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Schutzeinrichtung für die Fahrleitung elektrischer Bahnen Die Voraussetzungen
für den Schutz von Bahnleitungen sind anders als für den Schutz der Leitungen eines
Energievertei,lungsnetzes. Bei einem Energieverteilungsnetz sind Verbraucher in
festliegenden Punkten des Netzes im allgemeinen nur in den Speisewerken des Netzes
angeschlossen, so daß also beiderseits der Anschlußstelle des Verbrauchers der Schalter
liegt, mit dessen Hilfe der Verbraucher abgeschaltet werden kann. Zwischen den zwei
Schaltern einer Leitungsstrecke findet gewöhnlich keine Stromentnahme statt. Aus
diesem Grunde ist es möglich, eine kranke Leitungsstrecke bereits durch den Vergleich
der Energierichtungen oder durch den Vergleich der Stromstärken am Anfang und Ende
jeder Strecke herauszufinden. Bei Bahnleitungen dagegen sind die Lokomotiven ortsveränderliche
Verbraucher, die nicht im Speisewerk, sondern zwischen den Speisewerken an die Leitung
angeschlossen sind.
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Die Antriebsmotoren fahrender Züge, die auf das Netz zurückarbeiten
können, sind zudem je nach ihrem Fahrtzustand Stromverbraucher oder wirken als Stromerzeuger.
Wenn beispielsweise durch einen Kurzschluß auf der Leitung die speisende Spannung
stark absinkt, dann wirken die Motoren der in Fahrt befindlichen Lokomotiven als
Gen-. -ratoren der Absenkung der Spannung entgegen und erzeugen Ströme, die über
die Fehlerstelle fließen. Infolgedessen kann man auch nicht die .Stromverteilung
bei einem Fehler im Netz vorausbestimmen, da der Ort, die Zahl und die Leistungsfähigkeit
der als Verbraucher und als Generatoren wirkenden Maschinen sich jederzeit ändern
und anders auf die Leitungsstrecke verteilen. Dadurch wird es sehr schwierig, die
Leitungsanlage von einem -Ort aus zu überwachen oder die bekannten Schutzeinrichtungen,
wie z. B. Differentialschutz oder einen Streckenschutz, der auf dem Vergleich der
Energierichtung am Anfang und Ende einer Teilstrecke beruht, anzuwenden.
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Es ist an sich bekannt, bei einer Bahn anlage zwischen zwei Einspeisestellen
Spannungsüberwachungseinrichtungen vorzusehen, die beispielsweise vom Verhältnis
Spannung zu Strom abhängig sind und die bei ihrem Ansprechen einen Kurzschlußschalter
betätigen, welcher die Fahrleitungen kurzschließt. Dadurch wird eine Störung im
Netz derart stark, daß die Spannungsabsenkung auch bis
zu der Speisestelle'reicht,
wodurch die dortige Schutzeinrichtung zur Wirkung gebracht wird. Aber auch diese
Einrichtung wirkt nicht in allen Fällen vollkommen sicher.
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Gemäß der Erfindung wird bei einer Schutzeinrichtung für die Fahrleitung
elektrischer Bahnen, bei der in der Fahrleitung Spannungsüberwachungsstellen in
bestimmten Abständen voneinander angeordnet sind, beim Ansprechen der Spannungsabfalleinrichtung
unter Vermittlung einer Hilfsstromquelle ein Impuls zu einer Empfangseinrichtung
in der Speisestelle ausgesandt, so daß die Empfangseinrichtung die Unterbrechung
der Energiezufuhr zum Leitungsnetz herbeiführt. Man erreicht dadurch den Vorteil,
daß man keine besonderen Kurzschlußschalter auf der Strecke braucht und die Auslösung
mit Sicherheit bei einem Fehler erfolgt, unabhängig davon, wieviel fahrende Züge
sich auf der Strecke befinden. Es besteht daher nicht die Gefahr, daß in einem solchen
Fall der Schalter nicht ausgelöst wird, wie es sonst sein könnte, wenn durch die
fahrenden Züge, deren Motoren bei einem Kurzschluß auf der Leitung als Generatoren
wirken, der Strom in der Station trotz des künstlich bei einem Fehler herbeigeführten
Kurzschlusses noch so klein bleibt bzw. die Spannungsabsenkung nicht groß genug
ist, daß die Schutzeinrichtung in der Station anspricht. Von jeder Spannungsüberwachungsstelle
aus besteht eine Verbindung zu dem Ort, an der sich der Speiseleitungsschalter befindet,
und durch den Impuls jedes beliebigen der Spannungsabfallrelais wird der Speiseschalter
geöffnet. Um die Impulse für das öffnen des Schalters nicht auch dann zu senden,
wenn die Spannungsabsenkung eine ordnungsgemäße Ursache in der Abschaltung der ganzen
Leitung oder eines Teiles der Leitung hat, empfiehlt es sich, die Aussendung des
Signals davon abhängig zu machen, daß zugleich mit der Spannungsverminderung ein
Strom an der betreffenden Spannungsüberwachungsstelle über die Fahrleitung fließt.
