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Verfahren zur Polymerisation oder Mischpolymerisation ungesättigter
Verbindungen Die sogenannte Redoxpolymerisation ungesättigter Verbindungen wird
mit Hilfe sauerstoffabgebender Verbindungen meist peroxydischer Art durchgeführt,
deren Handhabung in vielen Fällen nicht einfach ist.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Anwendung dieser Verbindungen,
insbesondere der Peroxyde, vermeiden kann, wenn man die ungesättigten Verbindungen
vor der Polymerisation in Gegenwart molekularen Sauerstoffs mit chemisch wirksamen
Strahlen behandelt. Es ist wahrscheinlich, daß sich dabei Moloxyde oder Peroxyde
der ungesättigten Verbindungen bilden, die dann unter den Bedingungen der Polymerisation
zusammen mit den zugefügten Reduktionsmitteln die Reaktion auslösen.
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Die monomeren Verbindungen werden erfindungsgemäß also zunächst so
vorbehandelt, daß man sie in Gegenwart von Sauerstoff oder sauerstoffhaltigen Gasgemischen
bestimmte Zeiten bestrahlt. Die Dauer der Bestrahlung hängt sowohl von der Stärke
und der Wellenlänge des angewandten Lichtes als auch von der Art der ungesättigten
Verbindung und des Reduktionsmittels ab, ferner von den späteren Polymerisationsbedingungen.
Man kann sagen, daß zu kurze Belichtungsdauer nur ungenügende Wirkung hervorruft,
während übermäßig lange Bestrahlungszeiten
die Polymerisationsfähigkeit
der ungesättigten Verbindungen infolge der Bildung störender Zerfallsstoffe herabsetzen
können.
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Schon Tageslichtbestrahlungen bei Gegenwart von molekularem Sauerstoff
üben einen günstigen Einfluß auf die Polymerisationsfähigkeit der Monomeren mit
Reduktionsmitteln aus; wirksamer bei wesentlich verkürzter Dauer der Vorbehandlung
sind aber Bestrahlungen mit Kunstlicht, insbesondere mit solchem, das reich an kurzwelligen
Strahlen ist. Als Gefäße eignen sich solche, die für die angewandten Strahlen durchlässig
sind. Man kann aber auch in undurchsichtigen, offenen oder geschlossenen Gefäßen
durch geeignet angebrachte Strahlungsquellen das Licht einwirken lassen. Es kann
vorteilhaft sein, schon vor der Bestrahlung das Reduktionsmittel der ungesättigten
Verbindung zuzusetzen. Dabei kommen selbstverständlich nur solche Reduktionsmittel
in Betracht, die die Polymerisation nicht stören.
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Als Reduktionsmittel im Sinne des vorliegenden Verfahrens können beispielsweise
Sulfinsäuren und Derivate, Ketole und Derivate sowie Amine dienen. Die benötigten
Mengen sind gering und liegen in den bei Katalysen von Polymerisationen üblichen
Grenzen.
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Für die Behandlung mit sauerstoffhaltigen Gasen kann es genügen, wenn
bei der Herstellung oder zumindest bei der Reinigung der ungesättigten Verbindungen
Luft nicht oder nicht vollständig ausgeschlossen wurde. In den meisten Fällen ist
es jedoch notwendig, den ungesättigten Ausgangsstoff während der Bestrahlung in
innige Berührung mit den sauerstoffhaltigen Gasen zu bringen, sei es durch Herstellung
einer großen Oberfläche, die von den Gasen berührt oder überstrichen wird, oder
auch durch Einleiten von z. B. Luft oder Sauerstoff. Man vermeidet dadurch auch
die bei zu geringer Sauerstoffkonzentration leicht einsetzende vorzeitige Polymerisation.
