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Mykophenolatmofetil
(MMF; Registriernummer 128794-94-5), der Ester der Mykophenolsäure (MPS; Registriernummer
24280-93-1) mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin (Registriernummer 622-40-2)
ist ein Immunsuppressivum, das gegenwärtig bei der Behandlung von
Patienten, die eine Nierentransplantation erhalten haben, verwendet
wird.
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Nach
oraler Verabreichung wird MMF zu MPS hydrolysiert, die das tatsächliche
immunsuppressive Mittel ist, weil sie ein starker Inhibitor der
Inosinmonophosphatdehydrogenase ist (B. J. Bornes, A. E. Eakin,
R. A. Izydore und I. H. Hall Biochemical Pharmacology, 62, (2001),
S. 91–100).
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MMF
wurde zum ersten Mal im
US-Patent
4,753,935 (1987, dem das Patent
EP 028713B1 entspricht) beschrieben:
In dem Patent wird die Herstellung von MMF mittels des konventionellen
Verfahrens der Veresterung von MPS mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
beschrieben. Dieses Verfahren sieht die Kondensation zwischen MPS
und N-(2-Hydroxyethyl)morpholin mittels des Säurechlorids der MPS oder mittels
der Verwendung eines Kondensationsmittels, wie z. B. Dicyclohexylcarbodiimid,
vor. Dieses Syntheseverfahren hat allerdings den Nachteil, dass
es neben der Bildung des gewünschten
Produkts wegen der gleichzeitigen Anwesenheit eines phenolischen
Hydroxyls und einer Lactonfunktion zusätzlich zu der Carboxylgruppe
im Molekül
zu einer Reihe von sekundären
MPS-Polykondensationsprodukten führt.
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Um
dieses Problem zu lösen,
sind kürzlich
alternative Verfahren zur Herstellung von MMF entwickelt worden.
Einige Verfahren, die in den Patentanmeldungen
WO 00-34503 (2000) und
WO 03-042393 (2003) beschrieben
werden, berichten über
die Herstellung von MMF unter Verwendung eines biokatalytischen
Verfahrens durch die Reaktion zwischen MPS und N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
mittels enzymatischer Katalyse. Dafür ist bekannt, dass viele hydro lytische
Enzyme, wie z. B. Lipasen, Esterasen oder Proteasen, die heutzutage einfach
kommerziell erhältlich
sind, die in organischen Lösungsmitteln
und unter strenger Kontrolle der Versuchsbedingungen (dem Wassergehalt,
dem pH, der Temperatur, der Gegenwart von Tensiden und Wasserscavengern)
verwendet werden, nicht nur in der Lage sind, die Hydrolyse von
nicht natürlichen
Substraten durchzuführen,
sondern auch die Synthese von Estern zu katalysieren (Klibanov A.
M. CHEMTECH, 1986, 16, 354; Schopineau J., McCafferty F. D., Therisod
M., Klibanov A. M. Biotechnol. und Bioeng. 1988, 31, 208; Therisod
M., Klibanov A. M. Journal of Chemical American Society, 1987, 109,
3977).
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Allerdings
sind diese enzymatischen Verfahren auch nicht vollkommen zufriedenstellend,
weil die Gegenwart von Wasser, das während der Veresterungsreaktion
entsteht oder im Reaktionsmedium enthalten ist, einen beachtlichen
Einfluss auf den Grad des Fortschritts der Reaktion hat, während die
Verwendung eines Tensids in dem Reaktionsmedium die nachfolgenden
MMF-Aufreinigungsverfahren aus dem Reaktionsrohprodukt erschweren
kann. Zusätzlich
kann die Art des verwendeten organischen Lösungsmittels einen starken Einfluss
auf die Reaktionskinetik und die katalytische Effizienz des Enzyms
haben, was in einigen Fällen
zu langen Reaktionszeiten führt,
um einen Grad des Fortschritts der Reaktion zu erzielen, der für die Anwendung dessen
in industriellen Schlüsselherstellungen
annehmbar ist.
