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Verfahren zur Herstellung von durch organische Membranen resorbierbaren
Stoffen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von durch organische
Membranen, wie insbesondere die menschliche Haut oder Schleimhaut, resorbierbaren
Stoffen, wie z. B. körpereigenen Ävifistoffen, tierischen und pflanzlichen Giften
und Pharmaka, wie Salicylamid.
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Es ist bereits bekannt, die Resorptionsfähigkeit z. B. der menschlichen
Haut dadurch zu erhöhen, daß man zu resorbierende Stoffe, wie Salicylsäure, zusammen
mit Seifen in Salbenform in Berührung mit der Haut bringt.
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Ferner hat man vorgeschlagen, Salicylsänreverbindungen mit verbessertem
Durchdringungsvermögen für die Haut dadurch herzustellen, daß man ihre Triäthanolaminverbindungen
herstellt, die gleichzeitig Wasser- und Lipoidlöslichkeit besitzen.
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Es wurde auch bereits beschrieben, daß Alkaliionen eine permeabilitätserhöhende
Wirkung auf einzelne spezielle Membranen lebender Organismen haben, die auf einer
lokalen galvanischen Reaktion der Membran bzw. einer Reizung der Hautnerven beruht.
Eine derartige Wirkung wurde jedoch bisher bei der Einwirkung von Lösungen auf die
menschliche Haut nicht beobachtet und ihre Möglichkeit allgemein bestritten.
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Für derartige Membranen ist eine ausreichende Resorption von chemischen
Stoffen durch Zusatz von sonst als resorptionsfördernd bekannten Mitteln bisher
nicht beschrieben worden. Man hat zwar bereits bestimmte wasserunlösliche Verbindungen
nach ihrer Überführung in Alkalisalze auf die Haut angewendet, aber dadurch lediglich
eine durch die erhöhte Wasserlöslichkeit bedingte innigere Berührung mit der Haut
sowie eine gewisse Tiefenwirkung, nicht aber eine eigentliche Resorption erreicht.
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Die intakte menschliche Haut ist nach den bisherigen Erfahrungen
für die meisten arzneilich gebrauchten oder toxikologisch wirksamen Substanzen völlig
undurchlässig oder läßt die Substanzen nur in so geringen Mengen durchtreten, daß
dosierbare Wirkungen nicht zu erzielen sind.
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In Einzelfällen wurde ein besonders gut lipoidlöslicher Stoff zur
Resorption gebracht; meistens müssen aber besondere Hilfsmittel angewandt werden,
wie z. B. Skarifikation der Haut mit kristallinen Substanzen, Iontosphorese oder
Erzeugung einer lokalen Entzündung. In anderen Fällen weist die zu resorbierende
Substanz gleichzeitig hautschädigende Wirkungen auf, die die Resorption erst ermöglichen,
z. B. Salicylsäure.
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Immer müssen aber für die erwähnten Beispiele hohe Konzentrationen
angewandt- werden, - die weit über den enteral oder parenteral gebräuchlichen liegen.
Die resorbierten Mengen bleiben trotzdem gering, die Resorption ist individuell
verschieden und auch beim einzelnen Individuum ungleichmäßig, kann also grundsätzlich
schlecht oder gar nicht gesteuert werden. Das bedeutet, daß von der Existenz einer
wirksamen perkutanen Therapie bisher nicht gesprochen werden kann und daß die wirtschaftliche
Seite (Verlust großer Substanzmengen) eine regelmäßige Anwendung dieses Prinzips
bisher verbietet, obwohl Arzt und Patient in gleicher Weise daran interessiert sind,
Injektionen einsparen zu können.
