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Verfahren zur Herstellung von Äthylencyanhydrin aus Äthylenoxyd und
Blausäure Es sind verschiedene Verfahren bekanntgeworden, nach denen Äthylen,eyanhydrin
hergestellt werden kann. Man kann es z. B. erhalten durch Umsetzung von Äthylenchlorhydrin
mit Natriumcyanid. Als Nebenprodukt erhält man dabei Natriumchlorid. Ein neuerer
und einfacherer Weg besteht .darin, daß man Äthylen(oxyd mit Blausäure in Gegenwart
von alkalischen Katalysatoren umsetzt. Als solche sind verschiedene Stoffe erwähnt
worden, z. B. Natriumcyani,d, Natronlauge, Bariumcyanid, Kalkmilch und ähnliche.
In der Regel steht für dieses Verfahren das Äthylenoxyd als reiner Körper, d. h.
in iooo/oiger Form zur Verfügung. Es wird dazu in bekannter Weise aus Äthylenchlorhydrin
gewonnen. Auch die Blausäure wurde meist in hochkonzentrierter Form, sei es durch
Zersetzung von Natriumcyanid mit Hilfe von Schwefelsäure oder .aus anderen Quellen,
z. B. durch die Zersetzung von Formamid und nachfolgende Isolierung, .angewandt.
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In neuerer Zeit sind nun Verfahren bekanntgeworden, nach denen Äthylenoxyd
durch katalytische Oxydation von Äthylen mit Luft oder sauerstoffhaltigen Gasen
erzeugt wird. Diese Verfahren leiden daran, daß es nicht gelingt, .die Umsetzung
in konzentrierter Form durchzuführen. Man ist vielmehr gezwungen, mit großen Überschüssen
von Luft oder anderen Inertgasen: zu arbeiten, und erhält infolgedessen Gase, .die
nur relativ wenig Äthylenoxyd, beispielsweise 0,5 bis 5 Volumprozent, enthalten.
Je nachdem, wie die Verfahren betrieben werden, bestehen die Restgase im wesentlichen
aus
Stickstoff sbzw. aus nicht umgesetztem Äthylen. Diese Verfahren
können nun so geleitet werden, daß der Betrag an nicht umgesetztem Äthylen relativ
gering ist und praktisch vernachlässigt werden kann. Man kann auch die katalytische
Oxydation so leiten, daß nur ein bestimmter Prozentsatz des vorhandenen Äthylens
oxydiert wird und ein anderer Teil umgewälzt werden muß. Die Aufarbeitung dieser
Gase auf reines Äthylen ist mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Soweit bisher
bekanntgeworden ist, hat man :die Aufarbeitung dieser Gase vor allem so geleitet,
daß bei der Aufarbtitung sdas Äthylenoxyd in das schwer flüchtige Äthylenglykol
übergeführt und dadurch gewonnen wurde. Man hat zu diesem Zweck die äthylenoxydhaltigen
Gasse mit wäßrigen Säuren gewaschen. In bekannter Weise lagert sich dabei Wasser
.an Äthylenoxyd an unter Bildung von Äthylenglykol, das durch Konzentrierender erhaltenen
verdünnten Lösungen gewonnen werden kann. Es ist auch möglich, Äthylenoxyd selbst
zu erhalten, doch ist :dies, wie gesagt, mit Schwierigkeiten und gewissen Verlusten
verbunden.
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Es wurde nun gefunden, .daß man die verdünnten äthylenoxydhaltigen
Gase der Äthylenoxydation, gegebenenfalls nach vorheriger Entferung von Kohlensäure,
ohne Isolierung des reinen Äthylenoxydesdirekt mit Blausäure zu Äthylencyanhydrin
in Gegenwart von größeren Mengen Wasser, das eine geringe Menge eines alkalischen.
Katalysators enthält, umsetzen kann. Dabei ist es nicht nötig, daß die Blausäure
in hochkonzentrierter Form zur Verfügung steht, denn es wurde weiter gefunden, daß
man mit Vorteil für diesen Umsatz blausäurehalbige Gase benutzen kann. ,Solche Gase
werden z. B. bei der Zersetzung von Formamid, bei der Erzeugung von Blausäure aus
C O und Ammoniak oder aus Methan und Ammoniak erhalten. Alle diese Verfahren liefern
.die Blausäure in einer verhältnismäßig niedrigen Konzentration in Gegenwart von
Inertgasen, wie Stickstoff, Ammoniak, C O, Methan und anderen.
