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Verfahren zur Neutralisation von Sulfitablauge Die bekannten Methoden
zur Neutralisation von Sulfitablauge beruhen auf der Verwendung von feinkörniges
Calciumcarbonat enthaltendem Material in Form von pulverförmigem Kalkstein oder
Kalkschlamm. Im allgemeinen wird diskontinuierlich gearbeitet, indem die Sulfitablauge
und das Neutralisationsmittel unter Umrühren mittels Luft stufenweise gemischt werden
und die Lauge alsdann in eine Klärwanne übergeführt wird. Bei einem anderen bekannten
Verfahren werden die Lauge und das Neutralisationsmittel in kleineren Behältern
unter kräftigem mechanischem Rühren vermischt und die Klärung in besonders konstruierten
Wannen kontinuierlich durchgeführt. Gegenstand der Erfindung ist ein kontinuierliches
Verfahren zur Neutralisation von Sulfitablauge, das im wesentlichen darin besteht,
daß die Lauge in den Unterteil eines mit stückförmigem Kalkstein oder Kalksteinschotter
beschickten Turmes fortlaufend eingeführt wird und am oberen Ende des Turmes durch
einen Auslaß ablaufen gelassen wird.
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Während des Durchgangs der Sulfitablauge durch den Turm wird deren
Säuregrad herabgesetzt. Durch Maßnahmen, wie Bemessung der Höhe des Turms, Menge
und Stückgröße des Kalksteins und Durchlaufgeschwindigkeit der Lauge, kann man das
Verfahren so ausführen, daß die
Lauge beim Ablauf den gewünschten
pH-Wert hat. Das Verfahren ist u. a. auch gut geeignet für die Vorbereitung der
Sulfitablauge für die Herstellung von Spiritus. In diesem Fall wird das Verfahren
mit Vorteil so durchgeführt, daß die ablaufende Lauge einen pH-Wert von etwa 5 hat,
der für die Spiritusgärung gut geeignet ist.
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Nachdem die den Turm durchlaufende Lauge einen pH-Wert angenommen
hat, der in der Nähe von pH = 5 liegt, wird der Säuregrad der Lauge langsamer herabgesetzt.
Man kann infolgedessen die Kalksteinmenge innerhalb verhältnismäßig weiter Grenzen
variieren und trotzdem den gewünschten Neutralitätsgrad erzielen.
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Eine ständige Zufuhr von frischem Kalkstein in den Oberteil des Turmes
ist nicht nötig; es genügt vielmehr, wenn eine Nachfüllung in gewissen Abständen:,
z. B. jeden zweiten oder dritten Tag, erfolgt.
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Bei bekannten Neutralisationsverfahren konnten gewisse lokale Überneutralisationen
bis zu PH = 7 nicht vermieden werden. Hierbei wurde neutrales Calciumsulfit ausgefällt,
das zusammen mit den Rückständen des feingepulverten Calciumcarbonats in den Kläranlagen
von der Lauge abgetrennt werden mußte.
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Das Verfahren gemäß Erfindung bietet den Vorteil, daß derartige störende
lokale überneutralisationen mit darauffolgender Ausfällung von Calciumsulfit vermieden
werden können. Finden bei vorliegendem Verfahren in Ausnahmefällen unbedeutende
lokale Überneutralisierungen mit geringfügiger Ausfällung von Calciumsulfit statt,
so sinkt dieses sowie unlösliche Kalksteinreste als Grieß auf den Boden des Turmes.
Während des Durchgangs der Lauge aufwärts durch den Turm haben in der Lauge befindliche
Verunreinigungen Zeit und Gelegenheit sich abzusetzen, so daß reine Lauge vom oberen
Ende des Turmes abgeht. Beim Neutralisieren von Sulfitablauge zu Zwecken der Spiritusherstellung
kann die vorzugsweise auf pH = 5 eingestellte Lauge dsrekt zur Gärungsanlage geführt
werden, ohne daß es nötig ist, die Lauge zuvor Kläranlagen passieren zu lassen.
