-
Verfahren zur Erzeugung von Kohlenwassergas aus feinkörnigen Steinkohlen
Die Erfindung befaßt sich mit der Aufgabe, Kohlenwassergas aus feinkörnigen Steinkohlen
im Doppelgaserzeuger herzustellen. Diese Aufgabe kann nur dann als gelöst angesehen
werden, wenn einerseits die technische Durchführung ohne Schwierigkeiten möglich
und andererseits die Wirtschaftlichkeit günstig gestaltet ist. Diese beiden Forderungen
stehen sich zunächst insofern entgegen, als die Technik der Kohlenwassergaserzeugung
Eigenschaften der Kohle verlangt, die nur wenige Kohlensorten besitzen. Diese sind
aber für die Vergasung zu teuer, weil ihre guten Eigenschaften auch andere hochwertige
Verwendungsmöglichkeiten und damit eine entsprechend große Nachfrage ergeben. Bei
den bisherigen Lösungsversuchen der Kohlenwassergaserzeugung hat man die von der
Natur gebotenen Kohlen als gegeben angenommen und diesen den Gaserzeuger bzw. die
Betriebsweise anzupassen gesucht. Damit konnte wohl die technische Seite befriedigt
werden, nicht aber die wirtschaftliche, weil hierbei immer noch nur die teuren Kohlensorten
zu verwenden waren.
-
Die Erfindung geht nun von der Erkenntnis aus, daß die beiden obengenannten
Forderungen nur dann in Einklang gebracht werden können, wenn- als Ausgangsstoff
eine in ausreichender Menge vorhandene und für andere Zwecke kaum verwertbare und
deshalb billige, feinkörnige Kohle dient und dieser die von der Technik der Kohlenwassergaserzeugung
verlangten, ihr aber fehlenden Eigenschaften auf künstlichem Wege gegeben werden.
Demgemäß wird nach der Erfindung von feinkörnigen Steinkohlen ausgegangen und aus
ihnen Kohlenwassergas in der Weise erzeugt, daß der Entgasung und Vergasung im Doppelgaserzeuger
eine Mischung der Feinkohlen mit wärmebeständigen Bindemitteln vorgeschaltet wird
und aus dieser Mischung Preßlinge hergestellt werden. Dabei werden die zu verwendenden
Bindemittel bezüglich des Ausmaßes ihrer Wärmebeständigkeit dem vorhandenen oder
durch Mischung mehrerer Kohlensorten geschaffenen Grad der Backfähigkeit der zu
vergasenden Kohle entsprechend ausgewählt. Die so hergestellten Preßlinge werden
dann durch Wasserentziehung getrocknet und unmittelbar dem Doppelgaserzeuger zugeführt.
Die verschiedenen. Stufen werden unmittelbar aneinander angeschlossen, so daß ein
geschlossener Verfahrensgang entsteht.
-
Durch die Maßnahmen werden der feinkörnigen Steinkohle alle die Eigenschaften
gegeben, die von der Technik der Kohlenwassergaserzeugung verlangt werden, nämlich
eine gleichmäßige Stückgröße, eine geeignete Backfähigkeit, ein Zusammenhalten im
Feuer auch bei höchster Temperatur, Freiheit von Feinkorn, eine vollständige Entgasungsbereitschaft
bei Einführung in den Kohlenwassergaserzeuger, d. h. ein gleichmäßiger, geringer
Feuchtigkeitsgehalt. Weiter wird bei dem neuen Verfahren eine thermische
Beeinflussung
derart möglich, claß eine bessere Wärmeausnutzung des Gesamtverfahrens, ein, rechtzeitige
Lind volle Entgasung im Entgasungsschacht, eine störungsfreie Vergasung im Wassergaserzetiger
und eine Zwischenkoksentnahnie ohne Störung der Wä rnieverhä ltnisse ermöglicht
wird.
-
Bekannt war bereits. Generatorgas aus mit Pech hergestellten Preßlingen
zu erzeugen. Weiter war es bekannt, Rohbraunkohle vor der Vergasung unter Zufügung
von Bindemitteln zu Preßlingen zu formen. Auf die Art des Bindemittels wurde dabei
jedoch kein Wert gelegt, und vor allen Dingen war dabei nicht erkannt worden, daß
man durch Verwendung besonderer Bindemittel das Zerfallen der Kohle während der
Vergasung verhindern kann. Schließlich ist es bekannt gewesen, Preßlinge unter Zusatz
von Sulfitablauge und unorganischen Stoffen hQrzustellen. Dabei wurde aber auf die
Verarbeitungsweise, welcher der Preßling später unterworfen werden sollte, nicht
Bedacht genommen. d.li. es kain bei diesen Verfahren nicht auf alle die Eigenschaften
an, die im vorliegenden Fall verlangt werden, um den Brennstoff zur Vergasung im
Kohlenwassergaserzeuger geeignet zu machen.
