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Verfahren und Vorrichtung zum Vergleichmäßigen oder Beseitigen innErer
Spannungen von Textilbahnen Gegenstand der Erfindung ist ein neues mechanisches
Verfahren nebst Vorrichtung zum Vergleichmäßigen oder Beseitigen innerer Spannungen
von Textilbahnen. Erfindungsgemäß wird das Gewebe in ruhender oder laufender Bahn
in Längs- und Querrichtung oder gegebenenfalls in Diagonalrichtung ein-oder mehrmals
mechanisch einem kurzen, reckend wirkenden Zug unterworfen.
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Die vorteilhafte Wirkung kurzen Reckens von Geweben ist durch die
Gewohnheit der Hausfrau bekannt, welche die einzelnen Stücke der Hauswäsche vor
dem Mangeln hin und her reckt, um ein gleichmäßiges Gebilde zu erhalten. Eine derartige
Handarbeit, deren Ergebnis zudem von Zufälligkeiten bei der Handhabung abhängig
ist, verbietet sich bei Stoffbahnen, bei denen ein Zupacken von Hand schon an sich
unerwünscht ist, und bei denen auch wegen der üblichen Länge der Bahn die Handarbeit
nicht zum Ziele führen würde. Durch die Erfindung wird die mechanische Behandlung
beliebig langer, auch empfindlicher Gewebe mit beliebiger, zwangsläufig gesicherter
Regelbarkeit der Reckwirkung ermöglicht. Dadurch, daß jeweils nur ein kurzer Reckzug
ausgeübt wird, darf das Gewebe Spannungen ausgesetzt werden, die bei
dem
sonst üblichen Spannen oder Recken von Gewebe, das eine verhältnismäßig lange Zeit
anhält, durchaus unzulässig wäre. Durch die erfindungsgemäße Behandlung werden die
Spannungsunterschiede, die zwischen einzelnen Teilen des Gewebes bestehen, weitgehend
ausgeglichen. Die Wirkung ist außerordentlich nachhaltig und von Bedeutung für die
gesamte Veredlung.
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Damit entsprechend tiefgebende Wirkungen erzielt werden können, wird
erfindungsgemäß des weiteren vorgesehen, den Reckzug fadenscharweise, gegebenenfalls
unter Entspannung des nicht in der Reckrichtung liegenden Fadensystems durchzuführen.
Auf diese Weise ist es nicht nur möglich, durch abwechselndes Recken nebeneinanderliegender
Fadenscharen den absoluten Reckgrad infolge Lockerliegens jeweils nicht erfaßter
Bahnteile zu steigern, sondern auch nach B-lieben einzelne Bahnteile mehr und andere
weniger oder gar nicht zu recken. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die Bahnkanten
häufig eine andere Behandlung erfordern als die Bahnmitte, sei es, daß die Kanten
aus anderem Garn als das eigentliche Gewebe hergestellt sind oder daß die Bahnkanten
sich während der vorhergehenden Behandlung gegenüber dem Gewebe gelängt haben. Durch
die Reckarbeit wird auch gleichzeitig das Fadengeradeziehen (Egalisieren) erreicht.
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Das erfindungsgemäße maschinelle R°_cken kann bei beliebigem Feuchtigkeitsgrade
der Textilbahn durchgeführt werden. Die Größe des Reckhubs und die Zahl der Reckungen
lassen sich in jedem Falle durch Ermittlung des Bestwertes in einem Vorversuch leicht
feststellen.
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Die Bedeutung eines im Erfindungssinne vergleichmäßigten Gewebes für
fast jede folgende Veredlung auf nassem oder trockenem Wege liegt auf der Hand.
Man kann ein solches Gewebe ebensogut zwecks Flächenvergrößerung stark spannen oder
überspannen wie auch das Schrumpffreimachen erleichtern und größere krumpffreie
Endmasse ermöglichen, ohne befürchten zu müssen, daß sich später wieder Ungleichmäßigkeiten
zeigen. Die bei Füllappreturen oft unvermeidlichen Risse werden dadurch, daß das
Gewebe vor oder im Anschluß an das Appretieren gereckt wird, ebenso einfach und
sicher vermieden wie Kahlstellen beim Rauben. Nicht anders liegt es bei der Einwirkung
von Schrumpfflotten od. dgl. ; eine Zwischen-, Vor-oder Fertigbehandlung textiler
Bahnen gemäß der Erfindung vervollkommnet daher die Veredlung weitgehend.
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In der Zeichnung ist eine für die Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens bestimmte neuartige Vorrichtung als Beispiel dargestellt. Es zeigt Abb.
i eine Zerlegung eines Gewebes in Fadengruppen, Abb. 2 eine kombinierte Einrichtung
zum Recken von Kette und Schuß in Seitenansicht, Abb. 3 eine Draufsicht auf eine
Einrichtung gemäß Abb. 2, Abb. 4 einen senkrechten Teilschnitt nach Linie IV der
Abb. 3, Abb. 5 einen senkrechten Querschnitt nach Linie V der Abb. 3, Abb. 6, 7
und 8 die Einrichtung zur Schußreckung im Schnitt nach Linie VI der Abb. 3 sowie
in zwei verschiedenen Arbeitsstellungen in Draufsicht.
