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Verfahren zum Entschwefeln von Viskosekunstseide Zum Entschwefeln
von Viskosekunstseide verwendete man früher allgemein Schwefelnatrium und Natronlauge.
Diese Entschweflungsmittel haben den Nachteil, daß die Faser stark aufquillt und
demzufolge chemisch und vor allem mechanisch leicht angegriffen werden kann. Soll
die gesamte Nachbehandlung auf den Spulen durchgeführt werden, so kann man bei Verwendung
der genannten Alkalien als Entschweflungsmittel nur keramische Spulen oder Spulen
aus säurefestem Stahl verwenden, weil dies die einzigen Stoffe sind, die weder vom
Spinnbade noch von diesen Alkalien angegriffen werden.
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In neuerer Zeit zieht man es vor, statt dessen die Alkalisalze schwacher
Säuren=zu benutzen. Diese haben dieselbe entschwefelnde Wirkung wie die genannten
Alkalien, weil sich in ihrer wäßrigen Lösung Alkali hydrolytisch abspaltet. Infolge
der geringeren Alkalität quillt jedoch die Faser nicht so stark auf, so daß chemische
Angriffe auf die Kunstseide und vor allem mechanische Faserbeschädigungen nicht
so leicht eintreten können. Auch Spulen, Bottiche usw. werden weniger angegriffen
als von Schwefelnatrium und Natronlauge, wenn auch der chemische Angriff angesichts
der hohen Temperatur des Entschweflungsbades noch sehr beträchtlich ist.
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Gemäß der Erfindung werden nun zum Entschwefeln folgende Stoffe verwendet,
wobei in der üblichen Weise verfahren wird, indem-man eine il/,- bis -prozentige
Lösung bei 8o bis go° Temperatur r bis a Stunden zur Einwirkung bringt: r. Die Salze
der Schwefelsäureester der hochmolekularen Alkohole und ihre Derivate, z. B. das
Natriumsalz des Schwefelsäureesters des Octadekanols C"H"-CH.-O-S03Na, wie es unter
dem eingetragenen Warenzeichen Gardinol von der Firma H. Th. Böhme, Chemnitz, in
den Handel gebracht wird.
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a. Die Fettsäureester der niedrigen aliphatischen oxysulfonsauren
Salze und ihre Derivate, z. B. der Olsäureester des oxäthylsulfonsauren Natriums
C1,H33-CO-O-CH2-CH2-S03Na, wie er unter dem eingetragenen Warenzeichen Igepon A
von der I. G. Farbenindustrie verkauft wird.
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3. Die Fettsäureester der niedrigen aliphatischen amidosulfonsauren
Salze und ihre Derivate, z. B. das Ölsäureamid des aminoäthansulfonsauren Natriums
C17H"-CO-NH-CH,-CH2-S 03Na, wie es unter dem eingetragenen Warenzeichen Igepon T
gleichfalls von der I. G. Farbenindustrie vertrieben wird.
q.. Die
Neutralsalze der Fettsäureamide des unsymmetrischen.- Dialkyldiaminoäthans und ihre
Derivate, z. B. das salzsaure (essigsaure, milchsaure usw.) Ölsäureamid des unsymmetrischen
Diäthyldiaminoäthans C17H33-CO'-XH-CH.,-CH.,-N(CZH5),#HCl(CH.COOH, ...), wie es
unter dem eingetragenen Warenzeichen Sapamin C H, Sapamin A, Sapamin M S usf. von
der Firma Gesellschaft für chemische Industrie in Basel in den Handel gebracht wird.
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Die Entschweflung mit den genannten Stoffen hat gegenüber der Entschweflung
mit den Alkalisalzen schwacher Säuren den Vorteil, daß die Stoffe in wäßriger Lösung
vollkommen neutral reagieren, so daß ein Angriff auf Spulen, Bottiche usw. kaum
stattfinden kann.
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Man hat zwar bereits vorgeschlagen, mit neutralen Stoffen zu entschwefeln,
z. B. mit Alkoholdämpfen und alkoholischen Lösungen von Glycerin, Traubenzucker
und Rohrzucker (amerikanische Patentschrift 1651404 und französische Patentschrift
655 7a9). Diese Entschweflungsmittel sind jedoch im praktischen Betrieb niemals
zur Anwendung gekommen, schon deshalb nicht; weil bei den zur Entschweflung erforderlichen-hohen
Temperaturen umfangreiche Rückgewinnungsanlagen für den verdampften Alkohol notwendig.
Bind, dann aber auch wegen der Feuergefährlichkeit und schließlich wegen des viel
zu hohen Preises des Alkohols als Lösungsmittel im Verhältnis zum Wasser.
