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Verfahren zur getrennten Gewinnung von Anthracen, Phenantren und Carbazol
Es sind bereits mehrere Verfahren zur Reinigung des bei Destillation von Steinkohlenteer
erhaltenen Rolianthracens unter Abscheidung des in letzterem enthaltenen Phenanthrens
und Carbazols vorgeschlagen worden. Zur praktischen Anwendung sind vor allem jene
Verfahren von Bedeutung, bei denen zum Zweck der Abscheidung des Carbazols die relativ
billige Schwefelsäure verwendet wird.
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Wie bekannt, wird die Behandlung von Rohanthracen mit Schwefelsäure
vorzugsweise in Anwesenheit eines Lösungsmittels, in dem das Rohanthracen in gelöster
Form enthalten ist, durchgeführt. Zur Vermeidung von etwaigen, gegebenenfalls mit
eintretender Sulfonierung verbundenen Verlusten an wertvollen Produkten kann man
gemäß der britischen Patentschrift 548 877 die Behandlung derart ausführen, daß,
indem man dem beabsichtigten Zweck entsprechend ein geeignetes Lösungsmittel zur
Anwendung bringt, ein kontinuierliches Sichlösen des Rohanthracens stattfindet.
Anschließend erfolgt bei einer Temperatur von etwa 2o bis 30° ein kontinuierliches
Hindurchleiten durch Schwefelsäure von einer Konzentration von etwa 8o bis 86%,
bei dem Kristalle des Carbazolsulfats, das an sich in dem verwendeten Lösungsmittel
nicht löslich ist, gebildet werden. Dann wird aus der erhaltenen Lösung nach erfolgter
Abtrennung der Kristalle durch Ein
dampfen gereinigtes Anthracen
gewonnen. Bei dem erwähnten Verfahren erfolgt das Abfiltrieren der Kristalle ebenfalls
in kontinuierlicher Weise. Bei der technischen Durchführung dieses Verfahrens stößt
man aber auf Schwierigkeiten, da das Carbazolsulfat als klebriger, agglutinierender
Niederschlag, der leicht Verstopfungen hervorruft, anfällt. Außerdem wird, wenn
der Absetzvorgang nicht genügend schnell verläuft oder gar Emulsionsbildung eintritt,
die Abtrennung der Lösung erschwert.
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Diese Schwierigkeiten lassen sich dadurch vermeiden, daß gemäß der
vorliegenden Erfindung eine Ausfällung vorgenommen wird, bei der der Niederschlag,
ohne daß Filter, Zentrifugen u. dgl. zur Anwendung gelangen, von der Lösung getrennt
wird.
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Es wurde nämlich gefunden, daß sich eine getrennte Gewinnung von Anthracen,
Phenanthren und Carbazol aus einem Gemisch dieser Stoffe bewerkstelligen läßt, wenn
man eine Lösung, die das erwähnte Gemisch enthält, einer Behandlung mit Schwefelsäure
unterzieht, und zwar in der Weise, daß man der Lösung einen Überschuß an Schwefelsäure,
die eine Konzentration von etwa 8o bis go% aufweist, zusetzt, man das so erhaltene
Gemisch kräftig durchrührt, bis sich «die Umsetzung des Carbazols unter Bildung
eines Niederschlags, der aus schwefelsäurehaltigem Carbazolsulfat besteht und an
der Wand, sowie am Boden des Reaktionsgefäßes anhaftet, vollzogen hat, man sodann
die carbazolfreieLösung zwecksGewinnung des in ihr enthaltenen Anthracens und Phenanthrens
aus dem Reaktionsgefäß abführt und man weiterhin aus dem aus Carbazolsulfat bestehenden
Niederschlag durch Zersetzung das Carbazol gewinnt.
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Die bisher als hinderlich empfundene Eigenschaft des Carbazolsulfats,
bei seiner Fällung die Form eines klebrigen Agglomerats anzunehmen, benutzt man
bei dem erfindungsgemäßen Verfahren in vorteilhafter Weise zur Abscheidung des Niederschlags.
Eine Emulsionsbildung findet bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht statt, sondern
es setzt sich das Carbazolsulfat völlig ab, und zwar derart, daß es an der Wand
und dem Boden haftet; die klare, carbazolfreie Lösung kann in einfacher Weise, z.
