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Drehbeschleunigungsmesser
Man kann, wie bekannt, die Drehbeschleunigung
mittels eines Drehpendels messen, dessen Drehachse (Meßachse) über eine Feder mit
dem Meßobjekt verbunden ist, so daß, wenn M das Drehmoment, O das Trägheitsmoment
des Pendels und q7 den Drehweg bedeutet, auf Grund der physikalischen Beziehung
M = O ? die Rückstellkraft bzw. die Verdrehung der Feder ein Maß für die Drehbeschleunigung
ç darstellt. Um diese Anordnung bei schwingungsfähigen Systemen, wie Schiffen oder
Flugzeugen, -mit einfachen mechanischen bzw. elektrischen Mitteln verwenden zu können,
ist vorgeschlagen worden, die Meßachse über eine fast starre Feder an das Schiff
anzuschließen, damit die Eigenschwingungsdauer des Drehpendels klein wird gegenüber
der des Schiffes und somit der Meßwert hinsichtlich Amplitude und Phase richtig
angezeigt wird. Die fast starre Feder bedingt naturgemäß entsprechend kleine Meßausschläge
des Drehpendels, so daß zur Erzielung einer hinreichenden Anzeigegenauigkeit z.
B. mechanische Übersetzungen erforderlich wären. Die Reibung und die störende Massenwirkung
der mechanischen Übersetzungen beeinträchtigen die Empfindlichkeit der Meßeinrichtung,
so daß, um diesen Mängeln zu begegnen, das Drehpendel ein großes Trägheitsmoment
erhalten und mit einer entsprechend schweren steifen Feder versehen werden müßte.
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Die Erfindung bezieht sich auf einen Drehbeschleunigungsmesser nach
Art eines Drehpendels, dessen Meßachse über eine fast starre Feder mit dem schwingungsfähigen
Meßobjekt (Schiff, Flugzeug od. dgl.) verbunden ist. Zur Vermeidung der erwähnten
Schwierigkeiten
ist erfindungsgemäß auf der Meßachse ein langer Meßarm angeordnet, der direkt ohne
mechanische Übersetzung eine vorzugsweise elektrisch wirkende Anzeigevorrichtung
oder die reibungsfrei arbeitende Schaltvorrichtung einer die Ausschläge mit Kraft
nachbildenden Nachlaufeinrichtung betätigt.
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Der neuen Bauart liegt die Erkenntnis zugrunde, daß in erster Linie
die obengenannten Störkräfte die Größe des Meßpendels bedingen. Vermeidet man daher
erfindungsgemäß weitgehend diese Stprkräfte, so kann bei erhöhter Genauigkeit und
Empfindlichkeit das Trägheitsmoment und die Meßfeder des Pendels wesentlich kleiner
gehalten werden. Da die relativ zum Meßobjekt erfolgenden Meßausschläge maximal
nur wenige Grad betragen, ist der Raumbedarf trotz des langen Meßarmes gering. Hinzu
kommt noch, daß bei den praktisch in Frage kommenden Anwendungsfällen meist nicht
die Drehbeschleunigung allein, sondern noch weitere Größen zu messen und verschiedene
Hilfsgeräte unterzubringen sind. Zum Beispiel wird bei der messenden Untersuchung
des Schlingervorganges auf Schiffen neben der Schlingerwinkelbeschleunigung auch
der Schlingerwinkel selbst benötigt. Bei Verweridung des erfindungsgemäßen Gerätes
als Schlingerwinkelbeschleunigungsmesser kann man zweckmäßig den Schlingerwinkelzeiger,
etwa einen Horizontkreisel, und den Schwungkörper des Beschleunigungsmessers in
Richtung des langen Meßarmes über- bzw. nebeneinander (letzteres bei sich horizontal
erstreckendem Meßarm) anordnen.
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Der Horizontkreisel liegt hierbei gewissermaßen im Schatten des langen
Meßarmes, so daß der Raum in günstiger Weise ausgenutzt ist und der lange Meßarm
keinen zusätzlichen Raumbedarf erfordert.
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Als Schwungmasse des Drehpendels kann ein auf der Drehachse (Meßachse)
sitzendes Schwungrad dienen; besser ist die Verwendung von zwei gleichen Maßen,
die symmetrisch zur Meßachse an den beiden Enden eines auf der Meßachse angebrachten
und in Richtung des langen Meßarmes verlaufenden Trägers sitzen. Die Benutzung.
von schweren Massen als Schwungmasse bedingt trotz der erfindungsgemäßen Maßnahmen
immer noch ein verhältnismäßig großes Drehpendel, um die erforderliche Verstimmung
des Drehpendels gegenüber dem Meßobjekt und das notwendige Trägheitsmoment zu erreichen.