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Ungesättigte Verbindungen im Sinne des vorliegenden Verfahrens sind
ein- oder mehrfach ungesättigte Verbindungen, wie z. B. Acrylsäure, Methylacrylsäure
und ihre Derivate, Vinylester, wie Vinylchloracetat, Styrol, Diene, wie 2-Chlorbutadien-i,
3 u. a. Man kann diese Verbindungen allein oder in Mischungen anwenden; man kann
aber auch nur einen Teil der Monomeren der erfindungsgemäßen Vorbehandlung unterwerfen
und bei der Polymerisation den so behandelten Teil der Gesamtmenge zusetzen.
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Die vorbehandelten Stoffe können als solche, in Lösung oder in Dispersion
polymerisiert werden. Dabei können alle Bedingungen, die der Polymerisation günstig
sind, eingehalten werden. Es ist ein Vorteil des vorliegenden Verfahrens, daß die
erfindungsgemäß vorbehandelten Stoffe bei niedrigerer Temperatur, als sonst üblich,
polymerisiert werden können. Selbstverständlich können auch sonst bei Polymerisationen
angewandte Zusätze, wie peroxydische oder andere Katalysatoren, andere Reduktionsmittel,
Metallverbindungen, Regler, Pufferstoffe, Salze, Emulgatoren, Stabilisatoren u.
a., zugefügt werden. So sind als Metallverbindungen etwa die in den Patenten gig
668, 848 258, 876 003 erwähnten brauchbar. Es sind aber auch sehr wenig lösliche
Metallverbindungen, wie z. B. Halogenide der Alkali- und Erdalkalimetalle (Lithium-,
Magnesium-, Calcium- und Bariumsalze), geeignet.
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Da in vielen Fällen molekularer Sauerstoff die eigentliche Polymerisation
hemmt, ist es zweckmäßig, nach der Vorbehandlung den noch vorhandenen Sauerstoff
zur Abkürzung der Behandlungszeit durch Einleiten eines inerten Gases oder Zufügen
eines sauerstoffbindenden Mittels zu beseitigen. Beispiele i. 5oo Gewichtsteile
frisch destillierter Methacrylsäuremethylester werden unter Einleiten von getrocknetem
Sauerstoff io Minuten mit einer Quecksilberdampflampe bestrahlt. Darauf wird i Gewichtsteil
Benzolsulfinsäure darin gelöst, durch Einleiten von Reinstickstoff der Sauerstoff
aus dem Reaktionsgefäß verdrängt und dieLösung 8Stunden bei 40° gehalten. Nach dieser
Zeit sind 35 % des Esters polymerisiert. Wird der Sauerstoff ohne gleichzeitige
Bestrahlung durch den Ester geleitet, so erhält man unter sonst gleichen Reaktionsbedingungen
nur eine i5%ige Ausbeute. Der Sauerstoff kann auch durch Luft ersetzt werden, ohne
daß sich die Ausbeuten wesentlich ändern.
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2. 5oo Gewichtsteile frisch destillierter Methacrylsäuremethylester
werden unter Einleiten von getrocknetem Sauerstoff io Minuten mit einer Quecksilberdampflampe
bestrahlt. Darauf wird der Ester 15 Minuten mit wenig wasserfreiem Magnesiumchlorid
geschüttelt. Nach Abfiltrieren wird i Gewichtsteil Benzolsulfinsäure im Ester gelöst,
durch Einleiten von Reinstickstoff der Sauerstoff aus dem Reaktionsgefäß verdrängt
und die Lösung 8 Stunden bei 4o° gehalten. Nach dieser Zeit sind 85 0/a des Esters
polymerisiert. Wird beim Durchleiten von Sauerstoff auf die gleichzeitige Bestrahlung
verzichtet, so erreicht man unter sonst gleichen Reaktionsbedingungen nur eine Ausbeute
von 35 0/0.
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3. 5oo Gewichtsteile Methacrylsäuremethylester werden, wie im Beispiel
i angegeben, unter Sauerstoffeinleitung bestrahlt. Dann löst man darin i Gewichtsteil
Benzoin auf, verdrängt den Sauerstoff und erhitzt die Lösung 8 Stunden auf 4o°.
Nach dieser Zeit sind 4,4% des Esters polymerisiert. Unbestrahlter Ester gibt, auf
die gleiche Weise behandelt, kein Polymerisat.
