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Verfahren zur Herstellung von wasserlöslichen Kondensationsprodukten
Es ist durch die deutsche Patentschrift 466 440 bekannt, unter anderem auch Carbazol
bzw. seine Sulfonsäuren mit Sulfitäblauge in Gegenwart von Schwefelsäure zu gerbstoffartigen
Produkten zu kondensieren. Dieses Verfahren hat jedoch offenbar bisher keinerlei
technische Bedeutung erlangt, zumal da es nur Produkte liefert, die in ihrer Gerbwitakung
und Beständigkeit den heutigen, an Gerbstoffe gestellten Anforderungen nicht entsprechen.
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Sulfoniert man Carbazol mit so viel Schwefelsäure, daß ein zum größten
Teil wasserlösliches Sulfonierungsgemisch entsteht, und versucht man, dieses in
:der üblichen Weise mit niederen aliphatischen Aldehyden, wie z. B. Formaldehyd,
zu kondensieren, so erhält man ein sehr heterogenes Gemisch, das außerordentlich
autoxydabel ist und sich schon bei .der Herstellung durch Lufteinwirkung bald tiefblau
färbt. Auch eine Mischkondensation von Carbazol mit phenolischen Verbindungen führt
hierbei zu keinem Erfolg.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß sich ausgezeichnete,
auch bei ganz schwach sauren pH-Werten noch gute Leder liefernde synthetische Gerbstoffe
auf Carbazolbasis herstellen lassen, wenn man zunächst Carbazol mit Schwefelsäure
so weit sulfoniert, bis das Gemisch etwa einer Carbazoldisulfonsäure entspricht,
und es dann, vorzugsweise in Gegenwart aromatischer Mono- und bzw. oder Polyoxyverbindungen
bzw. anderen mit Aldehyden kondensationsfähigen Verbindungen,
mit
Einwirkungsprodukten von schwefliger Säure auf ungesättigte, niedere alip'hat:ische
Aldehyde, vorzugsweise .mit Oxybutandisulfonsäure, und mit niederen gesättigten,
aliphatischen Alde--' hyden, insbesondere Formaldehyd, in Mischung miteinander oder
nacheinander, kondensiert. Das Kondensat - kann dann mit anorganischen oder organischen
Basen abgestumpft bzw. neutralisiert und dann mit sauer reagierenden Stoffen, vorzugsweise
finit niederen aliphatischen Carbonsäuren, auf den gewünschten pi-Wert eingestellt
werden. Bei der Kondensation kann das Carbazol teilweise durch andere sulfonsäuregruppenhaltige
aromatische Verbindungen ersetzt werden, z. B. durch Naphthalin-, Naphthol , P.henolsulfonsäuren.
Auch können die aromatischen Oxyverbindungen erst nach Kondensation der Carbazaldisulfonsäure
mit den Anlagerungsprodukten von schwefliger Säure an ungesättigte Aldehyde zugesetzt
werden, worauf dann .mit Formaldehyd weiterkondensiert wird. Außerdem ist es oft
möglich, den Gerbstoff durch Zugabe von konzentrierten Salzlösungen aus dem so entstandenen
Sirup auszusalzen :und auf diese Weise in fester Form zu.gewinnen. In einzelnen
Fällen ist das Aüssalzen nicht nötig, da das Produkt beim Neutralisieren von selbst
in krümeliger bis :pastöser .Form anfällt. :Selbstverständlich kann :die Trocknung
der neutralen oder abgestumpften Kondensate auch durch Eindampfen, gegebenenfalls
im Vakuum oder, auf Trockenwalzen, erfolgen.
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Zweckmäßig arbeitet man mit einem Carbazolsulfonierungsgemisch, :das
man durch portionsweises Eintragen von i Mal Carbazol-in etwa 2 Mol Schwefelsäuremonohydrat
bei etwa ioo° erhält. Nach beendeter Sulfonierung kann noch etwas Wasser zugesetzt
werden. Nach dem Abkühlen erhält man dann eine meist hellbraune, zähe Paste, die
sich zum größten Teil in Wasser löst und ihren analytischen Werten nach ziemlich
genau einer Carbazoldisulfonsäure entspricht. Das verwendete Carbazol kann höhere
aromatische Kohlenwasserstoffe, wie Phenanthren, in gewissen Grenzen enthalten,
soll aber möglichst frei von Stoffen sein, .die in heißem Chlorbenzol unlöslich
sind, da derartige Verunreinigungen bei der Kondensation nicht wasserlöslich werden
und einen trüben Ledernarben erzeugen.