Es empfiehlt sich daher, das Drehpendel in an sich bekannter Weise als Kreiselrahmen
(Trägheitsrahmen) auszubilden, dessen senkrecht zur Meßachse verlaufende Präzessionsachse
elastisch an eine Nullstellung bezüglich des Rahmens gefesselt ist. Ist J der Drall
des Kreiselläufers und f die Federkonstante der Präzessionsfeder, so ist das Trägheitsmoment
des Kreisel-J rahmens gegeben durch den Ausdruck 0 = F2 . Das durch die Massenverteilung
relativ zur Drehachse bedingte Trägheitsmoment wird also ersetzt durch ein viel
größeres, auf die Kreiselwirkung zurückzuführendes scheinbares Trägheitsmoment Die
Anzeige und Ablesung der Meßergebnisse erfolgt in einfachster Weise mittels eines
am freien Ende des langen Meßarmes sitzenden Zeigers, der vor einer schiffsfesten
Skala spielt. Diese einfachste Anzeigevorrichtung wird nur in den seltensten Fällen
den Anforderungen genügen. Besser sieht man daher eine elektrische Anzeige vor,
indem der Ausschlag des langen Meßarmes möglichst rückwirkungsfrei elektrische oder
magnetische Wirkungen auslöst, die den Ausschlag eines Galvanometers oder sonstigen
elektrischen Meßinstrumentes zur Folge haben. Der lange Meßarm kann auch die Schaltvorrichtung
einer die Hebelausschläge mit Kraft nachbildenden Nachlaufeinrichtung betätigen.
Durch Einschaltung von Übersetzungen in die Nachlaufeinrichtung wird eine Nachlaufbewegung
von merklichem Ausmaß erhalten, die z. B. ein Steuergerät gemäß der so ermittelten
Drehbeschleunigung einstellt, ohne daß dabei schädliche Rückwirkungen auf den Meßvorgang
eintreten.
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Das freie Ende des langen Meßarmes bildet hierbei mit einem Nachlauforgan
den praktisch rückwirkungsfreien Abgriff für eine Verstärkereinrichtung, wie z.
B. einen Röhrenverstärker oder einen Magnet-~verstärker.
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Fig. I zeigt als Ausführungsbeispiel in schaubildlicher Darstellung
einen erfindungsgemäßen Schlingerwinkelbeschleunigungsmesser mit Nachlaufsteuerung;
Fig. 2 ist eine Abänderung für Galvanometeranzeige.
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An zwei schiffsfesten Lagerböcken I und 2 ist der Rahmen 3 mittels
der Achse 4 drehbar gelagert.
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Die Drehachse 4 hat die Längsrichtung des Schiffes, also auch die
Richtung der Schlingerachse. Der Rahmen trägt zwei Präzessionskreisel 5 und 6, deren
Präzessionsachsen 7 und 8 senkrecht zur Pendel-oder Meßachse 4 verlaufen. Die Kreiselläufer,
deren Umlaufachsen in der Nullstellung senkrecht zur Rahmenebene stehen, drehen
sich entgegengesetzt, so daß sie spiegelbildlich präzedieren. Hinsichtlich ihrer
Präzessionsbewegungen sind sie über die Zahnradsegmente g und 10 miteinander gekoppelt.
Die Präzessionsfedern II und 12 greifen einerseits an einem auf der Achse 8 aufgekeilten
Hebel I3, andererseits am Rahmen 3 an, dadurch ist die Präzessionsbewegung der Kreisel
elastisch an die in der Figur dargestellte Nullage bezüglich des Rahmens gefesselt.
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Die gezeichnete Anordnung von zwei gegenläufig rotierenden Kreiseln
hat den Vorteil der Unabhängigkeit gegenüber Drehbewegungen in anderen Ebenen.
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Die in dieser Hinsicht im Schiffsbetrieb vorkommenden Drejikreisfahrten
sind jedoch in ihrer Zeitdauer wesentlich länger als die Eigenschwingungsdauer des
Kreiselsystems unter dem Einfluß der Präzessionsfedern, so daß für die Benutzung
als Schlingerwinkel beschleunigungsmesser in der Regel ein Trägheitsrahmen mit einem
einzigen Kreisel genügt. Dadurch werden die Zahnradsegmente 9 und 10 mit ihren Reibungen
vermieden.
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Die Elastizität des Drehpendels wird gebildet durch die Spiralfeder
I4, die mit ihrem inneren Ende auf der Drehachse 4 und mit ihrem äußeren Ende an
dem schiffsfesten Teil 15 befestigt ist. Die Feder ist so steif, daß sie als fast
starr anzusehen ist, wodurch eine hinreichende Verstimmung zwischen den Eigenschwingungsdauern
von Beschleunigungsmesser und Schiff erreicht wird. Nach den Erfahrungen mit technischen
Beschleunigungsmessern kann z. B. die Verstimmung I:5 betragen. Die Form der Feder
ist
belanglos; es könnte z. B. auch eine Stabfeder Anwendung finden.
