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Die
Erfindung betrifft die Verwendung einer bereits bekannten pharmazeutischen
Substanz, Misoprostol, wie auch seines Erstmetaboliten, Misoprostolsäure, zur
Herstellung eines Arzneimittels für die äußerliche Anwendung, die auf
die Behandlung von sexueller Dysfunktion bei Frauen gerichtet ist.
Um den Hintergrund zu erläutern,
kann zum Beispiel auf Mundle, W.R., und Young, D.C., „Vaginal
misoprostol for induction of labour: a randomized controlled trial", Obstetrics & Gynecology, 88,
Nr. 4 (Teil 1), 521–525,
Oktober 1996, und auf Carbonell, J.L., et al, „Vaginal misoprostol for early
second-trimester abortion",
European Journal of Contraception and Reproductive Health Care 1998;
3:93–98,
verwiesen werden.
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Obwohl
das Problem der weiblichen sexuellen Dysfunktion durch die moderne
Medizin bereits vor Jahrzehnten erkannt wurde, wurde ihm bisher
nicht effizient entgegengetreten. Das Ausmaß des Problems ist noch nicht
genau bekannt (Scrip Reports, März
1998), der Anteil der Frauen, die mit einer solchen Art von sexueller
Dysfunktion konfrontiert sind, erreicht jedoch gemäß einem älteren Bericht
(Frank et al, 1978) 63%.
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Heutzutage
wird die sexuelle Dysfunktion bei Frauen entweder durch chirurgischen
Wiederaufbau behandelt, wenn sie (selten) mit anatomischen Problemen
zusammenhängt,
oder durch Psychotherapie, die effektiv sein kann, wenn die Ursachen
nicht funktional sind, oder sogar mit einer speziellen Behandlung,
die einen Hormonaustausch beinhalten, wenn das sexuelle Unvermögen mit
einer Hormonstörung
einhergeht.
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Diese
Verfahren werden mit Skepsis betrachtet, entweder, weil sie auf
einen sehr kleinen Prozentsatz an Frauen (z. B. Frauen mit anatomischen
Problemen) anwendbar sind, oder weil sie durch ihre geringe Effizienz,
oft in Verbindung mit einem geringen Nutzen-Risiko-Verhältnis, gekennzeichnet
sind. Heutzutage ist das Interesse vieler Forscher auf die Verwendung
von gefäßwirksamen
Substanzen konzentriert, in Übereinstimmung
mit Verfahren, die bei der Behandlung von männlicher Impotenz verwendet
werden. Obwohl diese Verfahren jedoch erfolgreich bei Männern verwendet
wurden (z. B. Injektion in den corpus cavernosum), versagen sie
bei Frauen entweder weil sie auf die weibliche Genitalsystemanatomie
stoßen
(Unfähigkeit
der Selbstinjektion in den corpus cavernosum der Klitoris) oder
aufgrund der Ineffizienz der Verfahren, die derzeit zur äußerlichen
Anwendung zur Verfügung
stehen.
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Die
vorliegende Erfindung zielt auf die Entfernung der Nachteile der
oben genannten Verfahren und besteht aus der lokalen Anwendung einer
vasoaktiven Substanz, die als Misoprostol bekannt ist, auf die Klitoris oder/und
die Vagina, um die sexuelle Dysfunktion bei Frauen aufgrund von
vaskulärer,
hormoneller, psychogener oder anderer Ursachen zu heilen.
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Misoprostol
ist der allgemeine Name eines synthetischen Prostaglandins, das
zu der E1 Serie (PGE1 Analoga)
gehört.
Synthese: P.W. Collins, R. Pappo, Belgisches Patent Nr. 827.127.
Amerikanisches Patent 3,965,143 (The Merck Index, ed. Merck & Co., Inc. 11.