Wenn nämlich die Verminderung der Spannung zu einem Zeitpunkt eintritt, in welchem
kein Strom fließt, so ist dies ein Zeichen dafür, daß die Leitungsstrecke abgeschaltet
wurde; wenn aber- auch nach dem Absinken der Spannung noch Ström in der Leitung
fließt, so deutet dies darauf hin, daß die Spannungsabsenkung durch einen Kurzschluß
zustande gekommen und der noch fließende Strom oder ein Reststrom eines Verbrauchers
ist.
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Von den verschiedenen Spannungsüberwachungsstellen können nun einzelne
Leitungen zu dem Hauptspeiseleitungsschalter führen. Da aber alle Spannungsrelais
den Hauptspeiseleitungsschalter sollen beeinflussen können, können sie auch alle
die gleichen Impulse aussenden, d. h. es kann eine gemeinsame Hilfsleitung oder
ein gemeinsames Hilfsleitungsnetz alle Spannungsüberwachungsstellen untereinander
und mit dem Ort des Hauptspeiseschalters verbinden. Es ist auch möglich, dem Arbeitsstrom
Impulse zu überlagern. Das setzt jedoch voraus, daß in jedem Fehlerfall wenigstens
ein Spannungsabfallrelais zwischen Fehlerort und Hauptspeiseschalter zum Ansprechen
kommt, weil der Impuls nur schwierig über die Fehlerstelle hinwegzuleiten ist. Unter
Umständen wird man bei dieser Anordnung den Abstand zwischen den einzelnen Spannungsüberwachungsstellen
kleiner wählen müssen.
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Im Speisewerk mit dem Hauptspeiseschalter wird gemäß der weiteren
Erfindung ein Generator zur Erzeugung einer Hilfsfrequenz, beispielsweise zur Erzeugung
einer Tonfrequenz, o,i bis z5kHz, vorgesehen, welcher beispielsweise beim öffnen
des Speiseschalters eingeschaltet wird. Dieser Generator, der über eine geeignete
Sperrvorrichtung für Ströme der Betriebsfrequenz an die Bahnleitung angeschlossen
ist, sendet Ströme seiner Frequenz über die Fahrleitung zu allen Lokomotiven. Um
sicher zu sein, daß auch die jenseits der Fehlerstelle liegenden Lokomotiven diesen
Signalstrom erhalten, kann es zweckmäßig sein, den Signalstrom der Leitung an mehreren
Punkten zuzuführen, beispielsweise von beiden Enden her oder an einer noch größeren
Anzahl von Punkten. Da nämlich die Lokomotiven, welche im Augenblick der Abschaltung
des Speiseleitungsschalters in Fahrt sind, generatorisch auf die Fahrleitung arbeiten,
ist es erforderlich, alle diese Lokomotiven abzuschalten, weil sonst der am Fehlerort
entstandene Lichtbogen trotz der Abschaltung der Fahrleitung vom Speisekabel durch
diese Generatoren weiter aufrechterhalten würde. Deshalb erhalten die Lokomotiven
je eine Relaiseinrichtung, die auf die Hilfsfrequenz, die beim öffnen des Hauptschalters
des Speisewerkes ausgesandt wird, ansprechen und die Hauptschalter der Lokomotiven
auslöst.
