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Vorschiffsform für seegehende Handelsschiffe Fier den Entwurf eines
seegehenden Fahrzeuges ist es von ausschlaggebender Bedeutung, die Form :des- Schiffes
nicht nur so zu wählen, daß sie einen geringen Widerstand irr glatten Wasser und
eine wirtschaftliche Propulsion etwa, wie bei. den Bedingungen :des Tankversuches
erreicht, sondern die Schiffsform muß auch Gewähr für geringen Widerstand und gute
Fortbewegung in bewegter See bieten, mit anderen Worten, sich durch Seetüchtigkeit
auszeichnen, damit das Schiff auch im Dienstbetrieb bei schlechtem Wetter eine hohe
Durchschnittsgeschwindigkeit behält. .
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Es hat daher keinen Zweck, sich bei dem Entwurf und der Entwicklung
einer Schiffsform lediglich von den Erkenntnissen und Forschungsergebnissen der
Untersuchungen im Schleppversuchstank leiten zu lassen. Obwohl die Bedeutung der
Modellversuche in keiner Weise verkannt werden darf, muß der Konstrukteur doch immer
das Hauptziel, ein in seinem praktischen Betrieb: besonders taugliches Schiff zu
:entwerfen, im Auge behalten. Hochgezüchtete Tankmodelle, die ein hervorragendes
Versuchsergebnis erbracht haben, bei denen aber die spätere Eignung im praktischen
Betrieb und bei stark bewegter See außer acht :gelassen worden ist, haben schon
in .manchen Fällen zu vollkommenen Versagern ;geführt. ', Es muß demnach die Möglichkeit
ge-
schaffen werden, das Vorschiff eines Modells in bezug auf seine optimalen
Eigenschaften hinsichtlich Zustrom zur Schraube, Nachstromverteilung und Propulsionswirkung
nach ganz bestimmten Gesichtspunkten abzustimmen, ohne dabei weder die räumlichen
und baulichen Verhältnisse noch die Möglichkeit von guten See- Eigenschaften des
Schiffes zu beeinträchtigen.
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Bei seegehendem Handelsschiffen einer Froudeschen Zahl
von o,2 bis o;3 (Maße in Meter und Sekunden) hat sich zur Erzielung der genannten
günstigen Eigenschaften eine Vorschiffsform mit durch Strahlenziehung von einem
unter der Bodenlinie und jenseits der Mittellinie liegenden
Strahlenzentrum
bestimmten, steil stehenden Unterwasserspanten und stark ausfallenden, mehr oder
minder geradlinigen, bis in die Nähe der Konstruktionswassserlinie herabgeführten
Oberwasserspanten bewährt. Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß eine
derartig ausgebildete Vorschiffsform die eingangs umrissenen Aufgaben noch. besser
zu erfüllen vermag, wenn -man gleichzeitig den Übergang vom lebenden zum
toten Werk des Vorschiffes derart ausbildet, daß die Einläufe der in ihrem vorderen
Teil über die Schwimmwasserlinie heraufgezog engen Unterwasserspanten in die Oberwasserspanten
im Längsriß gesehen auf :einer Geraden liegen, die ,einen Winkel vorn etwa 7° mit
der Konstruktionswasserlinie :einschließt und sie im Abstand von etwa 2o% der Schiffslänge
vom vorderen Lot schneidet.
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# Durch jahrelange Beobachtungen im Tank und in der Wirklichkeit hat
sich herausgestellt, daß der durch die angegebenen Maßzahlen gekennzeichnete Bereich
des übergangs vom Unter- zum Oberwasserschiff :erforderlich ist, um einerseits die
volle beabsichtigte Wirkung der Unterwasserschiffskonstruktion zu erreichen und
andererseits eine bestmögliche Dämpfung der Stampfbewegungen durch das Oberwasserschiff
herbeizuführen, d. h. mit anderen Worten eine größte Geschwindigkeit in ruhiger
und bewegter See sicherzustellen.
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Bei Gleit- und Schnellbooten hat man zwar bereits den Übergang zwischen
einem verschieden gearteten Unter- und Oberwasserschiff in einem über der CWL Liegenden
Knick vorgenommen, der einen ähnlich spitzen Winkel mit der CWL wie beim Erfindungsgegenstand
bildet. Diese Gleitboote, deren Froudesche Zahl erheblich höher liebt als die der
beanspruchten Schiffsform, haben in scharfem Gegensatz zur Erfindung flach liegende
Unterwasserspanten, die meinem scharfen Knick oberhalb der CWL in steilere Oberwasserspanten
übergehen. Sie haben daher auch, weil sie die eigene Bugwelle stark beeinflussen
und dämpfen, ja sogar abweisen, den Namen Wellenbinderform :.erhalten.
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Ganz im Gegensatz dazu soll die neue Schiffsform die :eigene Bugwelle
möglichst wenig beeinflussen und stören und weisst darum auch die umgekehrte Spantstellung
des Unter- und Oberwasserschiffes auf, die z. B. auch schon in der britischen Patentschrift
467 518 vorgeschlagen wurde. Dort wurde auch ein strahlenförmiges Unterwasserschiff
mit einem stark ausfallenden Ober-Zvasserschiff verbunden, um so zu verhindern,
daß die in ruhigem Wasser erzielbare hohe Geschwindigkeit .eines Schiffes mit dem
typischen Charakter der Unterwasserspangen bei der Fahrt in bewegtem Wasser und
starkem Seegang dadurch wesentlich reduziert wird, daß die steilen Oberwasserschiffsspanten
keine genügende Dämpfung der Stampfbewegungen bewirken.