Edition, 1989, Seite 6128). Sein chemischer Name ist (11a,13E)-(±)-11,16-Dihydroxy-l6-methyl-9-oxo-prost-l3-en-1-säuremethylester
oder (±)-Methyl-(1R,2R,3R)-3-hydroxy-2-[(E)-(4RS)-4-hydroxy-4-methyl-1-octenyl]-5-oxocyclopentanheptanoat
oder (±)-15-Deoxy-(16RS)-16-hydroxy-16-methyl-PGE1methylester. Es besteht aus 4 Stereoisomeren
in ungefähr gleichen
Anteilen [(+)&(–) Enantiomere
der 16R- und 16S-Formen], (The Merck Index, 11. Edition, 1989, Seite 6128).
Die empirische Formel ist C22H38O5. Seine Strukturformel steht auf Seite 8, 1.
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Verglichen
mit anderen Prostaglandinen der Gruppe E1 und
insbesondere Alprostadil trägt
Misoprostol eine Methylgruppe (-CH3) am
Kohlenstoffatom mit der Position 16.
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Gemäß einem
Verfahren, das die biologische Wirkung verschiedener Medikamentmoleküle mit ihrer chemischen
Struktur in Beziehung setzt, erscheint es, daß aufgrund dieser Gruppe eine
hohe Penetranz von Misoprostol in die darunterliegenden Gewebe und
eine lokale Vasodilation auftritt, die die sexuelle Dysfunktion behandelt.
Misoprostol wird heutzutage oral als ein Arzneimittel gegen Geschwüre verwendet
(Physicians Desc Reference, PDR, ed. Medical Economics Data, Production
Company at Monstrale, 48. Edition, 1994, Seiten 2197–2199).
Insbesondere wird Misoprostol für
die Vorbeugung gegen Magengeschwüre
Patienten verabreicht, die nichtsteroidale, entzündungshemmende Arzneistoffe
nehmen. Es ist in vielen europäischen
Ländern und
den USA von der Searle Company unter dem Handelsnamen Cytotec® erhältlich.
In keinem Land ist das Arzneimittel als für sexuelle Dysfunktion geeignet
erwähnt,
noch gibt es irgendwelche relevanten Berichte in der internationalen
Literatur. Im Gegenteil wird unter den unerwünschten Wirkungen bei der oralen
Therapie mit Misoprostol die männliche
Impotenz genannt (Physicians Desc Reference, ed. Medical Economics
Data, Production Company at Montrale, 48. Edition, 1994, S. 2197–2199).
Verglichen mit anderen vasodilatorischen Arzneimitteln (z. B. Nitroglycerin,
Prostaglandin E1, etc.), erzeugt Misoprostol
eine stärkere,
lokale Vasodilatation, und als ein Ergebnis einen Anstieg des Blutflusses,
wenn es äußerlich
auf die Klitoris oder/und die Vagina aufgebracht wird. Aufgrund
lokaler vasodilatorischer Schwellung der Klitoris wird ein intensives
Bluten der Vagina und ein Gefühl
des sexuellen Verlangens hervorgerufen. Gleichzeitig wird bei Frauen
mit Anorgasmie unterschiedlicher Ursachen das Zurückkommen
des Orgasmus nach Masturbation oder Sexualverkehr gefördert. Bei
der Anwendung wird eine gleichstarke, topische Vasodilatation durch
das Hydrolyseprodukt von Misoprostol (Misoprostolsäure) erreicht,
die auch den Erstmetaboliten von Misoprostol nach seiner Einführung in
den Körper
darstellt (siehe Seite 8, 2). Zunächst verstärken die zwei pharmazeutischen
Moleküle
die Absorption anderer vasoaktiver Substanzen (z. B. Alprostadil)
aufgrund der intensiven topischen vasodilatorischen Wirkung von
Misoprostol und der entsprechenden freien Säure, was zum Auftreten einer
synergetischen Wirkung führt.
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Misoprostol
kann in Wasser aufgelöst
werden und seine Verträglichkeit
mit Arzneimittelhilfsstoffen stellt die Gelegenheit für die Herstellung
einer Vielzahl von einfachen, pharmazeutischen Dosierungsformen für die äußerliche
Anwendung bereit, die gleichzeitig sehr gut von der Haut und der
Schleimhaut vertragen werden.