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Die Mund-, Nasen- oder Rektalschleimhaut vermag leichter zu resorbieren
als die äußere Haut; auch hier müssen aber besondere Bedingungen erfüllt sein, wie
z. B. die besonders gute Lipoidlöslichkeit der steroiden Hormone, die in den letzten
Jahren in zunehmendem Maße zur perlingualen Anwendung herangezogen wurden. Aber
auch bleibt das Verhältnis zwischen der durch die Injektion beigebrachten und der
perlingual resorbierten Dosis inkonstant, so daß auch diese Resorptionsverfahren
zu berechtigter Kritik Anlaß gegeben haben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren geht nun von der Beobachtung aus,
daß hoch- und niedermolekulare Stoffe unter den besonderen Materialkonstanten des
jeweiligen Stoffes anzupassenden Bedingungen dann leicht und mit nur geringen Verlusten,
also in wirtschaftlich bisher nicht erreichter Weise durch die Haut oder die Schleimhaut
eingebracht werden können, wenn das Verhältnis zwischen Lipoid- und Wasserlöslichkeit
optimal eingestellt und die Hautschranke dadurch permeierbar gemacht wird, daß ein
osmotischer Gegenstrom zwischen Zellinhalt und Zellumgebungsflüssigkeit erzeugt
wird.
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Nach der Erkenntnis der vorliegenden Erfindung kann eine Resorptionserhöhung
auch bei Membranen wie der menschlichen Haut dadurch bewirkt werden, daß die zu
resorbierenden Stoffe in einer ammonium- und/oder kaliumionenhaltigen gepufferten
Lösung unter Zusatz von organischen Lösungsmitteln, die sowohl Lipoid lösend als
auch mit Wasser mischbar sind, mit der Membran in Berührung gebracht werden. Man
kann auch zweckmäßig bei dem Verfahren nach der Erfindung die zu resorbierenden
Substanzen in Form von kalium-oder ammoniumionenabspaltenden Verbindungen verwenden.
Die Lösung soll vornehmlich gepuffert sein, da für jedes zu resorbierende Mittel
die Einhaltung des pH-Wertes in einem bestimmten Bereich zur Erreichung maximaler
Resorption von Wichtigkeit ist. Außerdem sind manche Wirkstoffe, z. B. gewisse Hormone
u. a., nur in gewissen pH-Bereichen optimal löslich und/oder haltbar.
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Als zu resorbierende Stoffe kommen sowohl hochmolekulare Substanzen,
wie körpereigene Wirkstoffe, z. B. Proteohormone oder Parathormon, und tierische
und pflanzliche Gifte, z. B. Bienengift oder Schlangengiftt als auch niedermolekulare
Substanzen, wie Adrenalin, Salicylamid und Acetylcholin bzw. deren Mischungen, in
Frage.
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Die zugesetzten organischen Lösungsmittel können u. a. ein- und mehrwertige
Alkohole, Ketone, z. B. Aceton und/oder Ester, z. B. Essigester, allein oder in
einer Mischung enthalten, deren Konzentrationsverhältnisse von den zu resorl>ieren:
den Stoffen abhängen.
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Das Verhältnis zwischen Lipoid- und Wasserlöslichkeit soll, wie bereits
erwähnt, unter Berücksichtigung der Eigenschaften der jeweiligen zu resorbierenden
Stoffe optimal eingestellt werden, damit die organischen Lösungsmittel eine innige
Berührung der gepufferten Lösung mit der Membran bewirken können und gleichzeitig
durch die Ammonium- und Kaliumionen ein osmotischer Gegenstrom, der eine die Membran
depolarisierende Wirkung hat, erzeugt werden kann. Daraus ist ersichtlich, daß das
Verfahren keinerlei schädigende Wirkung auf die Membran bzw. ein System aus Membranen,
wie es die Haut darstellt, ausübt.
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Da das-Verfahren unabhängig von dem speziellen morphologischen Aufbau
der Haut ist und ganz allgemein für alle Membranen anwendbar ist, können die nach
dem Verfahren der Erfindung hergestellten Produkte an jeder Stelle des menschlichen
Körpers angewendet werden. Es ist dabei gleichgültig, ob sich die Haut in gesundem
unverletztem Zustand befindet oder ob es sich um eine entzandete, skarifizierte
oder sonstwie verletzte Haut handelt. Die auf die Haut aufgebrachten Stoffe werden
leicht und mit nur geringen Verlusten, also in einer bisher nicht erreichten sparsamen
Weise, resorbiert. Mit Hilfe der erfindungsgemäß hergestellten Präparate kann erstmalig
eine wirksame parenterale Therapie, deren Vorteile bekannt sind, durchgeführt werden.
