DE723698C

DE723698C - Verfahren zur Gewinnung von wasser- und lipoidloeslichen Wirkstoffen aus tierischen oder pflanzlichen Organen

Info

Publication number: DE723698C
Application number: DEK153717D
Authority: DE
Inventors: Dr Habil Christian Bomskov
Original assignee: Knoll GmbH
Current assignee: Abbott GmbH and Co KG
Priority date: 1939-03-08
Filing date: 1939-03-08
Publication date: 1942-08-13

Description

Verfahren zur Gewinnung von wasser- und lipoidlöslichen Wirkstoffen aus tierischen oder pflanzlichen Organen Die üblichen Methoden zur Gewinnung von Vitaminen und Hormonen gründen sich auf Löslichkeitseigenschaften der betreffenden Wirkstoffe. Man extrahiert im allgemeinen lipoidlösliche Stoffe mit Lipoidlösungsmitteln,wasserlösliche Stoff e mit wässerigen neutralen, alkalischen oder sauren Medien oder mit verdünnten wasserlöslichen Lösungsmitteln, wie Alkohol, Aceton, Pyridin, Dioxan ü. a.
Es ist nun eine bekannte Tatsache, daß in allen Organen sowohl lipoidlösliche als auch wasserlösliche Wirkstoffe vorhanden sind. So finden sich in der Leber die öllöslichen Vitamine A und D neben dem wasserlöslichen Perniciosa-Schutzstoff, in der Hypophyse das öllösliche Vitamin E neben einer Reihe wasserlöslicher Wirkstoffe, wie Wachstumshormon, thyreotropes Hormon, gonadotropes Hormon u. a., in der Nebenniere neben dem lipoidlöslichen Rindenhormon das wasserlösliche Vitamin C usw. Daher haben weder wässerige Extrakte noch Lipoidextrakte aus Organen, Drüsen oder Pflanzenmaterial die gesamte physiologische Wirkung des betreffenden Ausgangsmaterials. Da sich die Wirkungen verschiedener Wirkstoffe aus einem und demselben Organ oftmals ergänzen können, ist es wünschenswert, durch Extraktion den Gesatntwirkstoffgehalt eines Organs in den Extrakt zu bekommen.
Methoden, die eine gleichzeitige Extraktion der gesamten lipoidlöslichen und wasserlöslichen Wirkstoffe ermöglichen, sind bisher nicht angewendet worden.
Den Gegenstand vorliegender Erfindung bildet ein Verfahren zur Gewinnung von Vitamin- bzw. Hormon-Gesamtextrakten aus Organen, Drüsen oder Pflanzenmaterial. Nach dem- neuen Verfahren gelingt es, sowohl die Lipoiden als auch die wasserlöslichen Wirkstoffe aus frischen oder vorbehandelten Organen in haltbarer und wirksamer Form dadurch zu gewinnen, daß man frische bzw. getrocknete Organe mit Lösungen von Galle bzw. Gallebestandteilen in wasserhaltigen, mit Wasser mischbaren Lösungsmitteln, wie Alkohol, Aceton, Pyridin, Dioxan, bei neutraler, saurer oder alkalischer"Reaktion auszieht.
Es ist bekannt, daß man unter Verwendung hochprozentiger Lösungen. (io bis 25 °/'o) von Galle oder Gallebestandteilen v itamin- und hormonhaltige Extrakte gewinnen kann, aus welchen nach Abscheidung der Gallebestandteile durch Extraktion mit organischen Lösungsmitteln nur lipoidlösliche Stoffe isoliert werden können, wogegen die wasserlöslichen Wirkstoffe nicht erfaßt werden.
Demgegenüber werden nach dem vorliegenden Verfahren die Lipoid- und wasserlöslichen Wirkstoffe erschöpfend gewonnen. Die Bestimmung der Wirksamkeit hinsichtlich des wasserlöslichen thyreotropen Hormons nach der Methode von Bomskow und Spiegel (Endokrionologie Bd. 23 S. a2g/ig4i) ergab, daß nach Eingabe von wässerigem Hvpophysenextrakt eine Erhöhung des Schilddrüsengewichts kaum eintrat, während nach Eingabe von 5o0,'o alkoholischem Hypophysenextrakt das Gewicht der Schilddrüsen außerordentlich stark anstieg. Diese Versuche zeigen, daß gerade bei wasserlöslichen Hormonen mit wässeriger Gallelösung fast kein wasserlösliches Hormon erhalten wird, wogegen mit alkoholisch-wässeriger Gallelösung auch das wasserlösliche Hormon in hoher Ausbeute erhalten wird. Es wurde auch schon vorgeschlagen. entfettete vitamin- bzw. hormonhaltige Organe nach Zusatz von Trockengalle mit reinem Alkohol zu extrahieren. Auf diese Weise werden nur die wasserlöslichen Wirkstoffe erdalten, da bei der Entfettung die Lipoide und Fette im wesentlichen entfernt werden und in rein alkoholischer Lösung überhaupt nur die wenigsten Wirkstoffe löslich sind. Es hat sich auch gezeigt, daß gerade durch die vorherige Trocknung und Entfettung der Organe eine Denaturierung der Eiweißstoffe eintritt, die eine vollständige Gewinnung der empfindlichen wasserlöslichen Wirkstoffe unmöglich macht.
Es ist allgemein bekannt, daß viele wasserlösliche Wirkstoffe in wässeriger Lösung und ebenso lipoidlösliche Wirkstoffe in C tllösung sehr unbeständig sind. Demgegenüber hat sich gezeigt, daß die nach dem neuen Verfahren hergestellten Extrakte, «-elche die gesamte physiologische Wirkung der Organe ausüben. stabiler sind als rein wässerige bzw. rein Lipoide Extrakte.

