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Verfahren zur Gewinnung reiner Teerkohlenwasserstoffe Die Erfindung
bezieht sich auf ein Verfahren zur Gewinnung reiner und unter Umständen reinster
Kohlenwasserstoffe aus Steinkohlenteer, insbesondere der hochsiedenden, in der Kälte
festen Teerkohlenwasser-'stoffe, bzw. auf ein Verfahren zum Entfärben, Entschwefeln
und Reinigen von, insbesondere höhersiedenden Teerkohlenwasserstoffen, vorzugsweise
den Kohlenwasserstoffen des Steinkohlenkokereiteers.
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Die Herstellung reiner Kohlenwasserstoffe des Steinkohlenteers, ist,
wie bekannt, schwierig, insbesondere bei höhersiedenden Kohlenwasserstoffen, wie
z. B. Anthracen, Phenanthren, Pyren, Chrysen usw., da die färbenden und/oder schwefelhaltigen
und/oder auf andere Weise verunreinigenden Begleitstoffe durch die in der Teerindustrie
üblichen Mittel sich nicht und auf sonstige Weise nur außerordentlich schwierig
und mit Verlusten auf kostspielige Weise und meist nicht völlig entfernen lassen.
Es sind eine Reihe von Vorschlägen für solche Reinigungsverfahren gemacht worden,
z. B. das Behandeln mit Natrium, mit Maleinsäureanhydrid usw., jedoch kranken alle
diese Verfahren an einem oder mehreren der oben angegebenen Nachteile.
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Es wurde nun gefunden, daß man zu reinen und unter Umständen reinsten,
d. h. absolut reinen, insbesondere höhersiedenden Kohlenwasserstoffen des Steinkohlenteers,
insbesondere Anthracen, Phenanthren, Pyren und Chrysen auf durchaus neuartige und
überraschende Weise gelangen kann durch Behandeln der unreinen Kohlenwasserstoffe,
vorzugsweise in vorgereinigter Form, mit Chlor unter Bedingungen, bei denen die
Kohlenwasserstoffe selbst nicht oder nicht in wesentlichem Maße chloriert, die Begleitstoffe
jedoch durch das Chlor angegriffen und in leicht, z. B. durch Umkristallisieren,
Destillieren usw., vorzugsweise nach Behandeln mit Lauge und/oder Wasser, entfernbare
Form übergeführt werden.
Versuche baben.näul4ch ergeben, daß die
verunreinigenden Begleitstoffe der Steinkohlenteerkohlenwasserstoffe durch eine
Chlorbehandlung, die bei verhältnismäßig milden Bedingungen stattfinden kann, vorzugsweise
bei Zugegensein einer nicßt unwesentlichen Menge eines Lösungsmittels für das-zu
reinigende Produkt, in eine leicht entfernbare Form übergeführt werden können, ohne
daß die an sich bekannte Chlorierung der zu reinigenden Kohlenwasserstoffe selbst
eintritt oder wesentliche Ausmaße annimmt.
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Als Lösungsmittel für die zu reinigenden Kohlenwasserstoffe, die zweckmäßig
in Lösung der Chlorbehandlung unterworfen werden, eignen sich insbesondere aus dem
Teer selbst stammende Lösungsmittel, z. B. Kohlenwasserstoffe der Benzolreibe, insbesondere
Benzol selbst, das in technischer Form angewendet werden kann. Unter Umständen kann
die Reinigung der höhersiedenden Kohlenwasserstoffe durch die Chlorbehandlung gemäß
der Erfindung verbunden werden mit einer Chlorbehandlung des Lösungsmittels, falls
sich in diesem Lösungsmittel ebenfalls durch Chlor in entfernbare Form überzuführende
Verunreinigungen befinden. Zweckmäßig werden solche Lösungsmittel verwendet, die
unter den Bedingungen der kurzen Chlorbehandlung einer Chlorierung selbst nicht
oder nicht im weseiiflichen Maße unterliegen, es sei denn, daß eine solche Chlorierung-
erwünscht sei. Es ist vorteilhaft, beträchtliche Mengen Lösungsmittel zu verwenden,
wobei während der Reaktion ungelöste Kohlenwasserstoffe nicht vorliegen sollen.