Von besonderem Vorteil ist es, daß bei hochwertigen und wertvollen Stoffen nur sehr
geringe Verluste auftreten und daher auch in solchen Fallen auf eine Injektion verzichtet
werden kann.
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Die Erfindung ist in den folgenden Beispielen veranschaulicht: Beispiel
I Umwandlung des Wirkstoffes in die Kalium-und/oder in die Ammoniumverbindung: a)
I37g (1 Mol) Salicylamid werden mit Soo ccm
Wasser unter Rühren
auf 90° C erwärmt. Man gibt 56t, Ätzkali, in 150 ccm Wasser gelöst, zu. Das sich
bildende Salicylamidkal iuni geht in Lösung.
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Man stellt mit HCl auf PH725 ein. Bei 0°C scheidet sich nach 21, Stunden
das Salicylamidkalium kristallin ab. Es wird abgenutscht, scharf abgepreßt, mit
wenig Wasser gewaschen und bei 80°C getrocknet. b) Das Salicylamidammonium wird
analog hergestellt: I37 g (1 Mol) Salicylamid werden mit 800 ccm Wasser unter Rühren
auf 900 C erwärmt.
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Man gibt Io°/oiges Ammoniak bis png zu. Das sich bildendeSalicylamidammonium
geht in Lösung.
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Es wird mit H Cl auf PH 7,5 eingestellt. Das Salicylamidammonium scheidet
sich nach Aufbewahren bei 0° C nach 24 Stunden ab. Es -wird abgenutscht, scharf
abgepreßt, mit wenig Wasser gewaschen und bei 800 C getrocknet.
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Zur Herstellung perkutan maximal wirksamer Salicylamidlösungen wird
wie folgt verfahren: I00 g Salicylamidkalium bzw. -ammonium oder gleiche Teile beider
Verbindungen werden in 650 ccm Wasser unter Rühren bei 800 C gelöst.
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Zur Steigerung der Lipoidlöslichkeit und zur Haltbarmachung der Lösungen
werden 1350 ccm eines Gemisches organischer Lösungsmittel zugegeben, das aus 1 Volumteil
Glycerin, 10 Teilen Äthanol, 2 Teilen Butanol, 3 Teilen Aceton und I Teil Essigester
hergestellt worden ist.
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Nach E. Bürgi : »Die Durchlässigkeit der Haut für Arzneien und Gifte«,
Verlag Springer, Berlin 1942, konnten bei Salicylsäureeinreibungen 3 mg0/o Salicylsäure
-im 24-Stunden-Harn nachgewiesen werden. Bei der oben beschriebenen Salicylamidlösung
wurden im Durchschnitt 30 mg0/o (maximal 45 mg°/o) Salicylsäure im 24-Stunden-Harn
festgestellt.
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Beispiel 2 Körpereigener Wirkstoff: Adrenalin.
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In 25 ccm Wasser von 300 C werden 2,4 g (etwas mehr als l/oo Mol)
saures Kaliumcitrat gelöst und unter Rühren im Stickstoffstrom I,83 g (t/roo Mol)
adrenalin zugegeben. Die in Wasser schlverlösliche Adrenalinbase geht in wenigen
Minuten in Lösung.
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Die Lösung wird im Vakuum bei 300 C eingedampft. Die Adrenalin-Kaliumcitrat-Verbindung
scheidet sich kristallin ab.
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0.44 g. Adrenalinkaliumcitrat werden in 20 ccm Wasser gelöst und
mit 40 ccm einer Essigsäure-Kaliumacetat-Pufferlösung auf PH 5,5 eingestellt.
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Die Pufferlösung wird durch Mischen von n-Essigsäure und n-Kaliumacetat
auf p, 5,5 hergestellt.
