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Elektrischer Triebwagenzug mit zwei Triebwagen, die gekuppelt oder
einzeln fahrbar sind Für elektrische Bahnen, insbesondere Straßenbahnen, werden
Triebwagenzüge verwendet, die aus zwei elektrisch gekuppelten Triebwagen bestehen,
von denen der in Fahrtrichtung vorn liegende Triebwagen der führende und der dahinter
liegende Triebwagen der geführte ist. Jeder Triebwagen hat Motoren, Anfahrbremswiderstände
und Fahrschalter. Jeder der beiden Triebwagen kann mit einem oder.zwei Fahrschaltern
versehen sein. Ist jeder Triebwagen mit einem einzigen Fahrschalter ausgerüstet,
so erhält man einen Doppelwagen oder Ein-Richtung-Zwillingswagen. Wird der Triebwagen
eines Ein-Richtung-Zwillingswagens für sich allein gefahren, so erhält man einen
richtungsgebundenen Einzeltriebwagen. Hat dagegen jeder Triebwagen des Triebwagenzuges
zwei Fahrschalter, so bezeichnet man den Triebwagenzug als (reinen) Zwillingswagen.
Jeder Zwilling ist bei Einzelfahrt ein nichtrichtungsgebundener Einzeltriebwagen.
Beim Anfahren und Bremsen pflegt man die in Fahrtrichtung vorn liegenden Motoren
der beiden Triebwagen des Triebwagenzuges zu einer Gruppe und die beiden hinten
liegenden Motoren beider Triebwagen zu einer zweiten Gruppe zusammenzufassen, .wobei
zu jeder Motorengruppe in jedem Triebwagen ein Gruppenwiderstand als Anfahrbremswiderstand
zugeordnet ist. Bisher wurde bei Betrieb mit einem oder zwei Triebwagen der gleiche
Widerstand benutzt, und zwar der des führenden Triebwagens allein. Die Motorengruppen
mit ihren Gruppenwiderständen werden in Serieparallelschaltung angefahren und in
Parallelschaltung abgebremst. Bei Zugbetrieb mit vier Motoren müssen jedoch theoretisch
die Anfahrbremswiderstäride halb so groß sein wie beim Einzelwagenbetrieb mit zwei
Motoren. Man wählte bisher für den Zwei- und Einwagenbetrieb den gleichen @ Widerstand
mit mittleren Widerstandswerten. Dies führte jedoch zu einer Kompromißlösung
mit
unzulänglichen Anfahr- und Bremseigenschaften in beiden Fällen. Einen befriedigenden
Betrieb erreicht man, wenn bei Zweiwagenbetrieb zu dem im führenden Triebwagen vorhandenen
Anfahrbremswiderstand ein zusätzlicher Widerstand in der gleichen Größe parallel
geschaltet wird. Dieser zusätzliche Widerstand muß bei Einzelwagenbetrieb abgeschaltet
sein. In diesem Falle muß stets jeder Triebwagen ein so großes Widerstandsgewicht
bei sich führen, wie es zum Zweiwagenbetrieb erforderlich ist, und zwar doppelt
so viel.
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Die Erfindung befaßt sich mit der Aufgabe, an aus zwei Triebwagen
bestehenden Wagenzügen die Anfahrbremswiderstände so auszubilden, daß sowohl bei
Zweiwagenbetrieb als auch bei Einwagenbetrieb befriedigende Anfahr- und Bremseigenschaften
erreicht werden, ohne daß eine Verdoppelung des Widerstandsgewichtes in jedem Wagen
erforderlich ist. Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß bei gekuppelten
Triebwagen die Anfahrbremswiderstände des geführten Triebwagens über Kupplungsleitungen
als Anpaßwiderstände zu den Anfahrbrernswiderständen des führenden Triebwagens parallel
geschaltet sind. Man könnte zunächst daran denken, daß die Anfahrbremswiderstände
beider Triebwagen an jeder ihrer Anzapfstellen durch Kupplungsleitungen miteinander
verbunden werden. Dies würde aber zu einer großen Zahl von Kupplungsleitungen zwischen
beiden Triebwagen führen. Vorzugsweise werden von den in jedem Triebwagen befindlichen
Anfahrbremswiderständen nur Teile parallel geschaltet, und zwar diejenigen Teile,
die beim Anfahren und Bremsen lange Zeit unter Strombelastung stehen. Auf diese
Weise läßt sich eine Verringerung der Anzahl der Kupplungsleitungen zwischen den
beiden Triebwagen erzielen. Bei alleiniger Verwendung der Anfahrbremswiderstände
des geführten Triebwagens als Anpaßwiderstände kann man mit sechs Kupplungsleitungen
zwischen den beiden Triebwagen auskommen. Eine weitere Verringerung der Anzahl der
Kupplungsleitungen läßt sich noch dadurch erzielen, daß außer den-. Anfahrbremswiderständen
des geführten Triebwagens zusätzliche Widerstände in dem führenden Triebwagen als
Anpaßwiderstände untergebracht werden. Bei einer solchen Ausbildung der Anpaßwiderstände
kann man mit vier Kupplungsleitungen zwischen beiden Triebwagen auskommen.