B. durch Dekantierung, aus dem Reaktionsgefäß abgeführt werden.
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Die Menge Schwefelsäure, die znr Anwendung gelangt, soll größer sein
als diejenige, die zurÜberführung des Carbazols in Carbazolsulfat notwendig ist,
so daß mit einem Überschuß an Schwefelsäure gearbeitet wird. Demselben sind in der
Praxis dadurch Schranken gesetzt, daß, wenn zuviel Schwefelsäure zur Verwendung
kommt, nicht ein anhaftender Niederschlag, sondern, was vermieden werden soll, ein
dünner Brei von Carbazolsulfat und Schwefelsäure anfällt.
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Es ist zu empfehlen, den Zusatz von Schwefelsäure zwecks Lösung des
Rohanthracens in kurzer Zeit zu bewerkstelligen. Vorzugsweise wird die erforderliche
Menge an Schwefelsäure unter intensivem Durchrühren der Lösung auf einmal zugesetzt.
Nach einem anschließenden halbstündigen Rühren ist meistens sämtliches vorhandenes
Carbazol in Sulfat übergeführt.
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Die Behandlung mit Schwefelsäure, die vorzugsweise bei einer Temperatur
von etwa 2o bis 30° vorzunehmen ist, erfordert keine Sondermaßnahmen zur Erwärmung
oder Kühlung.
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Die erwähnte Behandlung mit Schwefelsäure kann in dem gleichen Gefäß
des öfteren stattfinden, ohne daß der aus Carbazolsulfat bestehende Niederschlag
aus dem Gefäß entfernt werden muß.
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Nach der zunächst vorzunehmenden Abführung der carbazolfreien Lösung
aus dem Reaktionsgefäß leitet man eine neue :Menge Rohanthracenlösung ein, die sodann
in bekannter Weise mit Schwefelsäure behandelt wird. Auf diese Weise sammelt sich
eine größere Menge des Niederschlags in dem Reaktionsgefäß an, was der weiteren
Verarbeitung desselben auf Carbazol förderlich ist.
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Die Zersetzung des aus Carhazolsulfat bestehenden Niederschlags zwecks
Gewinnung des Carbazols kann in bekannter Weise, meistens durch eine Behandlung
mittels Wasser, erfolgen. Das sich ergebende Carbazol weist einen hohen Reinheitsgrad,
nämlich einen solchen von mehr als 97%, auf.
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Aus der carbazolfreien Lösung läßt sich im Anschluß an eine Waschung
der Lösung, die zum Zweck der Entfernung von mitgeführter Schwefelsäure vorgenommen
wird, gereinigtes Anthracen dadurch gewinnen, daß man es kristallisieren läßt. Das
so erhaltene Anthracen ist nahezu carbazol-und phenanthrenfrei und weist einen Gehalt
an Reinanthracen auf, der sich auf mehr als 98% beläuft.
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Nach erfolgter Abscheidung des Anthracens kann aus der Lösung durch
weitere Kristallisation Phenanthren erhalten werden, oder das Phenanthren wird,
falls die Gewinnung eines reinen Produktes nicht erforderlich ist. durch Verdampfung
des Lösungsmittels als ein aus hellfarbigen Kristallen bestehender Rückstand gewonnen.
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Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens läßt sich jedes
Lösungsmittel, das zur Lösung des Rohanthracens geeignet ist, verwenden. Meistens
werden die leicht erhältlichen aromatischen Kohlenwasserstoffe, wie Benzol. Toluol
u. dgl., verwendet. -Die Rohanthracenlösung kann zur Entfernung etwaiger in ihr
enthaltener Verunreinigungen, vorzugsweise mittels Schwefelsäure, vorgewaschen werden.
Die zu dem erwähnten Zweck anzuwendende Schwefelsäure soll eine geringere Konzentration
aufweisen als diejenige, die zur Umsetzung des Carbazols erforderlich ist. Vorzugsweise
wird als Waschflüssigkeit Schwefelsäure in einer Konzentration von 65 bis 75% verwendet.
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In der Zeichnung findet sich, schematisch dargestellt, eine Ausführungsform
des vorgeschlagenen Verfahrens, bei dem das Carbazol in einem kontinuierlichen Arbeitsvorgang
aus der Lösung abgeschieden wird. Eine Lösung von Rohanthracen in Benzol wird auf
dem Wege über die Leitung r dem mit einem Rührwerk 3 versehenen Wascher 2
zugeleitet.
In diesem Waschei wird die Lösung mittels einer durch die Leitung 4 zugeführten
72%igell Schwefelsäure vorgewaschen, und im Anschluß daran wird im Scheidungsgefäß
5 die gewaschene Lösung von der Schwefelsäure getrennt. l.etzterewird sodann durch
dieLeitung6 abgeführt. Durch die Leitung 7 wird die vorgereinigte Lösung auf (lern
Weg über den Hahn 8 dem Reaktionsgefäß 9 zugeführt. Dabei ist der Hahn 25 abgestellt.
