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Verfahren zur Entschwefelung von Vergasungs- oder Feuerungsrückständen
Bei der Vergasung oder Verfeuerung aschehaltiger Brennstoffe entstehen mineralische
Rückstände, in denen sich ein Teil des im Brennstoff in verschiedener Form enthaltenen
Schwefels, großenteils in Sulfidform, gebunden an die basischen Aschenbestandteile
vorfindet. Daneben enthalten die Rückstände im allgemeinen noch Sulfatschwefel.
Während der Schwefel in dieser letzteren Bindungsform gegen die Einwirkung von Luft
und Feuchtigkeit beständig ist, findet bei der Einwirkung von Wasser, z. B. von
Luftfeuchtigkeit, ioder von Wasser, das zum Ablöschen der Rückstände aufgespritzt
wird, auf die Sulfide oder Hydrosulfide eine Hydrolyse statt, wobei Schwefelwasserstoff
entsteht, der zu erheblichen Belästigungen 'der Umgebung durch Geruch und durch
Einwirkung auf die Pflanzenwelt sowie auf freiliegende Metallteile von Apparaturen,
Rohrleitungen usw. führt.
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Eine weitere lästige Folge dieser Hydrolyse besteht darin, daß die
beim Wegschlämmen derartiger Vergasungsrückstände anfallenden Schlämmwässer nicht
ohne weiteres in Flußläufe abgelassen werden dürfen, da dort der Sulfidgehalt zu
einer unerlaubt hohen Sauerstoffzehrung und somit zu starken Schädigungen der Tier-
und Pflanzenwelt führen würde. Zum Ablassen solcher sulfidhaltiger Wässer in die
Flußläufe muß der Sulfidgehalt durch Belüften erst weitgehend herabgesetzt werden,
was jedoch mit einer erheblichen Geruchsbelästigung verbunden ist.
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Durch ein einfaches Verfahren gelang es nun, diese Übelstände zu beheben
und darüber hinaus noch den in den Rückständen als Sulfid enthaltenen Schwefel weiterer
Verwendung zugänglich zu machen.
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Es zeigte sich nämlich, daß sich Vergasungs- oder Feuerungsrückstände
unter gleichzeitiger Gewinnung eines wertvollen schwefelwasserstoffhaltigen Gases
entschwefeln lassen, wenn die feinkörnigen oder staubförmigen Vergasungs- oder Feuerungsrückstände
mit Wasser aufgeschlämmt und mit gasförmiger Kohlensäure oder vorwiegend aus solcher
bestehenden Gasgemischen bei einer Temperatur von nicht über q.5° in Türmen fortlaufend
im Gegenstrom behandelt werden, wobei für eine gute Durchmischung der Flüssigkeit
mit dem Gas gesorgt wird. Diese Wirkung der Kohlensäure auf in Wasser aufgeschlämmte
Sulfide war überraschend, da es bekannt war, daß Kohlensäure aus festen, sulfidhaltigen
Rückständen nur sehr langsam Schwefelwasserstoff freizumachen imstande ist. Die
Türme enthalten Verteilungseinrichtungen, wie Füllkörper, z. B. Tonrollen, oder
Holzhorden.
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Da die Hauptmenge des Schwefelwasserstoffes sehr schnell entweicht,
während zum
Austreiben der letzten Anteile eine gewisse Zeit und
ein.--Kohlensäureüberschuß erforderlich sind, ist es zweckmäßig, zur Erzielung"
eines schwefelwasserstofffeichen Gases zwei Stufen zu arbeiten, indem der schlamy
förmige Rückstand zunächst mit wenig, ali hochprozentiger Kohlensäure behandelt
und das dabei entstehende Gas gesondert aufgefangen wird, während der Rest des Schwefelwasserstoffes
in einem zweiten Arbeitsgang durch verhältnismäßig viel Kohlensäure vollständig
ausgetrieben wird, wobei ein schwefelwasserstoffarmes Gas entsteht.
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Zur restlosen Entfernung der im Wasser gelöst bleibenden geringen
Schwefelwasserstoffmengen kann noch eine Belüftung des Wassers vorgenommen werden.
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An Stelle dieser Belüftung kann man auch, falls billige schwefeldioxydhaltige
Gase zur Verfügung stehen, durch Einwirkung einer (lein Schwefelwasserstoffrest
entsprechenden Menge Schwefeldioxyd aus dein zu reinigenden Wasser noch die letzten
störenden Schwefelverbindungen entfernen.
