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Verfahren zur Erhöhung des Ergosteringehaltes von Hefen Das Ergosterin,
welches, wie bekannt, durch die Bestrahlung mit ultraviolettem Licht in das Vitamin
D umgewandelt werden kann, bildet einen sehr wichtigen Ausgangsstoff der pharmazeutisch-chemischen
Industrie. Ergosterin wird meistens aus P@neßhefe hergestellt, z. B. mittels des
Verfahrens von: W i tn d a u -s und Großkopf (Z. f. physiol. Chein. 1923, Bd. 12q.,
S.8) oder mittels anderer Verfahren.
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Der Ergosteringehalt der in üblicher Weise vermehrten Hefen ist im
allgemeinen niedrig. Der Ergosteringehalt der gewöhnlichen obergärigen Backhefe
bewegt sich im allgemeinen, auf Hefe mit 3o% Trockensubstanzgehalt berechnet, zwischen
i bis 20/00 und meistens um 1, 2 bis 1, 5 % o.
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über die Erhöhung des Ergosteringehaltes der Hefe ist bereits eine
umfangreiche Literatur vorhanden (z. B. A. H e i.d u s c h k a Z. f. angew. Chem.,
1926; S. 326; H a l d e n 5 Z. f. physiol. Chem., 193q, Bd.225, S.249; Sobotka,
Halden und Bilger, Z. f. physi@ol. Chem., 1935, Bd. 25q., S,. i bis 2o; Bills, Massengale
und Prickett, Journal :of Biel. Chem., 193o; Bd.87, S).259; und 19.31, Bd. 94, S,.
213; C a s t i 11e und R u p p o 1, Bull. Acad. Med. Belg., Sitzungsbericht v. 28.
1. 1933, S.48; Ida S m e d 1 e y M a c L-e a n , Bioch. Journal, 1922, S.
370, sowie mehrere Patentschriften).
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Die Verfasser dieser Abhandlungen haben die Bildung des Ergosterins
in der Hefe unter den verschiedensten Bedingungen untersucht. Die erwähnten Abhandlungen
stimmen miteinander im allgemeinen darin überein, daß die Erhöhung des Ergosteringehaltes
der Hefen unter Belüftung durchgeführt wird, und zwar meistens in Gegenwart von
Äthylalkohol. Sie widersprechen einander jedoch in der Hinsicht, unter welchen weiteren
biologischen Bedingungen die an Ergosterin reichere Hefe hergestellt werden soll,
namentlich hinsichtlich des Stickstoff- und Kohlenhydratgehaltes der Züchtungs-
oder Behandlungslösung.
Aus der britischen Patentschrift 396 2o6
ist ein Verfahren zur Erhöhung des Ergosteringehaltes der Hefe bekanntgeworden,
gemäß welchem die Hefe in einer Nährlösung mit üblicher Zusammensetzung vermehrt,
jedoch der Stickstoffgebalt der Nährlösung während der ganzen Behandlung oder während
eines Abschnittes derselben auf einem niedrigeren Wert als den üblichen gehalten
wird. Die Hefe wird in dieser Lösung in Gegenwart eines sauerstoffübertragenden
organischen Katalysators belüftet. Die -so erhaltene Hefe wird zwecks weiterer Erhöhung
des Ergosteringehaltes entweder mit Luft behandelt oder einer zusätzlichen Behandlung
gemäß der britischen Patentschrift 50o 663 unterworfen in der Weise, daß die Hefe
entweder in der ursprünglichen Nährlösung oder von dieser getrennt in einer stickstoff-
und phosphorfreien Lösung einer erneuten Belüftung in Gegenwart eines sauerstoffübertragenden
organischen Katalysators sowie von MethylalkDhol, Äthylalkohol, Milchsäure o. dgl.
unterwarfen wird.
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Mittels dieser Verfahren ist es jedoch nicht gelungen, den Ergosteringehalt
der Hefe bei großi.ndustrieller Arbeitsweise auf hohe Werte zu erhöhen. Es gelang
im allgemeinen, eine Erhöhung des Ergosteringehaltes auf etwa das 3fache des ursprünglichen
Ergosteringehaltes der Hefe z. B. von 0,4% auf i,oß%, berechnet auf Hefetrockensubstanz
nach der britischen Patentschrift 396 2o6, zu erreichen. In der britischen Patentschrift
50o 663 wird das Maß der darüber hinausgehenden Verbesserung nicht angegeben. Eine
Ausnahme bildet ein anderes bekanntes Verfahren, gemäß welchem der Ergosteringehalt
der Hefe auf das lo- bis qofache, des ursprünglichen Ergosteringehaltes erhöht werden
kann. Dieses Verfahren ist aber wegen der Schwierigkeiten und Umständlichkeit seiner
Ausführung für eine großgewerbliche Arbeitsweise nicht geeignet.