-
Die Erfindung ist daher in der Vereinigung mehrerer teilweise an sich
bekannter Xlerkmale zu sehen, d. h. es sind die beanspruchten Maßnahmen sämtlich
notwendig, um die gestellte Aufgabe zu. lösen, und -zwar müssen diese 'Maßnahmen
auch in der entsprechenden Reihenfolge und unmittelbar aufeinander, wie es beansprucht
wird, durchgeführt werden.
-
Ausgehend von feinkörnigen Steinkohlen ist die erste Stufe des neuen
Verfahrens also die, aus dieser Feinkohle mit Hilfe geeigneter Bindemittel und gegebenenfalls
unter Zumischung anderer Feinkohle eine Kunstkohle in Preßlingsform zu erzeugen,
die alle gestellten Ansprüche erfüllt.
-
Je nach der Art der gewählten Feinkohlen, die als Ausgangsstoff dienen,
ist das Verfahren der Erzeugung dieser Kunstkohle abzustimmen. Wenn beispielsweise
die 1#einkohle zuviel oder zulvenig Backfähigkeit, zu großen Treibdruck, zu hohen
Schwefelgehalt o. dgl. besitzt, so ist durch Zuschlag geeigneter Fremdkohlensorten
ein Ausgleich zu schaffen. Darüber hinaus ist dabei aber das entsprechende Bindemittel
bzw. Bindemittelgenlisch zu wählen.
-
Die Wahl der Kohlenmischung und des Bindemittels erfolgt nach der
Erfindung ferner unter dem Gesichtspunkt, daß der Preßling zwei verschiedenen Verfahrensgängen
unterworfen wird, nämlich der Entgasung und der Vergasung. Beide Verfahren stellen
verschiedene Anforderungen an den Brennstoff. Die Entgasung, die in der Regel ein
Spülgasschwelverfahren darstellt, bedingt eine Kohle, welche einen störungsfreien
Durchgang der Spülgase, auch bei hohen Schütthöhen, ermöglicht, um eine schonende
Gewinnung des in der Kohle enthaltenen Teers in Form von Urteer zu gestatten. Da
die Wärmemenge in den Spülgasen begrenzt ist, andererseits aber die Entgasung vollkommen
durchgeführt sein muß, ehe die Kohle den Entgasungsschacht verläßt, muß die Kohle
in einem solchen Zustand dem Entgasungsschacht zugeführt werden, daß die fühlbare
Wärmemenge der Spülgase zur vollen Durchführung dieser Aufgabe ausreicht, d. h.
die Preßlinge müssen im entgasungshereiten Zustand dem Schwelschacht zugeführt werden.
-
Demgegenüber stellt das anschließende Wassergasverfahren an die den
Schwelschacht verlassende Kohle folgende Anforderungen: i. Freiheit von teerigen
Bestandteilen, um Teerverluste zu vermeiden, 2. gleichmäßige Stückgröße.
-
3. Stückbeständigkeit, auch bei höchsten Temperaturen und starken
Belastungen durch mechanischen Druck und Winddruck, d; h. ein einwandfreies Stehen
im Feuer, möglichst hochschmelzende Asche.
-
In Sonderfällen sind diese Bedingungen noch zu erweitern, beispielsweise
dann, wenn Svntliesegas erzeugt «erden soll. In diesem Fall ist vor allein auf die
Freiheit oder doch möglichste Armut an chemischen Verunreinigungen, insbesondere
Schwefel, Wert zu legen.
-
Alle diese Bedingungen werden gemäß der Erfindung durch richtige Zusammensetzung
der Kunstkohle in bezug auf Ausgangsstoff und Bindemittel bei der Herstellung der
Preßlinge erfüllt.
-
Da bei dem Entgasungsverfahren eine Erwärmung der Kohle auf 5oo° C
und mehr vorgenommen wird, muß vor allem das Bindemittel auch bei diesen Temperaturen
seine zusammenhaltende Wirkung ausüben, damit die Stückform im Schwelschacht einwandfrei
erhalten bleibt. Hat die verarbeitete Feinkohle oder Feinkohlenmischung eine genügende
Backfähigkeit, die bei dem Plastischwerden der Kohle zu einem Zusammenfließen der
Kohleteilchen innerhalb des Briketts führt, so wird dadurch bereits die Bedingung
erfüllt, daß det: Preßling auch in der Vergasungszone einwandfrei im Feuer steht.
