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Verfahren, um Fasern oder Fäden aus Azetylzellulose, gegebenenfalls in Misch- geweben, ein mattes oder wollartiges Aussehen zu geben.
Herzog ("Kunststoffe", 1. Mai 1913) hat bei seinen Untersuchungen über die Wirkung feuchter Wärme auf Seide aus Azetylzellulose festgestellt, dass diese Einwirkung bei höherer Temperatur ein opales, milehiges Aussehen, begleitet von erheblicher Volumenvermehrung, zur Folge hat.
Die gleiche Erscheinung beobachtet man gelegentlich, wenn man Gewebe, die Azetylzelluloseseide allein oder gemischt mit anderen Fasern enthalten, Behandlungen wie Entleimen oder Färben in sehr heissen wässrigen Bädern, die öfters Seifen oder Säuren enthalten, unterwirft.
Da die Azetylzellulosefäden unter diesen Umständen das Aussehen und den Griff von Wolle annehmen, so hat man verschiedene Verfahren vorgeschlagen, um diese Effekte absichtlich hervorzurufen, im besonderen durch Einwirkung wässriger Lösungen von organischen Säuren (insbesondere Essigsäure und Ameisensäure) bei oder in der Nähe der Siedetemperatur.
Die bisher angewendeten Konzentrationen dieser Lösungen organischer Säuren waren verhältnismässig erheblich (8-bis 15% ig), und die höchsten Konzentrationen sollten auch die kräftigste Wirkung hervorrufen, während diese Wirkung durch die Gegenwart von Salzen angeblich gehemmt werden sollte.
Von der Verwendung siedender wässriger Lösungen von Mineralsäuren ist dagegen abgeraten worden.
Es ist nun im Gegensatze zu diesen Angaben vom Erfinder auf Grund sehr zahlreicher Versuche festgestellt worden, dass kochende Lösungen von Mineralsäuren und organischen Säuren bei starker Verdünnung (z. B. Via normal, 1/50 normal, 1/loo normal) auf Azetylzellulosefahern eine kräftige mattierende Wirkung ausüben.
Es ist ferner vom Erfinder beobachtet worden, dass das Aussehen des mattierten Fadens je nach der Art der verwendeten Säure sehr verschieden ausfällt, wie es die Beispiele der folgenden Aufstellung zeigen :
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<tb>
<tb> Säuren <SEP> Konzentration <SEP> % <SEP> Aussehen
<tb> Salzsäure.............. <SEP> n/10 <SEP> 0'365 <SEP> perlmutterglänzend, <SEP> matt, <SEP> wollig
<tb> Phosphorsäure <SEP> n/50 <SEP> 0-066 <SEP> wollig
<tb> Arsenige <SEP> Säure.......... <SEP> n/10 <SEP> 0'33 <SEP> perlmutterglänzend
<tb> Borsäure <SEP> n/10 <SEP> 0'21 <SEP> perlmutterglänzend, <SEP> matt
<tb> Benzoesäure............ <SEP> n/50 <SEP> 0'244 <SEP> ausgesprochen <SEP> matt <SEP> und <SEP> weiss
<tb> Salizylsäure............. <SEP> n/100 <SEP> 0-138 <SEP> ebenso
<tb> NaphthaJinsulfosäure.....
<SEP> n/100 <SEP> 0-208 <SEP> Aussehen <SEP> und <SEP> Griff <SEP> ganz <SEP> wie <SEP> Wolle
<tb> Anthranilsäure......... <SEP> n/100 <SEP> 0'137 <SEP> ebenso, <SEP> aber <SEP> etwas <SEP> weniger <SEP> ausgesprochen
<tb> Pyrogallussäure <SEP> ......... <SEP> n/20 <SEP> 0-21 <SEP> wolliger <SEP> Griff <SEP> ; <SEP> Aussehen <SEP> wie <SEP> Rohwolle
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Leider dürfen die stark verdünnten, kochenden Säurelösungen trotz der angegebenen bemerkenswerten Ergebnisse nicht ohne weiteres verwendet werden, weil, wenn man ein regelmässiges mattes Aussehen der Azetylzellulosefasern erzielen will, eine sehr beträchtliche Verminderung der serimetrisehen Eigenschaften eintritt, in gewissen Fällen sogar derart, dass die Gewebe oder Fäden zum Gebrauche gänzlich ungeeignet werden.