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Bevor die Erfindung an Ausführungsbeispielen näher erläutert wird,
werden- in den Fig. x und 2 die Arten der aus zwei Triebwagen bestehenden Wagenzüge
dargestellt. Der Triebwagenzug besteht aus den Triebwagen A und
B, von denen jeder zwei Motoren i und 2 hat. In der Fig. i ist ein Triebwagenzug
nach Art eines Doppelwagens dargestellt. Jeder Triebwagen hat einen einzigen Fährschalter
F, die an der Außenseite des Triebwagenzuges angeordnet sind. Die Fig. 2 zeigt einen
Triebwagenzug nach Art eines reinen Zwillingswagens. Jeder Triebwagen des Zwillingswagens
hat zwei Fahrschalter. In der Zeichnung geht die Fahrtrichtung der beiden Triebwagenzüge
nach rechts. Bei dieser Fahrtrichtung ist der an der vorderen Stirnseite befindliche
Fahrschalter auf Stellung »Fahrt« eingestellt, während die übrigen Fahrschalter
die Stellung »Null« erhalten. Wird von dem Triebwagenzug nach Art eines Doppelwagens
der Fig. i ein Triebwagen abgekuppelt und für sich allein gefahren, so kann er infolge
seines einzigen Fahrschalters nur als richtungsgebundener Einzelwagen betrieben
werden. Anders ist es aber bei Verwendung eines Einzelwagens aus einem Triebwagenzug
nach Art eines Zwillingswagens (Fig.2). Dieser Einzelwagen ist infolge des Vorhandenseins
zweier Fahrschalter nicht richtungsgebunden.
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Die Fig. 3 und q. geben zwei Schaltungen als Ausführungsbeispiele
der Erfindung an. Diese Schaltungen enthalten die Motoren und die Anfahrbremswiderstände.
Die Erfindung, die diesen Schaltungen zugrunde liegt, ist anwendbar sowohl an Triebwagenzügen
nach Art der Doppelwagen und Ein-Richtung-Zwillingswagen als auch an Triebwagenzügen
nach Art der reinen Zwillingswagen.
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In beiden Ausführungsbeispielen ist S der Stromabnehmer des führenden
Triebwagens A. Der führende Triebwagen hat die Motoren iA, 2A, der geführte
Triebwagen die Motoren i B, 2B. Die Motoren i A, 2B, die in jedem Triebwagen
in Fahrtrichtung vorn liegen, sind zu einer Motorengruppe und die Motoren 2 A, i
B, die in Fahrtrichtung hinten liegen, zu einer zweiten Motorengruppe zusammengefaßt.
R", W" sind die Gruppenwiderstände des führenden Triebwagens A und Ra, Wb die Gruppenwiderstände
des geführten Triebwagens. Diese Gruppenwiderstände bilden die Anfahrbremswiderstände.
Die Anfahrbremswiderstände sind mit einer Vielzahl von Anzapfstellen (im Ausführungsbeispiel
acht Anzapfstellen) versehen. Nach der Erfindung werden bei gekuppelten Triebwagen
die Anfahrbremswiderstände Rb, Wb als Anpaßwiderstände zu den Anfahrbremswiderständen
Ra, W" des führenden Triebwagens A herangezogen. Dies geschieht in der Weise, daß
die Anfahrbremswiderstände Rb, Wb des geführten Triebwagens B über Kupplungsleitungen
K zu den Anfahrbremswiderständen Rd, W" des führenden Triebwagens A parallel
geschaltet sind. Es weiden aber vorzugsweise von den in jedem Triebwagen befindlichen
Anfahrbremswiderständen Ra, W" bzw. Rb, Wb nur Teile parallel geschaltet, und zwar
nur diejenigen, die beim Anfahren und Bremsen lange Zeit unter Strombelastung stehen.
Diese Teile übernehmen bei optimaler Anpassung ein Maximum an Strombelastung.
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In der Schaltung der Fig. 3 werden lediglich die Anfahrbremswiderstände
Rb, Wb des geführten Triebwagens B als Anpaßwiderstände verwendet. Die Anfahrbremswiderstände
beider Triebwagen sind vorzugwseise durch sechs Kupplungsleitungen miteinander verbunden.