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Während also der dieser bekannten Bauart zugrunde liegende Gedanke
dem Erfindungsgegenstand durchaus ähnelt, zeigt die neue Schiffsform doch einen
charakteristischen Unterschied, der für die volle Wirkung von entscheidender Bedeutung
ist. Die Erfindung gibt nämlich in genau gesetzmäßiger Form diejenigen Grenzen an,
innerhalb deren der Übergangsbereich vom Unterwasser- zum Oberwasserschiff erfolgen
muß, wenn die :erstrebte Wirkung mit Sicherheit erzielt werden soll.
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Abgesehen von dieser eindeutigen Festlegung des Übergangsbereichs,
die bei der britischen Patentschrift keineswegs auch nur in ähnlicher Weise vorhanden
ist, liegt dieser Übergangsbereich auch wesentlich anders, nämlich höher und ausschließlich
oberhalb der CWL, während er bei der bekannten Schiffsform schon in den Unterwasserbereich
fällt.
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Die Erkenntnissee von zahlreichen Modellversuchen und die Beobachtungen
entsprechender Konstruktionen an naturgroßen Schiffen im praktischen Betrieb haben
gezeigt, daß dieser Übergang über der Konstruktionswasserlinie, und zwar möglichst
etwas oberhalb der Umrißlinie der Bugwelle des eigenen Wellensystems des betreffenden
Schiffes liegen muß, damit das Wasser möglichst wenig in seinem natürlichen Verlauf
beeinflußt wird. Im Gegensatz zu früheren Erkenntnissen soll also diese Schiffsform
nicht die Aufgabe :erfüllen, die eigene Bugwelle herabzudrücken und das Wasser seitlich
abzuweisen, sondern der Bugwelle ihren möglichst ungestörten Verlauf belassen.
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Diese Erkenntnis ist aufs der theoretisch und praktisch nachweisbaren
Schlußfolgerung entsprungen, daß bei einem reinen Verdrängungsschiff der Versuch,
das Wellensystem durch flach liegende Spanten zu beeinflussen, nur bezahlt werden
kann mit einer entsprechenden Erhöhung des Widerstandes. Die nunmehr genau festgelegte
Konstruktion gibt dem Konstrukteur :eine zusätzliche Maßgabe für den Entwurf einer
Schiffsform, bei der der natürliche Verlauf der eigenen Bugwelle, wie sie durch
die entsprechende Schiffsgeschwindigkeit erzielt wird, möglichst wenig gestört wird.
Darüber hinaus wird bei Meeresbewegungen, die also von außen her an das Schiff herantreten,
durch die stark ausfallenden Oberwasserspanten der bekannte Effekt der Dämpfung
der Stampfbewegungen und der Erhöhung der Seetüchtigkeit erzielt.
Ein
Ausführungsbeispiel der Erfindung ist auf ,der Zeichnung veranschaulicht.
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Fig. i zeigt den Spantenriß und Fig. 2 einen Längssichnitt der neuen.
Schiffsform.
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Fig. i läßt erkennen, daß die Form des lebenden Werkes des Vorschiffes
durch Strahlenziehung von einem Strahlenzentrum unter der Bodenlinie und jenseits
der Mittellinie gebildet ist. Die Strahlen des Strahlenzentrums bestimmen die Form
der Unterwasserspanben (mit Ausnahme der Spantfüße) bis zur Schwimmwasserlinie in
einem Bereich a des Vorschiffes, der ungefähr 20% der gesamtem. Schiffslänge umfaßt
und ,etwa bis in die Gegend des ersten Wellentales reicht. .
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Die Einläufe der geradlinigen, in ihrem vorderen Teil über die Schwimmwassierlinie
heraufgezogenen, durch die Strahlendes Zentrums bestimmten Spantteile in die Oberwasserspanten,
welche ebenfalls im wesentlichen geradlinig, jedoch .durchweg flacher gestellt sind,
liegen auf einer Geraden, die einen Winkel a von etwa 7° mit der Konstruktionswasserlinie
einschließt und sie im Abstand von etwa 200/0 der Schiffslänge vom vorderen Lot
schneidet.
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Der Öffnungswinkel der Spantteile oberhalb der Linie b beläuft sich
auf wenigstens 5o°, während der Öffnungswinkel sämtlicher Unterwassersparten, auch
der geneigtesten im Bereich der Spanten 16 und 17, wesentlich kleiner ist.
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Die Oberwasserspantteile laufen in dem gezeichneten Ausführungsbeispiel
etwa parallel zueinander, obwohl es auch möglich ist, ihre Lage durch Strahlenziehung
von einem. zweiten Strahlenzentrum zu bestimmen, das beispielsweise in gleicher
Richtung wie das Strahlenzentrum der Unterwasserspantteile, aber -weiter von der
Mittellinie und näher zu der Bodenlinie als dieses liegt.
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Das Ausführungsbeispiel läßt erkennen, daß der wesentliche - Richtungsverlauf
der Spantteile auf diese Weise festgelegt ist. Naturlich können :die einzelnen Spantteile
auch ein wenig gekrümmt sein, und insbesondere wird es durch die Anordnung der Erfindung
nicht ausgeschlossen, daß die verschieden gerichteten Spanneile in fachgerechter
Weise durch allmähliche Krümmungen ineinander und in die Boden- und Seitenlinie
des Schiffskörpers übergeleitet werden. -Die Ausbildung des Hinterschiffes kann-
in irgendeiner beliebigen Weise erfolgen.