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Eine Anlage für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens ist auf
der beiliegenden Zeichnung beispielsweise schematisch veranschaulicht. Die Apparatur
besteht aus zwei Türmen i und 2, die an ihren oberen Enden mit Einlässen 3 bzw.
q. zum Nachfüllen von Kalksteinschotter versehen sind. Die zu neutralisierende Lauge
wird durch eine nicht gezeichnete Pumpe durch eine Leitung 5, die sich in zwei mit
Ventilen versehene Abzweigleitungen 6, 7 gabelt, nach ringförmigen, in den Ventilen
der Türme befindlichen Spritzröhren 8 bzw. 9 geführt. In den Oberteilen der Türme
sind mit Ventilen versehene Auslasse io bzw. ii vorgesehen, die in eine gemeinsame
Abflußleitung 12 münden. Die Apparatur ist bei vorstehendem Beispiel deshalb mit
zwei Türmen ausgerüstet, damit immer der eine zur Reinigung und Nachfüllung ausgeschaltet
werden kann, während der andere in Betrieb ist. Der Kalksteinschotter kann durch
eine geeignete Vorrichtung, z. B. einen nicht gezeichneten Becherelevator, in die
Einlasse 3 bzw. q. eingeführt werden. Die Füllung bzw. Nachfüllung erfolgt zweckmäßig
bis zu einem Niveau, das etwas unter dem Laugeauslaß liegt. Der Schotter kann direkt
auf dem Laugespritzrohr liegen, da es mit Rücksicht auf die Gefahr der Verstopfung
nicht empfehlenswert ist, einen Rost anzubringen. Die Lauge wird durch das am Boden
des einen Turmes befindliche Spritzrohr fortlaufend eingepumpt und ebenso kontinuierlich
durch den Auslaß am oberen Ende des Turmes abgeführt. Der nach dem Verbrauch des
Kalksteins zurückbleibende Grieß wird von Zeit zu Zeit durch eine nicht gezeichnete
Abführvorrichtung am Boden des Turmes entleert. Es handelt sich dabei niemals um
größere Mengen.
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Die erfolgreiche, störungsfreie Durchführbarkeit des Verfahrens war
nicht vorauszusehen. Es war zu befürchten, daß die Oberfläche der Kalksteinstücke
durchAusfällungen und aus derLauge stammende Absetzungen verhältnismäßig rasch die
erforderliche neutralisierende Wirkung verlieren würde. Überraschenderweise hat
sich jedoch gezeigt, daß dies keineswegs der Fall ist. Die Praxis hat ergeben, daß
ein Turm längere Zeit in Betrieb gehalten werden kann, ohne daß eine durchgreifende
Reinigung erforderlich ist. Die Schlammbildung ist sehr unbedeutend.
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Die Erfindung bietet gegenüber den bisher gebräuchlichen Verfahren
zum Neutralisieren von Sulfitablauge die folgenden Vorteile: i. Auf Grund der kontinuierlichen
Durchführung ist keine Pufferlagerung von Rohlauge zwischen Kocherei und Verarbeitungsstätte
(Spiritusgewinnungsanlage) erforderlich.
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2. Die Anlage erfordert nur wenig Bedienung und Pflege. Wie bereits
erwähnt, genügt es, wenn nur jeden zweiten oder dritten Tag Kalksteinschotter nachgefüllt
wird, 3. Der anzuwendende Kalksteinschotter ist ein sehr billiger Rohstoff, der
aus Abfällen von dem zur Herstellung von Kochsäure verwendeten Kalkstein bestehen
kann.
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q.. Die verbrauchte Menge an Neutralisationsmittel wird von bisher
8 kg je m3 Lauge bis zu etwa 5 kg herabgesetzt.
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5. Auf die bisher erforderlichen Kläranlagen kann verzichtet werden,
da die Lauge nach dem Neutralisationsvorgang in einem Reinheitsgrad den Turm verläßt,
der die direkte Zuführung der Lauge in die Gäranlage gestattet.
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6. Das Verfahren ist mit einem Wärmegewinn verbunden, da der bei Klärungen
sonst eintretende Temperaturabfall vermieden wird. Dieser auf 15 bis 2o°'
zu schätzende Wärmegewinn kann durch die Erzeugung von Warmwasser bei der Abkühlung
der neutralisierten Lauge bis zu einer Gärungstemperatur von etwa 35'°' verwertet
werden.
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7. Da ein Umrühren mit Luft nicht stattfindet, wird der Gipsgehalt
der Lauge nicht erhöht. Hierdurch wird die störende Bildung von Krusten bei
der
Destillation sowie bei der späteren Laugenverdampfung vermieden.