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An aromatischen Mono- oder Polyoxyverbindungen kommen besonders die
einfachen Phenole und Kresole und z. B. Brenzcatechin in Frage, die nicht in reiner
Form vorzuliegen brauchen, sondern als technisch anfallende Gemische eingesetzt
werden können. Darüber hinaus können auch Substitutions= produkte der Phenole, sofern
sie noch kondensationsfähige Stellen besitzen, wie o-, m- und p-Chlorphenol, Nitrophenole,
Verwendung finden.
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Sehr gute Ergebnisse erhält man, wenn man auf i Mol Carbazol etwa
i bis 3 Mol, vorzugsweise 2 bis 2,5 Mol, an Phenolen zur Umsetzung bringt. Außer
phenolischen Verbindungen lassen sich auch andere mit Aldehyden reaktionsfähige
Verbindungen mit einkondensieren, wie z. B."Harnstoff, Thioharnstoff, Melamin, Arylsulfonamide,
wodurch sich unter anderem Lichtechtheit und Farbe des erhaltenen Leders variieren
bzw. verbessern lassen.
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Unter den Einwirkungsprodukten von schwefliger Säure auf ungesättigte
aliphatischeAldehyde werden besonders die wasserlöslichen Derivate,-des Crotonaldehyds
verstanden, die aus letzterem durch Einwirkung von Wasser und Schwefeldioxyd nach
bekannten Verfahren erhältlich sind und im wesentlichen aus Oxybutandisulfonsäure
nachstehender Formel, (I) bestehen dürften.
Unter den Kondensationsbedingungen spaltet dieses Anlagerungsprodukt Wasser und
Schwefel= dioxyd ab und reagiert wie eine Butyraldehyd-,B-sulfonsäure (Formel II),
die mit kondensationsfähigen aromatischen Verbindungen kernverknüpfend reagieren
kann.
Aus den deutschen Patentschriften 709 726, 710 967, 715 139 und 848
823' sind Herstellung und Verwendung .derartiger S 02 Additionsprodufkte
ungesättigter Aldehyde bekannt. Sie-werden dort zur Kondensation sulfongnuppenfreier
Phenole zu wasserlöslichen Produkten eingesetzt. Bei vorliegenden Verfahren reagieren
-sie aber offensichtlich überwiegend mit dem Carbazolkern, da :die Menge an Oxybutandisulfonsäure,
die man zur Erzeugung klar wasserlöslicher Kondensationsprodukte benötigt,. praktisch
einzig und allein von dem Carbazolgehalt der zu- ,kondensierenden Mischung abhängt.
Man benötigt für i Mol Carbazol etwa o,5 bis i Mol Oxybutandisulfonsäure.
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Es war auch nicht vorauszusehen, daß ein bis zur Disulfonsäure sulfoniertes
Carbazol mit Aldehyden kondensierbar ist, .da die Einführung von Sulfogruppen in
ein organisches Molekül seine Kondensationsfähigkeit mit Aldehyden herabzusetzen
pflegt. Durch das vorliegende Verfahren wurde erstmalig festgestellt, daß, wie aus
den benötigten Aldehyd-mengen gefolgert werden muß, selbst eine Carbazöldisulfonsäure
noch an mindestens zwei Stellen des Moleküls gegen Aldehyde
reaktionsfähig
ist. An Stelle der fertigen S 02 Addukte an ungesättigte Aldehyde kann 'man auch
ihre Ausgangsmaterialien. - ungesättigte Aldehyde, Schwefeldioxyd und Wasser - auf
die zu kondensierende Verbindung einwirken lassen. Man 'kann 'hier eine intermediäre
Bildung der Oxybutandisulfonsäure annehmen. Zweckmäßig ist jedoch, auch auf Grund
der leichter kontrollierbaren Dosierung die Oxybutandisulfonsäure selbst herzustellen
und als solche einzusetzen. Als niedrigmolekularer gesättigter Aldehyd wird vorzugsweise
Formaldehyd in 3o- bis q.o%iger wäßriger Lösung verwendet. Die benötigte Menge ist
hierbei sowohl von :der Carbazol- als auch von der Phenolmenge abhängig und kann
für jeden speziellen Fall durch Vorversuche leicht ermittelt werden.