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Die Steigerung der Lipoidlöslichkeit wird durch Zugabe von 40 ccm
eines organiscllell Lösungsmittelgemisches erreicht, das wie folgt zusammenbesetzt
ist: 70 Volumprozent Äthanol, 20 Volumprozent Aceton, 5 Volumprozent Glycerin und
5 Volumprozent Butanol.
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Das Präparat enthält 2 mg Adrenalinanteil je Kubikzentimeter. Es
wurde auf der Haut beim Menschen durch Steigerung des Blutzuckers geprüft (Blutzuckerbestimmung
nach Hagedorn -Jensen). Die Steigerung des Blutzuckers betrug im Durchschnitt 27mg0/o,
maximal 54 mg0/o. Im Gegensatz zu den Lösungen der Kalium-Adrenalin-Verbindung waren
Lösungen, die reines Adrenalin in gleicher Konzentration enthielten, ohne Wirkung
auf den Blutzucker.
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Beispiel 3 Pflanzliches Gift: Atropin.
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In 25 ccm Wasser werden 2,4 g saures Kaliumcitrat gelöst uild bei
40 C 2.89 g (1/100 N14ol> Atropin eingeführt. Die sonst schwer lösliche Atropinbase
geht in wenigen Minuten in Lösung.
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Man dampft im Vakuum bei 400 C ein. Die Atropin - Kaliumcitrat -
Verbindung ist spielend wasserlöslich und scheidet sich erst nach Verdampfen des
gesamten Wassers kristallin ab. Die Verbindung läßt sich aus wenig hochprozentigem
Alkohol umlösen und bildet feine zusammengewachsene Nadeln.
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0.81 g Atropinkaliumcitrat mit 0.5 g Atropinanteil werden in 60 ccm
einer Pufferlösung gelöst, die aus n/5-Kalilauge und n/s-Kaliumphosphat so hergestellt
worden ist, daß ein p, von 6,5 vorliegt.
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Man füllt mit organischen Lösungsmitteln auf 100 ccm auf. Die Mischung
der organischen Lösungsmittel besteht aus 50 Teilen Äthanol, 42 Teilen Propanol,
5 Teilen Glycerin und 3 Teilen Amylacetat.
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Die Lösung ruft perkutan die üblichen Atropinwirkungen hervor.
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Bei Einwirkung von Atropin auf saures Ammoniumcitrat entsteht in
gleicher Weise, wie bei Kai iumcitrat beschrieben. tropinammoniuìncitrat.
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Beispiel 4 Tierisches Gift: Apitoxin (Bienengift).
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0,1 g Apitoxin, das durch Fällung im isoelektrischen Punkt bei pn
8,7 von Begleitstoffen befreit worden ist, wird in 25 ccm Wasser, das mit Ameisensäure
und 20/o Hexamethylentetramin gepuffert ist, gelöst. Man gibt unter Rühren vorsichtig
2 n-Kalilauge bis PH I3 zu. Säuert man nun mit verdünnter Ameisensäure an, tritt
bei PH II.5 bis 12 eine starke Ausfällung auf. Der Niederschlag wird mit Wasser,
das mit Ammoniak auf pH 11,5 gebracht worden ist, auf dem Filter nachgewaschen,
bis das Waschwasser keine Kaliumionen mehr enthält. Es wird im Vakuum bei 400 C
getrocknet.
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Der Niedersclllag ist weißgrau. Es ist Kalium und Apitoxin darin
analytisch nachweisbar. Der isoelektrische Punkt der Kalium-Apitoxin-Verbindung
liegt bei PH 11,5 bis I2, während derjenige des Apitoxins bei 8,7 liegt. Unterhalb
und oberhalb des isoelektrischen Punktes ist die Verbindung gut wasserlöslich.
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0,1 g der Kalium-Apitoxin-Verbindung werden in 60 ccm einer Pufferlösung
gelöst, die aus n-Ammoniumformiat und n-Ameisensäsure auf PH 5 eingestellt worden
ist. Es werden 40 ccm orga-
nische Lösungsmittel zugegeben, die
aus 70 Teilen Äthanol, 10 Teilen Aceton, 15 Teilen Amylacetat und 5 Teilen Glycerin
bestehen.
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Die Apitoxinlösung ruft beim Einreiben auf der Haut Quaddelbildung
wie nach einem Bienenstich bzw. subkutaner Injektion von Apitoxinlösung hervor.