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Verfahren zur Gewinnung der purgierenden Körper aus Rizinusöl
Entgegen
der herrschenden Ansicht konnte nachgewiesen werden, daß die abführende Wirkung
des Rizinusöles nicht durch die Ricinolsäure verursacht wird, sondern auf den Restgehalt
von gewissen abführend wirkenden Körpern beruht, die in höheren Konzentrationen
sogar giftig wirken können.
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Es wurde gefunden, daß sich diese Körper durch Behandeln mit Adsorptionsmitteln
aus dem Rizinusöl entfernen lassen, wodurch das technische Öl auch seine toxischen
Eigenschaften verliert. Dabei zeigt sich, daß diese Körper im Rizinusöl nur in geringer
Konzentration vorhanden sind, da sie sich nur in schmalen Zonen, die in ultraviolettem
Licht gut sichtbar sind, auf den Adsorptionsmitteln absetzen.
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Man verwendet für medizinische Zwecke erfahrungsgemäß nur die Kaltpressung,
da dort die Giftkonzentration gerade noch unter der toxischen Schwelle liegt und
nur zur laxierenden Wirkung ausreicht.
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Die technische Entfernung dieser Körper aus dem Öl erfolgt durch
Adsorption an geeigneten Adsorbentien, Reaktion mit anderen Körpern oder Zerstörung
derselben. Zur Wiedergewinnung der laxierend wirkenden Körper, im folgenden kurz
JLaxanskörper« genannt, eignet sich vor allem die Adsorptionsmethode.
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Die milde abführende Wirkung des Rizinusöles wäre bekanntlich sehr
beliebt, wenn der unangenehme Geschmack des Öles nicht wäre. Deshalb ist es sehr
naheliegend, die adsorbierten Körper durch Elution wiederzugewinnen und sie als
dosierte Laxanskörper zu verwenden.
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Die Dosierung und Einstellung kann auf biologischem Wege erfolgen.
Nicht nur in Tablettenform ist eine Anwendung gegeben, sondern auch gemeinsam mit
wohlschmeckenden Trägerflüssigkeiten und Trägeremulsionen. Natürlich ist es auch
möglich, die
reinen Kristallkörper, eingestellt pro Milligramm,
zu verwenden.
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Als Adsorptionsmittel können oberflächenaktive Stoffe verwendet werden,
vwrie Aktivkohlen, Kieselsäuren, Bleicherden, ferner Ionenaustauscher auf Silicat-
bzw. Kunststoffbasis.
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Geeignet sind ferner aktivierte Erdalkaliverbindtingen, insbesondere
Calciumkarbonat. Die Aktivierung erfolgt am besten durch Tränken mit einer Io-bis
20°/Oigen Natriumkarbonatlösung und anschließendes Erhitzen auf Temperaturen von
etwa 300 bis 600" C.
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Auch die Wirksamkeit der obengenannten Adsorptionsmittel läßt sich
durch eine solche Behandlung wesentlich steigern.
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Ein besonders gutes Adsorptionsmittel ist Aluminiumoxyd, das durch
Entwässern von Aluminiumhydroxyd hergestellt werden kann. Schließlich lassen sich
diese Stoffe auch durch Behandeln der Öle mit Huminsäuren, wie sie aus Torf und
Braunkohle erhalten werden, oder deren Alkali und Erdalkalisalzen entfernen. Auch
künstliche Phenolhuminsäuren oder Kohlehydrathuminsäuren sind brauchbar.
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Jedoch sind diese Huminsäuren weniger zur Rückgewinnung der Laxanskörper
geeignet.
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Die Behandlung des Öles mit Adsorptionsmitteln erfolgt vorteilhaft
in mit dem Mittel beschickten Türmen, durch die das Öl hindurchgeleitet wird. Bewährt
haben sich Türme von I,5 bis 2 m Höhe und 60 bis 100 cm Durchmesser, hergestellt
aus Metall, die zweckmäßig durch Außenstäbe verstärkt sind.