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Die Kondensation selbst wird bei erhöhter Temperatur, vorzugsweise
im Bereich von 8o bis 12o°, durchgeführt. Am einfachsten ist es, die Carbazolsulfonierungsmasse
.und die aromatischen Oxyverbindungen als Mischung vorzulegen, zu erwärmen und unter
Rühren die beiden Aldehydkomponenten nacheinander oder als Gemisch langsam einlaufen
zu lassen. Dabei entwickelt sich bald Schwefeldioxyd, das abgeleitet und .gegebenenfalls
aufgefangen und weiterverwendet werden kann. Nach beendigtem Zulaufen läßt man noch
etwa r Stunde bei der Kondensationstemperatur rühren und dann etwas abkühlen. Anschließend
kann die gewünschte Einstellung des pH-Wertes bzw. das Aussalzen in üblicher Weise
durchgeführt werden.
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Die nach diesem Verfähren hergestellten Produkte sind dunkelbraune,
sirupartige Flüssigkeiten; zum Teil fallen sie von selbst aus bzw. können sie durch
Aussälzen als hell- bis mittelbraune bröcikelige bis pastenartige Masse erhalten
werden. Sie sind in Wasserklar mit bräunlicher Farbe löslich und besitzen Anteilzahlen
von teilweise 85 und darüber. In Alleingerbung werden meist sehr helle, gut gefüllte
und griffige Leder erhalten, die je nach Art und Menge der eingesetzten Phenole
standig oder flexibel sind. Die Verträglichkeit der Lösungen der Carbazolgerbstoffe
mit anderen synthetischen oder pflanzlichen Gerbbrühen ist ausgezeichnet. Weiterhin
besitzen sie ein gutes Dispergiervermögen für den Schlamnr-vegetabilischer Gerbbrühen.
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Da technisches Carbazol oft in größeren Mengen zu billigen Preisen
anfällt und da es möglich ist, sehr billige rohe Phenolfraktionen einzusetzen, ist
es durch das vorliegende Verfahren möglich, preisgünstige, wertvolle Gerbstoffe
herzustellen.
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Das Verfahren wird durch nachfolgende Beispiele erläutert: Beispiel
1 1709 Carbazol werden unter Rühren portionsweise in r95 g- vorgelegtes,
auf 10o° erwärmtes Schwefelsäuremonohydrat eingetragen, bis eine in der Hitze zähe,
mittelbraune Paste entsteht. Nach beendetem Eintragen läßt man noch etwa 1 Stunde
bei Zoo bis 1o5° rühren, kühlt auf 85 bis 9o° ab und setzt 50,Qcm H20 zu. In diese
Carbazolsulfonierungsmasse trägt man 25o g eines technischen Phenolgemisches ein,
das aus 30% Phenol, 5q.0/9 o-Kresol, 3'10 m-Kresol und 13'°/o p-Kresol besteht.
Man erhitzt das Gemisch auf 95° und läßt, nachdem man die Apparatur mit einem Rückflußkühler
versehen hat, durch einen Tropftrichter eine Mischung von 400 g 5o%iger Oxybutandisulfonsäure
und 140 g 3oP/oigem Formaldehyd im Verlauf von etwa 9o Minuten zutropfen. Nach beendetem
Eintropfen läßt man noch so lange bei etwa Zoo bis 1050 weiterrühren, bis keine
Schwefeldioxydentwicklung mehr stattfindet und das Gemischklar wasserlöslich geworden,
ist. Nach etwa 1 Stunde kühlt man auf etwa So' ab und neutralisiert das Kondensat
mit -25°/oigem Ammoniakwasser. Durch Zusatz von 5o g Eisessig und 20 g Ameisensäure
kann man den neutralen Sirup auf einen pH-Wert von 2,5 bis 3 einstellen. Das erhaltene
Produkt ist leicht und klar in Wasser löslich und besitzt bei einer .Konzentration
von etwa 51'% eine Anteilzahl von 89 bis 9o. Es vermag pflanzlichen Gerbschlamm
gut zu dispergieren und ergibt in der Alleingerbung ein volles, helles und flexibles
Leder.
