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Verfahren zur Verhinderung der Zersetzung hitzeempfindlicher Lösungen
Lösungen oder Suspensionen physiologisch wirksamer Stoffe zersetzen sich häufig,
sei es durch Oxydation oder Verseifung oder in sonstiger Weise, vielfach leichter
in einem pH-Bereich über 5 als im stärker sauren Gebiet. Dies ist insbesondere bei
Temperaturerhöhungen der Fall, wie sie z. B. bei der Hitzesterilisation angewandt
werden. Es kommt hinzu, daß die Lösungen vielfach in der Hitze eine pH-Verschiebung
nach der alkalischen Seite hin zeigen, die zwar in der Kälte wieder zurückgeht,
die jedoch die Zersetzung der Lösungen fördert. ' Es wurde nun gefunden, daß man
diesem Nachteil dadurch entgehen kann, daß man den Lösungen oder Suspensionen vor
denn Sterilisieren Harnstoff und eine Säure in solchen Mengen zusetzt, daß der für
die Injektion günstige pH-Bereich zwischen etwa 5 und etwa 7 erst nach Ablauf der
im Einzelfalle gewünschten Sterilisierzeit erreicht wird. Das System Harnstoff-Säure,
beispielsweise Harnstoff-Salzsäure, beeinflußt nämlich den pH-Wert der Lösung in
der Weise, daß infolge der Verseifung des Harnstoffs durch die Säure ' der PH-Wert
nach der alkalischen Seite hin verschoben wird. Diese Verschiebung geht jedoch nicht
gleichmäßig vor sich, sondern der pH-Wert steigt erst nach Ablauf einer gewissen
Erhitzungsdauer sprunghaft von der ursprünglich vorhandenen Konzentration auf in
der Nähe des Neutralpunktes liegende Werte. Die jeweils anzuwendende Menge an Harnstoff
und -Säure ist im Einzelfall durch Vornahme eines einfachen Versuches leicht#zu
ermitteln und auf die gewünschte Sterilisierzeit abzustimmen.
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Als anzuwendende Säuren kommen außer Salzsäure noch andere physiologisch
verträgliche Säuren, beispielsweise Milchsäure, Weinsäure, Citronensäure, Phosphorsäure
oder auch Fettsäuren, in Betracht.
Die hier beschriebenen Systeme
lassen sich innerhalb sehr weiter Grenzen regulieren, so daß es möglich ist, durch
geeignete Abwand# lang der Harnstoff- oder Salzsäurekonzentraee -tion Lösungen herzustellen,
die einen p.H-Wez:-zwischen, 2 und 4 für eine ganz bestimmte, wünschte Sterilisierzeit,
z. B. für io oder @ä-oder für 5o Minuten, behalten; nach dem Sterilisieren regelt
sich der pi-i-Wert in der zugeschmolzenen Ampulle selbsttätig auf 5,5 bis 7, je
nach der zugesetzten Harnstoff- und Säuremenge, ein.
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Diese Art der Stabilisierung kann auch so ausgenutzt werden, daß man
saure Lösungen oder Suspensionen von Arzneistoffen aller Art von einem PH-Wert von
etwa 2-herstellt, die sich bei gewöhnlicher Temperatur jahrelang sauer halten und
die erst kurz vor dem Gebrauch eine vorgeschriebene Zeit sterilisiert werden, um
dann einen für die Injektion geeigneten pH-Wert zu erreichen.
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Nach der Patentschrift 628 157 hat man zwar schon Harnstoff
zur Herstellung haltbarer. Lösungen der Chlorhydrate der Alkaminester der Amino-
und Alkylaminobenzoesäure verwandt. Indessen ist damit die besondere Wirkung des
Zusatzes des Systems Harnstoff-Säure nicht offenbart.
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Beispiele i. a) 0,8g salzsaures p-Butylaminobenzoyldimethylaininoäthanol;,
o, 6 g Harnstoff, i o ccm n/io-Salzsäure und 5o ccm o,2-n-Monokaliumphosphatlösung
werden mit Wasser zu i oo ccm aufgefüllt, in Ampullen 48 Minuten sterilisiert und
hierauf vorsichtig auf Zimmertemperatur gekühlt.
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pH vor dem Sterilisieren.. z,54, pH nach dem. Sterilisieren. . 5,32,
Verseifungsgrad . . . . . . . . . . 0,471%.
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b) Eine wässerige Lösung, die in i oo ccm o,8 g salzsaures p-Butylaminobenzoyldimethylaminoätha.nol,
o, 6 g Harnstoff, i o ccm n/ i o-Salzsäure und 5o ccm o,2-n-Monokaliumphosphatlösung
enthält, wird in Ampullen gefüllt, 27 Minuten sterilisiert und hierauf vorsichtig
.auf Zimmertemperatur abgekühlt.
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pH vor dem Sterilisieren.. 2,81, pu nach dem Sterilisieren. . 5,34
Verseifungsgrad . . . . . . . . . . 0,470/0.
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Demgegenüber zeigte eine wässerige Lösung von o,8 % salzsaurem p-Butylaminobenzoyldimethylaminoäthanol
und o, 15 % Harnstoff vor dem Sterilisieren einen pH-Wert von 6,o8, nach
dem Sterilisieren von 6,73 und einen Verseifungsgrad von 1,420/'0.