In diesem Fall hat das Bindemittel lediglich den Zweck, bis zum Eintritt des Zusammenfließens
seine zusammenhaltende Wirkung auszuüben, und in diesem Fall sind Bindemittel,
wie
Zellpech, Zellpechlauge, Stärke, Dextrin und sonstige organische Stoffe, sowie anorganische
Bindemittel, wie Kalk, Wasserglas u. a., einzeln oder auch in Mischungen geeignet.
Es ist hierbei aber zu beachten, daß beispielsweise Sulfitablauge dann nicht oder
aber nur in neutralisiertem Zustande in Frage kommt, wenn man Wert darauf legt,
möglichst schwefelarme Gase zu erzeugen. Reicht jedoch die Backfähigkeit der Feinkohle
oder Feinkohlenmischung nicht aus, so müssen solche Bindemittel verwendet werden,
die ein Stehen im Feuer auch im Vergasungsteil gewährleisten. In einem solchen Fall
kommt vor allem die Verwendung von Ton in Frage. Üblicherweise wird es immer zweckmäßiger
sein, an Stelle des aschenvermehrenden Tones backende Kohle, ,unter Umständen in
aufgeschlämmter Form, zuzuschlagen.
-
Die Bedingungen der Schwelung machen die Verwendung von Pech als Bindemittel
unmöglich. An sich ist Pech bei der Herstellung von Steinkohlenpreßlingen das gegebene
und nächstliegende Mittel und wird auch fast ausschließlich verwendet. Da jedoch
das im vorliegenden Fall zu verwendende Bindemittel seine zusammenhaltende Wirkung
bis auf 5oo° C ausüben muß, andererseits Pech bereits bei 2oo° C flüssig wird und
bei über 300° C verdampft, also auf jeden Fall seine zusammenhaltende Wirkung verliert
und den Zerfall des Preßlings herbeiführt, kommt es für diese Zwecke nicht in Frage.
Wärmebeständige Bindemittel haben demgegenüber nicht nur die Eigenschaft, den erforderlichen
Zusammenhalt zu leisten, sondern sie geben, wenn sie im Sinne der Erfindung angewendet
werden, noch einen weiteren für die Entgasung wichtigen Vorteil. Dieser Vorteil
wird erreicht, wenn folgender Umstand ausgenutzt wird: Diese Bindemittel sind wasserlöslich
oder im Wasser aufschlämmbar, müssen jedenfalls in Anwesenheit von Wasser verarbeitet
werden, so daß der hergestellte Preßling einer Wärmebehandlung unterworfen werden
muß, um das Wasser auszutreiben und das Bindemittel zu verfestigen. Diese Wärmebehandlung
bedingt eine künstliche Porosität, welche, den Entgasungsvorgang wesentlich
begünstigt. Dazu kommt, daß Kohlen in, gepreßtem Zustand eine höhere Wärmeleitfähigkeit
besitzen 'als die Ausgangskohlen. Erhöhte Wärmeleitfähigkeit einerseits, Porosität
und damit leichtere Entgasbarkeit bei voller Wasserfreiheit andererseits gibt demnach
der nach der Erfindung hergestellten -Kunstkohle die volle Ent-' gasungsbereitschaft
und damit die Grundlage für Kohlenwassergasverfahren von der Entgasungsseite her.
Diese Entgasungsbereitschaft der Preßlinge liegt jedoch nur dann vor, wenn diese
unmittelbar nach der thermischen Behandlung der Entgasung zugeführt werden. Der
Grund hierfür liegt darin, daß die wasserfreien Preßlinge gierig Wasser aufnehmen
und dabei zugleich eine Minderung ihrer Festigkeit erleiden. Beide Veränderungen
sind aber höchst nachteilig für den Entgasungsvorgang. Die geminderte Festigkeit
gibt zu Abrieb und Zerfall im Entgasungsschacht Anlaß, und eine Erwärmung der Preßlinge
auf Entgasungstemperatur kann erst einsetzen, wenn das Wasser vorher verdampft ist.
Derartige Preßlinge stellen daher einen wesentlich erhöhten Anspruch an Wärmezufuhr
im Entgasungsschacht, die ihrerseits aber beschränkt ist.
