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Verfahren zur Herstellung von verflüssigtem Schwefeldioxyd Verflüssigtes
Schwefeldioxyd wurde immer schon auf dem Wege über wäßrige Lösungen gewonnen. Die
Herstellung erfolgte in der Weise, daß es aus der wäßrigen Lösung unter kaum nennenswertem
Überdruck ausgetrieben, durch Chlorcalcium getrocknet, in einem Kompressor verdichtet
und im Kühler verflüssigt wurde; da das handelsübliche flüssige Schwefeldioxyd wegen
der verlangten Transportfähigkeit in eisernen Druckbehältern praktisch vollkommen
wasserfrei sein muß, war eine Trocknung unerläßlich.
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Für viele chemische Zwecke, wie insbesondere neuerdings zum Aufschließen
von Erzen mit wäßriger schwefliger Säure unter Druck, ist die kostspielige Trocknung
des S O= überflüssig.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung verflüssigten
wasserhaltigen Schwefeldioxyds, bei welchem die Anwendung eines Kompressors entfällt,
da das Verfahren unmittelbar aus wäßrigen Schwefeldioxydlösungen flüssiges Schwefeldioxyd
liefert. Dabei ist der Kühlwasserbedarf ungefähr der gleiche wie beim Kompressionsverfahren,
während nur geringe Mengen niedriggespannten Dampfes verbraucht werden und der erforderliche
Druck meist nicht über 5 ata beträgt.
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Die Erfindung besteht darin, daß eine wäßrige Lösung von Schwefeldioxyd
unter erhöhtem Druck destilliert wird und hierbei durch Einstellung des Druckes
und der Temperatur der übergehenden Dämpfe die Zusammensetzung des Destillats im
wesentlichen innerhalb der Löslichkeitsgrenze von Wasser in verflüssigtem Schwefeldioxyd
gehalten wird. Das Destillat kann dann weitergereinigt oder rektifiziert werden.
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Das erfindungsgemäß erhaltene Destillat besteht aus der Phase zoo
-78"4 SO-,
o - 22 % H2 O. Schwefeldioxyd ist nämlich selbst unter Druck
nicht in allen Verhältnissen mit Wasser mischbar. So ist z. B. bei q. ata und einer
Temperatur von 25° C aus Schwefeldioxyd und Wasser nur eine etwa 29 °/oige Lösung
zu erhalten, dann besteht eine Mischungslücke bis etwa 78/,SO,.
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°Oberhalb dieses SO2-Gehaltes ist dann Wasser in flüssigem
SO, gelöst, während unterhalb 29 °/o das SO, in Wasser gelöst ist.
Wird Wasser und flüssiges S 02 in Gewichtsteilen gemischt, welche zwischen 29 bis
78 °/o SO, liegen, dann bilden sich zwei getrennte
Schichten,
nämlich eine Schicht von Wasser, gelöst in SO2, entsprechend dem S 02 Monohydrat
mit 7§ °/o S 02, von nicht,;c wäßrigem Aussehen und dem Charakter vtlz_@' flüssigem
S 02, während über dieser Schicht von S 02, gelöst in Wasser , (etwa;
29 °1o S 02), vom Charakter einer wäßrigen Lösung bestehen bleibt.
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Wäßrige S 02 Lösungen haben bei ioo° C die folgenden Dampfdrücke:
Tabelle I |
% SO, Atm. %S02 Atm. O/o S02 Atm. |
0 1 8 5,0 22 15,2 |
2 9 5,6 24 17,0 |
2 2,5 10 6,4 26 1g,o |
3 2,8 12 7,6 28 21,4 |
_ 4 3,3 14 9,o 29 2 2 ,8 |
5 3,6 16 z0,4 82 22,8 |
6 4,0 18 12,o 90 25 . |
7 4,5 20 13,6 ioo 27,8 |
Bei Temperaturen nicht weit über r.oo° C können die Drücke schwächerer Lösungen
ohne nennenswerten Fehler so ermittelt werden, daß zu den angegebenen Drücken noch
die der fraglichen Tempeiatur entsprechende Wasserdampfspannung addiert wird.
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So hat z. B. eine 2o/oige Lösung bei' 1:2o' C eine Dampfspannung von
4,5 ata; eine solche Lösung, im Gegenstromvorwärmer angeheizt, in eine Destillationskolonne
eingebracht, kann demnach oberhalb des Dephlegmators direkt ein Gas von 4,5 Atm.
Pressung geben, welches schon durch Wasserkühlung verflüssigtes S 02 liefert.
