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Verfahren zur Herstellung von Nitrocellulose
Die Herstellung von Nitrocellulose
bzw. Cellqilosenitrat geschieht bis dahin ausschließlich in der Weise, dlaß man
auf gebleichte Baumwollinters oder gebleichtenZellstoff ein Gemisch von Salpetersäure
und Schwefelsäure im Verhältnis von etwa I: 3 im Überschuß bei Temperaturen von
10 bis 200 so lange einwirken läßt, bis eine vollkommene Durchnitrierung der Fasern
erreicht ist, was etwa 30 bis 40 Minuten in Anspruch nimmt. Nach Beendigung des
Nitrierprozesses wird die entstandene Nitrocellulose durch Abschleudern in einer
Zentrifuge von der Hauptmenge der anhaftenden Säure befreit und dann mit einem großen
Überschuß von Wasser gewaschen. Da bei diesem Prozeß u. a. durch Bildung von Schwefelsäurecellulose
ein instabiles Produkt entsteht, muß die s'.äurefrei gewaschene Cellulose einem
langwierigen Stabiliesierungsprozeß unterworfen werden. Dies geschieht in der Weise,
daß man die Nitrocellulose mehrere Stunden unter häufigem Wasserwechsel, gegebenenfalls
noch unter Zusatz geringer Mengen Soda, kocht oder aber im Druckkocher längere Zeit
erhitzt. Die Anwesenheit von Schwefelsäure in dem Nitriergemisch bedingt besonders
bei der Herstellung von Nitrocellulose mit niedrigerem Stickstoffgehalt, z. B. bei
,der Herstellung von Collodiumwolle, eine Hydrolyse, bei welcher ein Teil der Cellulose
in Lösung geht, was nicht nur einen Verlust an Cellulose bedeutet, sondern auch
einen Mehrverbrauch und eine Verunreinigung der Nitriersäure zur Folge hat. Diese
Nachteile werden bei dem beanspruchten Verfahren weitgehend vermieden. Es hat sich
überraschenderweise gezeigt, daß man auch ohne Zusatz von Schwefel-
säure,
d. h. mit reiner Salpetersäure, Cellulose nitrieren kann, was aber voraussetzt,
daß ganz besondere Bedingungen heim Nitrierprozeß eingehalten werden. Nach diesem
Verfahren wird nicht nur eine Nitrocellulose gewonnen, welche sich viel leichter
stabilisieren läßt, sondern auch die Ausbeute an Nitrocellulose wesentlich gesteigert
und die Verunreinigung der Nitriersäure stark vermindert.
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I)er Nitriervorgang spielt sich im einzelnen folgendermaßen ab: Der
vorgetrocknete Zellstoff oder die getrockneten Baumwollinters werden mit der 50-
bis 6fachen Menge Salpetersäure von 96 bis ggO/o, welche auf -10 bis 2OO abgekühlt
ist, mit Hilfe eines Rührwerks innig vermischt. Der Nitrierprozeß muß in einem mit
Kühlmantel versehenen Gefäß vorgenommen werden, um die entstehende Reaktionswlärme
abführen zu können. Es muß darauf geachtet werden, daß während des ganzen Nitriervorganges
die Temperatur des Nitriergemisches unter 03 gehalten wird. Nach 20 Minuten Reaktionszeit
wird der Inhalt mehrerer solcher Nitriergefäße in ein darunter befindliches Sammelgefäß
abgelassen und noch kurze Zeit bei etwa -Io bis 20 gut durchgerührt, um eine möglichst
gute Durchschnittsmischung zu erhalten.
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Vorteilhafterweise wird das Mischgefäß so groß bemessen, daß es den
Inhalt von zehn bis zwanzig Nitriergefäßen aufnimmt. Von dort wird die Mischung
über eine Dosierungstrommel in eine besondere dafür ausgebildete Schneckenpresse
geführt, mit deren Hilfe die Nitrocellulose von der Hauptmenge der anhaftenden Säure
befreit wird.
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Von dort fällt sie in eintdarunter stehendes, mit einem Heizmantel
versehenes Gefäß, in welchem sich konzentrierte Salpetersäure befindet, welche eine
Temperatur von +350 hat. Nach 10 bis I5 Minuten langem gutem Verrühren wird die
nunmehr zu Ende nitrierte Nitrocellulose wieder über eine Dosierungstrommel und
eine Schneckenpresse zur Entfernung der Säure geführt. Diese Nachnitrierung bei
erhöhter Temperatur hat sich als besonders vorteilhaft bei der Herstellung hochstickstoffhaltlger
Nitrocellulose erwiesen.
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Die abgepreßt Nitrocellulose fällt in ein darunter befindliches Rührgefiäß,
welches auf -10 bis 200 abgekühlte . Salpetersäure von einer Konzentration von 5o0/o
enthält, womit der Auswaschprozeß im Gegenstromverfahren eingeleitet wird.
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Dabei ist es wichtig, daß die Konzentration der Salpetersäure, welche
der Nitrocellulose noch anhaftet, möglichst schnell auf etwa 600/0 heruntergedrückt
wird, da über dieser Konzentration leicht ein Verseifungsprozeß einsetzt, welcher
mit einem Stickstoffverlust verbunden wäre. Es ist deshalb ein sehr schnelles Suspendieren
der säurehaltigen Nitrocellulose in der verdünnten Salpetersäure von großer Wichtigkeit,
was aber leicht durch entsprechend intensive Rührung erreicht werden kann.
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Nachdem eine gute Durchmischung erreicht ist, wird die Suspension
wieder mittels Dosierungstrommel und Schneckenpresse von dem Überschuß der verdünnten
Säure befreit und in ein darunter befindliches Rührgefäß geworfen, welches eine
25- bis 300/obige Salpetersäure enthält. Dabei kann die Temperatur auf 5 bis 6°
ansteigen, da in diesem Konzentrationsbereich keine Zersetzung der NitrocelJulose
mehr zu befürchten ist. Im darauffolgenden Arbeitsgang, der wie die vorhergehenden
verläuft, wird mit einer 8- bis Io°/oigen Säure gewaschen. Dabei kann die Temperatur
auf IO ansteigen. Schließlich erfolgt in gleicher Weise die Waschung mit reinem
Wasser bei Raumtemperatur. Anschließend wird die so säurefrei gewaschene Nitrocellulose
noch einem kurzen Kochprozeß unterworfen, um die noch anhaftenden Säurespuren zu
entfernen.
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Die anfallenden Waschsäuren werden im Gegenstromprinzip zum Auswaschen
der Nitrocellulose verwendet, so daß nur eine einzige Waschsäure, und zwar mit der
höchsten Konzentration, d. h. eine solche von etwa 550/0, anfällt, welche dann auf
übliche Weise hochkonzentriert wird. Bei diesem Verfahren fallen also im Gegensatz
zu dem alten Verfahren keine oder nur sehr geringe Mengen saure Abwässer an, wodurch
auch die hohen Kosten, welche zur Neutralisation der bisherigen Waschwässer aufgewandt
werden müssen, in Wegfall kommen.
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PATENTANSPRi,CIIE I. Verfahren zur Herstellung von Nitrocellulose,
dadurch gekennzeichnet, daß man die Nitrierung mit konzentrierter Salpetersäure
von etwa g60/o ohne Zusatz wasserentziehender Mittel in zwei Stufen mit verschiedener
Arbeitstemperatur durchführt.