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4. 5oo Gewichtsteile Methacrylsäuremethylester werden, wie im Beispiel
i angegeben, bestrahlt. Dann löst man darin i Gewichtsteil Benzoin sowie 110 Gewichtsteile
Magnesiumnaphthenat auf. Nach achtstündigem Erhitzen auf 4o° sind i2% des Esters
polymerisiert. Unbestrahlter Ester gibt, auf gleiche Weise behandelt, nur 4% Polymerisat.
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5. 5oo Gewichtsteile unter reinstem Stickstoff destilliertes Chloropren
werden unter Durchleiten von Sauerstoff mit einer Lampe, deren Spektrum bis ins
langwellige Ultraviolett reicht, io Minuten
bestrahlt. Danach wird
in dem Chloropren i Gewichtsteil Benzolsulfinsäure gelöst und die Lösung in Stickstoffatmosphäre
während 6o Stunden auf 40° gehalten. Die Ausbeute an Polymerisat beträgt dann 25%.
Wird beim Durchleiten des Sauerstoffs im Dunkeln gearbeitet, so beträgt die Ausbeute
bei sonst gleichen Reaktionsbedingungen 4%.
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6. 5oo Gewichtsteile Acrylsäuremethylester werden unter Durchleiten
von Sauerstoff 5 Minuten mit einer Quarzlampe bestrahlt. Nach Zugabe von i Teil
Benzolsulfinsäure wird die Lösung durch Durchleiten von Stickstoff sauerstofffrei
gemacht. Die Polymerisation setzt augenblicklich bei Zimmertemperatur ein und ist
unter starker Wärmetönung in wenigen Minuten beendet. Unbestrahlter Ester ist unter
gleichen Reaktionsbedingungen erst nach etwa 2 Stunden auspolymerisiert.
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7. 5oo Gewichtsteile Vinylchloracetat werden unter Durchleiten von
Luft 15 Minuten lang mit einer Quarzlampe bestrahlt. Dann wird der Ester etwa 15
Minuten mit wasserfreiem Calciumchlorid geschüttelt. Nach Abfiltrieren wird i Gewichtsteil
Benzolsulfinsäure zugesetzt, die Luft durch Stickstoff verdrängt und auf 40° erhitzt.
Nach 8 Stunden sind 55% des Esters polymerisiert. Vermeidet man die Bestrahlung
während des Luftdurchleitens, so erhält man unter sonst gleichen Reaktionsbedingungen
eine Ausbeute von nur io% an Polymerisat.
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B. In 2ooo Gewichtsteilen einer wässerigen Lösung, die 4o Gewichtsteile
diisobutylnaphthalinsulfosaures Natrium, io Gewichtsteile Paraffinfettsäure (C14),
1,7 Gewichtsteile Natriumhydroxyd, 6 Gewichtsteile Natriumpyrophosphat, ferner 3
Gewichtsteile Natriumformaldehydsulfoxy lat und 0,3 Gewichtsteile Ferroammonsulfat
enthält, werden in einer geschlossenen Einrichtung unter reinstem Stickstoff i ooo
Gewichtsteile peroxydfreies 2-Chlorbutadien-1,3, das man durch sorgfältigeDestillation
des Chlorbutadiens unter völligem Ausschluß von Sauerstoff erhält, emulgiert. Man
erhält nach dreistündigem Rühren bei 2o° weniger als 2o% Polymerisat. Wird vor der
Polymerisation durch das hochgereinigte Chlorbutadien q. Stunden lang bei o° ein
langsamer Luftstrom bei Lichtausschluß geleitet, so ist bei der Polymerisation unter
sonst gleichen Bedingungen die gebildete Menge an Polymerisat nicht wesentlich größer.
Wird dagegen das Chlorbutadien beim Durchleiten von Luft mit einer Tageslichtlampe
bestrahlt, so erhält man bei der nachfolgenden Polymerisation unter sonst gleichen
Bedingungen eine Emulsion, die mehr als 8o % des eingesetzten Chlorbutadiens als
Polymerisat enthält.