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Verfahren zur Herstellung sensibilisierter plastischer Sprengstoffe
Die auf der Grundlage von Nitroglycerin, Nitroglykol und ähnlichen Sprengölen und
Nitrocellulose aufgebauten plastischen Sprengstoffe leiden bekanntlich an dem Übelstand
der dauernden Abnahme der Detonationssensibilität bei längerer Lagerung. Dieser
Umstand ist wohl in der Hauptsache auf die beim Lagern eintretende, dauernd zunehmende
Vergrößerung des Gelmoleküls zurückzuführen, welche bereits nach wenigen Wochen
Lagerdauer ein Ausmaß erreicht, das zu einer beträchtlichen Verringerung der Detonationsgeschwindigkeit
und zu einer höchst unerwünschten Zunahme der Anlaufstrecke führt. Diese Erscheinung
wirkt sich jedoch hinsichtlich der wirtschaftlichen Ausnutzung des in diesen Sprengstoffen
enthaltenen Arbeitsvermögens sehr ungünstig aus. Der Rückgang der Detonationssensibilität
nimmt mit dem Prozentgehalt an eingearbeiteter Nitrocellulose zu, also mit der Festigkeit
der benutzten Gelatine, so daß man bestrebt war, mit der Konsistenz der Gelatine
an die gerade . noch zulässige Grenze der Patronierfähigkeit des Sprengstoffes zu
gehen.
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. Fast alle bisher unternommenen Versuche, diesen Übelstand zu beseitigen
oder zu mildern, wie z. B. die Einarbeitung von porösen Stoffen, wie Korkmehl u.
dgl., die Mitbenutzung von detonationssensibleren Salzen, wie Kaliumperchlorat,
hat nicht zu dem gewünschten Ziele geführt bzw. Nachteile ergeben, die durch die
erhaltenen Teilergebnisse wieder kompensiert wurden.
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Als eine sehr wirkungsvolle Maßnahme hat sich schließlich die Beigabe
von hochbrisanten, kristallinen Sprengstoffen erwiesen, die in den benutzten Sprengölen
nicht oder- nur sehr schwer löslich sind. Als derart geeignete Sprengstoffe werden
z. B. in der
deutschen Patentschrift 578-300 feste Salpetersäureester,wie
Nitropentaerythrit, Nitrömännit, aliphatische Nitramine, wie Hexogen (Cyclotrimethylentrinitramin),
Äthylendinitramin und schließlich leicht detonationsfähige Salze, vor allem organische
Perchlorate in Vorschlag gebracht.
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Wie aus der Zusammenstellung hervorgeht, sind nur rein aliphatische
Sprengstoffe als geeignet befunden worden.
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Wenn diese vorgeschlagenen Sprengstoffe den ihnen zugedachten Zweck
bei entsprechender Zugabe auch erfüllen, so besitzen sie doch den für die praktische
Auswertung erheblichen Nachteil, daß die verhältnismäßig hohen Herstellungskosten
dieser Sprengstoffe eine Verwendung im größeren Ausmaße verbieten.
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Gemäß vorliegender Erfindung wurde die überraschende Beobachtung gemacht,
daß auch eine Zahl rein aromatischer Sprengstoffe hervorragende sensibilisierende
Eigenschaften besitzen und mit Rücksicht auf die geringeren Gestehungskosten vorteilhaft
für die Sensibilisierung der plastischen Sprengstoffe verwendet werden können.
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Voraussetzung ist auch hier, daß die betreffenden Sprengstoffe sich
nicht oder nur schwierig in dem benutzten Sprengöl lösen. Die sonst in den plastischen
Sprengstoffen mit verlängerter Gelatine benutzten aromatischen Sprengstoffe, wie
Di- und Trinitrotoluol, verringern infolge ihrer Löslichkeit in den Sprengölen und
der dauernden Veränderung der Lösungskonzentration mit wechselnder Temperatur die
Sensibilität sogar noch unter das sonst übliche Ausmaß und können durch den ununterbrochen
wechselnden Lösungs- und Auskristallisierungsvorgang zu einer Verhärtung des patronierten
Sprengstoffes führen.
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In den #Sprengölen völlig unlösliche oder nur sehr schwer lösliche
aromatische Sprengstoffe vermeiden nicht nur nicht diesen Übelstand, sondern bewirken
eine Dauersensibilisierung der Sprengstoffmasse, die der natürlichen Desensibilisierung
des Gels entgegenwirkt.
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Als Vertreter dieser Klasse von nicht oder schwer löslichen aromatischen
Sprengstoffen ist das Trinitranilin zu nennen, das diese sensibilisierende Eigenschaft
in hervorragendem Maße besitzt. Je nach der Zusammensetzung des plastischen Sprengstoffes
und der Steifheit der Gelatine genügen Zusätze von '5 bis 15 0/0, um die gewünschte
Sensibilisierungssicherung herbeizuführen. Wenn es sich darum handelt, plastische
Sprengstoffe allerhöchster Brisanz z. B. für Sprengschneidepatronen herzustellen,
so kann der Gehalt an Trinitranilin auf den Prozentsatz gesteigert werden, der gerade
noch die Herstellung einer plastischen Mischung mit einer geeigneten Sprengölgelatine
ermöglicht.
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Als Mischungsbeispiele seien angeführt
Nitroglykol. . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . ' 47,50/0 |
Nitrocellulose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,5% |
Trinitranilin . . . . . . . . . . . . . . . . . ro
0/0 |
Ammoniumnitrat ............... 4o O/, |
als Zusammensetzung für gewöhnliche Sprengarbeiten, die einen hochbrisanten Sprengstoff-
erforderlich machen und
Nitroglykol .. . . . . . . . . . . ... ... 28,5% |
Nitrocellulose . . . .'. : . . . . . ...... 1,5% |
Trinitranilin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 0/0 |
als höchstbrisanter Sprengstoff für Sprengschneidepatronen.
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Als weitere derartige sensibilisierende Sprengstoffe kommen für den
praktischen Gebrauch vor allem auch gewisse Derivate des Trinitranilines, wie z.
B. das Hexanitrocarbanilid, das Hexanitrooxanilid und Methylhexanitrodiphenylamin,
in Betracht. Dagegen scheidet z. B. das Hexanitrodiphenylamin trotz günstiger sensibilisierender
Eigenschaften aus, weil es infolge seines sauren Charakters die Verseifung und Zersetzung
der Sprengöle bewirken würde.
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An sonstigen für diesen Zweck noch geeigneten, in den Sprengölen nicht
oder nur schwer löslichen Sprengstoffen seien das Hexanitrodiphenyl, das Hexanitrodiphenylsulfid
und das Hexanitrodiphenylsulfon genannt. Der verhältnismäßig hohe Gestehungspreis
der letztgenannten Sprengstoffe dürfte zur Zeit wenigstens die Verwendung im größeren
Ausmaße ausschließen.
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Vor den früher in Vorschlag gebrachten aliphatischen Sprengstoffen
besitzen die hier genannten Sensibilatoren auf aromatischer Grundlage teils den
Vorzug der geringeren Gestehungskosten, teils den der höheren Beständigkeit und
ermöglichen damit erst die Herstellung derartiger sensibilisierter plastischer Sprengstoffe
im praktischen Ausmaße.