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Aus wärmewirtschaftlichen Gründen - die Verdampfungswärme des Schwefeldioxyd
steigt bei zunehmendem Wassergehalt stark. an - empfiehlt es sich, den Wassergehalt
des Destillats nicht in nennenswerter Menge über die Löslichkeitsgrenze von Wasser
in flüssigem Schwefeldioxyd steigen zu lassen, was durch die Einstellung von Druck
und Temperatur der übergehenden Dämpfe erfolgt. Der Druck der übergehenden Dämpfe
folgt aus Tabelle I, und die Temperatur derselben wird, wie in obigem Beispiel angeführt,
durch einen Dephlegmator eingestellt.
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So kann schon aus stark verdünnten Lösungen, welche bei der Destillation
zunächst sehr wasserdampfreiche Gasgemische geben, durch kräftige Dephlegmation
unmittelbar ioo o/oiges flüssiges Schwefeldioxyd erhalten werden. Für das vorliegende
Verfahren ist es demnach charakteristisch, daßselbst bei Aufarbeitung von verdünnten
Lösungen von schwefliger Säure die Zusammensetzung des ersten Destillats im wesentlichen
innerhalb der nichtwäßr igen Phase (100 '/, -78"/o SO,) gehalten wird.
Zur Betriebskontrolle kann es mitunter wohl erwünscht sein, diese ;Grenze auf kurze
Zeit zu überschreiten, weil ,elas Auftreten einer wäßrigen .Schichte auf dem verflüssigten
Schwefeldioxyd leicht zu beobachten ist und daher dann leicht daraus abgeleitet
werden kann, wie hoch die größte Destillationsleistung des Apparates ist bzw. bis
zu welchem Teil der vollen Leistung der Apparat ä.usgenutzt ist usw.
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,Die Temperaturabhängigkeit des Dampfdrucks der gesättigten Lösung
von Wasser in flüssigem
SO, läßt sich wie folgt wiedergeben:
Tabelle II |
Temp. Druck (Atm.) 1 Temp. 1 Druck lAtm.) |
10 1,65 6o 8,7 |
20 2,6 70 11,3 |
30 3,7 8o 14,8 |
40 5,o go 18,5 |
50 6,6 Zoo 22,8 |
Für Zusammensetzungen zwischen S 02 i H2 O und reinem
SO, sind die Dampfdrücke
zwischen den oben angegebenen und den für reines
SO, bekannten einfach durch
lineare Interpolation proportional dem Wassergehalt zu ermitteln.
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Im allgemeinen wird man aus wirtschaftlichen Gründen nicht von stark
verdünnten SO,-Lösungen ausgehen. Das aus verdünnten Lösungen ausgetriebene SO,-Gas
gibt bei der Absorption in Wasser unmittelbar eine Lösung von 6 bis ro °/o S02,
während eine Absorption unter Druck noch höhere Konzentrationen von 15'/, und darüber
ergibt. Lösungen von diesen Konzentrationen sind für das erfindungsgemäße Verfahren
besonders geeignet.
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Da das Verfahren die höchste Leistung aufweist, wenn man ein etwa
dem Monohydrat entsprechendes Destillat gewinnt, hierbei allerdings aber durch Betriebsschwankungen
auch gelegentlich die wäßrige Phase im Destillat erhält, da andererseits aber die
letzere bei etwa, z2° C gefriert und Kühlschlangen und Ventile verstopft, so empfiehlt
es sich, die Kühltemperatur nicht unter etwa i2° C sinken zu lassen und den Kondensationsdruck
auf mindestens 47 ata zu halten.
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Erfindungsgemäß gelingt es auch, die Lösungen im Destillationsapparat
vollkommen von S 02 zu befreien, wobei allerdings mindestens die der Wasserdampfspannung
von i, 7 ata entsprechende Temperatur von i 15 ° C eingehalten werden
muß, und gleichzeitig
78- bis ioo 0%iges flüssiges SO2 zu gewinnen.
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Das Austreiben des S 02 Gehaltes aus seiner Lösung erfolgt demnach
bis zu einer Höchsttemperatur von i 15 ' C ganz oder teilweise.
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Betriebsmäßig ist es von Vorteil, das Verfahren bei ungefähr gleichbleibender
Des' illationstemperatur durchzuführen. Dies wird dadurch erleichtert, daß die zu
verarbeitenden-Lösungen durch Wärmeaustausch meist schon einen entsprechend hohen
Wärmeinhalt besitzen. In diesem Fall wird der zu destillierenden Lösung während
des Verfahrens keine oder höchstens eine solche Wärmemenge zugeführt, als zur Aufrechterhaltung
der ursprünglichen Temperatur der Lösung erforderlich ist.
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Andererseits kann die Destillation auch so erfolgen, daß das Kondensat
allmählich immer tiefer gekühlt wird, so daß durch absinkenden Druck das
SO, aus der Lösung Herausdestilliert und nach dem Dephlegmator kondensiert.
