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Verfahren zur Herstellung von aliphatischen und cycloaliphatischen
Mononitrokohlenwass erdstoffen
Es ist bekannt, Mononitrokohlenwasserstoffe der aliphatischen
und cycloaliphatischen Reihe durch Umsetzung der entsprechenden Kohlenwasserstoffe
mit Salpetersäure oder Nitraten in flüssiger Phase bei erhöhter Temperatur und vorzugsweise
unter höherem Druck herzustellen. Die Art und Menge der dabei entstehenden Nebenprodukte,
namentlich der Oxydationsprodukte, wie Säuren, Aldehyde oder Ketcne und Alkohole,
hängt weitgehend von der Arbeitsweise bei der Nitrierung ab.
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Bei der kontinuierlichen Durchführung der Nitrierung in technischem
Maßstabe werden die Kohlenwasserstoffe und das Nitriermittel im Gleichstrom durch
einen Reaktionsraum geführt. Durch Füllkörper oder bewegte Mischorgane wird dabei
für eine gründliche Durchmischung beider Komponenten gesorgt.
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Bei einer solchen Arbeitsweise (s. rZeitschrift für Angewandte Chemie«,
Bd. 62, In50, S. 556 ff.) wird z. B. bei einem Umsatz des Cyclohexans von etwa 200wo
eme Ausbeute an Nitrocyclohexan von nur etwa 39 01o der Theorie, bezogen auf umgesetztes
Cyclohexan, oder bei einem Umsatz von etwa 1,9 0t0 Cyclohexan nur eine solche von
etwa 58 0/o der Theorie erhalten. Außerdem fällt ein verhältnismäßig hoher Anteil
an Oxydationsprodulcten, insbesondere Säuren, an. Da diese sowie auch andere Nebenprodukte
in dem Nitriermittel löslich sind, tritt bei dessen Wiedervelwendung
rasch
eine Anreicherung an Nebenprodukten ein, so daß das Nitriermittel nur wenige Male
wieder verwendet werden kann.
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Es wurde nun gefunden, daß man bei der Rerstellung von aliphatischen
und cycloaliphatischen Nitrokohlenwasserstoffen, die sich von bei Normaldruck flüssigen
Kohlenwasserstoffen ableiten; durch Umsetzung solcher Kohlenwasserstoffe mit Salpetersäure
oder Nitraten in flüssiger Phase bei höheren Temperaturen und unter erhöhtem Druck
die Bildung von Nebenprodukten und insbesondere deren Anreicherung im Nitriermittel
dadurch zurückdrängen kann, daß man die Kohlenwasserstoffe und das Nitriermittel
im Gegenstrom zueinander durch den Reaktionsraum führt.
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Der Reaktionsraum kann z. B. aus einem mit Füllkörpern gefüllten,
senkrecht stehenden Rohr aus säurefestem Stahl bestehen. Die Reaktionsteilnehmer
werden zweckmäßig vor dem Einleiten in diesen Reaktionsraum auf Reaktionstemperatur
gebracht.
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Das Nitriermittel wird am oberen Ende, der Kohlenwasserstoff dagegen
am unteren Ende in den Reaktionsraum eingespritzt. Die Realçtionswärme kann z. B.
-in bekannter Weise-durch Kühhmg der Wandung des Reaktionsraumes mit Wasser oder
Öl abgeführt werden. Die Kühlung kann aber z. B. auch dadurch erfolgen, daß ein
Überschuß der zu nitrierenden Kohlenwasserstoffe im Kreislauf geführt oder daß ein
gewisser Teil der Kohlenwasserstoffe an verschiedenen Stellen in den Reaktionsraum
kalt eingespritzt wird.
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Die Reaktionsprodukte und die nicht umgesetzten Kohlenwasserstoffe
werden am oberen Ende, das verbrauchte Nitriermittel dagegen am unteren Ende des
Reaktionsraumes abgezogen. Im Nitriermittel wird die Anreicherung der löslichen
Nebenprodukte dadurch weitgehend vermieden, daß die im Reaktionsraum entgegengesetzt
strömenden Kohlenwasserstoffe als Waschflüssigkeit auf das Nitriermittel wirken.
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Unter den aliphatischen und cycloaliphatischen Kohlenwasserstoffen,
die nach dem vorliegenden Verfahren mit Vorteil in die Mononitrokohlenwasserstoffe
übergeführt werden können, seien z. B. genannt: n-Hexan, n-Heptan, Octane, Dodecane,
Cyclopentan, Cyclohexan und Methylcyclohexan.
