-
Verfahren zur Darstellung und Reinigung von östradiol Das Ostren wurde
schon wiederholt einer hydrierenden Behandlung unterworfen.
-
Danielli, Marrian und Haslewood erhielten (Biochem.ical Journal,
1933, Bd.27, S. 319) durch katalytische Hydrierung des Ostrens in alkoholischer
Lösung bei Anwesenheit von Platinoxyd und einem Wasserstoffdruck von 4 Atmosphären
in einer Ausbeute von etwa 5o'/, ein bei 174 bis *176" schmelzendes Produkt und
daneben in einer Ausbeute von einigen Prozenten ein Oktahydroprodukt vom Schmelzpunkt
208 bis 21o°.
-
Etwa gleichzeitig teilten Schwenk und H i 1 d e b r a n d t (Naturwissenschaften,
1933, Bd.21, S.177) mit, daß es ihnen gelungen sei, 2 Dihydroprodukte aus dem Östron
zu erhalten, von denen- das eine bei 1ö8 bis 170°, das andere bei 198 bis 2o4° schmilzt.
Irgendwelche Angaben über die dabei eingeschlagenen Wege sowie über die erzielten
Ausbeuten fehlen.
-
Kurz darauf beschrieben auch Girard, Sandulesco und Fridenson (Comptes
rendus des Seances de la Societe de Biologie, 1933 Bd. 112, S.964) ein Ostradiol,
das sie aus Ostren durch Behandlung mit Natrium in Alkohol und auch durch katalytische
Hydrierung mit einem Nickelkatalysator erhalten hatten und das bei 174 bis 175°
schmilzt.
-
Ein einheitliches Produkt scheinen demnach bisher nur die französischen
Autoren erhalten zu haben, wobei allerdings der eröffentlichung nicht zu entnehmen
ist, in welcher Ausbeute das Östradiol anfiel.
-
Es wurde- nun durchnanelimr-e Versuche festgestellt, daß -die Hydrierung
des Follikelhormons mit Natrium und Alkohol, selbst bei großen Überschüssen von
Natrium, recht mangelhaft verläuft. Reduziert man beispielsweise. 1oo mg Ostren,
welche in Zoo ccm absolutem Alkohol gelöst sind, durch allmähliche Zugabe von insgesamt
2 g metallischem Natrium und sondert nach beendeter Reaktion das Hydrierungsprodukt
mittels Benzols ab, so erhält man durch Umkristallisieren aus wäßrigem Alkohol 6o
mg einer bei 21o bis 22o° schmelzenden Substanz. Diese erweist sich durch Titrätion
der Ketogruppe als ein Gemisch von 62% Ausgangssubstanz und 38% östradiol. Das gewünschte
Hydrierungsprodukt wird also in einer Ausbeute von lediglich 2301, erhalten;
es kann überdies durch Umkristallisieren vom Ausgangsstoff nicht getrennt werden,
da es mit diesem Tischkristalle bildet.
-
Bei der katalytischen Hydrierung mit Nickel konnte trotz Abwandlung
der Reaktionsbedingungen nach den verschiedensten Richtungen hin kein Hydrierungsprodukterhalten
werden, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, daß die Durchführbarkeit der Hydrierung
mit Nickel von der Verwendung
eines ganz bestimmten Katalysators
abhängig ist, dessen Herstellung aber in der Veröffentlichung nicht offenbart wurde.
