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Verfahren zur Verringerung bzw. Verhinderung der Säurekorrosion von
Metallen - oder Metallegierungen, besonders von Eisen und Eisenlegierungen Auf Gegenständen
aus Metallen oder Metallegierungen, insbesondere solchen aus Eisen und Eisenlegierungen,
bilden sich unter dem Einfluß des Sauerstoffes,. namentlich bei höheren Temperaturen,,
Oxyd-, Hydroxyd-oder Zunderschichten aus, die vor jeder weiteren Vollendungsarbeit,
z. B. vor dem Aufbringen von metallischen oder nichtmetallischen Überzügen, dem
Kaltziehen, Feinwalzen usw., von der Eisenoberfläche entfera-t wgrden müssen.
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In der Technik hat man sich bisher- zur Reinigung von Metalloberflächen
von Oxyden mechanischer, chemischer oder elektrolytischer Verfahren bedient. Die
mechanischen Reinigungsverfahren, z. B. das Schleifen, werden nur in jenen selteneren
Fällen angewendet, in welchen das Werkstück später auf Hochglanz poliert werden
soll. Bei diesem Verfahren sind die Metallverluste sehr hoch. Bei -den chemischen
Verfahren. behandelt man die Metallgegenstände mit verdünnten wäßrigen Lösungen
von Mineralsäuren, wie Schwefel-oder Salzsäure. Während die verdünnte Salzsäure
meist bei gewöhnlicher Temperatur verwendet wird, läßt man die etwa io°/aige Schwefelsäure
bei erhöhter Temperatur, z. B. 6o° -C, auf die Metallgegenstände einwirken. Der
Vorgang der Metallreirigung mit Säuren wird in der Technik allgemein als Beizen
bezeichnet.
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Die Säurebehandlung gestattet, eine pra'ktisch vollständige Befreiung
der j'Jiz,lloberfläche vor. den Oxyden usw. zu erzielen, ist aber mit einer Reihe
von. schwerwiegenden Nachteilen verbunden. Da die Oxyd- oder Zunderschicht das Metall
nicht in gleichmäßiger Dicke bedeckt, wird im Verlauf des
Beizvorganges
nach Entfernung des Zunders an dünnerer Stellen auch das darunterliegende blanke
Metall angegriffen werden. Diese Metallauflösung geht unter starker Wasserstoffentwicklung
vor sich, wodurch nicht mir die Beizsäure im Beizraum herumgespritzt und dadurch
der Aufenthalt in diesem sehr ungesund wird, sondern der Wasser-. stoff wird auch
in atomarem Zustande vom Eisen in Form einer Eisenwasserstofflegierung aufgenommen.
Dieser gelöste Wasserstoff führt dann zu einer beträchtlichen Festigkeitsverminderung
und der gefürchteten Beizsprödigkeit. Auch ist mit der Metallauflösung eine starke
Aufrarihung der Metalloberfläche sowie ein unnötiger Metall- und Säureverbrauch
verbunden.
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In der Technik hat man die mit der unmäßigen Wasserstoffentwicklung
und. der Metallauflösung verbundenen Nachteile bisher durch einen Zusatz anorganischer
und insbesondere organischer Stoffe zu verringern und unter Umständen praktisch
vollständig zu beseitigen vermocht. Da aber diese organischen Verbindungen, wenn
sie gut schützend wirken, sehr teuer sind, beizt man in der Technik aus wirtschaftlichen
Gründen häufiger ohne einen Zusatz dieser Sparbeizen genannten Stoffe und nimmt
lieber die Nachteile der Wasserstoffentwicklung und des Metall- und Säureverlustes
in Kauf. Von guten Sparbeizen benötigt man für eine ausreichende Hemmungswirkung
der Säurekorrosion des Eisens in io°/oiger Schwefelsäure bei etwa 6o° C o,o5 bis
o, i %.
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Bei der elektrolytischen Reinigungsmethode werden die Metallgegenstände
als Kathoden oder Anoden oder auch nach dem Mittelleiterprinzip mit Gleich- oder
Wechselstrom behandelt. Als Elektrolyt werden sowohl Säuren, Laugen als auch Lösungen
von Neutralsalzen vorgeschlagen. In Alkalien oder Neutralsalzlösungen ist jedoch
eine vollständige Entfernung von hartnäckig anhaftenden Zunderschichten nur schwer
zu erzielen. Bei der elektrolytischen Behandlung der Metallgegenstände in Säure
als Kathode wird wohl die Zunderschicht entfernt und zum Teil auch die Metallauflösung
vermindert, eine stärkere Herabsetzung der Metallverluste ist aber bei den hohen
Beiztemperaturen und Säurekonzentrationen nicht erreichbar. Außerdem wird durch
den katholisch entwickelten Wasserstoff bei den bisher üblichen hohen Stromdichten
von. ioo bis ioooAmp./m2 sehr viel Beizsäure versprüht und die Gefahr der Beizsprödigkeit
erheblich verstärkt.