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In dem gewählten Beispiel ist die Einrichtung A (Abb. 2) zum Recken
der Kettfäden b (Abb. i) und die Einrichtung B zum Recken der Schußfäden
a gemeinsam in einem Gestell i (Abb. 2) untergebracht, dessen Querverbindungen
in üblicher Weise aus Stangen 2 bzw. aus Trägern 3 als Führungsbahnen für quer verschiebbare
Teile bestehen. Die aus besonderen Einführvorrichtungen (Abrollböcken, Spannriegeln
u. a.) oder Überführungsmitteln von einer beliebigen vorgeschalteten Vorrichtung
bestehenden Zuführbehelfe am Einlaß sind durch die Leitwalze 4, die entsprechenden
Mittel zum Abtafeln, Abrollen oder Weitergeben an eine beliebige nachgeschaltete
Vorrichtung durch die Leitwalze 5 der besseren Übersichtlichkeit halber nur angedeutet.
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Die Einrichtung A zum Recken der Kettfäden b besteht
aus dem Walzenpaar 6, und dem `'Walzenpaar 9, io, wenn über die ganze Breite des
Gewebes einheitlich gereckt werden soll, während für das Recken in Fadenscharen
c, d eine zweite Walze 8 der Walze 6 zugeordnet wird. Die Oberwalzen 7, 8 sind im
Beispiel außer mit über die gesamte Länge laufenden Längsausnehmungen von mit radial
verlaufenden Querausnehmungen von Fadenscharbreite versehen, und zwar so, daß die
dadurch entstehenden, aus den Walzenkörpern hervorragenden Flächen 7 c und 8d gegeneinander
etwa um die Breite der Fadenscharen c, d
(Abb. i) versetzt sind. Wird nur
eine Oberwalze verwandt, beispielsweise Walze 7, so fallen die Quernuten fort. Die
Oberwalzen legen sich gegen die Ünterwalzen mit regelbarem Anpreßdruck.
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Auf dem Wege zwischen den Walzen 6 und 9 ist eine Leitwalze ii vorgesehen,
deren Höhenlage zwecks Regelung der zwischen den Walzenpaaren 6,7 bzw. 9,
io befindlichen Bahnlänge verstellt werden kann. Die Walzen 6, 7, 8, 9 und io erhalten
unmittelbar bzw. über Zahnräder (Abb. 3) von einem Reguliermotor 12, 13 über Regelgetriebe
14, 15 ihren Antrieb.
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In Abb. 4 zeigen die gestrichelten Linien, wie das erste Walzenpaar
ausgebildet wird, wenn nur die Gewebekanten gereckt werden sollen. Zu beiden Seiten
der Unterwalze 6 sind auf besonderen Büchsen umlaufende Scheiben 18 angeordnet,
während statt der Oberwalze 7 nur eine Welle 16 vorgesehen ist, die von einem besonderen
Regelgetriebe i9 getrieben wird. Auf der Welle 16 sitzen an beiden Enden Scheiben
17 sowie mit auf den Büchsen der Unterscheiben 18 aufgekeilten Zahnrädern kämmende
Treibräder. Die Scheiben 17 haben an mehreren Segmenten des Umfanges Erhöhungen
17d. Erstrecken sich die Scheiben 17,18 nicht über den Bereich der Bahnkanten, sondern
über die Bahnmitte unter Freilassung der Kanten, so wird nur die Bahnmitte gereckt,
z. B. im Falle längerer Kanten.
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Die Einrichtung B für die Schußreckung ist als kurzer Planrahmen ausgebildet
(Abb. 3 und 5). Die endlosen Ketten 20, 21 laufen in der waagerechten Ebene und
bestehen aus mit Nadelauflagen versehenen Gallschen Ketten. Die Triebräder 22, die
von gemeinsamer Spindel 25 querverschiebbaren Schienenführungen
23,
24 und die sonstigen Einzelheiten sind wie üblich ausgebildet. Innerhalb der Schienenstraße
23, 24 ist eine Vorrichtung vorgesehen (Fig. 6 bis 8), die ein örtliches Auseinanderschieben
der Ketten 20, 21 (dargestellt für Kette 21) ermöglicht. Sie besteht aus je einer
quer verschiebbaren, gegen die Seite der betreffenden Kette wirkenden Rolle 26,
deren Zapfen in einem mit Leitschlitz versehenen Schubstück 27 lagert, in (las der
Kurbelzapfen 28 einer Kurbelscheibe 29 eingreift. Die Kurbelscheiben 29 erhalten
ihren Antrieb vom Regelgetriebe 3o aus (Abb. 2 und 3). Am Einlaß der Reckvorrichtung
B befindet sich eine Zuführ- bzw. Einnadelvorrichtung 31, 32, deren Geschwindigkeit
gegenüber der Geschwindigkeit der Ketten 20, -2i gleichfalls regelbar ist.