-
Demgegenüber wurde nun gefunden, daß' man in praktisch quantitativer
Ausbeute zu' dem bei etwa i7o° schmelzenden Östradiol:, gelangt, wenn man Östron
in alkalischer Lösung mit Platinoxyd oder Platin als Katalysator und, im Gegensatz
zu Marrian und Beinen Mitarbeitern, nicht unter Druck, sondern ohne Überdruck öder
nur bei geringem 'Überdruck, wie er bei der praktischen Durchführung einer an sich
drucklosen katalytischen Hydrierungsreaktion sich meist einstellt, hydriert. Das
Dihydroprodukt vom Schmelzpunkt 17o bis i75° fällt dabei nach Abtrennen vom Katalysator
und Ansäuern häufig gleich kristallin und rein an, kann aber gegebenenfalls auch
noch ein- oder mehrmals umkristallisiert werden. Auch in neutralem, beispielsweise
alkoholischem Medium kann man die Reaktion vornehmen und durch Umkristallisieren
ebenfalls zu dem bei 170 bis r75° schmelzenden Produkt in hoher Ausbeute gelangen.
-
Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man statt des Ostrons Derivate
von ihm, wie Benzoylöstron oder einen Kohlensäureester des Östrons, der hydrierenden
Behandlung unterwirft. Im Verlauf der Reaktion wird die Säuregruppe abgespalten
und das freie Ostradiol gebildet.
-
Außer durch die hohe Ausbeute zeichnet sich das vorliegende Verfahren
durch die Freiheit der zu erhaltenden Produkte von den von anderen Autoren beschriebenen
Hydrierungsprodukten aus. "Überraschenderweise wurde nun weiter. gefunden, daß das
chemisch einheitlich erscheinende Produkt vom Schmelzpunkt etwa 17o bis I75°, genauer
etwa, 174°, insofern uneinheitlich ist, als es Anteile eines Stoffes mit ausgesprochen
männlicher Wirksamkeit ini Vesiculardrüsentest enthält, während eine männliche Wirksamkeit
bisher nur bei den Produkten höherer Hydrierungsstufen vermutet und in gewissem
Grad auch festgestellt wurde (Naturwissenschaften, 1933, Bd.2r, S.286). Durch physikalische
oder chemische Methoden, insbesondere fraktionierte Extraktion oder Fällung, kann
man die Anteile männlicher Wirksamkeit anreichern und durch Wiederholung oder Kombination
solcher Methoden schließlich eine Trennung der Anteile mit männlicher Wirkung von
denen weiblicher Wirkung durchführen. Geeignet hierfür ist beis pi elsweise die
fraktionierte Extraktion einer wäßrigen Aufschlämmung des Produktes vom Schmelzpunkt
174° mit Benzol, wobei sich die männlich wirksamen Anteile als die in Benzol schwerer
löslichen erweisen. Die Zerlegung des Hydrierungsproduktes in seine männlich wirksamen
und seine weiblich wirksamen Bestandteile und deren Reinigung kontrolliert man zweckmäßig
an Hand des physiologischen Tests.
-
Beispiele i. Zoo mg Ostron werden in 8o ccm 2 n-Natronlauge heiß gelöst.
Nach dem Abkühlen wird Platinoxyd zugegeben und bei Zimmertemperatur unter Zutritt
von Wasser-=stoff geschüttelt, bis die Substanz zwei Wasserstoffatome aufgenommen
hat. Man filtriert vom Katalysator ab, wäscht diesen mit Wasser gut nach und säuert
die vereinigten Lösungen mit Salzsäure an. Zur Isolierung des Hydrierungsproduktes
wird das Reaktionsprodukt entweder abfiltriert und umkristallisiert oder unmittelbar
in seiner Suspension mit Benzol ausgeschüttelt, wobei man das Östradiol beim Einengen
der getrockneten Benzollösung, schön kristallisiert in einer Ausbeute von 9o bis
95 °/o erhält. Schmelzpunkt 174 his z75°. Die Substanz ist in Alkali löslich und
liefert kein Oxim. Die Analyse ergibt 79,27°/o C und 8,94°/o H, während sich
für das Östradiol der Formel C18 H.4 0z 79,4°4 C und 8,98o H errechnen. Durch eine
fraktionierte Extraktion der Suspension mit Benzol in dem in der Beschreibung angegebenen
Sinn kann man einerseits ein Hormon weiblicher Wirksamkeit, andererseits ein Hormon
männlicher Wirksamkeit anreichern. Das männliche Hormon erweist sich im Mäusetest
als stark wirksam.
