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Verfahren zur Härtung von gesättigten thermoplastischen Polymerisaten
Die gesättigten thermoplastischen Polymerisate, wie z. B. Polystyrol, Polyisobutylen,
Polyacrylsäureester und Polyäthylen, sind bekanntlich nicht härtbar, während die
ungesättigten Polymerisate, wie insbesondere die natürlichen und künstlichen Kautschuke,
durch die Vulkanisation härtbar sind. Es besteht aber ein Bedürfnis, auch die gesättigten
thermoplastischen Polymerisate zu härten, und zwar ohne dabei die bei, der Vulkanisation
eintretende, für manche elektrotechnische Zwecke unerwünschte Verschlechterung der
dielektrischen Eigenschaften, insbesondere durch die stets unerwünschte Vergrößerung
des Verlustwinkels und durch die zumeist auch unerwünschte Vergrößerung der Dielektrizitätskonstanten,
in Kauf nehmen zu müssen. Gemäß der Erfindung ist es doch möglich, gesättigte thermoplastische
Polymerisate zu härten oder, anders ausgedrückt, standfester zu machen. Es ist bekannt,
diese Stoffe mit anderen noch polymerisierbaren Stoffen zusammenzubringen und zu
erwärmen. Nach der Erfindung kann nun eine Härtung dadurch bewirkt werden, daß in
homogener Mischung mit den gesättigten thermoplastischen Polymerisaten nicht thermoplastische,
vernetzte Mischpolymerisate durch Erwärmung gebildet werden. Erfindungsgemäß wird
zu diesem Zweck das zu härtende thermoplastische Polymerisat mit einem Gemisch von
allein beim Erwärmen unter sich vernetzte Mischpolymerisate bildenden monomeren
Verbindungen, deren eine zwei ungesättigte Gruppen aufweist, homogen verquollen
und
die Mischung erwärmt. Die Mischpolymerisation kann dabei vor oder nach der Verformung
der Stoffgemische zu Körpern von gewünschter Gestalt erfolgen. Die für die Ausführung
der Erfindung in Frage kommenden Mischpolymerisate entstehen im allgemeinen durch
die Polymerisation einer Mischung von mindestens zwei miteinander polymerisierbaren
Körpern, von denen wieder mindestens einer zwei der Polymerisation zugängliche Gruppen
enthält. Der Mischpolymerisation sind beispielsweise die folgenden Stoffgemische
zugänglich: Styrol +'Divinylbenzol, Acrylsäureester + Divinylbenzol oder + Divinylketon
oder + Divinyläther oder +, Vinylpropenylbenzol, Vinyläther + Divinylketon oder
+ Vinylpropenylbenzol.
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Durch die Erfindung gelingt *es überraschenderweise, Stoffe oder auch
gleich Formkörper zu schaffen, die auf dem Gebiet der Kunststoffe besonders erwünschte
Eigenschaften aufweisen. Durch die Erfindung wird zugleich die Verwendungsmöglichkeit
der aus dreidimensionalen Makromolekülen bestehenden Mischpolymerisate erheblich
erweitert. Diese Mischpolymerisate sind nämlich bekanntlich spröde unschmelzbare
und unlösliche glasklare Stoffe, deren Eigenschaften sich aus ihrem Aufbau aus vernetzten
Molekülen erklären lassen. Die technische Weiterverarbeitung dieser Mischpolymerisate
und insbesondere ihre Verpressung und Verspritzung bereitet in den meisten Fällen
wegen ihrer Sprödigkeit und Unschmelzbarkeit erhebliche Schwierigkeiten. Auch diese
Schwierigkeiten werden durch die Erfindung wesentlich herabgemindert oder ganz überwunden.
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Die erfindungsgemäß erzeugten Stoffe oder Körper sind härter als die
zu ihrer Erzeugung verwendeten schon polymerisierten Grundstoffe, und es' kann von
einer Pseudovulkanisation. gesprochen werden. Sie sind ferner weniger fließbar und
sind wärmebeständiger, dabei aber in den üblichen Lösungsmitteln (insbesondere den
aromatischen Kohlenwasserstoffen, wie Benzol, Toluol oder Xylol) unlöslich und häufig
nur quellbar. Ein besonderer Vorzug der Erfindung ist es, daß sich mit ihr auch
schmelzbare und spritzbare Stoffe herstellen lassen, wobei deren Verarbeitungstemperaturen
naturgemäß höher als diejenigen der Ausgangsstoffe liegen. Ein- weiterer wesentlicher
Vorzug besteht darin, daß die Stoffe gemäß - der Erfindung nicht altern oder jedenfalls
nicht stärker als die Ausgangsstoffe und keine zu ihrem Aufbau nicht unbedingt erforderlichen
Bestandteile, insbesondere also auch keine Füllstoffe, Vulkanisationsbeschleuniger
u. dgl., zu enthalten brauchen. Falls Stoffe mit besonders niedrigem dielektrischem
Verlustwinkel erzeugt werden sollen, was ohne weiteres möglich ist, empfiehlt es
sich, Ausgangsstoffe zu verwenden, die nur aus reinen Kohlenwasserstoffen oder Stoffen
mit kleinem Gesamtdipolmoment bestehen.
