die Behandlung mit Lauge und die Wäsche mit Säure fortgelassen
werden, wobei Ausbeuten an einem Naphthalin von Schleudergut- oder Warmpreßgutqualität
nicht unter den Ausbeuten der üblichen Verfahren erhalten werden, jedoch auf weit
wirtschaftlichere Weise, als dies bisher möglich war.
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PATENTANSPROCHE: I. Verfahren zur Reinigung von Naphthalin ohne Warmpressen
und gegebenenfalls ohne Auskristallisieren und Abschleudern des Rohnaphthalins,
dadurch gekennzeichnet, daß naphthalinreiche Teerölfraktionen oder deren nächste,
naphthalinreiche Aufarbeitungsprodukte einer stetigen Wärmebehandlung bei Temperaturen
nicht unwesentlich über dem normalen Siedepunkt des Naphthalins und unter Drücken
oberhalb 5 at unterworfen werden und darauf durch Schnellverdampfung unter Entspannen
zerlegt werden in einen flüssigen Rückstand und in einen das Naphthalin enthaltenden
Dampfanteil, der abschließend rektifiziert wird.