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Kunstbein für besonders kurze Obersdienkelstümpfe
Die Erfindung betrifft
die ausbildung einer Prothese für besonders kurze Oberschenkelstümpfe.
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Bei sehr kurzen Oherschenkelstümpfen ist die Haftwirkung des Stumpfes
in der Stumpfhülse so gering, daß derselbe beim Sichsetzen des Amputierten. d. h.
bei abgewinkeltem Oberschenkelstumpf, leicht herausschlüpft. In ähnlicher Weise
ziehen sich auch leicht längere, aber im Hüftgelenk versteifte Oberschenkel aus
der Prothesenhülse heraus.
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Zur Vermeidung dieses Übelstandes ist bei der erfindungsgemäßen Prothesenausbildung
vorgesehen, einen besonderen Stumpfhülsenteil an dem vorzugsweise leeren Oberschenkelschaft
vorzusehen und mit diesem durch ein besonderes Gelenk zu verbinden. Dadurch erfolgt
beim Setzen das Beugen des Oberschenkelstumpfes nur zum Teil als Abwinklung im Hüftgelenk,
zum anderen Teil aber in dem neuen mechanischen Gelenk, so daß bei der dadurch tatsächlich
geringeren Abl>iegung des Hüftgelenkes der kurze Stumpf ganz in der Stumpfhülse
bleibt.
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Die Erfindung gibt dabei noch besondere Anweisungen darüber, wie
der Stumpfhülsenteil an den Oberschenkelschaft sich anschließt und wo das Gelenk
zweckmäßig anzuordnen ist, um ein ausreichendes Abwinkeln und ein unbehindertes
Sitzen auf dem Stumpf zu ermöglichen. Des weiteren enthält sie eine Vorrichtung,
die das beim Gehen gesperrte Gelenk im Oberschenkelschaft selbsttätig auslöst, wenn
der Prothesenträger zum Hinsetzen sich anschickt.
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In der Zeichnung ist die Erfindung an Hand schematischer Darstellungen
des näheren veranschaulicht.
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Abb. 1 zeigt einen Schnitt durch den Oberschenkelschaft in sitzender
Stellung mit dem ausgeknickten Stumpfhülsenteil; Abb. 2 veranschaulicht den Oberschenkelschaft
von vorne mit gesperrtem Gelenk in Standstellung; Abb. 3 zeigt einen Profilschnitt
durch ein Standbein mit einer Andeutung der Lage des Femurstumpfes.
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Gemäß der Erfindung ist der Oberschenkelschaft aufgeteilt in das
eigentliche Stumpfhülsenteil a für den sehr kurz angenommenen Oberschenkel stumpf
und den leeren Schaftteil b, der das Kniegelenk c mit dem angehängten Unterschenkelteil
d trägt.
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Stumpfhülse a und Leerschaft b sind nun durch ein Gelenk e gelenkig
verbunden, jedoch so, daß bei der Geh- und Stehbenützung der Prothese das Gelenk
e gesperrt ist, während es zum Sitzen ausgelöst wird, so daß, wie in Abb. I dargestellt,
der Stumpf nicht die ganze Abwinkelung mitmacht, die normalerweise die Beine im
Hüftgelenk ausführen. Dadurch wird vermieden, daß der kurze Stumpf aus der entsprechend
kurzen Stumpfhülse herausschlüpft, wie das bisher die mit ungeteilten I>rothesen
ausgestatteten Kurzstumpfamputierten nicht vermeiden konnten und wie das auch leicht
erklärlich ist, wenn bei der in Abb. 1 strichpunktierten Stellung der nicht abgewinkelten
Stumpfhülse beachtet wird, daß der vordere Stumpfhülsenrand scharf gegen die Beckenknochen
in der Hüftbeuge drückt.
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Der mit dem neuen, abkippbaren Oberschenkelschaft ausgerüstete Kurzstumpfamputierte
braucht daher beim Setzen den Stumpf nicht vollständig al>zuwinkeln, er sitzt
vielmehr gewissermaßen noch teilweise auf dem Stumpf, unbehelligt durch den l)ruck
des bei Kurzstümpfen notwendigerweise sehr hochgeführten oberen Hülsenrandes gegen
die l»eckenknochen.
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Das zusätzliche mechanische Gelenk im Hüft-I)ereich begünstigt in
gleicher Weise das Sitzen, wenn der Oberschenkelstumpf nicht gerade besonders kurz,
dafür aber durch irgendeine Kontraktur im Hüftgelenk versteift ist.