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Aus der französischen Patentschrift 94I 05I ist bereits ein Verfahren
für eine erschöpfende Nitrierung -bestimmter Kohlenwasserstoffe zu Sprengstoffen
bekanntgeworden, wobei das Gemisch aus Kohlenwasserstoffen und Nitriermittel durch
eine besondere Vorrichtung stellenweise in sich gegenläufig strömend geführt wird.
Zum Unterschied von-diesem Verfahren strömen aber bei dem hier beanspruchten Nitrierungsverfahren
die eine besondere flüssige Schicht bildenden Kohlenwasserstoffe einerseits und
das eine andere flüssige Schicht bildende Nitriermittel andererseits~im Gegenstrom
zueinander. Erst durch diese gegenläufige Bewegung der beiden Flüssigkeitsschichten
wird die oben beschriebene fortschrittliche Wirkung erzielt.
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Ferner ist aus der deutschen Patentschrift 655 339 ein Verfahren
zur kontinuierlichen Nitrierung von bei normaler Temperatur flüssigen aromatischen
Kohlenwasserstoffen bekannt, bei dem die zu nitrierenden Kohlenwasserstoffe und
das Nitriermittel ebenfalls im Gegenstrom zueinander geführt werden. Aromatische
Kohlenwasserstoffe einerseits und aliphatische und cycloaliphatische Kohlenwasserstoffe
andererseits unterscheiden sich aber hinsichtlich ihrer Nitrierbarkeit wesentlich
voneinander. Das Nitrieren von aromatischen Kohlenwasserstoffen erfordert hochkon
entrierte Salpetersäure bzw. ein Gemisch von konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter
Schwefelsäure. Dabei werden die Kohlenwasserstoffe in einem einzigen Durchgang nahezu
vollständig zu Mononitrokohlenwasserstoffen. umgesetzt. In dieser deutschen Patentschrift
655 339 wird davon gesprochen, daß bei den bis dahin bekannten Verfahren 95 bis
97 0/o und bei dem in diesem Patent geschützten Verfahren 99,5 °/0 des aromatischen
Kohlenwasserstoffs in nitrierte Bestandteile übergehen. Außer Nitrierungsprodukten
(Mono- und gegebenenfalls geringe Mengen Dinitrokohlenwasserstoff) werden praktisch
keine Nebenprodukte erhalten. Folgerichtig wird daher das Nitrieren von aromatischen
Kohlenwasserstoffen durch möglichst kräftiges Durchmischen des Nitriergutes und
des Nitriermittels gefördert.
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Ganz anders liegen die Verhältnisse beim Nitrieren von aliphatischen
und cycloaliphatischen Kohlenwasserstoffen. Läßt man konzentrierte Salpetersäure
auf solche Stoffe einwirken, so erhält man kaum Nitriemngsprodukte, hingegen fast
ausschließlich Oxydationsprodukte, namentlich Säuren. Die aliphatischen und cycloaliphatischen
Kohlenwasserstoffe müssen deshalb zum Nitrieren mit verdünnter Salpetersäure oder
mit Salpetersäure abspaltenden Nitraten umgesetzt werden. Dabei erhält man aber,
wie oben ausgeführt, außer den gewünschten Nitrierungsprodukten zwangläufig noch
eine Reihe von Nebenprodukten, wie Salpetrigsäureester, Alkohole, Aldehyde, Ketone
und Säuren. Die Zusammensetzung' des Reaktionsgemisches hängt dann noch stark von
einer Reihe weiterer Reaktionsbedingungen ab. Eine wichtige Rolle spielt dabei der
Umsetzungsgrad. So wird durch einen verhältnismäßig niedrigen Umsatz, z. B. zu 2Ö0/0,
die Ausbeute an Mononitroverbindungen gefördert und die Bildung von Nebenprodukten
zurückgehalten. Mononitroverbindungen können in einem solchen Fall zu etwa 60 bis
80 01, des umgesetzten Kohlenwasserstoffes erhalten werden. Steigert man aber den
Umsatz auf z. B. 50 Ojo, so entstehen bereits mehr Nebenprodukte als Mononitroverbindungen.