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren, mit dessen Hilfe es gelingt, die verschiedenartigen, rasch eintretenden, mattierenden Einwirkungen von sehr verdiinnten kochenden wässrigen
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Säurelösungen auf Azetylzellulosefasern zu verwerten, ohne dabei die Eigenschaften der behandelten Azetylzellulosefaser zu beeinträchtigen.
Gemäss der Erfindung wird dieser Zweck dadurch erreicht, dass man die Fasern oder Fäden aus Azetylzellulose oder die solche Fäden enthaltenden Gewebe 2 bis 24 Stunden lang bei gewöhnlicher Temperatur in eine wässrige Lösung von Kalzium-, Lithium-oder Magnesiumchlorid von 10 bis 30% Konzentration eintaucht, worauf man die Fäden oder Gewebe 1 bis 20 Minuten lang der Einwirkung eines siedenden wässrigen Säurebades aussetzt, dessen Konzentration sich je nach der verwendeten Säure ändern kann, die aber n/10 nicht übersteigt.
Bei diesem Verfahren beobachtet man auf den Fasern, Fäden oder Geweben dieselben, vorstehend aufgeführten verschiedenen Mattierungswirkungen immer in gleicher Stärke und vollkommener Regelmässigkeit, ohne dass die Faser oder der Faden etwas von seinen guten Eigenschaften verloren hat ; insbesondere bleibt sein Dehnungskoeffizient praktisch vollkommen unverändert.
Da die Wirkung der Chloride des Magnesiums und des Lithiums unter den Bedingungen des vorliegenden Verfahrens sehr ähnlich derjenigen des Chlorkalziums ist, so gilt alles, was in der Folge vom Kalziumchlorid gesagt wird auch gleichzeitig von den Chloriden des Magnesiums und Lithiums.
Wenn die Faser, der Faden oder das Gewebe aus Azetylzellulose nach dem Austreten aus der kalten wässrigen Chlorkalziumlösung gespült und ohne Streckung getrocknet wird, weist er denselben Glanz und denselben Griff auf, den die Faser oder das Gewebe vor dem Eintauchen in die Chloridlösung zeigte.
Die Konzentration der wässrigen Chlorkalziumlösung kann auch etwas unter 10% liegen, aber es ist vorzuziehen, eine Konzentration zwischen 10 und 30% zu wählen, weil hiemit die gleichmässigsten Ergebnisse erhalten werden.
Je stärker die Fäden gedreht sind, und je dichter die Gewebe sind, desto länger muss man sie in dem wässrigen Chlorkalziumbad belassen.
Was die Konzentration der wässrigen Säurebäder betrifft, so hat man im allgemeinen beobachtet, dass die günstigsten Konzentrationen bei einer Behandlung mit kochenden, wässrigen Mineralsäurelösungen, obschon sie nicht n/10 übersteigen, doch höher sind als die bei der Anwendung von Lösungen organischer Säuren verwendeten, für die oft eine Konzentration von n/100 oder noch weniger genügt.
Bei dieser Behandlung tritt keinerlei Desazetylierung der Faser ein ; ihr Verhalten beim Färben bleibt durchaus dasjenige, das der Azetylzellulose eigen ist.
Das Verfahren ist vom wirtschaftlichen Standpunkt aus besonders bemerkenswert ; infolge der
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der flüchtigen Säuren auf ein Minimum erniedrigt, abgesehen davon, dass man auch verminderte Säuremengen verbraucht. Anderseits ermöglicht die kurze Dauer der Behandlung eine bessere Ausnutzung der Einrichtung ; diese wird zudem sehr wenig angegriffen, weil man nur mit verdünnten Säuren arbeitet.