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Die Wirkungsweise der Einrichtungen sei am Beispiel der Kett- und
Schußreckung in Fadenscharen erläutert. Mittels Vorläufers wird das Gewebe 33 glatt
oder in Längsfalten bis zur Fuge des ersten Walzenpaares 6, ,- eingezogen. Je nach
dem erforderlichen Reckgrad wird die Geschwindigkeit der Walzen 6 und 9 und je nach
der Zahl der zu erteilenden Reckungen mittels Höher- oder Tieferlegung der Walze
ii die Bahnlänge zwischen den Walzen 6 und 9 eingestellt. Bei gegebener mittlerer
Bahngeschwindigkeit werden nämlich um so mehr Reckzüge ausgeübt, je länger der Durchlauf
von Walze 6 zu Walze 9 dauert, d. h. je größer die Bahnlänge auf der Strecke 6,
9 ist. Da die Walze f> finit geringerer Umfangsgeschwindigkeit umläuft als die Walze
9, so wird jede Fadenschar c, d so oft im ungchemiliteil Weiterlauf aufgehalten,
wie sie von den Teilen 7' bzw. 8d gegen die Walze 6 angedrückt wird.
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Sollen nur die, Kanten gereckt werden, so bedient man sich der Einrichtung
gemäß Abb. 4 (gestrichelt). Bei Geweben. die gleichzeitig fadengerade zu richten
sind, ist der Reckgrad der Scheiben 17, i8 dem anzupassen, damit die Kanten
genau die Längung erfahren, um die sie gegen über der Mitte zurückgeblieben bzw.
eingegangen sind. In Betrieben, in denen viel schräg verzogene Ware anfällt, können
die Scheiben 17, i8 mit getrennten Antrieben versehen werden, um den Kanten verschiedenen
Vorlauf geben zu können. Dieser wird besonders ergiebig, wenn auch die Walzen 9,
io mit Seitenscheiben selbständigen Antriebs ausgebildet sind.
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Die Walzen 6, 7 lassen sich auch vorteilhaft auf ganzer Breite als
Scheibenwalzen derart ausbilden, daß jede Walzenwelle (licht benachbarte Scheiben
trägt, die abwechselnd auf ihrer Welle verkeilt sind bzw. lose darauf laufen. Eine
verkeilte Scheibe der Welle 6 liegt dann einer losen Scheibe der «-elle 7 gegenüber.
Mittels regelbar verschiedener Drehzahl der Welle 6 gegenübe- Welle 7 kann infolgedessen
bei gleichbleibender Geschwindigkeit des Walzenpaares 9, io eine verschiedene Reckwirkung
auf benachbarte Fadenscharen ausgeübt werden.
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Die Schußreckung erfolgt unter der Einwirkung der Rollen 26 gegen
die l@etten 20, 21 jeweils um den Betrag des Abstandes des Kurbelzapfens 28 vom
Drehpunkte der Kurbelscheiben 29. Statt beispielsweise eines Schlitzes in der Scheibe
kann auch jedes andere Mittel vorgesehen sein, (las zur Regelung des Hubs bekannt
ist. Die Reckzahl wird durch Abstimmen der Kettengeschwindigkeit zur Umlaufgeschwindigkeit
der Kurbelscheiben mittels der Regelgetriebe eingestellt. Ein zusätzliches, an sich
bekanntes Mittel zur Regelung der Wirkung der Querspannung besteht in der am Einlaß
des Spannfeldes vorgesehenen sogenannten Fälteleinrichtung 31, 32, mittels deren
die Kettfäden nach ihrer Reckung auch wieder beliebig entlastet werden können.
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Eine andere, baulich einfache Lösung für das Recken der Kettfäden
besteht darin, daß man die Oberwalze 7. in mittels Exzentern in regelbaren Zeitabständen
heb-und senkbaren Armen lagert. In diesem Falle bedarf es keiner Längsausnehmungen
im Walzenkörper, da ja die Öffnung der zurückhaltend wirkenden Walzenfugen bereits
durch das vorübergehende Abheben zustande kommt. Die gleiche Wirkung läßt sich mit
Walzen ohne Längsnuten, sei es, daß es sich um Walzen aus einem Stück oder um Scheibenwalzen
handelt, erzielen, indem die Geschwindigkeit des Walzenpaares 6,7 bei gleichbleibender
Geschwindigkeit des Walzenpaares 9, io in regelbaren Zeitabständen geändert wird.
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Selbstverständlich können Reckzüge erfindungsgemäß statt auf die laufende
Bahn auch auf eine ruhende Bahn ausgeübt werden. In diesem Falle steht eines der
Walzenpaare 6, 7 bzw. 9, io still, während mir das andere entsprechend angetrieben
wird. Statt Walzen können auch Greiferleistenpaare mit entsprechender Hubbewegung,
die das Gewebe zwischen sich einklemmen, dienen. Um dabei auch die Kette fadenscharweise
recken zu können, sind die alsdann über die volle Gewebebreite sich erstreckenden
Greiferleisten mit Quernuten von Scharbreite zu versehen bzw. im Doppel mit versetzten
Nuten anzuwenden.