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Die angegebenen Stoffe sind dem Fachmann als Netz- und Avivagemittel
bekannt. Obwohl bereits vorgeschlagen worden ist, andere Avivagemittel, -wie Seife,
Türkischrotöl und Marsedler Seife, zum Entschwefeln zu verwenden, so konnte doch
mit diesen Stoffen im praktischen Betrieb nicht mit Er= folg gearbeitet werden.
Der chemische Angriff dieser Stoffe auf Spulen, Bottiche usw. ist zwar nicht größer
als bei den anderen Alkalisalzen schwacher Säuren; die .gelösten Metalle bilden
jedoch hier mit den Fettsäuren und Fettsäurederivaten unlösliche Salze, die sich
in Form von Schmieren auf der Seide niederschlagen.
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Demgegenüber findet bei der Entschweflung mit den angegebenen Neutralsalzen
ein Angriff auf Spulen, Bottiche usw. praktisch überhaupt nicht statt, und soweit
noch Spuren von Metallen in das Entschweflungsmittel gelangen, so bilden sie mit
diesem lösliche Verbindungen, die die Kunstseide nicht verunreinigen können.
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Die eben geschilderten Vorteile der angegebenen Stoffe treten zwar
bereits bei ihrer Verwendung als Avivagemittel in Erscheinung, so daß man vielleicht
behaupten könnte, es habe nahegelegen, diese Vorteile auch beim Entschwefeln sich
zunutze zu machen, nachdem einmal der Vorschlag, mit Avivagemitteln zu entschwefeln,
gemacht worden war. Es ließ sich jedoch keineswegs voraussehen, daß gerade diese
modernen Avivagemittel sich zum Entschwefeln eignen würden, im Gegenteil: Es mußte
vielmehr angenommen werden, daß sie zum Entschw efeln ungeeignet sind, weil sie
im Gegensatz zu Seife, Türkischrotöl und Marseiller Seife sich nicht hydrolytisch
spalten, also die bekannte Entschweflung durch Alkaliwirkung überhaupt nicht ausüben
können. Daß diese Stoffe in ihrer wäßrigen Lösung kein Alkali abspalten, ist allgemein
bekannt und unter anderem von B e r t s c h in der Zeitschrift für angewandte Chemie
193z,. Nr. a3, Seite 488, ausdrücklich hervorgehoben worden; diese Eigenschaft beruht
darauf, daß es sich um Alkalisalze ziemlich starker Säuren (Sulfonsäuren) handelt.
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Überraschenderweise hat es sich aber herausgestellt, daß die genannten
Stoffe trotzdem als Entschweflungsmittel wirken. Die entschwefelnde Wirkung kommt
bei den Stoffklassen i bis 3 schon den freien Sulfonsäuren zu; bei der Stoffklasse
4. ist es für das Entschwefeln an sich gleichgültig, ob in der Lösung überhaupt
Säure anwesend ist, ob gerade die zur Bildung des Salzes erforderliche Menge Säure
oder ein Säureüberschuß vorhanden ist und welche Säure zur Salzbildung verwendet
wird. Um aber den Angriff auf Spulen, Bottiche usw. zu vermeiden, verwendet man
gemäß der Erfindung in allen Fällen neutrale Entschweflungsbäder.
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Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht ferner darin, daß nach
der Entschweflung mit den angegebenen Stoffen das Auswaschen des Entschweflungsmittels
und das bisher darauffolgende Avivieren unterlassen wird, so daß also das Entschweflüngsmittel
gleichzeitig die Aufgaben des Avivagemittels übernimmt.
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Statt des bisherigen Entschweflungsbades, der beiden darauffolgenden
Wasserbäder und des Avivagebades tritt also ein einziges Bad, welches gleichzeitig
zum Entschwefeln und Avivieren dient. Hierdurch wird der Arbeitsgang wesentlich
vereinfacht, der Wasserverbrauch, der bei der Kunstseidenerzeugung bekanntlich sehr
umfangreich ist, erheblich vermindert und auch eine Ersparnis an Anlagekosten erzielt.
Darüber hinaus wird auch die Faser wegen der geringeren Anzahl der Bäder sehr geschont.
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Die bekannten Vorzüge der genannten Stoffe als Avivagemittel kommen
bei gleichzeitiger Verwendung zum Entschwefeln ganz besonders zur Geltung. Vor allem
ist das.
# e ichzeitige Entschwefeln und Avivieren mit demselben
Behandlungsbade dann vorteilhaft, wenn man die gesamte Nachbehandlung auf der Spule
oder im Topf durchführt, weil es dabei ganz besonders auf die Reinheit der Behandlungsflüssigkeiten
ankommt. Die nach der Erfindung nachbehandelte Kunstseide zeichnet sich außer durch
ihre Sauberkeit noch ganz besonders durch Weichheit und Geschmeidigkeit aus.