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Verfahren zur Erhöhung der Färbbarkeit von Faserstoffen aus Glas für
organische Farbstoffe Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren, das Faserstoffen
aus Glas, wie Glasseide oder Glasfasern, oder Erzeugnissen aus solchen die Fähigkeit
verleiht, ebenso wie pflanzliche, tierische oder synthetische .organische Fasern
mit organischen Farbstoffen, die in wäßrigem Mittel angewendet werden, gefärbt zu
werden.
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Das vorliegende Verfahren hat den Zweck, die Oberfläche der Glasfaser
in einen solchen aktiven Zustand zu versetzen, daß von ihr so viel von organischen
Farbstoffen aus Lösungen aufgenommen wird, als zu einer satten, leuchtenden Färbung
notwendig ist. Das Verfahren -nach der Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß
die Bildung eines verhältnismäßig dünnen Films kolloidaler Kieselsäure um jede Faser,
wobei dieser Film vorzugsweise aus der Glassubstanz selbst herausgebildet ist, der
Faser die Fähigkeit verleiht, aus Farbstofflösungen Farbstoff dauerhaft zu adsorbieren,
ohne daß die technologischen Eigenschaften der Fasern hierdurch eine feststellbare
Einbuße erleiden.
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Das vorliegende Verfahren beruht demgemäß im wesentlichen darin, daß
die mit Wasser benetzte Glasfaser, Glasseide oder Faser in Form von Geweben, Garnen,
Zwirnen oder Filzen mit wäßriger Fluorwasserstoffsäure oder wässerigen Lösungen
von Alkalifluoriden und Säuren, die Fluorwasserstoffsäure aus den Alkalifluoriden
freimachen, behandelt, ohne zu spülen Alkalihydroxyd auf die geätzte Faser zur Einwirkung
gebracht, diese darauf gespült und getrocknet wird.
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Nach einer besonderen können gegebenenfalls auch nach Art des zur
Färbung herangezogenen Farbstoffes noch Verbindungen in diesen Film kolloidaler
Kieselsäure eingebracht werden, die im gleichen Zeitraum unter sonst gleichen Bedingungen
eine wesentlich tiefere Färbung zu erzielen @erlauben. Dies wird @ dadurch erreicht,
daß man Alkalihydroxydlösungen verwendet, denen Hydroxyde des Kupfers, Zinks, -
Cadmiums, Zinns, Kobalts oder Nickels oder' Salze dieser Metalle zugesetzt sind,
die in Alkalihydroxydlösung Hydroxyde bilden. Man kann auch Fluorwasserstoffsäurelösungen
verwenden, die anorganische oder organische Säuren oder deren wasserlösliche Salze
enthalten.
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Bisher stand einer textilen Verwendung der Glasfäser als Austauschwerkstoff
gegen die üblichen Textilfasern die Tatsache entgegen,
daß diese
und die aus ihr gefertigten textilen Erzeugnisse nur in beschränktem Maße farbig
:ausgerüstet werden konnten.
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Zur Erhöhung der Griffigkeit von Glasfasern, z. B. zum Verspinnen
und Verweben, hat man bereits vorgeschlagen, auf die heißen Fäden oder Fasern Mineralstoffe,
wie Glasstaub. mit oder ohne Zusatz eines Floßmittels aufzustauben. Um Glaswolle
noch griffiger zu machen, kann man sie außerdem noch mit geeigneten flüssigen oder
gasförmigen Ätz- oder Lösungsmitteln, wie Floßsäure, Alkalien, Salzen daraus oder
Gemischen von diesen, behandeln. Dieses Verfahren dient aber allein der Aufgabe
des Griffigmachens, wobei es als gleichgültig angesehen wird, ob neben dem Awfstauben
und Aufschmelzen Floßsäure oder Alkalien oder beide verwendet werden. Der Gedanke,
durch Bildung ,eines Films kolloidaler Kieselsäure in der beschriebenen Weise eine
erhöhte regelbare Aufnahmefähigkeit der Glasfaser für organische Farbstofflösungen
zu erzielen, ist hierdurch nicht nah.eg elegt.