Die Anwendung großer Überschüsse von Lösungsmitteln schadet im allgemeinen nicht,
da im Gegenteil die Steuerung der Chlorierungsreaktion, die Vermeidung von Übertemperaturen
und die Hintanhaltung der Chlorierung der Kohlenwasserstoffe selbst durch Anwesenheit
größerer Mengen von Lösungsmitteln befördert wird. Zweckmäßig wird die Menge so
bemessen, daß der Kohlenwasserstoff beim Abkühlen auskristallisiert.
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Das Chlor wird zweckmäßig in Gasform durch die zu behandelnde Flüssigkeit
geleitet.
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Die Behandlungstemperatur 'richtet sich einerseits nach dem zu reinigenden
Kohlenwasserstoff und der Art und Menge der Verunreinigungen und andererseits nach
der Behandlungsdauer bzw. der angewendeten Chlormenge. Im speziellen Fall lassen
sich die optimalen Bedingungen der-Chlorbehandlung durch einfache Vorversuche leicht
ermitteln, da die Selektivität des Verfahrens recht erheblich ist; der Angriff,
d. h. die Oxydierung bzw. Chlorierung der Verunreinigungen findet, wie festgestellt
wurde, sehr viel leichter statt als die Chlorierung der zu reinigenden Kohlenwasserstoffe
selbst.
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Oben ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Kohlenwasserstoffe
zweckmäßig in vorgereinigter Form zur Anwendung kommen. - Es ist wirtschaftlich,
zunächst die üblichen und wenig kostspieligen Reinigungsverfahren der Teerindustrie,
wie z. B. Destillation usw., anzuwenden und vorgereinigte Rohprodukte herzustellen
und diese dann der selektiven Oxydation durch Chlorbehandlung gemäß der- Erfindung
zu unterwerfen. Man kann jedoch auch von verhältnismäßig unreinen Kohlenwasserstoffern
ausgehen, Im Einzelfalle sind dies Fragen der Wirtschaftlichkeit, wobei zu beachten
ist, daß die Chlorbehandlung gemäß der Erfindung kein kostspieliges Reinigungsverfahren
,darstellt; z. B. sind die Fragen der Korrosion nicht erschwerend, da im wesentlichen
in Abwesenheit von Wasser gearbeitet wird und das Chlor von den zu entfernenden
Verunreinigungen sofort absorbiert wird.
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Im allgemeinen werden gute Ergebnisse erzielt, wenn bei Temperaturen
unter ioo° in Lösung Chlor in einem Mengenverhältnis von unter 5°/0, berechnet auf
Ausgangskohlenwasserstoff in verhältnismäßig kurzer Zeit, d. h. in einem schnellen
Strom zur Anwendung gebracht wird. Wenn das Chlor durchgeblasen wird, so erübrigt
sich üblicherweise die Anwendung eines Rührwerkes.
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Der Erfolg des Verfahrens der vorliegenden Erfindung ist überraschend,
und es ist z. B. auf diese einfache Weise möglich, zu höhersiedenden Steinkohlenteerkohlenwasserstoffen,
wie z. B. Anthracen, Phenanthren, Pyren, Chrysen usw., zu gelangen, die so völlig
schwefelfrei sind, daß mit den üblichen Analysenmethoden sich Schwefel in ihnen
nicht mehr nachweisen läßt, und die außerdem ihre Verfärbung verloren haben und
z. B. rein weiß sind.
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Durch Zusatz von Lauge, z. B. Natronlauge, in der Wärme und/oder Wasser
wird die gebildete Salzsäure ausgewaschen, während die aus den verunreinigenden
Stoffen entstehenden Chloradditionsprodukte in SulfoXyde und Sulfone umgewandelt
werden, die zusammen mit den gleichfalls entstandenen Substitutionsprodukten durch
Kristallisieren, z. B. beim Umkristallisieren, gegebenenfalls und,!oder Rektifizieren
einfach und vollständig von dem gereinigten Kohlenwasserstoff getrennt und entfernt
werden.
