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Flüssiger, von flüssigen Salpetersäureestern freier Sicherheitssprengstoff
Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf einen flüssigen, von flüssigen Salpetersäureestern
freien Sicherheitssprengstoff von vorzugsweise ausgeglichener Sauerstoffbilanz,
bestehend aus anorganischen Sauerstoffträgern, organischen Sprengstoffen mittlerer
Brisanz und gegebenenfalls hochbrisanten Sprengstoffen (Detonationsgeschwindigkeit
über 7500 m/sec) und Metallpulver, sowie einer flüssigen Komponente.
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Sprengstoffe in flüssigem Zustand bieten für manche Verwendungszwecke
in der zivilen und militärischen Sprengtechnik erhebliche Vorteile.
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Die meisten der bisher bekanntgewordenen flüssigen Sprengstoffe enthalten
als Sauerstoffträger hochkonzentrierte Salpetersäure. Sie sind zwar sehr wirkungsvoll,
jedoch unbeständig, gefährlich und unangenehm in der Handhabung. Vor allem aus diesen
Gründen konnten sie sich in der Praxis nicht durchsetzen.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist nun ein flüssiger Sicherheitssprengstoff,
der die vorgenannten Nachteile nicht aufweist.
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Es ist schon vorgeschlagen worden, nitroglycerinfreie, plastische
Sicherheitssprengstoffe dadurch herzustellen, daß als Plastifizierungsmittel eine
Öl-in-Wasser-Emulsion verwendet wird. Diese plastischen Sicherheitssprengstoffe
besitzen einen Wassergehalt von höchstens 8 Gewichtsprozent. Es hat sich nun überraschenderweise
gezeigt, daß der Wassergehalt solcher. Sprengstoffe erheblich über 8 Gewichtsprozent
hinaus gesteigert werden kann.
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Der Sicherheitssprengstoff gemäß der vorliegenden Erfindung ist dadurch
gekennzeichnet, daß die flüssige Komponente aus einer wäßrigen Dispersion aus 40
bis 700/, Wasser, sauerstoffaktiven Salzen, geringen Mengen eines quellfähigen organischen
Stoffes sowie gegebenenfalls geringen Mengen eines Emulgators und eines Öles oder
flüssigen Nitro-Kohlenwasserstoffes besteht, eine hohe positive Sauerstoffbilanz
besitzt und daß sie in solchen Mengen- in den. Sprengstoff eingearbeitet ist, daß
dessen Gesamtwassergehalt mehr als 8 Gewichtsprozent beträgt.
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Die Viskosität des erfindungsgemäßen, flüssigen Sprengstoffes kann
innerhalb der angegebenen Grenzen so variiert werden, daß seine Konsistenz von sirupartig
bis dünnflüssig alle Stufen durchläuft. Der Anwendungsbereich der flüssigen Sprengstoffe
gemäß der Erfindung ist gegenüber den plastischen Sicherheitssprengstoffen erheblich
erweitert. Insbesondere ist der flüssige Sprengstoff z. B. für ein rasches Füllen
von Bohrlöchern bei senkrecht oder abwärts geneigten Großlochbohrungen und Knäpperschüssen
von erheblichem Vorteil. Eine Dispersion für die Herstellung eines flüssigen Sprengstoffes
enthält vorzugsweise mehrere Sauerstoffträger, beispielsweise Nitrate der Alkali-
und Erdalkalimetalle oder geeigneter Schwermetalle. Auch Ammoniumnitrat ist als
Sauerstoffträger geeignet. Man kann jedoch an Stelle der Nitrate auch Chlorate oder
Perchlorate verwenden, wobei jedoch darauf zu achten ist, daß die Möglichkeit spontaner
Reaktionen zwischen den Komponenten des Sprengstoffes ausgeschlossen ist.
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hieben den in Wasser gelösten Sauerstoffträgern enthält die Dispersion
einen in Wasser quellbaren, organischen Stoff, wobei die jeweils erforderliche Menge
bis zu einem gewissen Grad vom Molekulargewicht der in Wasser quellbaren, organischen
Stoffe in der Weise abhängt, daß entsprechend höhermolekulare Stoffe in entsprechend
niedrigeren Mengen zu verwenden sind. Als Beispiel für die in Wasser quellbaren,
organischen Stoffe sind Agar-Agar, Gelatine, Dextrine u. dgl. zu nennen. In die
Dispersion kann ein Öl und ein Emulgator eingearbeitet werden.
