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Verfahren zur Herstellung von Carbodiimiden Carbodiimide der allgemeinen
Formel RN = C _ N R', wobei R und R' Wasserstoff oder ein aliphatischer, aromatischer,
hydroaromatischer oder heterocyclischer Rest sein kann, werden nach Angaben der
Literatur dargestellt durch Einwirkung von Schwermetallbasen, z. B. Quecksilberoxyd
oder Bleioxyd, auf die analogen Thioharnstoffe, wobei unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff
und Bildung der Schwermetallsulfide die Carbodiimide entstehen.
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Das Verfahren, welches umständlich und zeitraubend ist, konnte in
der Technik keinen Eingang finden, so daß die Carbodiimide eine wenig untersuchte
Körperklasse geblieben sind, trotzdem sie auf Grund ihrer durch die beiden Doppelbindungen
gegebenen großen Reaktionsfähigkeit als Ausgangsstoffe einer Reihe von interessanten
Verbindungen dienen können.
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Es wurde nun gefunden, daß sich Carbodiimide aus den entsprechenden
Thioharnstoffen in großer Reinheit und mit fast theoretischen Ausbeuten herstellen
lassen, wenn man die substituierten Thioharnstoffe mit wäßrigen alkalischen Hypohalogenitlösungen
behandelt. Dabei wird der aus dem substituierten Thioharnstoff abgespaltene Schwefelwasserstoff
zu Schwefel oder Schwefelsäure oxydiert. Die Reaktion findet auch bei niedrigen
Temperaturen fast momentan statt; die entstandenen substituierten Carbodiimide können
unschwer von der wäßrigen Hypohalogenitlösung getrennt werden.
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Man kann entweder den substituierten Thioharnstoff in Substanz, z.
B. mit einer alkalischen Hypochloritlösung, schütteln, was sich besonders bei der
Herstellung von bei gewöhnlicher Temperatur flüssigen Carbodiimiden empfiehlt, da
dann das gebildete Carbodiimid sich als 01 auf der Hypochloritlösung abscheidet
und abgetrennt werden kann.
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Man kann aber auch in Gegenwart von organischen Lösungsmitteln arbeiten,
wobei das gebildete Carbodiimid in die Lösungsmittelschicht übergeht und daraus
durch Destillation gewonnen werden kann.
Als Lösungsmittel eignen
sich alle schwer in Wasser löslichen organischen Lösungsmittel, welche das entstandene
Carbodiimid zu lösen vermögen. Es ist oft zweckmäßig, solche Lösungsmittel zu verwenden,
die gleichzeitig Lösungsmittel für den angewandten Thioharnstoff sind. In diesen
Fällen kann der Thioharnstöff in diesem Lösungsmittel erzeugt werden und braucht
vor seiner Überführung in das Carbodiimid nicht isoliert zu werden.
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Ein weiterer Vorteil des vorliegenden Verfahrens besteht darin, daß
man das Verfahren kontinuierlich gestalten kann, was für seine technische Durchführung
von größter Bedeutung ist.
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Man arbeitet dann beispielsweise mit einer Anordnung, wie sie die
Zeichnung darstellt.
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Die in der Leitung 1 zulaufende Lösung des Thioharnstoffs in einem
organischen Lösungsmittel, das hier schwerer als Wasser ist, wird in einem senkrechten
Rohr 2 im Gegenstrom zu der Hypohalogenitlösung, welche bei 3 eintritt, geführt.
Nach dem Passieren der Hypohalogenitschicht hat sich der Thioharnstoff in Carbodiimid
umgewandelt und sammelt sich im unteren Ende des Rohres irn organischen Lösungsmittel
gelöst und wird laufend durch das Rohr 4 abgezogen in ein Zwischengefäß 5. Die verbrauchte
Hypohalogenitlauge verläßt das Reaktionsrohr bei 6. Die Lösung von Carbodiimid wird
in eine Destillationskolonne 7 geleitet, in welcher das Lösungsmittel ab getrennt
wird und wieder zum Einsatz gelangt. Im Sumpf der Kolonne sammelt sich das Carbodümid
an und kann dann zur weiteren Reinigung evtl. noch in einer Vakuumdestillationskolonne
8 gereinigt werden.
