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Verfahren zur Polymerisation von Glykolsäurenitril In der Literatur
ist beschrieben, daß Glykolsäurenitril bisweilen zu einer festen Masse polyinerisiert.
Diese Polymeri:sation war jedoch bisher in technischem Maßstab nicht durchführbar,
weil sie unlenkbar ist und bei Anwendung von größeren Mengen explosionsartig verläuft.
Hierbei werden unter Entwicklung von Blausäure nur schwarzbraune zersetzte Massen
erhalten.
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Obwohl noch nicht feststeht, ob es sich bei dieser Reaktion um eine
Polymerisation handelt, soll im folgenden die bisher in der Literatur übliche Bezeichnung
Polymerisation für die Umsetzungsreaktion des Glykolsäurenitrils benutzt werden.
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Es wurde gefunden, daß Glykolsäurenitril auch in größeren Mengen gefahrlos
zu einem klaren einheitlichen Produkt polymerisiert werden kann, wenn man unter
Bedingungen polymerisiert, bei denen eine Zersetzung des Glykolsäurenitrils nicht
eintritt. Dies wird erreicht, wenn man in Gegenwart von Verdünnungsmitteln und bzw.
oder unter Kühlung, vorzugsweise auf oder unter Raumtemperatur arbeitet.
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Die Polymerisation wird zweckmäßigerweise in Gegenwart von Katalysatoren
durchgeführt. Als Verdünnungsmittel werden vorteilhaft solche verwendet, welche
für das monomere Ausgangsmaterial lösend, für das polymere Produkt jedoch nicht
lösend sind, wie z. B. Wasser, Ester, Äther, Methylenchlorid. Auch feste Stoffe,
wie z. B. Talkum, können als Verdünnungsmittel mitverwendet
werden.
In manchen Fällen ist es. zweckmäßig, auch unter mechanischer Bewegung, z. B. unter
Rühren, zu arbeiten.
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Als Katalysatoren eignen sich vor allem basische Stoffe, wie z. B.
Alkalihydroxyde, Alkalicyanide, Alkalimetalle, Ammoniak, Erdalkalihydroxyde, sowie
organische Basen, wie z. B. Pyridin, Piperidi:n, Triäthylamin, Triäthanolamin, Äthanolamin.
Aber auch andere Stoffe zeigen günstige katalytische Eigenschaften, wie z. B. Bentonit
oder Metallpulver, wie Zinkstaub. Die Katalysatoren können auch in Verdünnungsmitteln
verteilt oder gelöst zugeführt werden. Klare feste Harze entstehen insbesondere
beim Arbeiten. mit Katalysatoren bei Temperaturen unter o°. Durch geeignete Führung
der Polymerisation können unter anderem auch bestimmte niedrigpolymere Produkte
erhalten werden. Wird beispielsweise Glykolsäurenitril einer Temperatur von 3 bis
5° ausgesetzt, so wandelt sich nach einiger Zeit piraktisdh die :gesamte, Menge
in eine kristalline Masse um. Diese überraschende Umsetzung ist auch dann zu erzielen,
wenn Glykolsäurenitril kurze Zeit erwärmt oder einige Stunden der Raumtemperatur
ausgesetzt und anschließend auf o bis -5'° gekühlt wird. Auch hierbei kann in Gegenwart
von Verdünnungsmitteln und bzw. oder Katalysatoren gearbeitet werden. Das kristalline
Produkt unterscheidet sich von dem harzartigen Polymerisat vor allem dadurch, daß
es bei Temperaturen über etwa io° unter starker Erwärmung und Verfärbung zu einem
harzartigen Produkt weiterpolymerisiert.