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Es lassen sich je nach Art als auch Menge der dem Polymerisationsprozeß
unterworfenen homogenen Mischung der Ausgangsstoffe beliebige Zustände schaffen.
Besonders günstig ist dabei, daß d-ie Mischpolymerisation der noch zu polymerisierenden
Ausgangsstoffe in- dem schon polymerisierten Ausgangsstoff auch nach der Formgebung
der aus dem Endstoff zu erzeugenden Körper stattfinden kann. Auf diese Weise läßt
sich nämlich zunächst ein Körper in weicherem Zustand erzeugen und dann lediglich
durch Anwendung von Wärme härten. Beispiel i 75 Teile Polystyrol werden mit 25 Teilen
einer Mischung aus Styrol und i °/o Paradivinylbenzol homogen unter Quellung gemischt
und bei 13o° etwa 24 his 48 Stunden polymerisiert. Der entstehende glasklare Stoff
zeigt eine erhöhte Beständigkeit gegen Verformung, zeigt keine Neigung zur Rißbildung
wie Polystyrol sonst und ist verspritzbar. Der Erweichungspunkt liegt io° über dem
Erweichungspunkt des verwendeten reinen Polystyrols. Beispiel 2 75 Teile Polyacrylsäureisöbutylester
und 25 Teile der Mischung Styrol + 10/9 Paradivinylbenzol werden homogen
unter Quellung gemischt. Die Härtungsmischung wird zu Ende polymerisiert. Der entstehende
Stoff hat etwa die Eigenschaften von schwach vulkanisiertem Kautschuk. Wird ein
anderes Mischungsverhältnis genommen, beispielsweise 5o auf 5o Teile der Ausgangsstoffe,
so bekommt man einen nicht mehr durchsichtigen lederähnlichen Stoff. Beispiel 3
Die auf einer Mischwalze oder einer anderen Mischvorrichtung, notfalls unter Anwendung
einer mäßigen Erwärmung, hergestellte Mischung von 7o Teilen höchstpolymerem Polyisobutylen
vom Molekulargewicht 2o0 ooo mit 3o Teilen der in den anderen. Beispielen erwähnten
Mischung Styrol-Divinylbenzol wird durch- Ervirärmen zur Polymerisation gebracht.
Auch dieser Stoff hat weichgummiähnlichen Charakter, und es ist möglich, durch die
Änderung des Mischverhältnisses der Ausgangsstoffe auch hier bis zu lederartigen
Stoffen zu kommen.
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Bei wegen ihrer -Zähigkeit schwer mischbaren Stoffen kann eine möglichst
innige Mischung mit anderen Stoffen dadurch erzielt werden, daß diese schwer mischbaren
Stoffe so stark unterkühlt werden, daß sie sich fein zerkleinern lassen und in diesem
Zustand mit den anderen Stoffen gemischt werden können.
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Besonders vorteilhafte Anwendungen der Erfindung ergeben sich auf
- dem - Gebiet der Elektrotechnik. Die erfindungsgemäß erzeugten Stoffe oder Körper
lassen sich auf unterschiedlichste Weise für Isolierzwecke verwenden. Beispielsweise
lassen sich elektrische Leiter unter Anwendung des Verfahrens gemäß der Erfindung
Umspritzen oder umpressen. Es lassen sich aber auch Apparateteile besonders komplizierter
Formgebung ohne die bislang beobachtete
Rißbildung maßgenau herstellen.
Die Erfindung kann auch zur Herstellung von Halbleitern benutzt werden, indem der
homogenen Mischung leitende oder selbst nur halbleitende Stoffe in der erforderlichen
Art und Menge vor der Polymerisation beigemengt werden.
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Die Erfindung ist nicht darauf beschränkt, daß jeweils nur ein polymerisierter
Grundstoff oder nur eine mischpolymerisierbare Mischung verwendet wird oder daß
diese Komponenten rein sind. Es gehört vielmehr auch zur Erfindung, Stoffe oder
Stoffgemische zu härten, die nicht nur eine, sondern auch mehrere polymerisierte
Komponenten, und ferner nicht nur rein, sondern auch mit anderen. Stoffen, z. B.
Weichmachungsmitteln, Streckungsmitteln usw., zusammengemischt enthalten. Auch bei
der Herstellung und Behandlung der polymerisierbaren Stoffgemische stehen alle Möglichkeiten
der Auswahl, Zahl und Reihenfolge der Vereinigung der Komponenten offen. Insbesondere
ist es auch möglich, daß die Komponenten des Endstoffes (Gesamtgemisch) in mehreren
Stufen zusammengebracht und gegebenenfalls auch in mehreren Stufen polymerisiert
werden.