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Als Besonderes ist nun aber bei der Teilung des (),erschenkelschaftes
zu beachten, daß die Lage des zusätzlichen Gelenkes e sowie die Führung der Trennlinie
so gewählt werden, daß ein hinreichendes Auskippen des Stumpfhülsenteiles nach vorne
frei ist, ohne daß das untere, zur Sitzfläche kommende Ende der Stumpfhülse aus
der Sitzfläche herausstößt. Insbesondere wurde gefunden, datl die Trennlinie schräg,
und zwar von vorne aufsteigend nach hinten zu führen ist, um vorn (Punkt 1) ein
möglichst hohes Abwinkeln freizubekommen und den hinteren, unteren Rand (Punkt 2)
möglichst senkrecht unter den Gelenkpunkt zu lagern, wenn der Prothesenträger sich
in Sitzstellung befindet. Andernfalls würde nämlich der untere Boden der Stumpfhülse
tiefer als die I Unterseite des Oberschenkelschaftes ausschwenken, d. h. dieser
Stumpfhülsenboden würde beim Sitzen zum Aufsitzpunkt werden, die amputierte Hüftseite
heben und dadurch das Sitzen ungeschickt und beschwerlich machen.
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Die Erfindung lehrt nun, je schräger der Teilungsschnitt, um so weiter
rückt der vordere Punkt I nach unten und ermöglicht dadurch um so mehr ein Hochschwenken
der Stumpfhülse. Überdies gestattet diese Schrägführung der Schnittlinie auch die
Aufnahme verhältnismäßig langer Stümpfe, da der Femurstumpf k, wie in Abb. 3 ersichtlich,
aus statischen und gehdynamischen Gründen sowieso mit deutlicher Hüftbeuge eingebaut
werden muß, in der schrägen Stumpfhülse also diagonal hinreichende Aufnahme findet.
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Das zusätzliche Gelenk e kann nun in irgendeiner Weise während der
eigentlichen Benützung des Kunstbej,ns gesperrt sein mit einer Auslösevorrichtung,
die beispielsweise von Hand das Gelenk freigibt, wenn der Amputierte sich setzen
will. Eine solche Auslösevorrichtung würde aber in irgendeiner Weise einen kleinen
Handhebel oder eine Taste an der Prothese bedingen, die von den Beinkleidern bedeckt,
auf die Dauer zu Beschädigungen derselben führt.
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Die Erfindung bietet zur Vermeidung der umständlichen und nachteiligen
Handhabung eine automatisch wirkende Sperr- und Auslösevorrichtung. Danach ist am
oberen Rand der Stumpfhülse eine Klappe f derart gelenkig angebracht, daß beim Abwinkeln
des Oberschenkelstumpfes die vordere Beckenwand die Klappe herunterdrückt.
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Durch einen längs der Stumpfhülse geführten Druckstab g wird nun über
einen Doppelhebel 1 ein unter Federdruck stehender Sperrbolzeni aus der Rast m gehoben,
so daß die Stumpfhülse a nunmehr zum Abkippen frei ist und die Sitzstellung unter
freiem Ausschwingen des Gelenkes e gemäß Abb. 1 einzunehmen ist. Erhebt sich der
Prothesenträger wieder, dann wird die inwendig zwischen dem Leerschaft b und der
Stumpfhülse eingespannte Zugfeder n die Stumpfhülse wieder strecken bis zur Steifstellung
gemäß Al>b. 2, wobei der Sperrbolzen i nieder in die Rast m einrückt. hiit der
Klappe f ist also erreicht, daß bereits bei der Einleitung des Hinsetzens, d. h.
bei beginnender Hüftberge, die vordere Beckenwandung unbewußt die Auslösung l)etätigt.
I)ie Überleitung der Bewegung von der Klappe f auf ein Sperr- und Auslösemittel
kann alsdann auch in irgendeiner anderen Weise erfolgen.
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PATENTANSPRi CHE 1. Kunstbein für besonders kurze Oberschenkelstümpfe,
dadurch gekennzeichnet, daß ein besonderer, kurzer Stumpfhülsenteil (a) an dem vorzugsweise
leeren Oberschenkelschaftteil (b) vorgesehen und durch ein sperr- und auslösbares
Gelenk (e) mit diesem verbunden ist.