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Beim Beizen des Metallgegenstandes als Anode sind die Metallverluste
zufolge der durch den Strom noch verstärkten Metallauflösung untragbar hoch. Wie
wir weiter festgestellt haben, überwiegt beim Mittelleiterbeizverfahren der Ein
fluß der Kathode jenen der Anode, so daß dieses Vertahren technisch brauchbar ist.
jedoch erfordert auch dieses Verfahren für eine technisch brauchbare Beizzeit sehr
hohe Stromdichten von Zoo bis 500 Amp./m2.
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Es wurde nun gefunden, daß' sich die Nachteile aller vorstehend erwähnten
Beizverfa'hren beseitigen lassen, wenn man die Säurebehandlung der Gegenstände aus
Metallen oder Metallegierungen, insbesondere solchen aus Eisen oder Eisenlegierungen,
unter der gleichzeitigen Einwirkung des elektrischen Stromes, bei Stromdichten unter
5o Amp./m', vorzugsweise unter io Amp./m2, und in Gegenwart von organischen Stoffen
mit Sparbeizcharakter vornimmt. Unter Stoffen mit Sparbeizcharakter sollen im folgenden
solche organische Stoffe oder Stoffgemische verstanden werden, die befähigt sind,
die Korrosion von Metallen in Säuren zu verringern oder praktisch ganz zu hemmen.
Derartige Stoffe sind unter der Bezeichnung Sparbeizen im Handel. Es sind jedoch
auch andere organische Stoffe für das vorliegende Verfahren brauchbar, z. B. Dextrin,
Leim, Gelatine, Türkischrotöl usw., die gleichfalls die Säurekorrosion von Metallen
verringern.
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Ohne eine theoretische Erklärung für den Mechanismus des Verfahrens
geben zu wollen, verhindert die Gegenwart der organischen Hemmungsmittel, z. B.
bei der kathodischen Säurebehandlung von Metallgegenständen, eine Metallauflösung,
damit die Beizsprödigkeit und unnötige Metall- und Säureverluste. Außerdem ist es
durch die Anwesenheit der organischen Stoffe mit Sparbeizcharakter möglich, die
Stromdichte ganz wesentlich herabsetzen 7u können, z. B. an Stelle der bisher üblichen
Stromdichte von ioo bis iooo Amp./m2 mit solchen unter 5o Amp./m%, ja von nur i
bis io Amp./in% arbeiten zu können. Dadurch braucht man wesentlich kleinere elektrische
Einheiten.
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Andererseits wird durch die gleichzeitige katholische Polarisierung
bei Gegenwart von organischen Stoffen mit Sparbeizcharakter erreicht, daß man bedeutend
geringere Zusätze dieser Stoffe benötigt. So ist es z. B. möglich, an Stelle von
o,o5 bis o, i% des organischen Hemmungsmittels mit solchen von nur o,0o25 bis o,oo5
°/o, also in Mengen von %o oder weniger von jener Konzentration zu arbeiten, die
für eine Schutzwirkung von etwa 9o bis 95 °/o in io°jaiger Schwefelsäure bei 6o'
C erforderlich wäre. Dadurch wird die Anwendung der Sparbeizen auch wirtschaftlich.
Im allgemeinen hat sich bei Versuchen herausgestellt, daß bei guter Hemmungswirkung
eine niedrigere Konzentration des organischen
Stoffes mit Sparbeizcharakter
die Anwendung einer höheren Stromdichte erfordert und umgekehrt.
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Es wurde auch. gefunden, daß die in Säuren unter gleichzeitiger Einwirkung
des elektrischen Stromes und bei Gegenwart von organischen Stoffen mit Sparbeizcharakter
behandelten Metallgegenstände keine Beizspr5digkeit aufweisen und ein schöneres,
glänzenderes Aussehen haben als z. B. die nur elektrolytisch oder chemisch behandelten
Warerf. Ähnliche Vorteile wie bei der Behandlung der Metallgegenstände als Kathode
lassen sich auch beim elektrolytischen Beizen nach dem Mittelleiterverfahren erzielen,
da hier der Einfluß der Kathode jenen der Anode überwiegt. Der Stromanschluß kann
an den Metallgegenständen auf irgendeine in der Technik der elektrolytischen Metallbehandlung
oder Galvanotechnik üblichen Art erfolgen, also z. B. durch Klammern, Backen, bei
Drähten im kontinuierlichen Verfahren durch Rollen, Walzen o. dgl. zugeführt werden.