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Für das hier beschriebene Verfahren ist es außerdem von besonderer
Bedeutung, daß die meisten Nebenprodukte ihrerseits, nämlich Salpetrigsäureester,
Alkohole, Aldehyde und Ketone, von dem Nitriermittel noch weiterhin angegriffen
und zu Säuren oxydiert werden können. Solche organischen Säuren sind aber im Nitriermittel
leicht löslich, so daß sie dieses, falls sie in größeren Mengen entstehen, sehr
bald wertlos machen.
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Ist somit das Arbeiten im Gegenstrom und verbunden damit eine kräftige
Durchmischung der Ausgangsstoffe der Nitrierung aromatischer Kohlenwasserstoffe
von vorneherein das Gegebene, so gilt für das
Nitrieren von aliphatischen
und cycloaliphatischen Kohlenwasserstoffen genau das Gegenteil. - Eine zu starke
Durchmischung des Nitriergütes mit Nitriermitteln, d. h. eine zu kräftige Einwirkung
des Nitriermittels auf die Kohlenwasserstoffe, würde den Umsatz und damit die Bildung
von Nebenprodukten fördern.
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Von der Anwendung der Gegenstrommethode aber wäre zu erwarten gewesen,
daß die zunächst teilweise oxydierten Nebenprodukte in besonders hohem Ausmaße zu
Säuren oxydiert werden, da sie am Ende des Durchganges durch das Reaktionsgefäß
mit frischem und daher besonders wirksamen Nitriermittel in Berührung kommen.
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Somit sprach alles dafür, daß die für die aromatischen Kohlenwasserstoffe
günstigen Bedingungen bei den aliphatischen und cycloaliphatischen ungünstig sein
würden, so daß man von deren Anwendung zur Lösung der hier gestellten Aufgabe eher
hätte abgehalten werden können.
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Schließlich betrifft das deutsche Patent 88o 889 ein Verfahren zum
Nitrieren von organischen Verbindungen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß das
Reaktionsgemisch während der Reaktion der Einwirkung von Schallwellen hoher Frequenz
ausgesetzt wird. Dabei kann auch hier die Umsetzung gegebenenfails unter Anwendung
des Gegenstromprinzips erfolgen. Abgesehen davon, daß in diesem Patent aus der Reihe
der Kohlenwasserstoffe im einzelnen nur das Nitrieren von Benzol mit Hilfe der bekannten
Nitriermischsäure dargestellt ist, ergibt sich aus den obigen Ausführungen zur deutschen
Patentschrift 655 339, daß der Gegenstand dieser Patentschrift auf die Lösung der
der vorliegenden Anmeldung zugrunde liegenden Aufgabe technisch nicht sinnvoll anwendbar
ist Beispiel I In ein senkrecht stehendes, mit Füllkörpern gefülltes Druckrohr aus
säurefestem Stahl (Durchmesser 50 mm, Länge 2000 mm) werden unter einem Druck von
30 atü nach vorherigem Erhitzen auf 130° stündlich je 30 kg Cyclohexan und 23 kg
Aluminiumnitrat eingespritzt.
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Die Einführung des Nitrats erfolgt 20 cm unterhalb des oberen Endes,
die der Kohlenwasserstoffe 20 cm oberhalb des unteren Endes des Reaktionsrohres.
Die Temperatur des Reaktionsraumes wird durch einen Ölkreislauf um das Rohr auf
155 bis 160° gehalten.
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Das durch die Reaktion entstandene gemisch aus unverbrauchtem Aluminiumnitrat
und basischen Aluminiumnitraten wird am unteren Ende des Reaktionsrohres abgezogen.
Aus diesem Gemisch (18,7 kg stündlich), das 250 g organische Nebenprodukte gelöst
enthält, werden I,5 kg Wasser je Stunde abgedampft.
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Nach dem Zusatz von 5, 8 kg hochkonzentrierter Salpetersäure (etwa
gg°/Oig) kann das dadurch regenerierte Aluminiumnitrat für eine weitere Nitrierung
wieder verwendet werden.
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Die Mischung aus nicht umgesetztem Cyclohexan und den Reaktionsprodukten
wird am oberen Ende des Reaktionsrohres über einen Zyklon entspannt.