Eine io°/oige Lösung von 1000 C und 6,4 ata Spannung im Gleichgewicht mit
einem Kondensat von 47" C (6,q. ata) kann nur durch Senkung der Kondensattemperatur
weiterdestilliert werden. Bei dieser diskontinuierlichen Ausführungsform des Verfahrens
wird demnach die Destillation nicht durch Erwärmung der zu destillierenden Lösung,
sondern durch allmähliche Senkung der Temperatur des Destillats durchgeführt.
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Lösungen, welche eine bedeutend höhere Dampfspannung haben wie das
Kondensat, können dann in den Destillationsapparat direkt eingeführt werden, wenn
die Menge der dauernd zugeführten Lösung so gewählt ist, daß das aus ihr ausbrechende
Gas derjenigen Gasmenge entspricht, welche im Kondensator fortlaufend verflüssigt
werden kann. Praktisch wird dies am besten durch kontinuierliches Einbringen der
Lösung. durch Flüssigkeitszerstäuber mit regulierbarem Nadelventil, z. B. aus säurefestem
Chrom-Nickel-Stahl, wie solche Konstruktionen vielfach bekannt sind, ausgeführt.
Es entspannt sich die Flüssigkeit im Augenblick des Eintritts unter Verlust des
ganzen Gasüberschusses bis auf die Kondensatspannung und den zugehörigen SO2-Gehalt.
Gleichzeitig verliert die Lösung einen Teil ihres Wärmeinhalts. Die Flüssigkeit
kann hierauf entweder im Wärmetauscher gekühlt und zur neuerlichen Absorption von
Schwefeldioxyd verwendet werden, oder sie kann in einem zweiten Destillationsaggregat
neuerlich in derselben Weise, aber bei niedrigerer Spannung abdestilliert werden.
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Für die Ausführung des Verfahrens kommen in erster Linie säurefeste
Chrom-Nickel-Stähle und viele andere in neuerer Zeit bekannt gewordene Legierungen
in Betracht, welche gegen wasserhaltiges SO2 beständig sind.
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Ausführungsbeispiel i cbm einer i2°/oigen S02 Lösung, hergestellt
durch Absorption von angereichertem SO.-Gas in einem ausgebleiten Rieselturm, wird
durch eine säurefeste Plungerpumpe in einen Gegenstromvorwärmer hineingepumpt, darin
durch die aus der zweiten Abtriebssäule zurückgehende Lösung auf 10o° C vorgewärmt.
Hierauf tritt sie durch einen Zerstäuber in die erste Abtriebssäule ein. Die Flüssigkeitsnebel
werden einerseits in der vorhandenen Flüssigkeit, auf welche sie auftreffen, niedergeschlagen,-
andererseits lassen die Zwischenböden der Abtriebssäule iiur das gasförmige S 02,
nicht aber die Flüssigkeitsnebel durch.
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Die Lösung wird von 7,6 Atm. im Zerstäuber auf 2,5 Atm. entspannt
und verläßt als 3°/oige Lösung mit einer Temperatur von 9o0 C den Destillationsapparat,
wird neuerlich im Gegenstrom vorgewärmt und durch zusätzliche Dampfheizung auf I18°
C erhitzt, tritt mit dieser Temperatur und einer Spailnitnvon 4,8 Atm. in den zweiten
Destillationsapparat ein, um als i °/oige Lösung mit i 14' C denselben zu verlassen.
Durch den Gegenstroms orwärmer für die neu ankommende Flüssigkeit abgekühlt, tritt
die Lösung wieder in den SO,-Absorber ein, wo ihr SO2 Gehalt wieder auf 12111, gebracht
wird.
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Aus dem ersten Destillationsapparat wurden so ioo kg verflüssigtes
S 02 mit go °/o S 02 Gehalt und aus dem zweiten 26 kg mit 77,6°/o SO, und
22,q.'/0 H20 gewonnzn. Das erste Kondensat war auf 15' C, das zweite auf 32° C gekühlt.
Beide Destillate vereinigt, ergeben i26 kg rohes Schwefeldioxyd von 880/0 SO,-Gehalt.
Dieses wird nun durch Abwässer auf 30° C angewärmt und durch frisches Kühlwasser
das Kondensat auf 1o° C abgekühlt. Es werden 1o5,1 kg verflüssigtes Schwefeldioxyd
mit nur mehr 0,4°/o Wassergehalt gewonnen, was einer 95 °/oigen Ausbeute gleichkommt,
während 21,9 kg Oktahydrat hinterbleibt und - in den Prozeß zurückkehrt. Sollte
der Wassergehalt von 0,q.°/, zu hoch sein, dann läßt man einfach das Gas bei der
Rektifikation durch Chlorcalcium. streichen und kann es völlig wasserfrei kondensieren.