Die erhöhte Stabilität von Extrakten von Lipoidstoffen, die gleichzeitig wasserlösliche Wirkstoffe enthalten, war bisher nicht bekannt. Es ist im Gegenteil eine Erfahrungstatsache, daß der Vitamin-A-Gehalt von Lipoidextrakten aus Lebern innerhalb kurzer Zeit stark abnehmen kann, bis zum völligen Verschwinden, namentlich wenn geringe Wassermengen zugegen sind. In wässerigen Lösungen des Vitamins A, die gleichzeitig Galle und andere wasserlösliche Wirkstoffe enthalten, ist dagegen die Stabilität des Vitamins A infolge der Anwesenheit der wasserlöslichen Bestandteile fast unbeschränkt, wie folgende Tabelle zeigt:

Gesamt- Vitamin-A-Gehalt nach

Extrakt vitamin-A- -

Gehalt

sofort 24 stunden io Tagen 2o Tagen 3o Tagen i iao Tagen

i -

Lipoidextrakt aus 2 kg

Rinderleber ....... 26oo i. E. 2ooo i. E. 5oo i. E. < ioo i. E. o 0

Dasselbe in Gallelösung

gelöst . . . . . . : . . . . 26oo f. E. 2300 i. E. 700 i. F_. i < ioo i. E. - -

Gesamtextrakt aus 2 kg

Rinderleber nach

dem neuen Verfahren i i

in wässeriger Lösung 26oo i. E. i 26oo i. E. 26oo i. E. 26oo i. E. ; - 26oo i. E.

Auf der anderen Seite war die stabilitätserhöhende Wirkung wässeriger Wirkstoff-el durch die Anwesenheit der gleichzeitig extrahierten Lipoiden Wirkstoffe überraschend. Während z. B. das Wachstumshormon aus Hypophysenvorderlappen bisher in wässeriger Lösung nicht haltbar war und durch Zusatz von Konservierungsmitteln vernichtet wurde, gelingt es, eine stabile wässerige Lösung herzustellen, wenn gleichzeitig die Lipoiden Wirkstoffe der Hypophysen in der Lösung vorhanden sind. Als Beispiel hierfür sei folgende Tabelle angeführt:

Wachstumswirkung im Test an der Ratte (g. Gewichts-

Extrakt zunahme in 2o Tagen) nach Injektion von i ccm pro die

i ccm - i g Organe - --

nach io Stunden nach 6 Monaten f nach 12 Monaten

Alkalischer Extrakt aüs Hypophysen des .