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Vorzugsweise wird die Chlorbehandlung gemäß der Erfindung nicht mit
anderen Reinigungsverfahren, z. B. einer Schwefelsäurebehandlung, gleichzeitig,
sondern nachfolgend vorgenommen unter Ausnutzung derWärme der vorgeschalteten Behandlung.
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Die folgenden Beispiele zeigen Arten der Durchführung des Verfahrens
und bevorzugte Ausführungsformen. Beispiel i 5o kg eines vorgereinigten Phenanthrens
(o,60/, Schwefelgehalt) wurden in 5oo kg Benzol gelöst; unter Eiskühlung wurden
1,4 kg Chlor in schnellem Strom eingeleitet, wonach mit 5°/oiger Natronlauge und
Wasser nachbehandelt wurde.
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Nach Abziehen des Wassers wurde das Lösungsmittel abgetrieben und
der Rückstand destilliert.
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Erhalten wurden 4o kg Reinphenanthren, das schwefelfrei war. Beispiel
2 Ein Rohanthracen mit 85°/o Anthracengehalt wurde zunächst durch Umlösen aus der
io- bis i2fachen Menge Lösungsbenzol gereinigt. Dieses Produkt wurde in der iofachen
Menge Xylol gelöst; in diese Lösung wurden bei 95' 1,2 kg Chlor eingeleitet,
bei kurzer Behandlungszeit. Nach der Chlorbehandlung wurde in noch heißem Zustand
mit 5°/oiger Natronlauge und danach mit heißem Wasser behandelt.
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Das nach nochmaliger Umlösung aus der iofachen Menge Xylol gewonnene,
in farblosen Blättchen kristallisierende Anthracen hatte einen Schmelzpunkt von
216
bis 2i7° (unkorr.). Das Produkt war schwefelfrei; die Ausbeute betrug 5o
% des vorgereinigten Materials. Beispiel 3 Rohanthracen mit 85
% Anthracengehalt wurde aus Pyridinbasen umgelöst; das umgelöste Material
wurde in der iofachen Menge Xylol gelöst und die Lösung bei 9o° unter Rühren mit
der halben Menge einer iobis 2o°/@gen Schwefelsäure behandelt. Nach Abziehen der
Säure mit den entfernten Basen und Behandeln mit heißer 5°/jger Natronlauge und
heißem Wasser bis zur Neutralität wurde 1,2 kg Chlor bei 9o° in raschem Strom durchgeleitet.
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Erhalten wurde eine gegenüber Beispiel 2 erhöhte Ausbeute von 65 bis
70 % eines reinen schwefelfreien Anthracens. Beispiel 4 5o kg eines vorgereinigten
Pyrens von zitronengelber Farbe wurden in ioo kg Toluol gelöst; die Lösung wurde
bei 8o° 5 Minuten mit der halben Menge 5°/@ger Schwefelsäure behandelt, wonach mit
Natronlauge und Wasser in der Hitze die Schwefelsäure mit den Behandlungsprodukten
entfernt wurde.
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In die noch heiße Lösung wurden 1,4 kg Chlor rasch eingeleitet. Nach
der Oxydation wurde mit 5°/@ger Natronlauge und heißem Wasser behandelt.
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Beim Abkühlen kristallisierte ein Pyren von rein weißer Farbe aus
mit einem Schmelzpunkt von 149 bis 15o° (unkorr.). Die Ausbeute betrug auf das Ausgangspyren
bezogen 75 bis 8o %. Beispiel 5 5o kg technisches Chrysen (Erstarrungspunkt
200 bis 2o6°; Schwefelgehalt o,80/" von gelber Farbe) wurden in der zo- bis 12fachen
Menge von Benzolkohlenwasserstoffen gelöst und die Lösung bei 95' mit 1,4
kg Chlor während kurzer Zeit behandelt.
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:lach der Chlorbehandlung wurde mit 5°/@ger Natronlauge und heißem
Wasser behandelt. Beim Abkühlen fällt Reinchrysen in silberweißen Blättchen (Erstarrungspunkt
25o bis 25z°; unkorr. Schwefelgehalt Null) in einer Ausbeute von 50 % aus.