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Nachstehend werden Versuche beschrieben, aus denen hervorgeht, daß
die Polymerisation von sich selbst überlassenem Glykolsäurenitril ungeregelt verläuft
und zu explosionsartiger Zersetzung führt: a) 2"o g destilliertes Glykolsäurenitril
werden in ein Reagenzglas gegeben, mit einem Korkstopfen verschlossen und bei Zimmertemperatur
sich selbst überlassen. Am 3. Tag wird die zuerst farblose, klare Flüssigkeit allmählich
gelb und unter Selbsterwärmung braun, plötzlich schwarzbraun, beginnt zu kochen,
und unter Herausschleudern des Stopfens und Entwicklung von blausäurehaltigen Dämpfen
schäumt die zersetzte Masse über. Bei gleichen Proben beginnt diese Polymerisation
unter Zersetzung schon i Tag früher, bei weiteren wieder i bis :2 Tage später.
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b) 25o g destilliertes Glykolsäurenitril bleiben bei Zimmertemperatur
in einem verschlossenen Kolben unter dem Abzug stehen. Nach etwa 2 Tagen polymerisiert
die farblose Flüssigkeit plötzlich explosionsartig unter Zersetzung und Entwicklung
von blausäurehaltigen Dämpfen. Auch hier ist bei mehreren Ansätzen der Zeitpunkt
der explosionsartigen Polymerisation verschieden.
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Zur Erläuterung des erfindungsgemäßen Verfahrens dienen die folgenden
Beispiele. Beispiel i 3o Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden mit 3oGewichtsteilen
Essigester verdünnt. Die Mischung bleibt bei Raumtemperatur stehen; nach 2 Wochen
ist das polymere Glykolsäurenitril als gelbes, klares Harz quantitativ abgeschieden.
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Beispiel 2 5,o Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden mit 5o Gewichtsteilen
Äther und o,oi Gewichtsteil konzentrierter Natronlauge im Wasserbad von 5o-° unter
Rückfluß zum Sieden erhitzt. Nach etwa 8 Stunden ist das gesamte Nitril. in polymerer
Form ausgeschieden.
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Wird an Stelle von Äther Methylenchlorid verwendet, so ist das Ergebnis
ähnlich. Beispiel 3 3o Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden mit 6o Gewichtsteilen
Äther verdünnt, und die Mischung wird mit o,o5 Gewichtsteilen Natriummetall versetzt.
Nach kurzer Zeit scheidet sich das polymere Nitril praktisch quantitativ ab. Beispiel
io Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden mit io Gewichtsteilen Essigester verdünnt,
und die Lösung wird mit o,oi Gewichtsteil Zinkstaub versetzt. Nach q.: Tagen- beginnt
die Abseheidung von polymerem Glykolsäurenitril und ist nach weiteren q. Tagen beendet.
Beispiel 5 io Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden mit io Gewichtsteilen Methylenchlorid
verdünnt und der Lösung o,5 Gewichtsteile Bentonit zugesetzt. Nach 2 bis 3 Tagen
beginnt die Abscheidung des polymeren Oxynitri.ls und. ist nach q. bis 5 Tagen beendet.
Beispiel 6 5o Gewichtsteile Glykolsäurenitril werden in einer Eiskochsalzmischung
auf etwa -id° gekühlt und dann mit 0,5 Gewichtsteilen Natriumrrietall versetzt.
Nach einigen Stunden ist die gesamte Menge zu einem harten, hellgelben und klaren
Produkt polymerisiert. Beispiel 7 Zoo Gmvichtsteile Glykols!äuremtnil bleiben in
einem .Glasgefäß etwa 3 Stunden bei Raumtemperatur stehen. Nach dieser Zeit zeigt
sich eine schwachgelbliehe Verfärbung. Hierauf wird die Flüssigkeit auf etwa o bis
-5' gekühlt, wobei sie sich in eine kristalline, feste Masse verwandelt.