Wales............................. 26 g < io g I < io g

Alkalischer Extrakt aus Walhypophysen

mit Galle versetzt.................. 28 g < io g < 8 g

i

Gesamtextrakt aus Walhypophysen nach

dem neuen Verfahren .............. 30 g 31 g 30 g

Es war weiter bisher nicht bekannt, daß durch die gleichzeitige Extraktion der Lipoiden und der wasserlöslichen Wirkstoffe zugleich eine Steigerung der biologischen Wirksamkeit erzielt wird, die stärker ist als die Summe der Wirkung zweier Extrakte, die durch getrennte Extraktion mit Lipoidlösungsmitteln und mit wässerigen Medien aus derselben Organmenge herstellbar ist. Die erzielte Wirkungssteigerung der gonadotropen Hypophysenhormone z. B. geht aus folgender Tabelle hervor:

- Wirksam im Test an der infantilen

Extrakt Wirksam im Ratte Dosen zu 0,2 ccm

Kaninchentest

i ccm - 0,25 g Organ Dosis 2,0 ccm Ovar- Uterus-

Brunst gewicht gewicht

.

Alkalischer Hypophysenextrakt ..... kein Blutpunkt

f kein Gelbkörper i8 mg 2o mg

Alkalischer Hypophysenextrakt mit kein Blutpunkt

den in Gallelösung aufgenommenen kein Gelbkörper 18 mg 20 mg

Lipoiden aus derselben Organmenge

Lipoidextrakt aus Hypophyse in Galle- kein Blutpunkt i8 mg 2i mg

Lösung injiziert ... . . . . . . . ....... kein Gelbkörper

Gesamtektrakt aus frischer Hypophyse bei einer Gruppe

nach dem neuen Verfahren hergestellt von io Tieren pro + + 44 mg 120 mg-

Ovar 2 Blutpunkte

Nach dem neuen Verfahren wird durch das mit Wasser mischbare Lösungsmittel, z. B. Alkohol, ein doppelter Zweck erfüllt: Erstens wird die Ausfällung von im Extrakt unerwünschten Stoffen, wie z. B. Eiweiß, bewirkt; zweitens lassen sich eine Reihe von wasserlöslichen Wirkstoffen z. B. mit ver -dünntem Alkohol wesentlich leichter extrahieren als mit reinem Wasser. Man wählt daher die Alkoholkonzentration derart, daß eine möglichst vollständige Fällung der Eiweißkörper stattfindet, daß aber daneben das zu extrahierende wasserlösliche Hormon in Lösung geht. Die zweckmäßigsten Konzentrationen des mit Wasser mischbaren Lösungsmittels bewegen sich zwischen 2o und 70°1q, je,nach der Natur des zu extrahierenden Stoffes. Des weiteren wurde die überraschende Tatsache festgestellt, daß durch Extraktion der frischen Organe bzw. Drüsen mit gallehaltigen Lösungsmitteln, welchen mit Wasser mischbare Lösungsmittel beigefügt sind, die gesamte physiologische Wirkung des betr. Organs gefaßt werden kann, wenn der Gallezusatz in gewissen niederen-Grenzen gehalten wird. So wurde z. B. festgestellt, daß die Extraktion des Vitamins A aus Rinderleber quantitativ verläuft und daß gleichzeitig der Extrakt den gesamten Perniciosa-Schutzstoff der Leber enthält. In genau der gleichen Weise war es möglich, aus Hefe einen Extrakt zu bereiten, der sowohl das Karotin wie das Ergosterin wie die gesamten Vitamine B enthält. Es ist sogar möglich, aus ultraviolett bestrahlter Hefe einen wässerigen Extrakt herzustellen, der sowohl das Vitamin D. wie das Karotin und die gesamten Vitamine B enthält.