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Wir
entschieden daher zu ermitteln, ob es nicht möglich wäre, geeignete Versuchsbedingungen
zu finden, die uns ermöglichen
würden,
die Herstellung von MMF durch die Verwendung von Enzymen, mittels
einer Durchführung
in Abwesenheit von Tensiden und ohne strenge Kontrolle der pH-Bedingungen
und der Gegenwart von Wasser im Reaktionsmedium durchzuführen. Weil
die Literatur zahlreiche Beispiele der Anwendung von enzymatischen
Umesterungsreaktionen, die von Lipasen katalysiert werden, in der
organischen Chemie beschreibt, entschieden wird, zu ermitteln, ob
dieser Ansatz auch erfolgreich für
die Herstellung von MMF eingesetzt werden könnte (E. Santaniello, P. Ferraboschi
und P. Grisenti. Enzyme Microb. Technol. 1993, Band 15, S. 367–382). Um
dieses zu tun, wäre
es nötig
gewesen, die geeignetsten hydrolytischen Enzyme für die Durchführung von
sowohl der MPS-Veresterungsreaktion mit einem einfachen Alkohol
als auch die nachfolgende Umesterung mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
zu identifizieren.
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Während des
Studiums verschiedener Reaktionsbedingungen für die enzymatische Veresterung
von MPS mit verschiedenen aliphatischen Alkoholen und während der
Verwendung verschiedener Lipasen (Triacylglycerollipasen, EC 3.1.1.3)
als dem enzymatischen Katalysator, ermittelten wir überraschenderweise,
dass die Veresterung, katalysiert von Candida antarctica-Lipase
(CAL B, Novozym 435), von MPS mit aliphatischen Alkoholen mit einem
niedrigen Molekulargewicht, wie z. B. Ethanol oder Methanol, in
von 30 bis 40 Stunden quantitativ zu den entsprechenden Ethyl- oder
Methylestern führt.
Dieses Verfahren, das denselben aliphatischen Alkohol (d. h. Methanol
oder Ethanol) als einziges Reaktionslösungsmittel verwendet, wird
durch die Bildung von Wasser, das in der Reaktionsumgebung gebildet
wird, nicht signifikant beeinträchtigt
und erfordert nicht die Verwendung eines Tensids.
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Zusätzlich ermöglichte
CAL B uns, bei den Versuchsbedingungen, außer der Verwendung von Isopropanol,
2,2,2-Trifluorethanol, 2,2,2-Trichlorethanol, n-Propanol und n-Butanol
als Reaktionslösungsmittel,
die wir verwendeten, analog zu der Verwendung von Methanol und Ethanol,
die entsprechenden MPS-Ester zu erhalten.
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Die
nachfolgende Umesterungsreaktion dieser MPS-Ester mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
in Tetrahydrofuran (THF), immer noch katalysiert durch CAL B, erwies
sich als geeignet, ohne die Verwendung eines Tensids oder die Verwendung
in einer wasserfreien Umgebung vorzusehen, quantitativ zu MMF zu
führen, (1).
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Die
Spezifität
zwischen MPS und CAL B war um so mehr überraschend, wenn man berücksichtigt, dass
unter den gleichen Versuchsbedingungen andere Lipasen, wie z. B.
Pseudomonas cepacia-Lipase (PCL) oder Candida rugosa-Lipase (CRL) sich
nicht in der Lage zeigten, zu den entsprechenden Methyl- oder Ethylestern
zu führen
oder die Umesterungsreaktion mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin zu
katalysieren.
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Solche
Lipasen, die in der Literatur dafür bekannt sind, dass sie in
der Lage sind, Veresterungs- und Umesterungsreaktionen von verschiedenen
nicht natürlichen
Substraten zu katalysieren, sind anscheinend nicht in der Lage,
unter den Versuchsbedingungen, die wir verwendeten, MPS in ihr aktives
Zentrum aufzunehmen.
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Die
MPS-Veresterungsreaktion wird auf eine typische Weise unter Verwendung
von CAL B als Enzym und einem geeigneten Alkohol als Lösungsmittel,
bevorzugt einem C1-C4-Alkylalkohol
oder einem halogenierten Derivat davon, durchgeführt. Die bevorzugte Menge des
verwendeten Enzyms beträgt
von 20 bis 60 mg pro mmol MPS, bevorzugt 53 mg. Die MPS-Konzentration
beträgt
von 0,05 bis 0,2 mol/l, bevorzugt 0,1 mol/l. Die Reaktion wird unter
Rühren
bei einer Temperatur von 15 bis 45°C, bevorzugt 30°C, für einen
Zeitraum von 30 bis 40 Stunden durchgeführt. Die Reaktion wird durch
die Entfernung des Enzyms mittels Filtration und Konzentrierung
des Filtrats unter Vakuum abgeschlossen.