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Der Gerbstoff läßt sich auch in fester Form gewinnen, wenn man das
Kondensat mit Ammoniak auf einen pH-Wert von 2,5 bis 3 abstumpft und gesättigte
Ammonsulfatlösung einrührt. Es bildet sich hierbei ein breiiger, brauner Niederschlag,
der über 950/0 des Gesamtgerbstoffes enthält und nach kurzem Stehen in der Kälte
abgesaugt werden kann. Seine gerberischen Eigenschaften sind dem sirupösen Produkt
gleich. Beispiel 2 Man. stellt eine Carbazolsulfonierungsmasse gemäß Bispiel 1 her,
versetzt sie mit 25o g o-Kresol und kondensiert mit einem Gemisch von 400 g 5o%iger
Oxybutandisulfonsäure und 16o g 3o%igem Formaldehyd. Beim Abstumpfen fällt der Gerbstoff
in bröckeliger, filtrierbarer Form aus. Er ist in Wasser leicht löslich und besitzt
eine Anteilzahl von etwa 87. In gerberischer Hinsicht ähnelt er sehr dem Beispiel
1 beschriebenen Produkt. Beispiel 3 Die nach Beispiel i hergestellte Carbazolsulfonierungsmasse
wird mit 509 Wasser und dann bei So' unter Rühren innerhalb von etwa 39 Minuten
mit 50o g 5o%iger Oxybutandisülfonsäure versetzt., Man erhitzt etwa 3 Stunden unter
Rühren auf 1o5°, bis kein Schwefeldioxyd mehr entwickelt wird und das Gemisch mit
fuchsinschwefliger Säure in der Kälte keine Färbung mehr ergibt. In die so erhaltene
dunkle, wasserlösliche Flüssigkeit gibt man 15o g einer Mischung Phenol zu o-Kresol
(1 : 1) zu und kondensiert bei 10o° mit 18o g 3o%igem Formaldehyd. Das Abstumpfen
.und Einstellen mit Eisessig-Ameisensäure erfolgt wie im Beispiel 1 beschrieben.
Man erhält einen braunen, gut gießbaren Sirup, der klar wasserlöslich ist, eine
Anteilzahl von 76 besitzt und ein gutes hellbraunes Leder liefert.
Beispiel
4 Die nach Beispiel ihergestellte Carbazolsulfonierungsmasse wird mit 26o g einer
Naphthalinsulfonierungsmasse, 'hergestellt aus gleichen Teilen Schwefelsäuremonohydrat
und Nap'hkhalin bei 16o°, und mit 8oo g eines technischen P.henolgemisches gemäß
Beispiel- 1 versetzt. Man kondensiert die Mischung bei 95 bis ioo° durch langsame
Eingabe eines Gemisches von 500 g 5ö%iger Oxybutandisulfonsäure und 16o g 300/aigem
Formaldehyd, rührt noch etwa 6o Minuten bei gleicher Temperatur nach, neutralisiert
und stellt wie üblich auf den gewünschten pH-Wert ein. Es entsteht ein sehr gut
gießbarer, brauner Sirup, der bei einer Konzentration von 55 % einen Gerbstoffgehalt
von 45 "/o und somit eine Anteilzahl von 82 besitzt. Bei .der Ausgerbung entsteht
ein helles flexibles Leder. Beispiel 5 Die nach Beispiel i hergestellte Sulfonierungsmasse
wird mit 3849 p-Chlorphenol versetzt und bei 9o° unter Rühren mit 5oo g 5o%iger
Oxybutandisulfonsäure innerhalb von 9o Minuten umgesetzt. Anschließend läßt man
bei gleicher Temperatur 100 g 3o%igen Formaldehyd langsam zulaufen. Nach etwa einstündigem
Nachruhren bei gleicher Temperatur wird neutralisiert und wie üblich sauergestellt.
Der erhaltene Gerbstoff gibt ein helles festes Leder mit guten Eigenschaften. Beispiel
6 Man mischt -der nach Beispiel i erhaltenen Carbazolsulfonierungsmasse
280 g Phenol und 6o g Harnstoff zu und kondensiert das Gemisch bei 9o° durch
langsame Eingabe von 5oo g 5o0/aiger Oxybutandisülfonsäure und anschließend bei
8o° mit 200 g 30%igem Formaldehyd. Nach dem Neutra'l.isieren .und Einstellen erhält
man einen .gut gießbaren Sirup, der ein sehr helles, volles und weiches Leder ergibt.
' -Beispiel 7 Die nach Beispiel 1 erhaltene Carbazolsulfonierungsmasse wird mit
332 g eines Röhbrenzcatechins versetzt, wie man es durch fraktionierende Destillation
hochsiedender Rückstände erhält, die bei der Braunkohlen-Phenoldestillätion anfallen.
Diese Mischung kondensiert man mit einem Gemisch aus 400 g 5o%iger Oxybutandisulfonsäure
und 16o g 3o"/oaigem Formaldehyd bei 9o bis 950,
neutralisiert nach beendeter
S 02 Entwicklung mit 25°/oigem. Ammoniak und stellt schließlich den pH-Wert .des
neutralisierten Kondensates mit Eisessig. auf .etwa 3,5 ein. Der erhaltene gut ,gießbare
Sirup besitzt .bei einer Konzentration von 55,8% einen Gerbstofigehalt von 47,7"/o
und liefert ein gutes, volles, bräunliches Leder.