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Mittels des. erfindungsgemäßen Verfahrens ist es möglich, unter Anwendung
von verhältnismäßig kurzen Behandlungszeiten eine Hefe herzustellen, deren Ergos.teringehalt,
auf i kg Hefe mit 3oo'o Troekensubstanzgehalt herechnet, über 4-. im allgemeinen
5 bis 6 g und sogar bis zu ä bis log beträgt. Eine Hefe mit einem derart hohen Ergosteringehalt
bildet einen außerordentlich wertvollen Ausgangsstoff für die pharmazeutisch.chemische
Industrie, und dabei kann das Verfahren im Großbetrieb unter Verwendung oder nur
geringer Umgestaltung der üblichen Einrichtungen der Hefefabriken und ähnlicher
Betriebe leicht durchgeführt werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren besteht darin, daß die an Ergosterin
anzureichernde , Hefe m einem von assimilierbaren, stickstofflialtigen Verbindungen
und vergärbaren Kohlenhydraten praktisch freien Medium belüftet wird, welches durch
Glyceringärung einer Maische gewonnen wurde.
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Die Belüftung erfolgt zweckmäßig in einer 5- bis io%igen Hefesuspension
und zweckmäßig bei einer Glycerinkonzentration von i bis 2 %, wobei während der
Belüftung nicht mehr als etwa 0,020;'o assimilierbarer Stickstoff und nicht mehr
als o, i 0'o vergärbarer Zucker anwesend sind.
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Bei der praktischen Durchführung der Erfindung kann man folgenderweise
vorgehen: Zweckmäßig wird von einer io- bis 2o0,oigen Lösung von Melasse ausgegangen,
es können jedoch .auch andere zuckerhaltige Stoffe bz«-. durch die Verzuckerung
von stärkehaltigen Stoffen gewonnene Maischen angewendet werden. Eine solche Maische
wird einer sog. Glyceringärung z. B. mittels Hefe unterworfen. Zur Vergärung kann
dieselbe Hefe angewendet werden, die an Ergosterin angereichert werden soll.
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Es wird zweckmäßig so viel Hefe verwendet, daß eine 5- bis ioo,'oige
Hefesuspension entsteht. Während der Gärung, die 6 bis 20 Stunden in Anspruch nehmen
kann, wird die Maische nicht belüftet. Nach Beendigung des Gärungsvorganges wird
durch die Maische Sauerstoff, zweckmäßig in der Form von Luft, hindurchgeblasen,
und zwar zweckmäßig in solcher Menge, daß auf jeden Kubikmeter der Maische 2o bis.
50 cbm Luft entfallen. Während der Belüftung werden der Maische selbstverständlich
keine stickstoffhaltigen Nährsubstanzen zugesetzt. Für die Widerstandsfähigkeit
der Hefezellen ist es jedoch von günstigem Einfluß, wenn während der Belüftung der
Maische kbntinuierlich oder in kleineren Teilen insgesamt so viel Zucker zugesetzt
wird, daß der Zuckergehalt 5 bis iooio der in der Maische vor der Gärung enthaltenen
Zuckermenge beträgt. Diese Zuckerbeimischung kann auch in Form von Melasse erfolgen,
da die Menge des damit eingeführten Stickstoffs innerhalb der Grenze bleibt, über
welcher die Maische nicht mehr als stickstofffrei betrachtet werden könnte.
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Die Belüftung soll in dieser Maische möglichst nicht länger als 24.
Stunden dauern. Wenn der Ergosteringehalt der Hefe noch weiter erhöht werden soll,
wird die Hefe von der Maische separiert und in eine andere bereits auf Glycerin
vergorene Maische eingeführt und in derselben weiterbelüftet. Die Hefe, die zur
Vergärung dieser zweiten Maische diente, wird zweckmäßig aus letzterer entfernt,
bevor die an Ergosterin weiter anzureichernde Hefe eingetragen wird. Diese Ausführungsform
ist vorteilhafter als die Vergärung
der zweiten Maische mit Hilfe
der an Ergosterin weiter anzureichernden Hefe.