-
2. @ loo mg östron werden in 40 ccm 2n-Natronlauge gelöst und mit
Platinoxyd und Wasserstoff bei 6o° geschüttelt. Die Aufnahme der berechneten Menge
Wasserstoff ist in wesentlich kürzerer Zeit beendet als bei Zimmertemperatur, nämlich
in etwa i bis 2 Stunden. Die Aufarbeitung erfolgt wie in Beispiel i und ergibt in
- gleicher Ausbeute das Östradiol.
-
3. loo mg Östron werden in 5o ccm absolutemAlkohol gelöst und in Gegenwart
von Platinoxyd und unter Zutritt von Wasserstoff bei gewöhnlicher Temperatur geschüttelt.
Die Reinheit des zu erhaltenden Rohöstradiols wird gelegentlich erhöht, wenn man
das Schütteln und gegebenenfalls die Zufuhr von Wasserstoff noch einige Zeit fortsetzt,
nachdem die theoretische Menge Wasserstoff absorbiert ist. Man filtriert vom Katalysator
ab und dampft im Vakuum zur Trockne. Der glasartig aussehende Rückstand kristallisiert
nach kurzer Zeit, besonders nach Reiben mit dem Glasstab, in schönen Rosetten. Das
Hydrierungsprodukt wird in quantitativer Ausbeute erhalten. Es schmilzt zwischen
165 bis 170°. Nach dem
L:mkristallisieren ausi schmilzt die Substanz
bei 174
bis r75".
-
.1 .. ioo mg Üstron in 5o ccm absolutem Alkohol werden unter Zutritt
von Wasserstoff mit Platinoxyd bei 65 bis 7o° geschüttelt. Nach Absorption der berechneten
Menge Wasserstoff wird abfiltriert und im Vakuum eingeengt. Durch Zusatz eon Wasser
zur heißen Lösung erhält man bei nachfolgender Abkühlung das Östradiol in schönen
Kristallen in einer Ausbeute von 95- mg.
-
5. Platinoxyd wird in 2o ccm absolutem Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur
mit Wasserstoff geschüttelt. Nachdem das Oxyd reduziert ist, werden ioomgÖstron
in 2o ccm Alkohol zugegeben. Man hydriert, bis zwei Atome Wasserstoff aufgenommen
sind. Die Aufärbeitung erfolgt, wie in den vorausgehenden Beispielen beschrieben.
Ausbeute fast quantitativ.
-
6. 5o mg Benzoylöstron werden in 25 ccm absolutem Alkohol gelöst und
mit Platinoxyd unter Zutritt, von Wasserstoff hei Zimmertemperatur geschüttelt,
bis die Wasserstoffabsorption zum Stillstand kommt. Man verdampft die filtrierte
Lösung im Vakuum zur Trockne und kristallisiert das Reaktionsprodukt au:_
um, oder man löst den Trockenrückstand in Benzol, zieht die benzolische Lösung mit
o,5 n-Natronlauge aus, wobei gegebenenfalls etwas unverändertes Benzoylöstron im
Benzol zurückbleibt, und säuert die alkalische Lösung an. Das a.,isfallende Ostradiol
wird aus Benzol ode
.
umkristallisiert. Man erhält 35 mg ()stradiol vom Schmelzpunkt 17o bis 17.4°.
Alkohol-Wasser 7. 5o mg eines gemäß Hoppe-Seyler's Zeitschrift für physiologische
Chemie, Bd.239, S. 49 bis 52 zu erhaltenden Kohlensäureesters des östrons in 40
ccm absolutem Alkohol werden bei Zimmertemperatur ,in Anwesenheit von Platinoxyd
mit Wasserstoff hydriert. Die Aufarbeitung erfolgt, wie in Beispiel 6 angegeben.
Man erhält 45 mg Östradiol vom Schmelzpunkt 17.4°.