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Im Innern besitzen diese Türme eine Anzahl übereinander angeordneter
Siebe, am unteren Ende ist ein Filterteller angeordnet, der mit der durchlöcherten
Trägerplatte verbunden ist und sich zu einem Ausflußrohr verjüngt.
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Siebe und Filterteller können zur Entleerung des Turmes nach unten
herausgenommen werden.
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Der Zufluß des Öles kann beispielsweise durch ein Ringrohr oder eine
Berieselungseinrichtung erfolgen.
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Es empfiehlt sich, die Adsorptionsmassen dauernd unter Flüssigkeit
zu halten, da sonst ihre Adsorptionskraft leidet.
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Die Laxanskörper werden von dem Adsorptionsmittel festgehalten. Sie
zeigen in ultraviolettem Licht eine gelbe und eine blaue Fluoreszenz. Durch die
allmähliche Vergrößerung der Fluoreszenzschicht läßt sich der Fortgang der Anreicherung
im Turm gut verfolgen. Zu diesem Zweck werden die Türme vorteilhaft mit zwei gegenüberliegenden
Hartglasscheiben ausgestattet. Hat die Fluoreszenzschicht das untere Drittel der
Höhe des Adsorptionsmittels im Turm erreicht, was sich durch Bestrahlung etwa mit
einer Quarzlampe leicht feststellen läßt, so wird die Ölzufuhr abgestellt und der
im Turm vorhandene Ölrest mit einem Lösungsmittel herausgewaschen.
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Die Menge des Öles, die mit einer bestimmten Menge Adsorptionsmittel
entgiftet, bzw. aus der die Laxanskörper durch das Adsorptionsmittel angereichert
werden können, beträgt im allgemeinen das Fünffache des Adsorptionsmittels; mit
sehr aktiven Adsorptionsmitteln kann bis zur zehnfachen Menge des Öles, auf das
Gewicht des Adsorptionsmittels bezogen, gearbeitet werden.
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Zur Verminderung seiner Viskosität kann das Öl gegebenenfalls mit
bekannten Lösungsmitteln, wie niedrigen Alkoholen, aliphatischen oder aromatischen
Kohlenwasserstoffen, die auch chloriert sein können, Schwefelkohlenstoff, Aceton
od. dgl. verdünnt werden, wobei diese Verdünnung schon bei der Extraktion des Öles
aus den zerkleinerten Rizinusbohnen mit den genannten Lösungsmitteln erfolgen kann.
Die Adsorptionsmittel können vorteilhaft mit dem gleichen Lösungsmittel in den Behandlungsturm
eingeschlämmt werden.
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Statt das Öl durch die Adsorptionstürme hindurchzuleiten, kann man
es auch mit pulverförmigen Adsorptionsmitteln verrühren, die Mischung gegebenenfalls
erwärmen und anschließend das Öl abfiltrieren bzw. abpressen. Die Behandlungsdauer
beträgt im allgemeinen mehrere Stunden, beispielsweise 12 bis I4 Stunden. Der zurückbleibende
Filterkuchen kann zur Verringerung der Ölverluste mit Lösungsmitteln ausgewaschen
werden. Die Laxanskörper bleiben an den Adsorptionsmitteln hängen und können daraus
wiedergewonnen werden.
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Gegebenenfalls kann man auch dem Gemisch aus Öl und Adsorptionsmitteln
schon vor und während der Behandlung Lösungsmittel in Mengen von 30 bis 50 Olo (auf
Öl berechnet) zusetzen, insbesondere wenn man die Behandlung bei nicht erhöhter
Temperatur vornehmen will.
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Die verbrauchten Adsorptionsmittel können zur Widergewinnung der
aufgenommenen Laxanskörper oder sonstiger adsorbierter Stoffe, durch Behandeln mit
annähernd neutralen, schwach alkalischen oder schwach saueren Lösungen- wieder befreit
und erneut zur Adsorption von Laxanskörpern verwendet werden.
