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Verfahren und Doppeldrahtzwirnspindel zur Herstellung gezwirnter Kunstseide
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung gezwirnter Kunstseide,
insbesondere solcher, die aus linearen Hochpolymeren gewonnen wird, darin bestehend,
daß man den gesponnenen Faden auf einer Doppeldrahtspindel verzwirnt und dabei gleichzeitig
zwischen erster und zweiter Drallgebung verstreckt.
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Dieses Verfahren bietet deshalb insbesondere für die Herstellung gezwirnter
Kunststoffäden aus linearen Hochpolymeren oder allgemein gesagt für Kunstfäden,
die erst durch ein sogenanntes Nachverstrecken ihre Gebrauchseigenschaften erhalten,
größte Vorteile, da es eine außerordentliche Abkürzung des Herstellungsverfahrens
solcher Fäden sowie auch eine nicht minder bedeutende Vereinfachung des Vorrichtungsmäßigen
mit sich bringt. Während das bisherige Herstellungsverfahren von Fäden der genannten
Art vorsieht, den mit einer sehr hohen Abzugsgeschwindigkeit gesponnenen und aufgewickelten
Faden zunächst ein erstes Mal zu verzwirnen, und zwar möglichst auf einer Ringzwirnmaschine,
dann um ein Mehrfaches seiner ursprünglichen Länge zu verstrecken und anschließend
ein zweites Mal, zweckmäßig ebenfalls wieder auf einer Ringzwirnmaschine, zu verzwirnen
und dann schließlich in einem dritten Zwirnprozeß auf einer Ring- oder Etagenmaschine
fertigzuzwirnen, wird erfindungsgemäß das ganze Verfahren, vom Spinnen und dem Aufwickeln
an gerechnet, in einem einzigen, ein Zwirnen, Strecken und nochmaliges
Zwirnen
umfassenden kurzen Arbeitsgang zusammengedrängt und auf einer verhältnismäßig kleinen
und übersichtlichen Vorrichtung durchgeführt. Die Doppeldrahtzwirnspindel gestattet
es dabei, von großen Garnkörpern auszugehen.
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Die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach der Erfindung
besteht aus einer Doppeldrahtzwirnspindel, die an Stelle der sonst üblichen Fadenspeicherscheibe,
die bekanntlich zum Ausgleichen der Fadenspannungen dient, eine Stufenscheibe besitzt.
Diese Stufenscheibe kann entweder zwangsläufig oder durch Mitschleppen vom laufenden
Faden selbst angetrieben werden.
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Durch die Stufenscheibe kann nicht nur die Fadenspeicherscheibe, sondern
außerdem auch jegliche sonst übliche Reibungsfadenbremse in Fortfall kommen. Dadurch
werden viele Schwierigkeiten vermieden, mit denen Doppeldrahtzwirnspindeln sonst
zu kämpfen haben und die sich naturgemäß besonders dann bemerkbar machen, wenn es
sich um ein Zwirnen besonders empfindlicher Fäden handelt, die, wie z. B. Garne
aus linearen Hochpolymeren, nur äußerst geringe Spannungen vertragen. Mittels der
Doppeldrahtzwirnspindel nach der Erfindung dagegen können ohne weiteres auch hochempfindliche
Fäden gezwirnt werden.
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Die Zeichnung zeigt ein Ausführunggbeispiel der Doppeldrahtzwirnspindel
nach der Erfindung. Abb. i stellt die Spindel im Schnitt dar, während A'bb. 2 schematisch
den Fadenlauf veranschaulicht.
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Die Vorrichtung besteht im wesentlichen aus dein umlaufenden Teil
i, der Stufenscheibe 2 und dem feststehenden Spulenträger 3.
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Der Faden 4 läuft von dem Winkel 5 über den Teller 6 und den Einlaufpilz
7 in das Innere der durchbohrten Spindel 8, die mit Hilfe des an den Konus 9 angreifenden
endlosen Riemens io mit mehreren tausendUmläufen jeMinute gedreht wird.