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Da die Dispersion eine hohe positive Sauerstoffbilanz aufweisen soll,
kann die Menge der unter Sauerstoffverbrauch verbrennenden organischen Stoffe (Öl,
quellfähige, organische Substanz, Emulgator) nicht über Gebühr vergrößert werden.
An Stelle des gegebenenfalls zu verwendenden Öls, beispielsweise in Form eines vegetabilischen
Öles, können auch flüssige Nitro-Kohlenwasserstoffe, z. B. »flüssiges Tri«, verwendet
werden. Da die flüssigen Nitro-Kohlenwasserstoffe bei der Verbrennung einen wesentlich
geringeren Sauerstoffbedarf haben als die Öle, können sie in größeren Mengen eingearbeitet
werden. Vorzugsweise beträgt der Gehalt des fertigen Sprengstoffes an organischen,
nicht explosiven Substanzen nur bis 2 Gewichtsprozent.
Eine solche
Dispersion setzt sich beispielsweise zusammen aus: Calcium-Nitrat, wasserfrei .
. . . . . . . . . . 20,0 bis 25,0 Gewichtsprozent Ammonium-Nitrat ......
10,0 bis 15,0 Gewichtsprozent Natrium-Nitrat . . . . . . . . 1,0 bis 3,0 Gewichtsprozent
Rizinusöl . . . .. . . . . . . . . . 0,0 bis 0,6 Gewichtsprozent Agar-Agar . . .
. . . . . . . . . . 1,0 bis 2,0 Gewichtsprozent Polyglykoläther......... 0,0 bis
0,8 Gewichtsprozent Wasser . . . . . . . . . . . . . . . . 40,0 bis 70,0 Gewichtsprozent
Die für die Herstellung eines flüssigen Sprengstoffes benötigte Menge einer solchen
Dispersion kann je nach der für die jeweilige Gesteinsart oder den jeweiligen Verwendungszweck
erforderlichen Konsistenz in weiten Grenzen variieren; sie wird vorzugsweise zwischen
20 und 40 Gewichtsprozent des fertigen Sprengstoffes liegen. Die Dispersion kann
bei niedrigem Wassergehalt und durch Einarbeiten von Emulgatoren und Öl in Mengen,
die innerhalb des oben angegebenen Bereiches liegen, den Charakter einer Öl-in-Wasser-Emulsion
annehmen.
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Außer der Dispersion enthält der fertige Sprengstoff Explosivstoffe,
vorzugsweise in einer Menge zwischen 20 und 35 Gewichtsprozent. Diese Explosivstoffe
können mäßig brisanter Art (Detonationsgeschwindigkeit unter 7500 m/sec) sein. So
ist es beispielsweise möglich, durch alleinige Anwendung eines sauerstoffarmen,
aber handhabungssicheren Explosivstoffes mäßiger Brisanz, wie beispielsweise Trinitrotoluol
(TNT), einen Sprengstoff mittlerer Energie (etwa 1000 kcal/kg) herzustellen.
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Selbstverständlich kann man die Energie des fertigen Sprengstoffes
dadurch erhöhen, daß man die mäßig brisanten Explosivstoffe durch hochbrisante Explosivstoffe,
z. B. Pentrit, Hexogen, Tetryl u. a., ersetzt. Es ist jedoch vollständig ausreichend,
wenn der Anteil des fertigen Sprengstoffes an hochbrisanten Explosivstoffen (Detonationsgeschwindigkeit
von über 7500 m/sec) bis 15 Gewichtsprozent beträgt. So ergibt beispielsweise ein
Sprengstoff mit nur 7 Gewichtsprozent Pentrit bezüglich Brisanz und Bleiblockausbauchung
ähnliche Werte wie gebräuchliche Sicherheitsdynamite mit etwa 20 Gewichtsprozent
hTitroglycerin.