Für Drahtringe. hat es sich jedoch als sehr vorteilhaft erwiesen, diese auf Träger
aus stromleitendem Werkstoff, z. B. Eisen, Monelmetall usw., aufzureihen und diese
Träger mit der Stromquelle zu verbinden. Es kann aber auch der Strom durch den Elektrolyten
allein, also nach dem bekannten Mittelleiterprinzip, zugeführt werden. Man kann
auch jede beliebige Stromart verwenden, den Strom von Zeit zu Zeit umpolen, Pausen
-ohne Sfrorn einschalten,, Gleichstrom mit Wechselstrom überlagern usw. Mit Vorteil
läßt sich das vorliegende Verfahren auch beim Reinigen von Lagerbehältern, Dampfkesseln,
Rohrleitungen aus Schwer- oder Leichtmetallen usw. von steinartigen Ansätzen oder
sonstigen Verunreinigungen mit Säuren anwenden. Auch die nur sehr schwer zu reinigenden
und beizenden legierten, insbesondere rostfreien Stähle . können mit Vorteil nach
dem vorliegenden Verfahren mit Säuren behandelt werden. Ausführungsbeispiel Der
Angriff einer io0/0igen Schwefelsäure bei 6o° C auf ein Weicheisenblech betrug bei
2stündiger Versuchsdauer 25o gW/Tag. Dieser Verlust wurde durch einen Zusatz von
o,o5 0/0 der bekannten, unter der warenzeichenrechtlich geschützten Bezeichnung
und im Handel erhältlichen Sparbeize Adacid fest unter den gleichen Versuchsbedingungen
auf 14 g/m2/Tag herabgesetzt. Die Hemmungswirkung betrug somit rund 9q.0/0. Eine
o,oo25 0% Adacid fest enthaltende Schwefelsäure (io 0/0) ergab einen Eisenverlust
von 163 g/m2/Tag, also eine nur 35 0/0ige Hemmungswirkung. Wurde das Weicheisenblech
kathodisch in reiner io0%iger Schwefelsäure bei 6o° C behandelt, 9o konnte selbst
bei hohen Stromdichten, z. B. io Amp./m2 und darüber, nur eine etwa 70 bis
800/0ige Hemmungswirkungerzieltwerden. Behandelteman nun das gleiche Eisenblech
bei 6o' C in io0/0iger Schwefelsäure, die o,oo25 °% Adacid fest enthielt. hei einer
Stromdichte von nur 0.7 Amp./m2, so betrug der Metallverlust nur 3 g/m=/Tag, also
die Hemmwirkung 98,8 0%. Trotzdem. also nur 1/2, der Menge von Adacid fest und etwa
'/i,, der früheren Stromdichte aufgewendet wurde, war die erzielte Aemmungswirkung
größer.
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An .der Anode, an welcher die Löslichkeit des Eisens immer verstärkt
wird, wird der Angriff des Eisens in io0/0iger Schwefelsäure' bei 6o° C bei einer
Stromstärke von 1,25 Amp./m2 von 25o g/in2/Tag auf 62o g/mz/ Tag, also auf 248 0/0
des Anfangswertes erhöht. Setzt man der Schwefelsäure nur 0,00250/0 Adacid fest
zu, so beträgt unter den gleichen Bedingungen und der gleichen anodisehen Stromdichte
der Angriff nur 393 g/ m2/Tag, ist also nur auf 157 0/0 erhöht worden.
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Wendet man das Mittelleiterbeizverfahren an, so wird bei einer Stromdichte
von 0,3 Amp./m2 die Löslichkeit von. 250 g/m2/Tag auf 187 g/m2/Tag herabgesetzt,
weil, -wie wir festgestellt haben, der kathodische Schutz die anodische Löslichkeit
überraschenderweise überwiegt. Die Hemmungswirkung beträgt im vorliegenden Fall
rund 250/0. Im stromlosen Zustand ergibt sich, wie bereits oben erwähnt, bei einem
Zusatz von o,oo250/0 Adacid fest zu 6o° heißer io0/0iger Schwefelsäure eine Löslichkeitsverminderung
von 250/9/M'-/Tag auf 163 g/m2/Tag bei einer 35° oigen Hem.mungsw irkung. Wendet
man aber beide Maßnahmen gleichzeitig an, nämlich o,oo250/0 Adacid fest und o93
Amp./rn2, so werden in 2 Stunden nur go g/rn2/Tag Eisen gelöst, was einer 649/,i-gen
Hemmungswirkung entspricht.