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Die Austreibung des Schwefelwasserstoffes kann wesentlich beschleunigt
und verbessert werden, wenn man die Temperatur des Schlammes auf 35 bis 4.5° C erhöht.
Sollte der aus dem Sulfid gebildete Kalk zu einer Verkrustung der Apparatur führen,
was besonders an den Stellen möglich ist, wo erschöpfte, schwach kohlensäurehaltige
Gase mit ungereinigtem, schlammhaltigem Wasser in Berührung kommen, so ist es leicht,
durch geeignetes Umschalten des Wasserweges den Kalk durch Berührung mit dem aus
der Apparatur austretenden kohlensäurereichen Wasser in leichter lösliches Bicarbonat
umzuwandeln.
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Es war schon vorgeschlagen worden, Schwefelwasserstoff aus wäß.rigen
Sulfid-oder Sulfhydratlösungen durch Einleiten von Kohlensäure auszutreiben. Dabei
waren jedoch zur Erreichung wirtschaftlicher Ausbeuten erhöhte Temperaturen, die
möglichst am Kochpunkt der Lösung liegen, notwendig. Das vorliegende Verfahren hat
dagegen die Befreiung von Vergasungs- und F euerungsrückständen von Schwefel unter
Gewinnung eines verwertbaren schwefelwasserstoffhaltigen Gases zum Ziel. Daß man
in solchen Rückständen, die arm an Sulfiden sind, diese in ihrem Gemisch mit vielen
anderen Stoffen so rasch zersetzen kann, daß ein verwertbares Abgas erhalten wird,
ist neu, und besonders überraschend ist es, daß man hierbei auf die Anwendung hoher,
oft zu Störungen führender Temperaturen verzichten kann und die Austreibung des
Schwefels aus den Rückständen trotzdem schneller verläuft als bei den bekannten
Verfahren. Infolgedessen kann auch im kontinuierlichen Betrieb eine praketisch vollkommene
Entfernung des Schwefels _@i.eicht werden. ' Beispiel 1 Ein Waschturm von 15m Länge
und 5oo mm lichter Weite, der mit 8oer Tonrollen gefüllt ist, wird stündlich mit
7 mg Wasser beschickt, in dem je Kubikmeter etwa 1o kg feinkörniger Staub mit etwa
110o Sulfidschwefel suspendiert sind. Die Wassertemperatur beträgt 33°. Von unten
durchströmen den Waschturm stündlich 28 ins einer Abfallkohlensäure, die etwa 92%
reines Kohlendioxyd enthält. Das oben aus dem Turm entweichende Gas enthält I7,100
Schwefelwasserstoff und 70,5'/o Kohlensäure, ist gut brennbar und eignet sich zur
Gewinnung des Schwefels im Clausofen. Das ablaufende Wasser enthält noch 14.o xngh
Schwefel als Sulfid, 87,30o des Schwefels sind somit als Schwefelwasserstoff ausgetrieben
worden. Die mittlere Aufenthaltszeit des Gases im Turm beträgt etwa o,6 Sekunden.
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Beispiel 2 Die Apparatur besteht aus zwei hintereinandergeschalteten
Waschtürmen von je 25m Höhe und 3 m Durchmesser. Das Gas wird im Gegenstrom zum
Wasser geführt. Das Wasser wird, nachdem es durch Wascher I geflossen ist, mittels
Schlammpumpe auf Wascher II befördert. Die Füllung der Wascher besteht aus Holzhorden.
Die in Wascher Il stündlich eingebrachte Gasmenge beträgt 6ooo ms mit 92 bis 93%
Kohlensäure; am Austritt des Waschers I werden 5800 ms gemessen. Die Wassermenge
beträgt 970 ms je Stunde. Der Staub - Rückstände aus einer Vergasung mitteldeutscher
Braunkohle -- ist in solcher Menge im Wasser enthalten, daß sich im Kubikmeter 0,402
kg Sulfidschwefel Befinden. Die Wassertemperatur beträgt 40 bis 43°.
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Am unteren Austritt des Waschers I enthält das ablaufende Wasser nur
noch 0,034.2 kg Schwefel je Kubikmeter; der Reinigungseffekt beträgt also bereits
89,7%. Nach Verlassen des Waschers II sind die entsprechenden Zahlen o,oo16 kg je
Kubikmeter und 97 010. Der Gehalt des Abgases an- Schwefelwasserstoff beträgt 4,60o.
Das so behandelte Wasser wird nun in einem dritten Wascher durch einen kräftigen
Luftstrom vollends von Schwefelwasserstoff befreit, so dali es ohne Gefahr im -das
Flußnetz abgelassen werde kann.