In dem Ausführungsbeispiel sind die Anzapfstellen Ro, R1 bzw. Wo, W, des
Widerstandes im führenden Triebwagen A mit den entsprechenden Anzapfstellen im geführten
Triebwagen B verbunden. Ferner ist dem Widerstandsabschnitt R7, R1 bzw. W7, W1 des
führenden Triebwagens der kleinere Abschnitt R, R1 bzw. W., W1 des geführten Triebwagens
parallel geschaltet. Bei dieser Art der Anpassungsschaltung kann. der Gesamtwiderstand
bei Betrieb mit vier Motoren leicht etwa halb so groß
gemacht werden
wie bei Betrieb mit zwei Motoren, und in die Anpaßwiderstände kann ein Maximum an
Wärmeenergie geliefert werden. Die Kupplungsleitungen bleiben beim Anfahren und
Bremsen des aus zwei Wagen bestehenden Triebwagenzuges dauernd bestehen. An den
Anfahrbrems,%iriderständen des führenden Triebwagens werden die einzelnen Stufen
beim Anfahren und Bremsen in üblicher Weise, z. B. in sog. Kombinationsschaltung,
durchgeschaltet. Die Fig. 3 zeigt die beiden Motorengruppen mit den beiden als Anfahrbremswiderstände
dienenden Gruppenwiderständen in Serienschaltung. Werden die beiden Motorengruppen
mit den Gruppenwiderständen parallel geschaltet, so ändert sich nichts an den Verbindungen
zwischen den Anfahrbremswiderständen der beiden Triebwagen.
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In der Schaltung der Fig. 3 sind neben den Anfahrbremswiderständen
Rd, W" des Triebwagens A Kontaktverbindungen S9 vorgesehen, die geöffnet und geschlossen
werden können. Diese Kontaktverbindungen gehören zu der Schaltwalze eines Gruppenschalters,
der die Aufgabe hat, die Motoren so zu schalten, daß der Triebwagenzug mit vier
oder zwei Motoren oder ein einzelner Triebwagen mit zwei oder einem Motor fahren
kann. Entsprechende Kontaktverbindungen befinden sich auch neben dem Anfahrbremswiderstand
Rb, Wb des Triebwagens B. Diese Kontaktverbindungen sind in der Schaltung jedoch
nicht gezeichnet. Bei Wagenzugbetrieb mit vier Motoren sind die Kontaktverbindungen
geschlossen. Die Kontaktverbindungen werden unterbrochen, wenn ein Triebwagen für
sich allein fährt oder die beiden Motoren des zweiten Triebwagens infolge einer
Störung abgeschaltet sind.
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Während bei der Schaltung der Fig.3 allein die Anfahrbremswiderstände
des geführten Triebwagens als Anpaßwiderstände herangezogen werden, zeigt die Fig.
4 eine Schaltung, in der als Anpaßwiderstände außer den Anfahrbremswiderständen
des geführten Triebwagens zusätzliche, in dem führenden Triebwagen befindliche Widerstände
vorgesehen sind. Diese zusätzlichen Widerstände sind mit R"", Wza bezeichnet. Sie
sind parallel zu den Anzapfstellen R1, R, bzw. W1, W7 geschaltet. Es sind Widerstandsabschnitte
gewählt, die thermisch weniger stark beansprucht sind. Entsprechende zusätzliche
Widerstände (nicht in der Zeichnung dargestellt) befinden sich in dem Triebwagen
B. Diese werden aber nur benutzt, wenn der Triebwagen B in dem Triebwagenzug der
führende ist. Die zusätzlichen Widerstände Rza, Wza sind in ihrem Ohmwert und Gewicht
wesentlich kleiner als die Anfahrbremswiderstände Ra, W, Durch die Verwendung der
zusätzlichen Widerstände Rza, Wza kann man mit vier Kupplungsleitungen
K
auskommen. Es sind lediglich Anzapfstellen Ro, R1 bzw. Wo, W1 der
Anfahrbremswiderstände des führenden Triebwagens A mit den entsprechenden Anzapfstellen
der Anfahrbremswiderstände des geführten Triebwagens verbunden. Über Kontaktverbindungen
S, einer Gruppenschaltwalze können wieder die Anpaßwiderstände bei Fahrt mit zwei
Motoren abgeschaltet werden. Entsprechende Kontaktverbindungen sind auch in dem
geführten Triebwagen vorhanden.
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Bei der Erläuterung der Ausführungsbeispiele ist angenommen worden,
daß der Triebwagen A der führende und der Triebwagen B der geführte ist. Die Schaltungen
sind auch betriebsfähig, wenn umgekehrt der Triebwagen B der führende und
der Triebwagen A
der geführte ist. Beide Schaltungen gewährleisten einen technisch
befriedigenden Betrieb beim Anfahren und Bremsen in allen Fällen, gleichgültig,
ob in dem Triebwagenzug vier oder zwei Motoren in Betrieb sind oder einer der beiden
Triebwagen für sich allein fährt.
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Durch die Einführung der Anpaßwiderstände, die erfindungsgemäß zu
wesentlichen Teilen in den geführten Triebwagen verlegt sind, wird das in jedem
Triebwagen einzubauende Widerstandsgewicht erheblich vermindert; außerdem werden
sowohl bei Betrieb mit vier als auch mit zwei Motoren befriedigende Anfahr- und
Bremseigenschaften erzielt.