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Die
Umesterungsreaktion von MPS-Estern mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
wird auf eine typische Weise unter Verwendung von CAL B als Enzym
und einem aprotischen polaren organischen Lösungsmittel, bevorzugt mit
einem log P von weniger als 0,5 und noch stärker bevorzugt THF oder 1,4-Dioxan,
durchgeführt.
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Die
bevorzugte Menge des verwendeten Enzyms beträgt von 50 bis 150 mg pro mmol
Substrat, bevorzugt 107 mg. Die Konzentration des Substrats beträgt von 0,1
bis 0,3 mol/l, bevorzugt 0,25. Das Molverhältnis zwischen dem MPS-Ester
und N-(2-Hydroxyethyl)morpholin beträgt von 0,2 bis 0,4, bevorzugt
0,3. Die Reaktion wird unter Rühren
bei einer Temperatur von 15 bis 45°C, bevorzugt bei von 25 bis
30°C, für einen Zeitraum
von 24 bis 36 Stunden durchgeführt
und wird dann durch die Entfernung des Enzyms mittels Filtration und
Konzentrierung des Filtrats unter Vakuum abgeschlossen. Alternativ
kann die MPS-Veresterungsreaktion und die nachfolgende Umesterungsreaktion
mit N-(2-Hydroxyethyl)morpholin unter Wiederverwendung des gleichen
Enzyms ohne, im Vergleich zur Verwendung als "frisches" Enzym, scheinbaren Verlust der enzymatischen
Aktivität
durchgeführt
werden.
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Zusätzlich kann
CAL B unter den oben beschriebenen Versuchsbedingungen in mehreren
Verwendungszyklen sowohl bei der Veresterung als auch bei der Umesterung
ohne jeden nennenswerten Verlust katalytischer Aktivität verwendet
werden.
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Experimenteller Teil
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Beispiel 1
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Herstellung von Mykophenolsäureethylester
(2)
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1,01
g (3,15 mmol) MPS werden unter Rühren
bei einer Temperatur von 30°C
in 37,5 ml reinem Ethanol gelöst
und dann werden 170 mg CAL B hinzugefügt. Die Reaktionsmischung wird
unter starkem Rühren für 40 Stunden
bei einer Temperatur von 30°C
gehalten und dann wird die Reaktion abgeschlossen: das Enzym wird
mittels Filtration entfernt und die filtrierte Lösung wird unter Vakuum unter
Gewinnung eines öligen Rückstandes
konzentriert. Der ölige
Rückstand
wird mit Dichlormethan (20 ml) aufgenommen und die erhaltene organische
Lösung
wird in dieser Reihenfolge mit einer gesättigten Natriumbicarbonatlösung (15
ml) und dann mit Wasser gewaschen. Die organische Phase wird dann über Natriumsulfat
getrocknet, filtriert und unter Vakuum unter Gewinnung von 1,042
g (2,99 mmol; 95% Ausbeute) Mykophenolsäureethylester (2) konzentriert,
der direkt ohne jede weitere Aufreinigung im nächsten Syntheseschritt verwendet
wird.
Elementaranalyse berechnet für C19H24O6: C = 65,50;
H = 6,94; O = 27,55. Ist: C = 65,42; H = 6,90; O = 27,44.
Massenspektrum
(analytische Fragmente): 349 (m + 1), 348 (Molekülion), 303 (m – 45)
1H-NMR (500 MHz) CDCl3:
1,16 (t, 3H, CH3-CH2-),
1,76 (s, 3H, CH3-C=), 2,15 (s, 3H, CH3-Ar),
2,26 (m, 2H, CH2-C=), 2,35 (m, 2H, CH2CO), 3,35 (d, 2H, CH2Ar),
3,75 (s, 3H, OCH3), 4,04 (q, 2H, CH3-CH2O), 5,16 (s,
2H, ArCH2O), 5,20 (t, 1H, CH=).
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Die
folgenden MPS-Ester wurden ebenfalls in analoger Art und Weise hergestellt:
Methylester, 2,2,2-Trifluorethylester, 2,2,2-Trichlorethylester,
Propylester, i-Propylester, n-Butylester.