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Es ist an sich bekannt, daß bereits mit Floßsäure allein behandelte
Glasfasern eine erhöhte Färbbarkeit für organische Farbstoffe besitzen, die sich
nicht aus Oberflächenänderungen der Glasfaser durch Ätzung erklären lassen. Außerdem
kann man für Entfärbungszwecke Fällungen kolloidaler Kieselsäure: verwenden, wobei
eine nicht näher untersuchte Haftung der Farbstoffe an dieser beobachet wird. Für
die Färbung der Glasfaser hat man dagegen im wesentlichen Verfahren-angewendet ,
nach denen der Glasschmelze Zusätze an färbenden Metalloxyden oder anderen Stoffen
gegeben wurden, die dem Glasfloß eine bestimmte Färbung verleihen. Durch das Ausziehen
in dünne Fäden geht aber einerseits die Tiefe und Wirkung des Farbtons verloren.
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Andererseits erweist sich die Färbung der Glasmassen, besonders die
Erzielung des Selen-, Kupfer- oder gar Goldrubinrots, unter den Bedingungen der
Glasfaserherstellung fast aussichtslos. Hierzu kommt, daß diese technischen Schwierigkeiten
noch erhöht werden durch die Erschwernisse der Beschaffung der färbenden Glasbestandteile,
so daß die Herstellung von in der Masse gefärbter Glasfaser auch im Hinblick auf
die bekannten Farbtöne Dunkelgelb, Braun, Dunkelblau und Grün unwirtschaftlich ist.
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Es wurde bereits ein Verfahren zur Herstellung hohler Glasfasern vorgeschlagen,
wonach die Hohlräume der Glasfasern zwecks Färbung mit Farb- und Metalldämpfen behandelt
werden. Es ist schließlich auch ein Verfahren bekannt, wonach mittels eines lon-cnaustausches
zwischen der Glasfaser und der Behandlungslösung in die Glasfaseroberfläche Kationen
eingeführt werden. die entweder belbst mit chemischen Verl)iridttngeii anorganische
Pigmente liefern oder aber die Adsorption organischer Stoffe erleichtern, wie nian
eine solche beim Filtrieren durch z. B. lose Glasfasern beobachten kann, wenn es
sich um Lösungen hauptsächlich basischer, aber auch anderer Farbstoffe handelt.
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Die hierfür angewendete Behandlung sieht Arbeitszeiten von 2q. bis
¢ä Stunden zur Entziehung der Ionen aus dem Gefüge des Glases -Lind Einführung der
Kationen, z. B. aus
Ferrosttlfat-, Zinknitrat- oder Kaliumperman- |
aand4-ösunzen vor, durch die jedoch, nach |
dem Griff zu urteilen, das Eintreten einer beträchtlichen Schwächung des Glasgefüges
angenommen lverden muß, welche die technische Verwendung der gefärbten Fasern vollkommen
in Frage stellt. Im übrigen ist schon durch die Behandlung mit destilliertem Wasser
oder Leitungswasser allein nach den Untersuchungen von P. A. K o c h (Glastechnische
Berichte 19 [19q.1], Nr.5, S. I53 bis 164) festgestellt, daß bereits nach Einwirkungs-
Zeiten n ',/,Stunde die Reißfestigkeit dct |
Glas beträchtlich herabgesetzt wird. |
Die nach m bekannten Verfahren vorge- |
seliene Behandlung mit organischen Farbstoffen auf nassem Wege führt auch nicht
zu Färbungen von genügender Lichtechtheit. Die erhaltenen Färbungen entsprechen
ferner nicht den Anforderungen, die üblicherweise an textile Ausfärbungen in der
Farbtiefe gestellt werden.
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Ein besonderer Nachteil dieses bekannten Verfahrens ist vor allem,
wie bereits erwähnt, in der durch die vorgesehene Behandlungsweise nötige lange
Dauer der Einwirkung der Behandlungslösungen zu sehen, durch welche die Glasfasern
teilweise sogar in einen leicht zwischen den Fingern verreiblichen Zustand versetzt
werden. Nach der vorliegenden Erfindung dagegen werden Färbungen mit beliebigen
substantiven, sauren oder basischen Farbstoffen, vorzugsweise in wässriger, aber
auch alkoholischer Lösung in kürzester Zeit erhalten, wobei durch die vorangegangene
Bildung eines Films auf jeder einzelnen Faser eine im Grade ihrer Leuchtkraft weitgehend
einstellbare Dauerfärbung von teilweise vorzüglicher Lichtechtheit und ohne Schädigung
der mechanischen Fasereigenschaften erzielt wird.