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Selbstverständlich ist die Anlage zur technischen Durchführung des
Verfahrens einer weitgehenden Variation fähig und richtet sich nach der Art des
verwendeten organischen Lösungsmittels als auch nach dem darzustellenden Carbodiimid.
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Beispiel 1 20 g fein gepulverter Diisopropylthioharnstoff (dargestellt
nach Ber. dtsch. chem. Ges. 74, 1289, 194 werden in einer Stöpselflasche von einem
Liter Inhalt mit 675 ccm eisgekühlter Natriumhypochloritlösung (dargestellt nach
Ber. dtsch. chem. Ges. 35, 2753 19o2), entsprechend 2,4 Mol Hypochlorit pro Mol
Thioharnstoff, geschüttelt. Dabei erwärmt sich die Lösung, deren Temperatur durch
Kühlung auf 5 bis 1o° gehalten wird. Nach 45 Minuten ist der Thioharnstoff zersetzt,
und das gebildete Carbodiimid scheidet sich als ölige Flüssigkeit auf der wäßrigen
Phase ab und wird abgetrennt oder gegebenenfalls mit Äther aufgenommen und über
Calciumchlorid getrocknet. Nach Abdampfen des Äthers wird das Carbodiimid im Vakuum
als einheitlich siedende Flüssigkeit vom Kp" = 36-37° destilliert. Die Ausbeute
beträgt 12,5 g farbloses Diisopropylcarbodiimid, entsprechend einer Ausbeute, von
79,20/0 der Theorie. Beispiel 2 Die Aufschlämmung von 40 g Dicyclohexylthioharnstoff
(A. Skita u. H. Rölfes, Ber. dtsch. chem. Ges. 53, 1247, 1920) in 200 ccm Methylenchlorid
wird zu einer alkalischen Hypobromitlösung von - ro° gegeben. Diese wurde aus 84,3
g (95°/o) Natriumhydroxyd, goo ccm Wasser, 34 ccm Brom (= 1o6,6 g) bei - 1o° bereitet
(vgl. die Angaben von C. Graebe, Ber. dtsch. chem. Ges. 35, 27531f, 1902).
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Nach il/zstündigem Schütteln des Reaktionsgemisches wird das Methylenchlorid
abgetrennt, mit Wasser mehrfach gewaschen und mit Calciumchlorid getrocknet. Nach
dem Abdestillieren des filtrierten Lösungsmittels destilliert unter 1o mm Druck,
Dicyclohexylcarbodiimid, von dem die ersten 2 ccm als Vorlauf getrennt werden. Ausbeute
30 g = 87,50/a der Theorie.
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Bei nochmaliger Destillation siedet das Dicyclohexylcarbodiimid bei
154 bis 156° ,/ 11 mm (F. i. D., Ölbad Temperatur etwa 185°, vgl. E. Schmidt, F.
Hitzler u. E. Lahde, Ber. dtsch. chem. Ges. 71, 1938 1938) Beispiel 3 73,12 g (=
1/2 1'1o1) Methyl-tert-butyl-thioliarnstoff (dargestellt nach Liebigs Ann. Chem.
56o, 225, 1948) wird in Anteilen zu einer auf -g' gekühlten analog Beispiel 1 hergestellten
Natriumhypochloritlösung gegeben. Angewandt werden 215o ccm Hypochloritlösung, entsprechend
2,1 Mol. Wird durch Rühren für eine gute Durchmischung gesorgt, so ist die Reaktion
in etwa zwanzig Minuten beendet und der Thioharnstoff in das Carbodiimid umgewandelt.
Durch Titration der Hypochloritlauge wird gefunden, daß etwa 3,2 Mol Hypochlorit
pro Mol Thioharnstoff verbraucht wurden.
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Die das gebildete Carbodiimid enthaltene Methylenchloridschicht wird
abgelassen, mit Wasser gewaschen und mit Calciumchlorid getrocknet. Nach Abdestillieren
des Methylenchlorids geht das gebildete Methyltert-butylcarbodiimid bei go mm bei
64 bis 65° als angenehm riechende wasserhelle Flüssigkeit über.
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Es werden 51,i5 g Methyl-tert-butylcarbodiimid gewonnen, entsprechend
einer Ausbeute von g1,20/0 der Theorie.