Mittels der Pumpe io wird die Lösung auf dem Weg Tiber die mit einer Absperrvorrichtung
12 versehene Umlaufleitung r i rundbefördert. Am Ende der Umlaufleitung ii befindet
sich eine Ansaugevorrichtung 13, rnit der ein Ansaugen von yo%iger Schwefelsäure
aus der Leitung 14 bewerkstelligt wird, während durch gleichzeitiges Einleiten von
Luft oder einem inerten Gas durch die Leitung 1 5 in die Lösung eine feine Verteilung
der Schwefelsäure in der Antliracenlösung bewirkt wird. Die Bildung von Carl)azolsirlfat
erfolgt in dem mit einem Rührwerk versehenen Reaktionsgefäß 9. Zur Vermeidung von
Verlusten, die, wenn gegebenenfalls bei gesteigerter Temperatur gearbeitet wird,
infolge Verdampfung entstehen können, ist das Reaktionsgefäß 9 mit einem Riickflußkühler
17 versehen. Die durch die Schwefelsäure bewirkte Umsetzung des Carbazols, bei der
der sich bildende klebrige Niederschlag an der Wand und dein Boden des Reaktionsgefäßes
sofort haftet. geht derart rasch vor sich, daß die in der Umlaufleitung i r zirkulierende
Flüssigkeit nunmehr nur wenig Carbazol enthält, so daß diese Umlaufleitung in der
Hauptsache dazu dient, um mit Hilfe der Ansaugevorrichtung 13 eine gute Verteilung
der Schwefelsäure in der Anthracenlösung zu bewirken. Mittels eines Reglers 18 wird
eine von der Umlaufleitung her zufließende eienge der Lösung auf dem Weg über die
mit einem Hahn 20 versehene Leitung i9 dem Gefäß 21 kontinuierlich zugeführt; w
'iliretiddessen ist die Einstellung des Reglers 18 eine solche, daß eine Flüssigkeitsmenge,
die etwa der aus den Leitungen 7 und 14 in das Reaktionsgefäß 9 hineinströmenden
Menge entspricht, zur Abfuhr gelangt.
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Die durch die Leitung i9 hindurch abgeführte Anthracenlösung erfährt
zwecks Entfernung des in der Lösung noch vorhandenen Carbazols in dem mit einem
Rührwerk 22 versehenen Gefäß 21 eine Nachbehandlung mit einer aus der Leitung 23
zuströmenden 9o %igen Schwefelsäure, die dann die Lösung des erwähnten Carbazols
herbeiführt. Im Scheidungsgefäß 24 wird die Schwefelsäure, in der sich das Carbazol
nunmehr in aufgelöstem Zustand befindet, abgeschieden und sodann auf dem Weg über
die Leitung 14 der Ansaugevorrichtung 13 zugeführt. Die gereinigte .lnthracenlösung
verläßt das Scheidtillgsgefäß 24iiber dieLeitung36und wird zwecks Gewinnung des
in ihr enthaltenen Anthracens und Phenantlirens den in der Zeichnung nicht dargestellten,
die Waschung mit Lauge, Verdarnpfung und Kristallisierung besorgenden Vorrichtungen
zugeführt.
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Nachdem sich im Reaktionsgefäß 9 so viel schNvefelsäurehaltiger Carbazolsulfatniederschlag,
wie zur Durchführung der Zersetzung im nämlichen Gefäß wünschenswert ist, angesammelt
hat, wird das Reaktionsgefäß 9 ausgeschaltet und das zweite Reaktionsgefäß 26 eingeschaltet.
Hierzu wird der Hahn 8 abgestellt und der Hahn 25 geöffnet, so daß dieAnthracenlösung
von derLeitung7 her in das mit einem Rührwerk 27 und Rückflußkiihler 28 versehene
Reaktionsgefäß hineinströmt und auf dem Weg eines Kreislaufs, der von der Pumpe
29, der Umlaufleitung 30 und dem Hahn 31
gebildet wird, in demselben
herumbefördert wird. Die Umlaufleitung 30 ist, wie die Umlaufleitung
I I
mit einer im vorliegenden Falle mit 32 bezeichneten Ansaugevorrichtung
versehen, in der die Schwefelsäure aus der Leitung 14 und die Luft oder das inerte
Gas aus der Leitung 33 in der Lösung verteilt werden. Mittels des Reglers 34 und
des Hahnes 35 wird dem Gefäß 21 ein Teil der Lösung aus der Leitung 30, und zwar
durch die Leitung i9 hindurch, zugeführt.