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Geeignet für die Elution der Laxanskörper sind beispielsweise Lösungen
von sehr verdünntem Ammoniak, etwa Io°/Oige Kochsalzlösung oder Lösungen von Phosphaten,
deren Pa-Wert zweckmäßig schwach sauer eingestellt wird. Die -Behandlung erfolgt
bei Zimmertemperatur, kann aber auch in der Wärme vorgenommen werden. Die Elutionslösungen
werden nach einer eventuell erfolgten Neutralisation sehr vorsichtig im Vakuum entweder
zu konzentrierten Lösungen oder zu einem amorphen Pulver eingeengt.
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Die konzentrierten Lösungen, deren genaue Neutralisation man noch
einmal überprüft, können nach biologischer Einstellung mit wohlschmeckenden Trägerflüssigkeiten
oder Trägeremulsionen wieder weiter verdünnt werden.
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Das amorphe Trockenpräparat stellt man ebenfalls biologisch ein und
verarbeitet es zu Tabletten und Verreibungen.
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Beispiele I. Ein Adsorptionsturm von 50 cm Durchmesser und 75 cm
Höhe wird mit etwa 10 kg eines aktivierten Aluminiumoxyds, das mit Chloroform angeschlämmt
ist, beschickt. Im Laufe von 12 bis I6 Stunden läßt man allmählich eine Lösung von
8o kg Rizinusöl, in 40 kg Chloroform gelöst, durch den Turm hindurchfließen. Nach
dem Durchfluß der rizinushaltigen Lösung wird das im Adsorptionsturm vorhandene
Aluminiumoxyd mit 20 kg frischem Chloroform aus-
brewaichen. Die
Laxianskörper erscheinen in ultraviolette Licht als eine gelb und eine blau fluoreszierende
Zone. Man zeichnet sich im Quarzlicht die Höhe der Zonen an, entfernt diese aus
dem Turm und eluiert sie in geeigneten Rührkesseln mehrmals mit o,50.'0iger warmer,
wäßrigerAmmoniaklösung. Die vereinigten filtrierten Eluate werden schonendbei niedriger
TemperaturimVakuum eingeengt. Das vorhandene Ammoniak geht während der Konzentration
ins Vakuum.
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Hat das Konzentrat die Menge von 50 ccm erreicht, so beendet man
das Einengen. Nach einer biologischen Einstellung kann man das Konzentrat zu einer
wohlschmeckenden Laxanstinktur verdünnen.
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Eine Stabilisierung kann bei einem pu-Wert von 7,2 erfolgen.
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2. IOO kg technisches Aluminiumhydroxyd werden in flachen Pfannen
unter Rühren auf 200 bis 400° C erhitzt. Nach Entfernung des Wassers erhält man
So kg basisches Aluminiumoxyd, mit dem I bis 2 Adsorptionstürme beschickt werden,
welchen das Öl am oberen Ende durch ein sogenanntes Segnersches Wasserrad zugeführt
wird. Dieses Aluminiumoxyd vermag 700 kg Rizinusöl zu entgiften, die in 350 kg Trichloräthylen
gelöst, innerhalb I2 bis I8 Stunden den Türmen zugeführt werden. Durch Waschen mit
50 kg Trichloräthylen wird der Rest des Öles aus den Türmen entfernt. Die in ultraviolettem
Licht gekennzeichneten Zonen bringt man wieder in geeignete Rührkessel und eluiert
sie am besten auch mit o,801,0igen wäßrigem oder methanolischem Ammoniak. Die Konzentrierung
erfolgt im Vakuum unter schonenden Bedingungen bis zu einem grauen, amorphen Pulver.
Hat man die Wirkung pro Milligramm auf biologischem Wege festgestellt, so verreibt
man die Gesamtmenge mit der entsprechenden Menge NIilchzucker und verpreßt zu Tabletten.