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Verfahren zum Abscheiden von Schwefeldioxyd aus Gasen Man gewinnt
Schwefeldioxyd aus schwefeldioxydhaltigen Gasen, wie z. B. Röstgasen o. dgl., indem
man das Schwefeldioxyd in einer Lösung absorbiert oder auflöst, welche das Salz
einer schwachen Säure enthält, und dann die Lösung erhitzt, um -das Schwefeldioxyd
auszutreiben und das Salz für weiteren Gebrauch als Absorptionsmittel wiederzugewinnen.
Bei den bekannten Verfahren sind Alkalisalze von wasserlöslichen organischen Säuren
als Lösungs- oder Absorptionsmittel vorgeschlagen worden. Auch sind als Absorptionsmittel
Lösungen von Salzen nichtflüchtiger organischer Säuren, wie z. B. Citronensäure
und Milchsäure, benutzt. Aber die Säuren auch dieser Salze sind wasserlöslich. Wenn
solche Salze von wasserlöslichen organischen Säuren benutzt werden, wächst während
des Absorptionsvorganges die Konzentration der frei werdenden Säure mit dem Fortschreiten
der Absorption. Dadurch wird schnell das Gleichgewicht erreicht und in der Folge
die Absorptionsfähigkeit verringert.
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Die Erfindung beruht auf der Entdeckung, daß wäßrige Lösungen der
Salze von wasserunlöslichen schwachen Säuren, die fähig sind, mit schwefliger Säure
zu reagieren und die entsprechenden Sulfite zu bilden, erfolgreich für die Abscheidung
von Schwefeldioxyd aus Mischungen von Gasen benutzt werden können. Wenn man ein
lösliches Salz einer solchen unlöslichen schwachen Säure benutzt, wird die bei der
Absorption frei werdende Säure gefällt, so daß mit fortschreitender Absorption die
Konzentration der schwachen Säure nicht beträchtlich zunimmt und die Tendenz für
die umgekehrte Reaktion gering bleibt. Infolgedessen wird das Salz im wesentlichen
vollständig in Sulfit und Bisulfit umgewandelt. Am Ende des Absorptionsvorganges
bestehen in dem Absorptionsmittel zwei Phasen: eine flüssige Phase und eine feste
Phase, die ausschließlich aus der verdrängten
Säure besteht. Wenn
das Absorptionsmittel erhitzt wird, z. B. auf eine Temperatur von ungefähr ioo°,
wächst die Löslichkeit der verdrängten Säure, und die feste Phase geht im wesentlichen
vollständig in Lösung, erzeugt so eine verhältnismäßig große Säurekonzentration
in der Lösung und verursacht, daß das Schwefeldioxyd schnell abgeschieden wird.
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Salze von Säuren der folgenden Art sind geeignet für die Durchführung
des Verfahrens: Sulfanilsäure, Benzoesäure, Fumars,'ittre, Phthalsäure, Salicylsäure.
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Die Löslichkeit aller dieser Säuren in Wasser ist bei gewöhnlicher
Temperatur verhältnismäßig gering. Bei Temperaturen von 20 bis z5= ist cl:e Löslichkeit
ausgedrückt in Gramm auf ioo g Wasser:
Sulfanilsätire . . . . . . . . . . . . . . . i, i |
Benzoesäure ................ 0,3 |
Fumarsäure ................ 0,7 |
Phthalsäure ................ 0,7 |
Salicylsäure ................ o,2. |
Von den Salzen dieser Säuren werden vorzugsweise Alkali- und Ammoniumsalze benutzt,
weil sie leicht zu beschaffen sind und weil solche Salze gewöhnlich in beträchtlicher
Menge in Wasser löslich sind.
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Unter den erwähnten Salzen ist ein Salz der Sulfanilsäure besonders
wirkungsvoll für die schnelle Wiedergewinnung des Schwefeldioxydes. Wenn man z.
B. sulfanilsaures Natron oder Ammoniak benutzt, ist die frei werdende Sulfanilsäure
bei niedrigen Temperaturen wenig löslich und schwach ionisiert; aber die Löslichkeit
und der lonisationsgrad nehmen bei steigender Temperatur zu. Diese Vergrößerung
der Ionisation der Säure bei hohen Temperaturen (Temperaturen in der Nähe des Siedepunktes
des Wassers) verursacht eine schnellere Abscheidung des absorbierten Schwefeldioxyds.