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Gemische besonders hoher . Energie, welche die stärksten Dynamite
erreichen, erhält man durch Ersetzen eines Teiles der Explosivstoffe durch fein
verteilte Metalle sehr hoher Verbrennungswärme, wie beispielsweise Aluminium.
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Die Dispersion, der bzw. die Explosivstoffe und gegebenenfalls das
Metall werden zur Zusammenstellung des fertigen Sprengstoffes noch mit weiteren
Sauerstoffträgern versetzt. Je nach Wassergehalt der Dispersion kann sich der in
fester Form zugeführte Sauerstoffträger lösen. Das Ausmaß dieser Auflösung ist neben
dem Wassergehalt von der Umgebungstemperatur und dem Sättigungsgrad der Dispersion
bzw. der Art der darin gelösten Sauerstoffträger abhängig. Die Korngröße der in
die Dispersion eingebrachten organischen Sprengstoffe solIte zweckmäßigerweise nicht
größer als 200 ,u sein. Auch die Korngröße des nicht gelösten Sauerstoffträgers
ist Zweckmäßigerweise so zu wählen, daß die Größe von 200 ,u nicht überschritten
wird.
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Als Beispiele der Zusammensetzung des vorbeschriebenen Sprengstoffes
seien angeführt:
Beispiel l |
Dispersion . . . . . . . . . . . 23,0 Gewichtsprozent |
Ammonium-Nitrat .... 56,5 Gewichtsprozent |
Trinitrotoluol ... . .. . . 20,5 Gewichtsprozent |
100,0 Gewichtsprozent |
Dichte . . . . . . . . . . . . . . 1,30 g/cm3 Explosionswärme
..... 902 kcal/kg
(H20-Dampf) Gasvolumen ......... 8801/kg Sauerstoffüberschuß .. 0,3 Gewichtsprozent
Beispie12 |
Dispersion . . . . . .. . ... 32,5 Gewichtsprozent |
Ammonium-Nitrat .... 45,0 Gewichtsprozent |
Trinitrotoluol ... . . . . . 16,5 Gewichtsprozent |
Pentrit . . . . . . . . . . . . . . 6,0 Gewichtsprozent |
100,0 Gewichtsprozent |
Dichte . . . . . . . . . . . . . . 1,25 g/cm3 Explosionswärme
..... 775 kcal/kg
(H20-Dampf) Gasvolumen ......... 9101/kg Sauerstoffüberschuß .. 0,2 Gewichtsprozent
Beispiel 3 |
Dispersion . . .. . . . . . . . 34,0 Gewichtsprozent |
Ammonium-Nitrat .... 42,1 Gewichtsprozent |
Trinitrotoluol . . . . . . . . 9,4 Gewichtsprozent |
Pentrit . . . . . . . . . . . . . . 8,8 Gewichtsprozent |
Aluminium . . . -. . . . . . . 5,7 Gewichtsprozent |
100,0 Gewichtsprozent |
Dichte . . . . . . . . . . . . . . 1,26 g/cm3 Explosionswärme
..... 963 kcal/kg
(H20-Dampf) Gasvolumen ... ..... 8201/kg Sauerstoffüberschuß . . 0,4 Gewichtsprozent
Die Vorteile des erfindungsgemäßen, flüssigen Sprengstoffes sind: Die überaus gute
Handhabungs- und Transportsicherheit (unempfindlich gegen Schlag und Wärme; chemisch
neutral, greift Metalle, Kunststoffe usw. nicht an, kann daher in jedem Behälter
transportiert werden) ; die Lagerbeständigkeit und Lagersicherheit; die leichte
Anwendbarkeit (rasches Füllen der Bohrlöcher) ; die gute Detonationsfähigkeit (detoniert
sicher mit Normalsprengkapsel Nr. 8) ; die gute Sprengwirkung, selbst ohne Verdammung.
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Zu diesen technischen Vorzügen kommt noch die einfache und billige
Fabrikation, da die Herstellung mit weniger Arbeitsvorgängen und weniger und einfacheren
Maschinen vorgenommen werden kann. Aus diesen Gründen ist auch die Preiswürdigkeit
des vorbeschriebenen Sprengstoffes noch größer als diejenige plastischer Sprengstoffe.