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Für weitere Umsetzungen muß das kristalline Produkt unter Kühlung
aufbewahrt werden. Bei Temperaturen über ia° polymerisiert es unter Erwärmung von
selbst zu einem schwarzbraunen Harz. Beispiel 8 3o Gewichtsteil:e Glykolsäurenitril
werden nach Verdünnung mit 15 Gewichtsteilen Essigester mit o,i Gewichtsteil Pyridin
versetzt. Nach. 24 Stunden Stehen bei Raumtemperatur tritt Gelbfärbung ein. Die
Mischung wird auf o° gekühlt und scheidet
hierauf ein kristallines
Produkt aus. Durch wiederholtes Erwärmen auf Raumtemperatur und nachträgliches Kühlen
kann das gesamte Nitril in das ferste kristalline Produkt umgewandelt werden.
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Beispiel 9 5o Gewichtsteile Glyko1s#äureniitril werden unter Rühren
auf -f- 3 bis -I- 5°' gekühlt. Die Flüssigkeit wird allmählich immer dicker und
ist nach etwa 24 Stunden zu einer kristallinen Masse erstarrt. Beispiel 1o 1o Gewichtsteile
Glykolsäurenitril werden mit 1o Gewichtsteilen Wasser verdünnt, die Mischung wird
mit 0,030/0 Kaliumcyanid versetzt und bei Zimmertemperatur stehengelassen. Nach
etwa 30 Minuten setzt eine Temperaturerhöhung auf 4o` ein, welche 11/z Stunden
anhält. Im Laufe dieser Zeit tritt Verfärbung ein, und das Reaktionsgemisch wird
dickflüssig. Nach 24 Stunden wird das Wasser durch Eindunsten entfernt und ein Rückstand
von polymerem Glykolnitril als festes Produkt in quantitativer Ausbeute erhalten.
Beispiel 11 Zoo Gewichtsteile Glykolsäurenitril «-erden mit 0,03 Gewichtsteilen
Natriumhydroxyd versetzt und in einem geschlossenen Behälter bei 2o° gerührt. Xach
etwa 15 Stunden beginnt die Polymerisation. Die Masse wird trüb und dickflüssig,
und die Temperatur steigt auf 23 bis 24'°. Durch ein Wasserbad von 2o° wird das
Reaktionsgut auf etwa 23 bis 2q:° gehalten. Nach etwa 3 Stunden wird der Rührer
entfernt und der Behälter verschlossen bei Raumtemperatur stehengelassen. Am anderen
Morgen ist die Gesamtmenge des Glykol,säuren-itrils zu einem festen Harz polymerisiert.
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Außer den in den Beispielen angeführten Verdünnungsmitteln können
auch andere Flüssigkeiten verwendet werden, wie z. B. Alkohole, Paraffin, Benzol.
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Bei sämtlichen mitgeteilten Beispielen entsteht das polymere Glykolsäurenitril
in annähernd quantitativer Ausbeute. Das Endprodukt stellt einen festen harzartigen
Körper dar, der mehr oder weniger gelb bis braun gefärbt ist. Es erweicht bei etwa
92° zu einer zähflüssigen Masse. Sehr wahrscheinlich besteht es aus einer Mischung
verschiedener Molekülgrößen, da bei Acetylierung neben einem harzartigen Produkt
auch ein kristalknes Acetat erhalten wund.. Dieses krIstalline Produkt hat einen
Stickstoffgehalt von 14,4% und einen Schmelzpunkt von 116 bis 117'. Sein Molekulargewicht
von etwa 17o spricht für ein dimeres Produkt.
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Durch die erfindungsgemäßen Maßnahmen wird ein geregelter Verlauf
der Polymerisation von Glykolsäurenitril gewährleistet. Einen besonderen technischen
Fortschritt bietet awdh ,die Möglichkeit, daß vor allem größere Mengen Glykolsäurenitril
zu einem einheitlichen, nicht zersetzten Produkt polymerisiert und damit der technischen
Verwendung zugänglich gemacht werden können.
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Die Polymerisationsprodukte können Verwendung finden als Zwischenprodukte
zur Herstellung von neuen organischen Verbindungen, von Kunststoffen, von Textilhilfsmitteln,
von Gerbereihilfsmitteln und von Schädlingsbekämpfungsmitteln.