Beispiel 1 : Ein Satin mit Kette aus Azetylzellulose und Einschlag aus Baumwolle wird nach Entleimen 12 Stunden lang in eine Chlorkalziumlösung von 30% eingelegt und dann ausgedrückt. Man behandelt darauf 20 Minuten lang mit kochender n/10-Borsäure. Nach dem Spülen und Trocknen hat der Satin ein ganz besonderes, mattes, perlmutterartiges Aussehen angenommen, ohne dass die Festigkeit sich verringert hätte.
Beispiel 2 : Ein Samt, dessen Haar (Flor) aus Azetylzellulose besteht, wird während 4 Stunden in ein 20% iges Chlorkalziumbad gelegt ; hienach wird die Ware ausgedrückt und während 10 Minuten in eine kochende n/100 Benzoesäurelösung getaucht. Der Samt ist hienach matt, und diese Mattheit bleibt auch erhalten, wenn man den Samt nach irgendeinem gebräuchlichen Färbeverfahren mit einem zur Färbung von Azetylzelluloseseide-Mschgeweben geeigneten Farbstoff ausfärbt.
Beispiel 3 : Ein Krepp mit Azetatkette und Seideneinschlag wird nach dem Entleimen während 24 Stunden in ein Chlorkalziumbad von 10% gelegt, gewaschen und geschleudert und darauf 15 Minuten lang mit einer kochenden n/100-Lösung von ss-NaphthaIinsuIfosäure behandelt. Das Gewebe nimmt hiebei ein sehr gleichmässiges mattes Aussehen an ; der Griff wird wollig und äusserst weich und warm. Man kann es nach allen gebräuchlichen Verfahren färben.
Beispiel 4 : Ein Strang von Azetylzelluloseseide wird 5 Stunden lang in eine wässrige 10% ige Chlorkalziumlösung gelegt, darauf ausgeschleudert und 20 Minuten lang in eine kochende, 1/"normale Salzsäurelösung eingetaucht. Nach 20 Minuten hat der Strang ein milchiges und perlmutterartiges Aussehen angenommen, dabei aber seine Festigkeit und seine färberischen Eigenschaften beibehalten.
Die Behandlung mit Salzsäure ist natürlich bei gewissen Mischgeweben zu vermeiden, da kochende Lösungen von verdünnter Salzsäure z. B. auf Baumwolle und Viskose einen schlechten Einfluss ausüben.
Beispiel 5 : Azetatseide wird während 8 Stunden in eine 20% ige wässrige Kalziumehloridlösung gelegt, sodann ausgewrungen und 15 Minuten in eine kochende n/20-Lösung von Pyrogallussäure getaucht. Man spült die Seide hienach mit Wasser ab und lässt sie in einem 700 C heissen Luftstrom trocknen.
Die Seide ist matt geworden und hat die Farbe von Rohwolle angenommen, ähnlich derjenigen
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Beispiel 6 : Ein Gewebe von leinenartiger Webart, mit Kette und Einschlag aus Azetylzellulose wird 3 Stunden lang in eine 10% ige wässrige Lösung von Kalziumchlorid gelegt, sodann gespült und ausgedrückt. Hierauf taucht man die Ware 10 Minuten lang in eine siedende n/50 Pyrogallussäurelösung, spült sie, drückt sie aus und trocknet sie an kalter Luft. Das Gewebe ist etwas matt geworden und hat das Aussehen eines aus Rohseide gewebten Stoffes, wie die Tussah-Seide", angenommen.
PATENT-ANSPRÜCHE :
1. Verfahren, um Fasern oder Fäden aus Azetylzellulose, gegebenenfalls in Mischgeweben, ein mattes oder wollartiges Aussehen zu geben, dadurch gekennzeichnet, dass man die Fasern usw. zunächst bei gewöhnlicher Temperatur in eine wässrige 10 bis 30%igeLösung von Kalzium-, Lithium-oder Mag- nesiumchlorid legt, und sodann 1 bis 20 Minuten in eine kochende wässrige Säurelösung eintaucht, deren Konzentration je nach der Art der verwendeten Säure verschieden sein kann, jedoch n/10 nicht übersteigt.