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An Stelle einer Einrichtung, bei welcher ein Impuls nur dann gesendet
wird, wenn der Speiseleitungsschalter durch das Ansprechen eines Spannungsabfallrelais
zur Ausschaltung gebracht worden ist, kann auch eine Ruhestromschaltung verwendet
werden, bei welcher der Hauptspeiseschalter und alle Lokomotiven nur so lange eingeschaltet
bleiben, solange sie einen Strom der Hilfsfrequenz aufnehmen. Damit hierfür nicht
zu große Energien erforderlich sind, können die Lokomotiven mit zusätzlichen Sperreinrichtungen
versehen
werden, so daß der Unterschied des Leitungswiderstandes zwischen solchen in der
Nähe des Tonfrequenzgenerators befindlichen und solchen am äußersten Ende des Netzes
befindlichen Lokomotiven nicht zu sehr ins Gewicht fällt. Der Gefahr, daß die benutzte
Hilfsfrequenz möglicherweise stehende Wellen im Leitungsnetz ausbildet, wodurch
sie an gewissen Punkten der Leitungsanlage wirkungslos würde, kann man beispielsweise
durch periodische Änderung. ihrer Frequenz oder durch Anwendung zweier um ein gewisses
Maß verschiedener Hilfsfrequenzen begegnen, wobei dann die Empfangseinrichtungen
auf den Lokomotiven genügend breite Frequenzempfindlichkeit besitzen müssen. An
Stelle des überlagerten Tonfrequenzstromes ist grundsätzlich auch die Anwendung
eines Hochfrequenzstromes sowie die Beeinflussung der Lokomotivhauptschalter nach
Art der Zugbeeinflussung bzw. der Zugtelephonie möglich. Bei Wechselstrombahnanlagen
kann auch eine Gleichstr omfernsteuerung der Hauptschalter der Lokomotiven angewendet
werden. Soweit im Netz noch sonst Verbindungen zur Erde bestehen, beispielsweise
über die Wicklungen von Umformern oder Transformatoren, sind diese gegen das Abfließen
der Ströme der Signalfrequenz und Steuerfrequenz zu schützen.
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Die Erfindung wird an Hand eines Ausführungsbeispiels erläutert.
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i und a sind zwei Abschnitte eines Fahrleitungsnetzes, welches über
eine Leitung 3 gespeist wird. In der Leitung 3 liegt der speisende Transformator
q. und ein Schalter 5 zur Abschaltung der Speiseleitung 3. Es wird angenommen, daß
sonst keine Speisung des Fahrleitungsnetzes besteht und daß ferner auch die einzelnen
Abschnitte der Fahrleitung nicht besondere Abschaltmöglichkeiten enthalten. Es kann
also nur die gesamte Anlage unter Spannung stehen oder spannungslos sein, je (nachdem
ob der Schalter 5 geschlossen oder offen ist.
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Das Öffnen des Schalters 5 wird von einer Empfangseinrichtung E gesteuert.
Diese An-,ordnung spricht an, wenn auf der Leitung verteilt angeordnete Sender .S1,
S2, S3 'in Tätigkeit treten. Die Anordnungen der Sender S2 und- S3 sind im einzelnen
nicht angegeben. An dem schematischen Bild des Senders S1 dagegen ist zu erkennen,
daß der Sender nur dann in Tätigkeit treten bzw. die von ihm erzeugte Welle auf
die Fahrleitung übertragen kann, wenn zwei in Reihe liegende Kontakte 6 und 7 geschlossen
sind. Der Kontakt 6 ist nur geschlossen, solange Strom am Ort des Senders S1 über
die Leitung 2 fließt. Der Kontakt 7 wird von einem Spannungsabfal,lrelais 8 geschlossen,
wenn am Ort des Senders die Leitungsspannung unter ein bestimmtes Maß sinkt. Aus
dem Fahrleitungsnetz ist nur ein Ausschnitt in der Nähe der Speiseleitung 3 wiedergegeben.
Rechts und links von den Abschnitten i und 2 setzt sich -die Fahrleitung weiterhin
fort, und wie bereits weiter oben angegeben, sind noch weitere Spannungseinrichtungen
8 verteilt über die gesamte Leitungslänge vorgesehen, und an jeder Spannungsüberwachungsstelle
ist ein Sender angeordnet. Alle Sender können auf die gleiche Frequenz abgestimmt
sein. Wenn infolge eines Fehlers die Spannung in der Nähe eines. Sendeortes so weit
sinkt, daß das dortige Spannungsabfallrelais 8 seinen Kontakt 7 schließt, tritt
der zugehörige Sender in Tätigkeit und sendet ein Hochfrequenz- oder Tonfrequenzzeichen
über die Fahrleitung. Dieses Zeichen wird einerseits von der Empfangseinrichtung
E in, der Zuspeiseleitung 3 aufgenommen und bewirkt dort das Öffnen des Schalters
5 und wird anderseits auch von Empfangseinrichtungen der einzelnen Züge aufgenommen
und bewirkt das Öffnen des Hauptschalters jeder Lokomotive.