-
Es ergibt sich also, daß eine unmittelbare Kupplung der Herstellung
der Preßlinge und der anschließenden Trocknung mit dem Kohlenwassergasprozeß notwendig
ist. Erst hierdurch Werden alle Schwierigkeiten, die bei Verwendung ungeeigneter
Kohlen auftreten müssen, beseitigt, so daß auf diesem Wege die Kohlenwassergaserzeugung
sich genau so störungsfrei durchführen läßt, wie sie sonst nur bei Verwendung der
geeigneten knappen und teuren Stückkohle möglich ist. Andererseits ist die Herstellung
des geeigneten Ausgangsguts, seine Pressung und die Vorerwärmung der Preßlinge ein
einfaches, übersichtliches Verfahren, das irgendwelche Schwierigkeiten nicht bietet.
-
Aber nicht nur für die Entgasung, sondern auch für die Vergasung sind
durch die Vorschaltung einer geeigneten Vorbehandlung der Ausgangskohle in Verbindung
mit der rechtzeitigen, vollständigen Entgasung alle Bedingungen erfüllt. Bisher
bestand eine besondere Schwierigkeit darin, die Entgasung und Vergasung in ihrem
thermischen Ablauf in Übereinstimmung zu bringen. Bei dem neuen Verfahren treten
derartige Schwierigkeiten nicht auf, weil dem Schwelschacht schon eine entgasungsbereite
Kohle in geeigneter Form zugeführt wird. Ihren eindeutigen Ausdruck findet diese
Übereinstimmung dadurch, daß die Preßlinge den Schwelschacht in vollständig entgastem
Zustand verlassen: In der Vergasungszone ist sogar ein Wärmeüberschuß vorhanden,
der für die Entgasung nicht benötigt wird. Dieser Umstand ermöglicht es, zwischen
den beiden Zonen Koks zu entnehmen, womit dem erzeugten Mischgase, wie bekannt,
je nach Bedarf ein verschieden hoher Heizwert gegeben werden kann.
-
Es sei noch bemerkt, daß die Behandlung der Preßlinge vor Einführung
in den Doppelgaserzeuger, um sie auf einen gleichbleibenden Feuchtigkeitsgehalt
zu bringen, auf chemischem Weg wie auch auf thermischem Weg
vorgenommen
«-erden kann. auf chemischem Weg durch Zusatz wasserbindender Stoffe, wie Gips.
Kalk, 'Magnesia. Für den thermischen Weg stehen fast immer genügend heiße Abgasmengen
zur Verfügung, so daß ein besonderer Wärmeaufwand nicht erforderlich ist. Durch
einfache Regelung lassen sich auch die Abgasmengen <lein jeweiligen Feuchtigkeitsgehalt
der Rohpreßlinge anpassen, so daß ein gleichbleibender Trocknungsgrad eingehalten
werden kann.
-
Der Heizwert des erzeugten Kohlenwassergases ergibt sich aus dem Mengenverhältnis
des Destillationsgases und des U'assergases. Will man also ein Doppelgas mit einem
bestimmten Reizwert, z. B. von 4ooo @@ E/m3. gewinnen, so muß man dafür Sorge tragen,
daß entsprechende Mengen Destillationsgas und Wassergas erzeugt werden. Die anteilige
Wasseräasmenge kann, wie bereits oben erwähnt, durch Zwischenkoksentnahme begrenzt
werden.
-
Für die Entgasungs- und Vergasungsleistung ist u. a. auch die Stückgröße
und Oberfläche des Brennstoffes von Einfluß. je kleiner die Stückgröße ist, desto
größer ist die gesamte wirksame Oberfläche und desto beschleunigter der Entgasungs-
und -\'ergasungsvorgang. Man hat es also bei der Herstellung der Preßlinge in der
Hand. dem Brennstoff jeweils die zweckmäßigste Form ztt geben.
-
Der durch die Erfindung erzielte technische Fortschritt kann im wesentlichen
durch folgende Punkte gekennzeichnet werden: i. Bisher unverwertbare Feinkohlenmengen,
die den Bergbau erheblich belasten, werden auf wirtschaftliche Weise einem hoch-«trtigen
Verwendungszweck zugeführt: z. Die Basis geeigneter Kohlen für Mll. Gaserzeugung,
insbesondere bei Gasanstältee, wird auf diesem Wege erheblich verbreite: und verbilligt,
denn es braucht bei der Aus-'.. Wahl der Kohle nur darauf Bedacht genomtuen zu werden,
claß sie einen gewissen Ge-
halt an flüchtigen Bestandteilen besitzt, alle
übrigen Eigenschaften sind ohne Bedeutung.
-
3. Die Kohlenwassergaserzeugung aus:bittt7* minösen Steinkohlen ermöglicht
die Gewinnung von zusätzlichen Mengen von Schwel=, teer, der als Ausgangsstoff für
die Erzeugung flüssiger Treibstoffe von ausschlaggebender Bedeutung ist.