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Die Spindel 8 trägt unten eine Leitscheibe i i, die an einigen Stellen
Leitschlitze 12 für den Faden besitzt, der über einen Umlenkwulst 13 auf die Bremsscheibe
14 geführt wird. Die Bremsscheibe 14 sitzt mit der großen Rillenscheibe 15 gemeinsam
drehbar auf der Spindel B. Bremsscheibe 14 und Rillenscheibe 15, deren Durchmesser
sich im Verhältnis der gewünschten Fadenverstreckung verhalten, z. B. 1 : 4, 15,
laufen im gleichen Sinne wie die Leitscheibe i i um, bleiben jedoch um ein geringes
hinter deren Umlaufgeschwindigkeit zurück oder eilen vor, so daß vermöge der Umschlingung
des Fadens um die Bremsscheibe 14 der Faden langsam, aber stetig vom Garnkörper
abgezogen und auf die Bremsscheibe gewickelt wird. Die nötige Wickelvorspannung
erhält der Faden durch Reibung am Rande des Tellers 6, im Einlaufpilz 7 und in den
Leitschlitzen 12 der Leitscheibe i i.
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Im gleichen Maße, wie der Faden auf die Bremsscheibe aufläuft, wird
er durch die mit der Leitscheibe umlaufende Öse 16 abgenommen, so daß er die Bremsscheibe
immer nur einmal umschlingt. Nach Umlenkung des Fadens in 'der Öse 16 läuft er auf
die Rillenscheibe 15 auf, umschlingt diese einmal und geht hierauf nochmals durch
die Öse 16 bzw. durch eine zweite, danebenliegende Öse in den Ballon 17 über. Nach
Durcheilung des Fadenführers 18 wird der Faden einem Auf wickelorgan zugeleitet.
Da Bremsscheibe 14 und Rillenscheibe 15 mit gleicher Geschwindigkeit umlaufen, erfolgt
während des Umleitens des Fadens von der Bremsscheibe auf die Rillenscheibe zwangsläufig
die gewünschte Verstreckung.
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Die relative Umfangsgeschwindigkeit der Rillenscheibe muß naturgemäß
gleich der Aufwickelgeschwindigkeit des Fadens am Aufwickelorgan sein. Sie ergibt
sich aus der Vor- und Nacheilung des Brems- und-Rillenscheibenkörpers mit Bezug
auf die Leitscheibe i i und die Öse 16, die in gleichem Sinne umlaufen. Über das
Zahnradgetriebe 19, 20, 21, 22 treibt die Hohlspindel 8 die Rillen- und Bremsscheike
mit der erforderlichen Vor- und Nacheilung an: Das Zahnrad i9 sitzt auf einer Hohlspindel,
die Zahnräder 20, 21 befinden sich auf einer gemeinsamen Kuppelungshülse auf dem
feststehenden Bolzen 23, und das Zahnrad 22 ist mit dem Brems- 'und Rillenscheibenkörper
verbunden. Der Bolzen 23 sitzt in dem feststehenden Spulenträger 3, der, auf der
umlaufenden Spindel gelagert, durch das exzentrische Gewicht 24 am Mitdrehen gehindert
wird. Zu diesem Zweck steht die ganze Doppeldrahtzwirnspindel gegen die Vertikale
geneigt.
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Die beschriebene Vorrichtung kann auch, wenn das Durchmesserverhältnis
der Scheiben 14 und 15 entsprechend gewählt wird, zum Zwirnen normaler Viskosekunstseide
benutzt werden.
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Durch den Wegfall einer Speicherscheibe kann die Aufwickelspannung
(Ballonspannung) bei zwangsläufigem Antrieb der Stufenscheiben 14 und 15 sehr gering
gehalten werden und ein teilweises Schrumpfen des während des Zwirnens getrockneten
Fadens vor sich gehen. Ferner kann im Gegensatz zur gewöhnlichen Doppeldrahtzwirnspindel
leichter und unmittelbar auf Konusse gewickelt werden, weil der atmende Ballon bei
der Fadenführerumkehr als Ausgleichsorgan der Fadengeschwindigkeit dient, ohne.
daß hierdurch die Umschlingungsverhältnisse an einer Speicherscheibe beeinflußt
würden.
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Sollte es erwünscht sein, den Faden mit der vollen Streckspannung
ohne Spannungsverminderung bis zum Aufwickelorgan aufzuwinden, so kann hierfür dieselbe
Vorrichtung verwendet werden. In diesem Fall werden die Zahnräder 20 und 21 oder
nur eines dieser Räder entfernt, so daß der zwangsläufige Antrieb der Stufenscheibe
in Fortfall kommt, Die relative Bewegung der Stufenscheibe gegen die Leitscheibe
i i wird somit nur durch den Fadenabzug eingeleitet, d. h. die durch den Fadenballon
übertragene Spannung ist in allen Teilen des Fadens gleich der Streckspannung, und
die Stufenscheibe wird durch den Fadenzug angetrieben.