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Dabei verdampfen 11,5 kg Cyclohexan, die nach Zusatz von 18,5 kg frischem
Cyclohexan wieder in den Reaktionsraum zurückgeführt werden. Außerdem werden 2o
kg eines nicht verdampften flüssigen Rückstandes erhalten. Dieser besteht aus einem
nicht verdampften Rest von Cyclohexan und aus weiteren Reaktionsprodukten. Aus diesem
Gemisch werden 14 kg Cyclohexan abdestilliert. Der Destillationsrüokstand (6 kg)
wird durch fraktionierte Destillation im Vakuum zerlegt, wobei folgende Ausbeuten
erhalten werden: Nitrocyclohexan .................... - 4,6 kg Cyclohexylnitrit
+ Cyclohexanol ....... o,g kg Dinitrocyclohexane + Carbonsäuren .... 0,5 kg Bei
einem Vergleichsversuch mit denselben Mengen an Cyclohexan und Nitriermittel und
unter den gleichen Bedingungen, jedoch unter Führung der Reaktionsbestandteile im
Gleichstrom, d. h. bei Zuführung beider Komponenten am unteren Ende in das Reaktionsrohr,
wurden folgende Ergebnisse erhalten: 500 g organische Nebenprodukte, gelöst in verbrauchten
Nitriermittel Nitrocyclohexan .................... .. 4,25 kg Cyclohexylnitrit +
Cyclohexanol I,I kg Dinitrocyclohexane + Carbonsäuren ... o, 6s kg Am deutlichsten
tritt der Vorteil der neuen Arbeits--weise gegenüber der bisherigen im Dauerbetrieb
zu Tage. Während sich die im Nitriermittel gelösten Nebenprodukte beim Gleichstromverfahren
z. B. nach Iomaliger Wiederzuführung des Nitriermittels auf II Gewichtsprozent anreichern,
erreichen diese Verunreinigungen beim Gegenstromverfahren nach Iomaliger Wiederverwendung
des Nitriermittels nur I,4 Gewichtsprozent.
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Beispiel 2 In der im Beispiel 1 beschriebenen Apparatur werden unter
sonst gleichen Bedingungen, aber bei I5 atü, 36 kg einer Heptanfraktion mit 40 kg
3o0,'0iger Salpetersäure umgesetzt. Die Aufarbeitung der Reaktionsprodukte erfolgt
wie im Beispiel 1. Aus der gebrauchten Salpetersäure werden stündlich 2,2 kg Wasser
abgedampft. Danach wird durch Zugabe von 8,2 kg kggg°lOigerSalpetersäure die ursprüngliche
Konzentration zur Nitrierung wieder eingestellt. Die stündlichen Ausbeuten betragen
nach der Zerlegung des Reaktionsgemisches durch fraktionierte Destillation Mononitroheptan
.................... 6,3 kg Heptylnitrite + Heptanole .......... 2,8 kg Dinitroheptane
+ Carbonsäure .......... 1,6 kg In der gebrauchten Salpetersäure waren 180 g organische
Verbindungen gelöst.
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Ein Vergleichsversuch im Gleichstrom ergibt 5,8 kg Monoitroheptane
und 2,0 kg dinitroheptane + Carbonsäuren. In der gebrauchten Salpetersäure sind
550 g organische Verbindungen gelöst.
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Beispiel 3 Stündlich werden 25 kg Cyclopentan mit 23 kg Aluminiumnitrat
unter den gleichen Reaktionsbedingungen und in der gleichen Vorrichtung wie im Beispiel
1 nitriert. Die Aufarbeitung erfolgt auf die
gleiche Weise wie im
Beispiels. In dem gebrauchten Aluminiumnitrat sind 190 g organische Verbindungen
gelöst. durch Abdampfen von 1,7 kg Wasser und usatz von 6,5 kg 99%iger salpetersäure
wird das für die Nitrierung - notwendige Aluminiumnitrat zurückgewonnen. Die stündliche
Ausbeute an Nitrierungsprodukten beträgt: 4,1 kg Nitrocyclopentan, 1,0 kg cyclopentylnitrit
und Cyclopentanol, 0,6 kg Dinitrocyclopentane und Carbonsäuren.
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Ein Vergleichsversuch im Gleichstrom ergibt~eine um Io°lo schlechtere
Ausbeute an Nitrocyclopentan, eine um 30 % höhere Ausbeute an Dinitrocyclopentanen
und Carbonsäuren und über die doppelte Menge an gelösten organischen Verbindungen
im Aluminiumnitrat.