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Nachdem die Reaktion zwischen- Äthylenoxyd und Blausäure, verglichen
mit ähnlichen Reaktionen wie denjenigen zwischen Formaldehyd oder Acetaldehyd und
Blausäure, nur verhältnismäßig langsam verläuft und eine höhere Temperatur erfordert,
war es nicht vorauszusehen, daß es gelingt, die starke verdünnten äthylenoxydhaltigen-
Gase mit verdünnten blausäurehaltigen Gasen .direkt, ohne vorherige Isolierung der
Reaktionsprodukte, in reiner Form in' befriedigender Weise unter Erzeugung eines
so wertvollen Produktes wie Äthylencyanhydrin zur Reaktion zu bringen. Das neue
Verfahren vermeidet also die kostspielige und unsichere Aufarbeitung .der äthylenoxydhaltigen
Gase auf reines Äthylenoxyd, desgleichen die Aufarbeitung von blausäurehaltigen
Gasen auf reine Blausäure. Beispiel In eine Serie von drei hintereinandergeschalteten
Waschtürmen von je etwa Zoo 1 Inhalt, von denen der erste eine 6oo/oige Lösung von
Äthylencyanhydrin in Wasser, enthaltend o,2 °/o freies NaOH, der zweite eine etwa
q.oo/oige gleiche Lösung, der dritte Wasser mit o,io/o freiem NaOH enthält, wird
ein äthylenoxydhaltiges, von Kohlensäure befreites Gas, bestehend aus 3,1 Volumprozent
Äthylenoxyd, i Volumprozent Sauerstoff und 95,9 Volumprozent Stickstoff, mit einer
Geschwindigkeit von 21 ooo 1 je# Stunde -durch eine geeignete Verdüsungsvorrichtung
eingeführt. Durch dieselbe oder eine zweite Verdüsung wird gleichzeitig ein blausäurehaltiges,
von Ammoniak befreites Gas, das 7,2 Volumprozent H C N, i i Volumprozent Wasserstoff
und 7 Volumprozent Kohlenoxyd, Rest Stickstoff, enthält, mit einer Geschwindigkeit
von gooo 1 je Stunde eingeführt. Das aus dem ersten Reaktionsturm abziehende Gas
tritt von unten ,durch eine geeignete Verteilungsvorrichtung. in den zweiten Turm
ein, um zum Schluß in .dem dritten Turm, der nur noch mit schwach alkalischemWasserbeschickt
ist, gewaschen zu werden. Das den dritten Turm verlassende Gas ist völlig frei von
Äthylenoxyd und Blausäure. Die in den Türmen enthaltene jeweilige Lösung kann mit
Hilfe einer Pumpe durch einen Wärmeaustauscher innerhalb des Turmes zirkulieren.
Es kann aber auch ein Teilstrom dieser Zirkulation vom (dritten Turm nach dem zweiten,
vom zweiten nach dem ersten und vom ersten aus dem System abgezogen werden. Die
Temperatur der drei Reaktionstürme läßt sich auf diese Weise leicht gleichmäßig
auf etwa 52° einstellen. Das Verfahren kann kontinuierlich gestaltet werden dadurch;
daß in dem Maße, in dem Äthylencyanhydringebildet wird, die Lösung,des dritten Turmes
.durch die erwähnten Wärmeaustauscher kontinuierlich in bestimmter Menge in den
zweiten Turm gedrückt wird und ebenso vom zweiten nach dem ersten, aus dem in demselben
Maße eine etwa 6oo/oige Lösung von Äthyleneyanhydrin abfließt. Stündlich werden
auf diese Weise etwa 3 kg einer 6oo/oigen Äthylencyanhydri.nlösung erzeugt. Die
Verweilzeit der Gase in den Türmen beträgt etwa -8 bis. io Sekunden. Sie kann aber
.auch höher oder geringer gehalten werden. Die Reaktionstemperatur kann zwischen
20 und 7o° betragen. Als vorteilhaft hat sich eine Temperatur von 5o bis 55° erwiesen.
Der Umsatz von Äthylenoxyd und Blausäure zu Äthylencyanhydmin beträgt etwa 95 0/0.
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