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Folgende Zahlen zeigen die Wirkung von Salzen der erwähnten Säuren
bei der Wiedergewinnung von Schwefeldioxyd:
Konzen-' Ab- Wiederge- Prozent |
tration wonnenes |
des Salzes sorbiertes S O. Heizdauer und Temperatur
SO, |
s , der Lösung bei der Abschei- im einge- |
in Gramm So in Prozent |
in mm |
je Liter des ab- Jung von SO, lassenen |
Wasser Je Liter sorbierten Gas |
Benzoesaures Natron .... 35o 98 6,6 |
Benzoesaures :lnimoniak . 182 41 tio 15 Min. bei io0 ° -!- |
71 1 Stunde bei ioo' -; 3,0 |
Salicylsaures Natron ... . . 212 100 8,4 |
Salicvlsaures Ammoniak . 250 82 96 15 Minuten bei ioo°
-I- |
98 30 Minuten bei ioo° -I- 2,5 |
Salicvlsaures Ammoniak . 250 84 94 15 Minuten bei ioo° + |
98 3o Minuten bei roo ° -i- 3.3 |
Phthalsaures Ammoniak . 193 ii9 73 15 Minuten bei ioo' -I- |
78 30 Minuten bei ioo ° -1- 3.3 |
Fumarsaures Ammoniak . 215 42 93 15 Minuten bei ioo°
--I- 3,6 |
Stilfanilsaures Natron ... 180 71 99.8 1 Stunde bei
ioo" + 8,8 |
Sulfanilsaures Ammoniak. 475 153 9i 5 Minuten bei ioo° |
91 15 Minuten bei ioo ° + io,8 |
desgl. 46o 134 81 io Minuten bei 8o° 6,4 |
degl. 46o 163 92 io Minuten bei 93--99' 6#o |
di-gl. =50 83 99 15 Minuten bei ioo° +. 3,0 |
desgl. 250 . 86 99 15 Minuten bei ioo° + 6,3 |
desgl. 125 43 72 io Minuten bei 93-98" 3,3 |
desgl. 125. 40 80 io Minuten bei 93-99J 1,0 |
Die Lösungen wurden durchweg auf Siedetemperatur erhitzt (Reihe .1., wie durch das
Zeichen -1-. angedeutet ist).
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Bei der Durchführung des Verfahrens können die schwefeldioxydhaltigen
Gase mit der Absorptionslösung in irgendeiner bekannten Weise in Kontakt gebracht
werden. So können z. B. die Gase über die Oberfläche einer beständig oder unterbrochen
bewegten Lösung geleitet werden. Sie können durch die Lösung geblasen werden, oder
die Gase und die Lösung können im Gleichstrom oder Gegenstrom durch einen Turm mit
Füllkörpern in Berührung miteinander geleitet werden.
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Die Absorption kann im allgemeinen befriedigend bei normaler Temperatur
oder in
der Nähe derselben durchgeführt werden. Sie kann aber auch
bei der höchsten Temperatur durchgeführt werden, bei der die Sulfitbildung in befriedigendem
Maße voy sich geht. Die Temperatur für denAbsorptionsvorgang sollte sich nach dem
Grade der Sulfitbildung und der Löslichkeit des gewählten Salzes richten.
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Wenn Gase, wie z. B. Röstgase, behandelt werden, werden sie zweckmäßig
vor der Behandlung mit der Absorptionslösung gekühlt und zur Befreiung von Staub
und anderen störenden Verunreinigungen behandelt.
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Das absorbierte Schwefeldioxyd kann in irgendeiner geeigneten Weise
abgeschieden werden. Vorzugsweise erhitzt man die Lösung bis zu einer Temperatur,
die genügend hoch ist, um eine schnelle Abscheidung des Schwefeldioxydes zu erreichen,
aber nicht hoch genug, um eine wesentliche Verdampfung der wiedergebildeten schwachen
Säure zu ermöglichen. Irgendeine geeignete Temperatur zwischen der Absorptionstemperatur
und der Siedetemperatur der Lösung kann angewendet werden, und das benutzte Salz
ist ein Salz einer Säure, die bei der Temperatur, bei der das Schwefeldioxyd abgeschieden
wird, im wesentlichen nicht flüchtig ist. Das benutzte Salz sollte auch ein Sulfit
bilden, aus dem Schwefeldioxyd unter dem Einfluß der Wärme 'bei Temperaturen oberhalb
der Absorptionstemperatur leicht wiederabgeschieden wird.
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Die Abscheidung des Schwefeldioxyds kann bei Atmosphärendruck oder
niedrigerem Druck ausgeführt werden. Wenn die Säure, aus der das benutzte Salz gebildet
ist, beim Siedepunkt der Lösung flüchtig ist, die während des Absorptionsvorganges
entsteht, muß die Abscheidung des Schwefeldioxyds bei einer Temperatur ausgeführt
werden, die niedriger ist als der Siedepunkt der Lösung.
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Das gasförmige Produkt, das durch Erhitzen der Sulfitlösung in einem
geschlossener, Behälter ohne Berührung mit anderen Gasen entsteht, ist im wesentlichen
reines Schwefeldioxyd, und es kann unmittelbar (verdünnt oder unverdünnt) für einen
geeigneten industriellen Zweck benutzt werden, oder es kann auf eine geeignete Temperatur
abgekühlt und komprimiert werden, um flüssiges Schwefeldioxyd zu bilden.
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Dadurch, daß die Lösung während der Absorption des Schwefeldioxyds
in Bewegung ist, erklärt sich, daß die Ausscheidung der Säure in fester Form keinen
nachteiligen Einfluß auf die Durchführung des Verfahrens hat. Bei der anschließenden
Erhitzung der Lösung auf Siedetemperatur geht die Säure ohnehin wieder in Lösung.