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An Stelle dieser einfachen Anordnung kann unter Umständen auch eine
Anordnung verwendet werden, bei welcher beispielsweise die Sender links -von der
Einspeisestelle 3 mit einer etwas anderen Wellenlänge arbeiten als die Sender in
der rechten Hälfte der Leitungsanlage. Außerdem kann man im Zuge der Leitung Absperrvorrichtungen
für die Hochfrequenzwellen vorsehen, wie eine solche in der Speiseleitung 3 durch
das Viereck g angedeutet ist. Die Folge einer solchen Anordnung ist dann die, daß
ein Sender, der infolge eines Leitungsfehlers in Tätigkeit tritt, zunächst auf diejeAige
Lokomotive einwirkt, die sich in seiner Nähe befindet. Infolge der Eigenschaft der
fahrenden Lokomotiven, daß sie sich dem Zusammenbruch der Leitungsspannung widersetzen,
indem sie selbst generatorisch eine Spannung erzeugen, hat zur Folge, daß die Ausdehnung
des Spannungsabfalls auf einen kleinen Leitungsabschnitt in der Nähe der Fehlerstelle
beschränkt bleibt. Infolgedessen wird in manchen Fehlerfällen nur ein einziger Sender
zunächst in Tätigkeit treten und die ihm benachbarten Lokomotiven abschalten. Erst
durch die Abschaltung dieser Lokomotiven dehnt sich dann die Spannungsabsenkung
auch auf weitere angrenzende Fahrleitungsabschnitte aus, so daß auch dort die Spannungsabfallrelais
die Sender in Tätigkeit setzen und weitere Lokomotiven zur Abschaltung bringen.
Auf diese Art wird das ganze Fahrleitungsnetz schrittweise vom
Fehlerort
in Richtung bis zur Speisestelle 3 abgeschaltet, indem die als Generatoren arbeitenden
Lokomotiven nacheinander alle abgeschaltet werden. So gelangt die Spannungsverminderung
mit Sicherheit bis zum Speisewerk, in welchem der Hauptschalter 5 angeordnet ist,
der nun unmittelbar von der Spannungsabsenkung oder unter dem Einfluß des durch
die Spannungsabsenkung eingeschalteten Senders S2, wie gezeichnet, geöffnet wird.
Die Abschaltung der noch in Betrieb stehenden Generatoren in dem Leitungsabschnitt
auf der anderen Seite der Einspeisestelle 3 erfolgt dann in sehr kurzer Zeit ebenfalls.
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Bei Anwendung verschiedener Frequenzen zu beiden Seiten der Einspeisestelle
3 kann man auch in der Schaltstelle einen Empfang der Interferenzfrequenz durchführen,
wobei das auf die Interferenzwelle entsprechende Relais durch ständigen Empfang
der Interferenzwelle erregt gehalten wird, wobei beispielsweise das Relais seine
Erregung verliert, d. h. also, wenn die eine oder andere der beiden Wellen, die
zur Interferenzbildung erforderlich sind, ausfällt, wird der Leitungsschalter 5
geöffnet. Bei dieser Anordnung werden die Sender in den einzelnen Speisewerken nicht
selbst bei Eintreten des Spannungszusammenbruchs eingeschaltet, sondern sie arbeiten
dauernd und werden bei eintretendem Spannungszusammenbruch abgeschaltet. Diese Anordnung
eignet sich vorzugsweise in Verbindung mit dem vorhin erwähnten Ausführungsbeispiel,
bei welchem im Zuge der Fahrleitung Sperren für die verwendeten Hilfsströme eingebaut
sind. Für die Lokomotiven und für die Zuspeisungsleitung 3 werden dann Filter angewendet,
deren Durchlaßbreite groß genug- ist, um die beiden zur Interferenzbildung benutzten
Wellenlängen auszulösen.
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An Stelle der Überwachung nur des Zusammenbruchs der Leitungsspannung
kann auch eine andere spannungsabhängige Schutzeinrichtung verwendet werden, beispielsweise
kann die Leitungsimpedanz oder eine Komponente der Impedanz überwacht werden.