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Aus
der oben erwähnten
Beschreibung erscheint es, daß der
größte Vorteil
der Erfindung die Art der Anwendung des Arzneimittels (äußerlich,
in Verbindung mit dem Fehlen unerwünschter Wirkung in den vorgeschlagenen
Dosen oder/und den vorgeschlagenen pharmazeutischen Dosierungsformen),
die relativ geringen Kosten und insbesondere das besonders befriedigende
Ergebnis verglichen mit herkömmlichen
Verfahren ist.
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Unter
den möglichen
Formen der Anwendung ist eine Zusammensetzung in Gelform mit relativ
geringer Viskosität
am vorteilhaftesten, die 0,3–0,9
G/V-% Misoprostol in der Methylform des Methylesters und/oder der
freien Säure,
ein Komplexbildungsmittel, wie 1,6 G/V-% eines Cyclodextrins, und
Substanzen, die für
die Bildung eines Gels geeignet sind, z. B. Hydroxypropylmethylcellulose „3000", 2 G/V-%, Propylenglycol
10 V/V-% und Wasser bis 100 ml enthält. Das Gel enthält 3–9 mg der
aktiven Substanz pro ml. Verfahren zur Anwendung: 0,1 (oder mehr,
in Abhängigkeit
von der Reaktion) werden auf die Klitoris oder/und die Vagina aufgebracht.
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Beispiele, die die pharmazeutische Dosierungsform betreffen, und
die Arten der Anwendung von Misoprostol, werden unten dargestellt:
- 1) 0,10 ml Gel, mit relativ geringer Viskosität, das 0,3–09 G/V-%
Misoprostol enthält,
für die
Anwendung auf die Klitoris oder/und die Vagina.
Synthese: | |
1–1 Misoprostol | 0,3–0,9 g |
Hydroxypropylmethylcellulose„3000" | 2g |
gereinigtes
Wasser auf | 100
ml |
1–2 Misoprostol | 0,3–0,9 g |
Natriumcarboxymethylcellulose | 2
g |
Propylenglycol | 25
ml |
gereinigtes
Wasser auf | 100
ml |
- 2) 0,10 ml Gel mit relativ hoher Viskosität, das 0,30–0,90 G/V-% Misoprostol für die vaginale
Anwendung enthält.
Synthese: | |
2–1 Misoprostol | 0,30–0,90 g |
Hydroxypropylmethylcellulose „3000" | 4g |
gereinigtes
Wasser auf | 100
ml |
2–2 Misoprostol | 0,30–0,90 g |
Natriumcarboxymethylcellulose | 4
g |
Propylenglycol | 25
ml |
gereinigtes
Wasser auf | 100
ml |
- 3) 0,10 ml einer wäßrigen Lösung von
Misoprostol, die 0,3–0,9
G/V-% für
die klitorale und/oder vaginale Anwendung enthält. Die Lösung kann auch Propylenglycol
oder Glycerin in unterschiedlichen Mengen enthalten, die benötigt werden,
um die Viskosität
der Lösung
zu erhöhen,
z. B. 10%.
- 4) 0,10 ml einer Salbe oder Emulsion o/w, die 0,3–0,9 Gew.-%
Misoprostol für
die klitorale oder/und vaginale Anwendung enthält, wobei Misoprostol in der
kontinuierlichen (wäßrigen)
Phase vorliegt.
Synthese: | |
4–1 Misoprostol | 0,3–0,9 g |
Tagescreme
auf | 100
g |
(Obwohl für
den Zweck dieses Beispiels Bepanthéne® Creme
(Roche) als Tagescreme verwendet wurde, können unterschiedliche Cremes,
die auf dem Markt erhältlich
oder in den nationalen Arzneibüchern
beschrieben sind, für
denselben Zweck verwendet werden). - 5) Vaginales Ovulum geeigneter Größe, das ungefähr 300–900 mg
wiegt und 0,04–0,20
Gew.-% Misoprostol für
die vaginale Anwendung enthält.