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Bei auftretenden Schlingerbewegungen versucht der Kreiselrahmen vermöge
seiner Trägheit seine waagerechte Lage gegenüber dem Horizont beizubehalten. Da
er über die Feder 14 an das schlingernde Schiff angeschlossen ist, übt er deshalb
entgegen der rückwirkenden Kraft der Feder 14 ein Drehmoment 0 ç auf die Meßachse
aus, das bei der beispielsweise angegebenen Verstimmung eine maximale Verdrehung
von etwa 2 bis 5° gegenüber dem Schiff zur Folge hat. 0 ist das (scheinbare) Trägheitsmoment
des Kreiselrahmens, f ist die Schlingerwinkelbeschleunigung, für die der Pendelausschlag
ein Maß ist. Die nach Vorstehendem bedingten Winkelausschläge der Meßachse 4 sind
praktisch schon sehr klein, und um so schwieriger und ungenauer wird daher die Ablesung
sein.
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Erfindungsgemäß ist daher auf der Meßachse 4 ein langer Meßarm vorgesehen,
durch den die geringen Winkelausschläge deutlich wahrnehmbar und der Messung zugänglich
gemacht sind. Das in Fig. I gezeigte Ausführungsbeispiel ist mit einer Nachlaufeinrichtung
versehen, zu der der Magnetverstärker 17 und der Elektromotor I8 gehören. Die Steuerung
der Nachlaufbewegung des Nachlaufmotors erfolgt vom freien Ende des Armes I6 aus
über einen induktiven Abgriff. Zu diesem Zweck sitzt an dem freien Ende des Armes
I6 ein magnetisch leitender Körper I9, dem ein z. B. als Dreifingereisen ausgebildeter
Wechselstromerzeuger 20 zugeordnet ist, der in einer schiffsfesten Führung 21 parallel
zur Bahn des Körpers 19 verschiebbar ist. Das Dreifingereisen 20 steht über die
Zahnräder 22 bis 28 in Antriebsverbindung mit dem Nachlaufmotor I8. Das Zahnrad
28 greift in eine Verzahnung am äußeren Umfang des Dreifingereisens 20 ein. Die
bei einem Drehpendelausschlag auftretenden Induktionswirkungen zwischen 19 und 20
setzen, im Magnetverstärker I7 hinreichend verstärkt, den Motor 18 in Gang im Sinne
einer Nachführung des Dreifingereisens 20 an die Ausschläge des Armes I6 mit seiner
Endmasse 19. An derWelle3o, die über den Kegelradtrieb 29 in gleicher Weise vom
Nachlaufmotor 18 angetrieben wird, kann nunmehr ein der Schlingerwinkelbeschleunigung
proportionaler Drehweg abgenommen werden und steht somit hier als Meß- oder Steuerwert
zur Verfügung.
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Der lange Meßarm ist oberhalb seiner Drehachse 4 mit einem, Gegengewicht
3I versehen. Außerdem ist an ihm eineDämpfungseinrichtung angebracht, um alle störenden
Eigenschwingungen des Drehpendels gegenüber den Schiffsschwingungen schnell abzudämpfen,
so daß der reine Beschleunigungsverlauf der Schlingerbewegungen gemessen und dargestellt
wird. Die Dämpfungseinrichtung ist als Wirbelstrombremse ausgebildet und enthält
eine auf dem Meßarm I6 möglichst weit außen befestigte Segmentscheibe 32, die sich
mit einem entsprechend großen Weg zwischen den Polen zweier schiffsfester Elektromagnete
33 und 34 bewegt und dadurch in bekannter Weise die Wirbelstromdämpfung erzeugt.
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Durch den Fortfall jeglicher mechanischer Übersetzung ist ein mit
höchster Präzession arbeitender Beschleunigungsmesser geschaffen. Die Fehlerquellen
sind beinahe vollkommen ausgeschaltet. Das Pendel hat nur die geringe Reibung in
den Lagerböcken I und 2 zu überwinden. Im übrigen ist jede weiter auftretende Störkraft
vermieden bzw. durch Nachsteuerkräfte gedeckt.
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Die Galvanometeranzeige des Meßergebnisses ohne Nachsteuereinrichtung
zeigt Fig. 2. Der Meßarm 16 des im übrigen in gleicher Weise ausgebildeten Drehpendels
trägt an seinem freien Ende eine Spule 35, der gegenüberliegend eine schiffsfeste
Spule 36 zugeordnet ist, die von einer Wechselstromquelle 37 aus erregt wird. Die
Teile 35 und 36 bilden einen Drehtransformator mit dem Rotor 35 und dem Stator 36.
Die Ausschläge des Armes 16 gegenüber der festen Spule 36 haben proportionale Induktionsspannungen
im Rotor 35 zur Folge, die über biegsame Bänder 38 einem Galvanometer 39 zugeführt
werden, das, richtig geeicht, unmittelbar die Beschleunigung anzeigt.