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Verfahren zum Reinigen von Abgasen aus Viscoseverarbeitungsfabriken
Die Fabriken, welche Kunstseide, Stapelfaser, Roßhaar, Filme u. dgl. aus Viscose
herstellen, tentwickeln Abgase, die neben Schwefelkohlenstoff insbesondere Schwefelwasserstoff,
Thioformaldehyd und andere geschwefelte Verbindungl-en enthalten, die als Geruchsbelästiger
wirken.
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Es sind früher schon verschiedene Verfahren vorgeschl,agen worden,
um Schwef,elwasserstoff. aus diesen Abgasen zu entfernten.
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Im wesentlichen hat sich bisher nur das Absorbieren mit verdünnter
Natronlauge technisch einigermaßen bewährt. Der in. der Praxis üblichen Reinigung
mit Natronlauge haften aber Mängel an. Der eine besteht darin, daß der gesamte in
den Absorptionsapparaten zurückgehaltene Schwef,elwasserstoff in Gestalt von Sulfiden
oder Thiosulfaten anfällt, d. h. Schwefelverbindungen, die nur zum geringsten Teil
mit Nutzen wieder verwendet werden können und im übrigen sehr unangenehme Abfallprodukte
darstellen.
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Ein anderer Mangel des Laugenverfahrens liegt darin, daß die Natronlauge
jene unangenehmen Schwefelaldehydverbindungen nur wenig oder fast gar nicht absorbiert.
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Auch ist von Bedeutung, daß trotz des hohen Verbrauchs an Natronlauge
für die Bindung des gesamten SchwefelwassEerstoffes schließlich doch nur ein Teil,
nämlich etwa t/3 bis 2/5 für diese Zwecke zur Verwendung kommt und der übrige gr,ößer,e
Anteil an Natronlange infolge der Absorption der Kohlensäure -aus der Luft durch
Sodabildung fast nutzlos verlorengeht.
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Das neue Verfahren zum Reinigen der Abgase aus Viscoseverarbeitungsfabriken,
insbesondere von Schwefelwasserstoff und Thio -formaldehyden, besteht nunmehr in
der Anwendung von Permanganaten, insbesondere in Gestalt von Kaliumpermanganat und
Natriumpermanganat. Bei der Einwirkung der Permanganate
auf den
Schwefelwasserstoff ergeben sich, je nachdem in saurer oder alkalischer bzw. neutraler
Lösung gearbeitet wird, die folgenden Reaktionsgleichungen: Neutrale Lösung 2 NaMnO4
+ H20 + 3 H2S = 2 Na OH + 2 Mn O2 + 2 Mn O2 + 3 S + 3 H2O Alkalische Lösung 2 NaMnO4
+ 2 NaOH + 3 H2S = 4 NaOH + 2 MnO2 + 3 S + 2 H2O Saure Lösung 2 NaMI104 + 3 H2S04
+ 5 H2S = Na2SO4 + 2 MnSO4 + 5 S + 8 H2O Obwohl in saurer Lösung 5 Sauerstoffmoleküle
für die Zerstörung des Schwefelwasserstoffes zur Verfügung stehen gegenüber nur
3 Molekülen in alkalischer bzw. neutraler Lösung, so ist die Wirksamkeit unter sonst
gleichen Umständen in der alkalischen Permanganatlösung größer als im ersteren Falle.
Die Absorption bzw. Behandlung der Abgase mit Permanganat ist um dessentwillen so
vorteilhaft, weil der größte Teil des Schwefelwasserstoffes durch Oxydation zerstört
und der Schwefel in elementarer Form ausgeschieden wird.
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Im Falle des sauren Verfahrens setzt sich im Sinne der obigen Reaktionsgleichung
der Schwefel in elementarer Form ab und kaun abfiltriert werden. Der Schwefelwasserstoff
wird zerstört, und es bildet sich aus dem Natriumpermanganat teils Natriumsulfat
und teils Mangan osulfat. Die Ablaugen können in an sich bekannter Weise wieder
auf Permanganate verarbeitet werden.
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Im Falle der neutralen bzw. alkalischen Lösungen wird ebenfalls ein
übenviegender Teil des Schwefels in Form von elementarem Schwefel ausgeschieden,
der zusammen mit dem gebildeten Braunstein ausfällt und zusammen abfiltriert werden
kann. Das Glemisch läßt sich entwässern, durch Sublimation voneinander trennen.
Der Schwefel stellt ein leicht verwertbares Produkt dar, während der Braunstein
vermittels der alkalischen Schmelze in an sich bekannter Weise wieder auf die Permanganate
verarbeitet und in den Prozeß zurückgeführt werden kann. Das bei der Reaktion gebildete
Alkali, z. B. Natronlauge, begünstigt die Gesamtwirkung durch Bildung von Natriumsulfid.
Ein Teil des gebildeten Alkalis, z. B. der Natronlauge, wird allerdings auch hier
durch die Kohlensäure der durchgeführten Luft in Soda verwandelt. Derwenige Teil
des Schwefelwas serst dffe's, welcher als Sulfid gebunden wird, ist allerdings kaum
1/4 der Gesamtmenge an Schwefelwasserstoff, welcher nach dem neuen Verfahren aus
den Abgasen herausgenommen wird. Aus diesem Grunde ist der Anfall an verdünntem
Natriumsulfid bzw. Natriumsulfid-Soda-Lösungen bei diesem neuen Verfahren viel geringer
als nach dem alten Natronlauge-Absorptionsverfahren, weil über ¾ des Schwefelwasserstoffes
effektiv durch Oxydation zerstört und weniger als 1/4 durch die unerwünschte Sulfidbildung
zurückgehalten wird.
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Ein besonderer Vorteil des neuen Verfahrens besteht darin, daß die
Permanganate auch in der Lage sind, die Thioformaldehyde, die an sich nur in kleinen
Mengen vorkommen, aber äußerst widerlich riechen, zu zerstören.
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Die Behandlung der Abgase kann in sonst an sich bekannter Weise und
in bekannten Absorptionstürmen bzw. -vorrichtungen zur Behandlung von Gasen durchgeführt
werden.
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An sich sind sämtliche Permanganate zur Durchführung des Verfahrens
prinzipiell tauglich. Es hat sich aber als vorteilhaft erwiesen, jene Permanganate
in Anwendung zu bringen, welche man in Lösung bringen kann, um die Behandlung der
Gase in diesem Falle mit Flüssigkeiten vorzunehmen; in erster Linie kommt aber das
leicht lösliche Natriumpermanganat zur Verwendung.
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Das neue Permanganatverfahren hat nicht nur den Vorteil, daß der
größte Teil des Schwefelwasserstoft,es wirklich zerstört wird und nur ein geringer
Teil in Form der schwer verwertbaren und unangenehmen Schwefelverbindungen gebunden
wird, sondern daß sämtliche äbeiriechenden, aus Viscoseverarbeitungsfabriken abgehenden
Gase zerstört werden. Die Handhabung des Verfahrens ist verhältnismäßig einfach
und sicher; die Überwachung wird dadurch erleichtert, daß die Wirksamkeit der Absorptionslösungen
schon an ihrer F,arbe erkannt werden kann.