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Im allgemeinen kann gesagt werden, daß der Ergosteringehalt, berechnet
auf i kg Hefe mit 30% Trockensubstanz, welcher vor der Behandlung i bis 1,2 g beträgt,
nach der ersten Belüftung auf 5 bis 6g, nach der zweiten Belüftung .auf 8
bis iog erhöht werden kann. Ohne Anwesenheit von durch Glyeeringärung bedingten
Stoffen kann :ein derart hoher Ergosteringehalt nicht erreicht werden.
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Die Belüftung kann sehr zweckmäßig in Gegenwart von. anorganischen
Phosphaten, insbesondere Alkaliphosphaten, z. B:. KH2P04, durchgeführt werden, die
zweckmäßig in :einer Menge von etwa 5%" bezogen auf die behan:-delte Hefemenge mit
30% Trockensubstanz, angewendet werden können. Bei Anwendung der Phosphate werden
von der Hefe die während der Belüftung assimilierten Stoffe, insbesondere das Glycerin,
besser verwertet, d. h. es wird zur Bildung derselben Menge Ergosterin weniger Glycerin
aus der Maische verbraucht, da anscheinend weniger Glycerin für Nehenreaktionen
verwendet wird als ohne Anwendung von Phosphaten. Die Hefe kann deshalb in derselben
Maische längere Zeit belüftet werden, .ohne daß die Maische sich erschöpfen würde.
Damit ist schließlich auch eine bedeutende Zuckerersparnis verbunden. Die erwähnte
Erhöhung des Verwertung:sgrades der Gärungsprodukte kann im Vergleich mit der Arbeitsweise
ohne Alkalipho-sphate auch :einen 5- bis 6fachen Wert erreichen. Beisspiel i In
einen mit Belüftungsvorrichtung usw. versiehenen Gärbottich von :etwa Zoo hl Rauminhalt
werden i 5o hl Wasser eingetragen. In diesem Wasser werden 5oo kg gewöhnliche Preßhefe
mit 30% Trockensubstanz suspendiert. D:er Suspension werden innerhalb 6 Stunden
in drei Anteilen 3 q.oo kg Melasse mit 5o% Zuckergehalt zugesetzt. Während der Gärung
wird der pH-Wert der Maische auf 7,¢ gehalten. Für die Aufrechterhaltung dieses
Alkalitätsgrades wird im Laufe der Gärung durch Zugabe von Soda gesorgt. Die Gärung
nimmt g bis i o Stunden in Anspruch. Nach Beendigung der Gärung wird die Maische
durch Einblasen von 5oö cbm Luft je Stunde belüftet. Während der Belüftung
wird die Maische alkalischer, weshalb die Al:kalität zwecks Aufrechterhaltung des
p. -Wertes von 7,¢ durch Zugabe von Schwefelsäure abgestumpft wird. Noch zu Beginn
der Gärung wird der Maische 5% KH2P04, bezogen auf die eingetragene Hefe, zugesetzt.
Während der Gärung. und Belüftung wird die Temperatur der Maische auf 28 bis 30°
C gehalten. Die Belüftung wird etwa 16 Stunden lang fortgesetzt. Nach Beendigung
der Belüftung wird die Hefe separiert und gepreßt. Der Ergosteringehalt der erhaltenen
Hefe beträgt je Kilogramm 5 bis 6 g. Beispiel 2 Die nach Beispiel i behandelte Hefe
wird einer solchen Maische zufließen gelassen, die in gleicher Weise mittels :einer
Glyceringärung gemäß Beispiel i erhalten wurde und- aus welcher die zur Vergärung
angewendete Hefe vorangehend entfernt wurde. Auch dieser Maische kann KH2P04 in
der im Beispiel i angegebenen Menge zugesetzt werden. Die Hefe wird in dieser Maische
16 bis 18 Stunden lang in der im Beispiel i angegebenen Weise belüftet. Während
der Belüftung werden dieser Maische insgesamt Zoo kg Melasse mit 5o% Zuckergehalt
in gleichen Anteilen zufließen gelassen. Nach Beendigung d:er Belüftung wird die
Hefe von der Maische separiert und gepreßt. Die so erhaltene Hefe enthält 8 bis
io g Ergosterin je Kilogramm Hefe. Wie erwähnt, muß die Vergärung dieser
zweiten Maische auf Glycerin nicht unbedingt mit fremder -Hefe erfolgen, sondern
es kann hierzu die mit Ergosterin weiter anzureichernde 'Hefe selbst benutzt werden.