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Auf diese Weise findet eine wechselweise Verwendung der Reaktionsgefäße
9 und 26 statt, wobei die Reinigung des ausgeschaltetenReaktionsgefäßes jeweils
dadurch erfolgt, daß das in ihm vorhandene Carbazolsulfat mittels Wasser zersetzt
wird.
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Wird die Zersetzung des schwefelsäurehaltigen Carbazolsulfats in der
Weise bewerkstelligt, wie sie in dem Patent Nr. 825 262 beschrieben ist, nämlich
in Anwesenheit eines Lösungsmittels, das das im Reaktionsgefäß bei der Reaktion
frei werdende Carbazol extrahieren soll, so wird die Behandlung zur Fällung des
Carbazolsulfats vorzugsweise so lange fortgesetzt, bis sich eine Menge Niederschlag
gebildet hat, die in dem betreffenden Gefäß mit nur einer Beschickung an Extraktionsmittel
und Wasser extrahiert und zersetzt werden kann. Die bei der Zersetzung erhaltene
65- bis 75 %ige, vorzugsweise 72%ige Schwefelsäure wird auf dem Weg über die Leitung
.4 dem Kreislaufsystem, und zwar zur Vorreinigung der Anthracenlösung, wieder zugeführt.
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Während der Fällung des Carbazols wird mittels Wandkühlung in den
Reaktionsgefäßen 9 und 26 eine Temperatur von 2o bis 3o° aufrechterhalten.
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Es hat sich nicht als notwendig erwiesen, von einer Lösung auszugehen,
die bei der Reaktionstemperatur gesättigt ist.
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Es wurde gefunden, daß sich eine bedeutende Ersparung an Lösungsmittel
erzielen läßt, wenn von einer gesättigten Rohanthracenlösung (Gehalt an Anthracen
etwa 40%), die eine höhere Temperatur, häufig von 5o bis 6o°, aufweist, ausgegangen
wird. Was das Anthracen betrifft, so ist die erwähnte Lösung nicht gesättigt, hingegen
in bezug auf Carbazol ist sie gesättigt. Es wird erst dann nahezu ein Zustand der
Sättigung an Anthracen eintreten, wenn die Lösung, während die Reaktion im Gange
ist, eine Kühlung bis zur Reaktionstemperatur erfährt. Die Geschwindigkeit, mit
der heim Einleiten der warmen Lösung in das Reaktionsgefäß die Zersetzungsreaktion
vor sich geht, ist eine derart rasche, daß es nicht zur Bildung von
Carbazolkristallen
kommt, während gleichzeitig eine Anthracenlösung erhalten wird, die als annähernd
gesättigt anzusehen ist. Bei der Durchführung dieser Art von Behandlung ist die
Vorreinigung der Rohanthracenlösung bei der gleichen Temperatur vorzunehmen, die
die Lösung aufweist, d. 1i. meistens bei 5o bis 6o°. Beispiel Eine Lösung von 15o
Gewichtsteilen Rohanthracen mit einem Gehalt an Anthracen von 44,5% und an Carbazol
von 40,5% in 8ooo Gewichtsteilen Benzol wird mit 72%iger Schwefelsäure vorgewaschen.
Anschließend wird unter kräftigem Umrühren der vorgewaschenen Lösung eine Menge
von Zoo Gewichtsteilen go%iger Schwefelsäure zugefügt, worauf einweiteres halbstündiges
Umrühren stattfindet. Der sich bildende Niederschlag, der aus mit Schwefelsäure
vermischtem Carbazolsulfat besteht, fällt aus, wobei er an der Wand und am Boden
des Reaktionsgefäßes haftet. Die klare, carbazolfreie Lösung wird durch Dekantieren
aus dem Reaktionsgefäß entfernt. Nach erfolgter Waschung mit Lauge und Eindampfung
zwecks Kristallisierung ergeben sich 56 Gewichtsteile Anthracen (Reingehalt über
98% und Schmelzpunkt 2i4°). Aus der Mutterlauge wird, nachdem das Lösungsmittel
abdestilliert worden. ist, rohes Phenanthren (Reingehalt 6o bis 8o%) erhalten.
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Aus dem Niederschlag werden durch Zersetzung mittels Wasser 5o Gewichtsteile
Carbazol (Reingehalt über 98% und Schmelzpunkt 24i°) gewonnen.