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Beispiel I Ein Glasseidengewebe mit einer Fadenstärke von etwa I o,
das von der Schlichte durch Behandeln mit Alkohol, Äther, Petroläther oder Benzol
befreit und gegebenenfalls, um jede Spur einer organischen Substanz zu entfernen,
mit heißer konzentrierter Schwefelsäure
behandelt wurde, wird zur
Färbung mit einem Substantiven Farbstoff in Leitungswasser von Raumtemperatur, .etwa
15 bis 2o° C, eingetragen und darin höchstens 2 Minuten belassen, dann in eine wäßrige
FlußsäuTelösung mit etwa 6% HF-Gehalt auf 2o Sekunden Dauer eingebracht, sofort
mit Leitungswasser abgespült und in eine o,5o/oige wäßrige Lösung von Diaminbraun
M (Schultz, Farbstofftahellen, 7. Aufl., Nr. 412) bei 75 bis 85° C 5 Minuten lang
gefärbt. Man .erhält eine helle, schokoladenbraune Färbung, die-technischen färberischzn
Ansprüchen nicht voll genügt.
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Legt man .dagegen das Glasseidengewebe nach .der Flußsäurebehandlung
ohne zu spülen sofort in n/i-KOH ein, spült nachher mit Leitungswasser und färbt
dann, wie beschrieben, aus, so erhält man eine satte, dunkle, schokoladenbraune
Färbung. Beispiel 2 Ein Gewebe wie oben wird nach Behandlung in Flußsäurelösung
wie im Beispiel i sofort mit Leitungswasser gespült, m eine o,5%ige wäßrige Lösung
von Alizarinreinblau B (S c h u 1 t z, Farbstofftabellen, 7: Aufl., Nr. i 199) eingetragen
und dann 5 Minuten lang bei 75 bis 85° C behandelt. Es zeigt Sich, daß die Glasfaser
vollkommen ungefärbt geblieben-ist.
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Trägt man hiergegen das wie oben mit Flußsäurelösung behandelte Glasseid@engewebe
sofort in n/i-KOH, spült sodann mit Leitungswasser und färbt nachher, wie beschrieben,
so .erhält man eine helle Färbung. Verwendet man ,an Stelle der n/i-Kalilauge eine
Lösung, die aus gleichen Teilen 3o/oiger wäßriger Kupfersulfatlös.ung und n/i-KOH
besteht, so erhält man eine tiefe, satte, kornblumenblaue Färbung.
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Beispiel 3 Glasseide wie oben wird m einem Flußsäurebad behandelt,
das sich aus 7 ccm 4o%iger HF und 9.3 ccm destilliertem Wasser zusammensetzt. Dieses
Bad kann noch o,2 g Borsäure auf iooccm Lösung enthalten.
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Die Behandlung dauert 2o Sekunden. Hierauf wird, ohne zu spülen, in
n/ i-KO H für .die Dauer von 2 Sekunden eingegangen.' Beide Behandlungsbäder besitzen
Raumtemperatur. Nach gründlichem Spülen mit Leitungswasser wird mit einer o,4%igen
wäßrigen Lösung von Oxaminrot (S c h u 1 t z, Farbstofftabellen, 7. Aufl., Nr. 416)
und bei einer Temperatur von 70°C 5Minuten gefärbt. Man .erhält .eine tiefe, rote
Färbung. Beispiel 4 Zum Nachweis dafür, daß die vorbehandelte Glasseide oder Glasfaser
durch vollkommenes Trocknen und Aufbewahrung unter Ausschluß von Feuchtigkeit nicht
die Eigenschaft verliert, von organischen Farbstoffen gefärbt zu -werden, wird Glasseide
zuerst mit dem Atzbad (7 ccm 4o%iger HF und 93 ccm destilliertes. Wasser) und anschließend
mit ;n/i-KOH jeweils 2o Sekunden behandelt, dann gespült und mit .einer wäßrigen
Oxaminrotlösung, die 0,3% Farbstoff enthält, bei 70° C 5 Minuten gefärbt.
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Wird in gleicher Weise vorbehandelte Glasseide von der Feuchtigkeit
befreit und i Woche oder 2 Wochen in einem Exsikkator aufbewahrt, so zeigt sich,
daß die vorbehandelte Glasseide nichts von ihrer Fähigkeit verloren hat, sich rilit
organischen Farbstoffen zu färben.
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Wie weitere Versuche ergaben, ist auch eine Aufbewahrung von mehr
als 2 Wochen ohne färberischen Nachteil für die vorbehandelte Glasseide.