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Verfahren zur Gewinnung von Chlor aus Gasgemischen Bei der Oxydation
von Chlorwasserstoff mit Sauerstoff oder Sauerstoff enthaltenden Gasen entsteht
ein Gasgemisch, das neben Chlor und Wasserdampf nicht umgesetzten Chlorwasserstoff
und Sauerstoff enthält. Man hat aus diesem Gasgemisch seither in der Weise das Chlor
gewonnen, daB nach Kondensation des Wasserdampfes durch Kühlung der Chlorwasserstoff
durch Berieseln mit Wasser vollständig herausgelöst, das verbleibende chlorhaltige
Gasgemisch getrocknet und aus ihm reines Chlor gewonnen wurde. So wäscht man, wie
beispielsweise der Veröffentlichung in »Die Metallbörse«, 16. Jg. (1g26), S. 2689
bis 269o, zu entnehmen ist, aus dem bei der katalytischen Umsetzung von Chlorwasserstoff
mit Luft nach Deacon erhaltenen Gemisch von Chlor, Wasserdampf, Chlorwasserstoff,
Sauerstoff und Stickstoff nach Kondensation des Wasserdampfes den Chlorwasserstoff
in Steinzeugtürmen mit Wasser vollständig heraus. Das verbleibende Gemisch, das
etwa 121/o Chlor enthält und im übrigen aus Sauerstoff und Stickstoff besteht, wird
nach Trocknung mit Schwefelsäure entweder auf Chlorkalk oder, z. B. durch Kompression
oder Tiefkühlung, auf reines Chlor verarbeitet. Es wurde auch schon vorgeschlagen,
aus einem derartigen chlorwasserstofffreien Gasgemisch das Chlor mit Hilfe von Lösungsmitteln
für Chlor in reiner Form zu gewinnen. So wird nach der Patentschrift 82 437 aus
chlorhaltigen Gasgemischen Chlor durch flüssige organische Lösungsmittel herausgelöst
und aus den Lösungen das Chlor durch Erwärmen oder Druckverminderang
wieder
abgeschieden. Es handelt sich bei diesem Verfahren -aber um die Aufarbeitung chlorwasserstofffreier
Gasgemische. Die vorgeschlagenen Lösungsmittel lösen nämlich nicht nur Chlor, sondern
auch Chlorwasserstoff. Würden deshalb die Gasgemische, von denen ausgegangen wird,
außer Chlor auch Chlorwasserstoff ,enthalten, @so erhielte man aus den Lösungen
durch Erwärmen ,oder Druckverminderung kein reines Chlor, sondern Gemische aus Chlor
und Chlorwasserstoff. Bei den bekannten Verfahren wird also der gesamte bei der
Oxydation nicht umgesetzte Chlorwasserstoff als wäßrige Salzsäure erhalten, die
als solche nach Ausblasen des in ihr gelösten Chlors irgendeiner weiteren Verwendung
zugeführt werden muß. Eine Aufarbeitung dieser wäßrigen Salzsäure auf Chlor, etwa
durch Abtreiben des Chlorwasserstoffs und erneute katalytische Umsetzung mit Luft,
ist umständlich, wegen der stark korrodierenden Eigensvhaf@t wäßriger S avlz.säure
apparativ schwderüg .durchzuführen und wegen der dabei erforderlichen Verdampfung
kostspielig.
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Es wurde nun gefunden, daß man wesentlich vorteilhafter und wirtschaftlicher
Chlor aus Chlorwasserstoff gewinnen kann, wenn man nach der Umsetzung des Chlorwasserstoffs
mit Sauerstoff oder Sauerstoff enthaltenden Gasen und X ondensation des bei der
Umsetzung gebildeten Wasserdampfes aus dem noch Chlorwasserstoff neben Chlor, Sauerstoff
und'gegebenenfalls andere Gase, wie Stickstoff, -enthaltenden Gasgemisch nicht wie
bei den bekannten Verfahren den. Chlorwasserstoff entfernt, :sondern: das Gasigem:isCh
trocknet und aus ihm das Chlor mit Hilfe von Chlorschwefel herauslöst. Aus dein
mit Ohlor beladenen Chlorschwefel wird dann reines Chlor gewonnen. Chlorschwefel
ist ein selektives Lösungsmittel füs Chlor und, nimmt nicht nur keinen Sauerstoff
und Stickstoff, sondern auch kennen Chlorwasserstoff auf. Nach der Absorption des
Chlors besteht das verbleibende Gasgem:iec@h nur noch aus Chlorwasserstoff, Sauerstoff
und gegebenenfalls inerten Gasen, wie Stickstoff, und kann ohne weiteres erneut
der Oxydation zu Chlor unterworfen werden. Darin liegt ein besonderer Vorteil des
vorliegenden Verfahrens. Es ist auf diese Weise möglich, abgesehen von der geringen
Menge Chlorwasserstoff, die sich in dem bei der Oxydation gebildeten und dann kondensierten
Wasser löst, den gesamten angewandten Chlorwasserstoff ohne besonderen Aufwand an
Vorrichtungen und Kosten zu Chlor umzusetzen, während bisher der gesamte bei -der
Oxydation nicht umgesetzte Chlorwasserstoff als wäßrige Salzsäure erhalten wurde
und so für eine erneute Umsetzung zu Chlor nicht in Frage kam. Aus diesem Grunde
mußte man auch darauf bedacht sein, bei der Oxydation einen möglichst hohen Umsatz
zu erreichen,, selbst wenn dies auf Kosten des Durchsatzes ging. Es hat sich aber
gezeigt, daß bei erhöhtem Durchsatz an Chlorwasserstoff der Umsatz zwar abfällt,
die in der Zeiteinheit erzeugte Menge Chlor aber ganz beträchtlich ansteigt. Da
nun bei dem vorliegenden Verfahren auf einen möglichst hohen Umsatz weniger Wert
gelegt - zu werden braucht, weil ja der nicht umgesetzte Chlorwasserstoff ohne weiteres
erneut der Oxydation zu Chlor unterworfen werden kann, ist die Möglichkeit gegeben,
in einer gegebenen Oxydationsanlage wesentlich mehr Chlor zu erzeugen als bisher.