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2. Eine wässerige Lösung, die in ioo ccm o,oi g salzsaures o-Dioxyphenylpropanolamin,
0,6,g Harnstoff und ioccm n/io-Salzsäure enthält, wird in Ampullen gefüllt, in denen
etwa i/5 des Raumes mit Luft gefüllt bleibt. Hierauf wird 2 5 Minuten sterilisiert.
Die Lösung zeigt nur eine ganz schwachrosa Ver-.@ärbung. , PH vor dem Sterilisieren
.. 1,93, PH nach dem Sterilisieren . . 5,8o. Demgegenüber zeigt eine ohne Zusatz
von Harnstoff und Salzsäure hergestellte Lösung von o,oi g der genannten Verbindung
in ioo ccm Wasser nach der gleichen Sterilisierzeit eine kräftig rötlichbraune Verfärbung
und ein Absinken des PH-Wertes von 6,48 vor dem Sterilisieren auf 4,35 nach dem
Sterilisieren.
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3. 2 g p-Aminobenzoyldiäthylaminoäthanolhydrochlorid, o,6- Harnstoff,
i o ccm n/ i o-Salzsäure, 5o ccm o,2 n-Kaliummonophosphatlösung in ioo ccm Lösung
werden in 5-ccm-Ampullen gefüllt und in siedendem Wasser 26 Minuten erhitzt. Hierauf
werden sie vorsichtig auf Zimmertemperatur abgekühlt.
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pii vor dem Sterilisieren . . 311 i, PH nach dem Sterilisieren . .
51301 Verseifungsgrad . . . . . . . . . . 0,520/0.
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Zum Vergleich wurde eine Lösung von.2 % p-Aminobei-izoyldiäthylaminoäthanolhydrocblorid
und o, i 5 0l0 Harnstoff nur 2o Minuten sterilisiert. Sie zeigte vor dem Sterilisieren
einen pii-Wert von 6,07,
nach - - - - - 6,46 und einen Verseifungsgrad - I,55°/0.
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Der Vorteil des Salzsäurezusatzes ist hieraus ohne weiteres ersichtlich.
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4. Aus einer Lösung von o, i g i-o-Dioxyphenyläthanolmethylanvn und
5, 5 ccm n/ i o-Salzsäure in 945 ccm Wässer wurden io ccm entnommen, diesem Lösungsanteil
o,6 g Harnstoff, ioccm n/io-Salzsäure zugegeben und auf iooccm mit Wasser aufgefüllt;
die so entstandene Endlösung hatte somit einen Gehalt von o,oi o/o an i-o-Dioxyphenyläthailolmethylamin.
Hierauf wurde 22 Minuten lang bei ioo° sterilisiert. Die Lösung zeigt nur eine schwache
Rosafärbung.
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PH vor dem Sterilisieren .. 2,o6, pH nach dem Sterilisieren . . 5,79.
Demgegenüber zeigt eine ohne Harnstoff und Salzsäure, aber sonst i.10 gleicher Weise
hergestellte Lösung bei gleicher Sterilisierzeit eine starke rotbraune Verfärbung.
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PH vor dem Sterilisieren .. 6,7o, PH nach dem Sterilisieren . .
3,90.
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5. 2,5mg 6, 7-Dimethyl-9-(i'-d-ribityl)-isoalloxazin werden mit 5
ccm einer Lösung, die in i oo Teilen o,6 g Harnstoff und 5 ccm n/ i o-Salzsäure
enthält, i/.. Stunde bei Zimmertemperatur
geschüttelt. Das Filtrat
wird in Ampullen von i ccm eingegossen und 35 Minuten in siedendem Wasser erhitzt.
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PH vor demsSterilisieren .. 2,37,
pH nach dem Sterilisieren
. . 7,14.
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Eine Zersetzung der Verbindung war nicht festzustellen. Dagegen zeigte
eine ebenso bereitete Lösung, welche ohne Harnstoff- und Salzsäurezusatz mit Hilfe
eines Phosphatpulfers von vornherein auf PH 7,o6 eingestellt worden war, bei gleich
langem Erhitzen auf i oo° einen Verlust von etwa 2o % der Verbindung.
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6. 89 mg kristallisiertes blutzuckersenkendes Hormon (zooo I. E.)
werden in 5o ccm Wasser unter Zusatz von Salzsäure gelöst. Zu dieser Lösung gibt
man 17,6m- Zinksulfat und 3oomg Protamin. Die schwach opalisierende Lösung `wird
mit Salzsäure auf PH 3,6 eingestellt, mit 7,2 g Harnstoff versetzt
und anschließend 41/'.Stunden auf 6o bis 65@' C erhitzt.
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pi-i vor dem Erhitzen-. . 3,5 bis 3,6, pii nach dem Erhitzen
.. 7,0. Die Erreichung des pH-Wertes 7,0 verursacht dabei neben der Stabilisierung
auch die Ausfällung der Inselhormonprotaminverbindung in Form einer flockigen Suspension,
die den bekannten Effekt der länger anhaltenden Inselhormonwirkung zeigt. Mit gleichem
Erfolg können an Stelle von Protamin auch andere eine Verzögerung der Inselhormon-,A2rkung
herbeiführende Substanzen, beispielsweise Histon, Proton oder Bis - z - methyl-4-aminochinolyl-6-carbamidhydrochlorid,
angewandt werden.