Für die erschöpfende Organextraktion ist die Reaktion der gallehaltigen Extraktionslösungen von ausschlaggebender Bedeutung. Durch Extraktion in saurer bzw. alkalischer Lösung, gegebenenfalls erhöhter Temperatur, wird das Extraktionsgut aufgeschlossen. Durch Extraktion in alkalischer Lösung z. B. werden die Lipoide durch Verseifen der Fette frei gemacht und sind dadurch in der gallehaltigen Extraktionslösung leichter löslich. Durch saure Hydrolyse wird die Extraktion der wasserlöslichen Hormone insofern erleichtert, als diese Hormone durch eine saure, gallehaltige Extraktionslösung leichter faßbar sind. Mit Galle oder Gallebestandteilen konnte seither nur in neutraler oder alkalischer Lösung extrahiert werden, da in rein wässeriger saurer Lösung Galle bzw. Gallebestandteile ausgefällt werden.
Die erhaltenen Lösungen können entweder als solche verwendet oder schonend zur Trockne gebracht werden, gegebenenfalls nach vorhergehender Entfernung der restlichen Eiweißstoffe nach bekannten Methoden. In diesem Fall löst sich das Trockenpulver selbst nach jahrelangem Lagern in Wasser in jedem Verhältnis zu einer vollkommen klaren Lösung, welche in der Therapie direkt verwendet oder nach anderen Methoden aufgearbeitet werden kann. Ein Verlust an Wirksamkeit wurde in keinem Fall beobachtet.
Beispiele i. 87o g frische Ovarien werden in zerkleinerter Form zusammen mit 87 g getrockneter und pulverisierter Galle (Gallensaft) und 6oo ccm Wasser und 6oo ccm Alkohol gerührt. Der Brei wird koliert und die Organmasse mit verdünntem Alkohol ausgelaugt. Aus den sehr dunkel gefärbten Extrakten wird der Alkohol im Vakuum verdampft, die Lösungen von einem gegebenenfalls entstandenen Niederschlag befreit.
2. 5o g frische Hypophysenvorderlappen werden mit 2 g Galle und 20o ccm n/ioo Na O H sowie mit demselben Volumen der Mischung an Alkohol gerührt. Der Organbrei wird koliert und die Organmasse mit verdünntem Alkohol gewaschen. Die Extrakte werden im Vakuum vom Alkohol befreit und ein gegebenenfalls entstandener Niederschlag entfernt.
3. ioo g gepulverte und gegebenenfalls mit ultraviolettem Licht bestrahlte Hefe werden mit i 1 Wasser und 2 g Galle (Trockenpulver aus Gallensaft) sowie mit 6oo ccm Alkohol gerührt und kurz auf 70° C erhitzt. Der Extrakt wird im Vakuum vom Alkohol befreit. Dieselbe Extraktion kann in schwach saurer Lösung vorgenommen werden, wobei der Alkoholzusatz so bemessen ist, daß die Galle in Lösung bleibt.
d.. i kg frische Rinderleber wird mit 40 g Galle, i 1 Wasser und 11 Alkohol gerührt und langsam auf 70° C erhitzt. Der Brei wird koliert und die Organmasse erneut mit Wasser ausgelaugt. Aus den vereinigten Extrakten wird der Alkohol im Vakuum verdampft und die wässerige Lösung zur Trockne gebracht. Man erhält einen weitgehend vom Eiweiß befreiten Trockenrückstand, der jahrelang ohne Verlust der Wirksamkeit haltbar ist und aus dem durch Extraktion mit Alkohol sowohl die Lipoiden Vitamine wie auch der Perniciosa-Schutzstoft in Lösung zu bringen ist. Der Rückstand der alkoholischen Lösung löst sich klar im Wasser.

Claims

PATENTANSPRÜCHE: i. Verfahren zur Gewinnung von wasser-und lipoidlöslichen Wirkstoffen aus tierischen oder pflanzlichen Organen durch Extraktion mit Lösungen der Galle oder Gallebestandteilen, dadurch gekennzeichnet, daß als Lösungsmittel Mischungen von Wasser und mit Wasser mischbarer organischer Lösungsmittel verwendet werden.
2. Verfahren nach Anspruch i, dadurch gekennzeichnet, daß Galle nur in solcher .lenge zugesetzt wird, daß der erhaltene Extrakt gegebenenfalls nach Befreiung vom Eiweiß direkt verwendbar ist.