Synthese: | |
5–1 Misoprostol | 0,3–0,9 g |
Glycerol | 70
g |
Gelatine | 20
g |
gereinigtes
Wasser auf | 100
g |
- 6) 0,10 ml Gel (oder mehr, in Abhängigkeit von der Reaktion)
gemäß den Beispielen
(1–1)
und (2–1),
das zusätzlich
1,6 G/V-% eines Cyclodextrins enthält.
- 7) 0,10 ml Gel (oder mehr, in Abhängigkeit von der Reaktion)
gemäß Beispiel
(6), das zusätzlich
10 ml Ethylalkohol 96° und
0,5 mg/ml Alprostadil enthält.
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Anmerkungen:
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- 1) Die Beimischung von Misoprostol zu den oben genannten
Basen wurde bei Raumtemperatur (20–25°C) und bei einer Temperatur,
die 40°C
nicht überstieg,
durchgeführt.
- 2) Keine wesentlichen Änderungen
wurden bei der Misoprostolwirkung als Funktion des pH-Wertes beobachtet,
wir beobachteten jedoch eine wichtige Verringerung und/oder Neutralisation
der Misoprostolwirkung in Gegenwart von Polysorbat „80".
- 3) Die Zeit des Auftretens des Ergebnisses variierte von 20–40 Minuten.
Die zeitliche Regulierung des Auftretens und die Intensität des Ergebnisses
scheinen durch bestimmte Hydrierungsmittel (z. B. Propylenglycol, Glycerol)
positiv beeinflußt
zu werden, wie auch durch bestimmte Substanzen, die die transcutane
Absorption durch unterschiedliche Mechanismen (z. B. Harnstoff,
Zitronensäure)
verstärken.
- 4) Hohe Einzeldosen von Misoprostol (> 1000 μg
auf die Klitoris oder die Vagina) bewirkten bestimmte unerwünschte,
systemische Wirkungen, wie z. B. Schauder, Gefühl von Bedrängnis, Aufregung und Diarrhoe.
Das Vorliegen eines Cyclodextrins vermindert diese unerwünschten
Wirkungen und erlaubt die Anwendung höherer Einzeldosen ohne nennenswerten
Effekt auf den Beginn der Wirkung, jedoch mit positiver Wirkung
auf die Intensität
des Ergebnisses und die Verlängerung
seiner Dauer.
- 5) Die in den Beispielen erwähnten
Dosen sind lediglich darstellend, da die Intensität des Ergebnisses,
neben der Natur und dem Ausmaß der
sexuellen Dysfunktion, auch von anderen Faktoren abhängt, wie
z. B. dem Grad der Befeuchtung des darunterliegenden Gewebes, dem
physiologischen Zustand der Haut und der Schleimhaut etc. Wie bereits
erwähnt
ist Misoprostol ein extrem hydrophiles Molekül verglichen mit anderen Prostaglandinen
der E1 Serie (z. B. mit Alprostadil, das
in Alkohol gelöst
werden kann, dessen Löslichkeit
in Wasser jedoch lediglich 800 μg/100
ml bei 35°C
beträgt).
Daher
besteht ein wichtiger Vorteil:
a) Die Verwendung von organischen
Lösungsmitteln
(z. B. Ethylalkohol), die normalerweise Gewebe reizen und daher
für die
Anwendung auf die Haut und insbesondere die Schleimhaut ungeeignet
sind, wird nicht benötigt.
b)
Es ermöglicht
die Aufnahme der aktiven Substanzen in einer sehr geringen Menge
Hilfsstoff, geeignet für die
Anwendung auf Oberflächen
mit limitierter Größe, wie
z. B. der Klitoris.
- 6) Misoprostol wurde karzinogener oder teratogener Wirkung nicht
beschuldigt, Misoprostol darf jedoch aufgrund der beschriebenen
Irritation der glatten Gebärmutterfasern
nicht in Kontakt mit dem Genitalsystem schwangerer Frauen kommen
(Physicians Desc Reference, PDR, ed. Medical Economics Data, Production Company
at Montrale 48. Edition, 1994, S. 2197–2199).