Enthält der zur Oxydation verwendete Sauerstoff noch andere Gase, wie Stickstoff,
so kann man eine Anreicherung dieser Gase im Kreislaufgas in einfacher Weise dadurch
vermeiden, .daß man einen entsprechenden Teil des Kreislaufgases von Zeit zu Zeit
oder auch dauernd abzieht. Der in ihm enthaltene Chlorwasserstoff kann in beliebiger
Weise gewonnen werden. Es entgeht nur derjenige Anteil des Chlor--,vasserstoffs
der Oxydation zu Chlor, der sich in dem bei der Oxydation gebildeten Wasser bei
dessen Kondensation .löst. Führt man die Kondensation bei iio° aus, also beim Siedepunkt
des azeotropen Gemisches von Wasser und Chlorwasserstoff, so ist dieser Anteil am
geringsten.
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Beispiel 2o ms- Chlorwasserstoff werden stündlich zusammen mit i0,5
m3 Sauerstoff durch eine q. m hohe Schmelze aus 70% Eisenchlorid und 300/0 Kallumchlorid,
die sieh in. einem gemauerten Turm von i m Durchmesser befindet, bei q.5d° geleitet.
Der Chlorwasserstoff setzt sich dabei zu 73% um. Den Ofens verläßt ein Gemisch von
27 Vo-lumprozent Chlor, 2o Volumprozent Chlorwasserstoff, 26 Volumprozent
Sauerstoff und 27 Volumprozent Wasserdampf. Der Wasserdampf wird kondensiert, und
man erhält dabei, wenn die Kondensation bei iio° vorgenommen wird, 7,3 kg 2o0/wige
Salzsäure. Das. Gasgemisch, das nunmehr aus 390/a Chlor, 2q.0/0 Chlorwasserstoff
und 370/0
Sauerstoff besteht, wird mit Schwefelsäure getrocknet und dann in
einem Absorptionsturm mit Chlorschwefel gewaschen. Es verbleiben 4,5 m3/11 Chlorwasserstoff
und 3,6 in3/h Sauerstoff, die nach Zusatz von 15,5 m3/11 Chlorwasserstoff und 3,6
m3/11 Sauerstoff erneut katalytisch umgesetzt werden. Aus dem mit Chlor beladenen
Chlorschwefel wird das Chlor z. B. durch fraktionierte Destillation abgetrennt.
Man erhält auf diese Weise stündlich 23 kg ioC/oiges Chlor.
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Werden in demselben Ofen stündlich 6o m3 Chlorwasserstoff mit 31,5
m3 Sauerstoff durchgesetzt, so erniedrigt- sieh der Umsatz auf 6o0/0. Das den Ofen
verlassende Gasgemisch besteht aus 22% Chlor, 29.%. Chlorwasserstoff, 27% Sauerstoff
und 22% Wasserdampf. Bei der sich anschließenden Kondensation erhält man 18,1 kg
wäßrige Salzsäure, und es verbleibt ein Gasgemisch von 29% Chlor" 35% Chlorwasserstoff
und 36% Sauerstoff. Nach Trocknung mit Schwefelsäure und nach Absorption des Chlors
mit Chlorschwefel bleiben 21,8 m3/11 Chlorwasserstoff und 22,-5 m3/11 Sauerstoff
übrig, die nach Zusatz von 38,2 m3/11 Chlorwasserstoff und 9 m3/11 Sauerstoff erneut
in den Ofen geführt werden. Aus dem mit Chlor beladenen Chlorschwefel lassen sich
stündlich 57 kg Chlor gewinnen.
Die stündlich erzeugte Chlormenge
ist also durch Erhöhung des Durchsatzes trotz des verringerten Umsatzes wesentlich
größer geworden. Der als 2o%ige wäßrige Salzsäure erhaltene Anteil des Chlorwasserstoffs
beträgt 5,8°/o des,umgesetzten Chlorwasserstoffs. Wird dagegen der gesamte nicht
umgesetzte Chlorwasserstoff mit Wasser ausgewaschen, so erhält man bei einem Durchsatz
vor. 2o ms/h Chlorwasserstoff 2701o, bei einem Durchsatz von 6o m3/h ,sogar q.00/0
in Form wäßriger Salzsäure, die der Umsetzung zu Chlor entgehen.