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Methylester (1)
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- Elementaranalyse berechnet für C18H22O6: C = 64,66;
H = 6,63; O = 28,71. Ist: C = 64,59; H = 6,54; O = 28,65
- Massenspektrum (analytische Fragmente): 335 (m + 1), 334 (Molekülion), 303
(m – 31).
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n-Propylester (3)
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Elementaranalyse
berechnet für
C20H26O6:
C = 66,28; H = 7,23; O = 26,49. Ist: C = 66,18; H = 7,15; O = 26,37
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Massenspektrum
(analytische Fragmente): 363 (m + 1), 362 (Molekülion), 319 (m – 43),
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Isopropylester (4)
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- Elementaranalyse berechnet für C20H26O6: C = 66,28;
H = 7,23; O = 26,49. Ist: C = 66,20; H = 7,17; O = 26,40.
- Massenspektrum (analytische Fragmente): 363 (m + 1), 362 (Molekülion), 319
(m – 43).
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2,2,2-Trifluorethylester (5)
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- Elementaranalyse berechnet für C19H21F3O6:
C = 56,72; H = 5,26; F = 14,17; O = 23,86. Ist: C = 56,63; H = 5,18;
F = 14,11; O = 23,80.
- Massenspektrum (analytische Fragmente): 403 (m + 1), 402 (Molekülion), 303
(m – 99).
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2,2,2-Trichlorethylester (6)
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- Elementaranalyse berechnet für C19H21Cl3O6:
C = 50,52; H = 4,69; Cl = 23,54; O = 21,25. Ist: C = 50,43; H = 4,65;
Cl = 23,45; O = 21,14.
- Massenspektrum (analytische Fragmente): 458 (m + 6), 456 (m
+ 4), 454 (m + 2), 452 (Molekülion),
303 (m – 149).
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n-Butylester (7)
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- Elementaranalyse berechnet für C21H28O6: C = 67,00;
H = 7,50; O = 25,50. Ist: C = 66,92; H = 7,42; O = 25,40.
- Massenspektrum (analytische Fragmente): 377 (m + 1), 376 (Molekülion), 303
(m – 73).
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Beispiel 2
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Herstellung von MMF mittels Umesterung
von Mykophenolsäureethylester
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195
mg (0,56 mmol) Mykophenolsäureethylester
werden unter Rühren
bei einer Temperatur von 25 bis 30°C in wasserfreiem THF (2 ml)
gelöst.
60 mg CAL B und 0,23 ml (249 mg, 1,9 mmol) N-(2-Hydroxyethyl)morpholin
werden dann hinzugefügt.
Die Reaktionsmischung wird unter Rühren für 35 Stunden bei einer Temperatur
von 25 bis 30°C
gehalten. Nach diesem Zeitraum wird die Reaktion abgeschlossen:
das Enzym wird mittels Filtration entfernt und die filtrierte Lösung wird
unter Gewinnung eines öligen
Rückstandes
unter Vakuum konzentriert. Der ölige
Rückstand
wird mit Dichlormethan (20 ml) aufgenommen und die erhaltene organische
Lösung
wird in dieser Reihenfolge mit einer gesättigten Natriumbicarbonatlösung (15
ml) und dann mit Wasser gewaschen. Die organische Phase wird dann über Natriumsulfat
getrocknet, filtriert und unter Gewinnung von 206 mg (0,45 mmol;
82% Ausbeute) MMF unter Vakuum konzentriert. Für analytische Zwecke wird dieses
Produkt mittels Chromatographie über
Silikagel (1/100 = p/p) aufgereinigt: mittels Elution mit Dichlormethan/Methanol
= 96/4 v/v, 143 mg aufgereinigtes MMF werden zurückgewonnen.
1H-NMR
(500 MHz) CDCl3: 1,80 (s, 3H, CH3-C=), 2,18 (s, 3H, CH3-Ar),
2,20–2,45
(m, 4H, CH2-N und CH2-C=), 2,48
(m, 4H, 2 CH2-N), 2,60 (m, 2H, CH2CO), 3,40 (d, 2H, CH2Ar),
3,78 (m, 4H, CH2O), 3,80 (s, 3H, OCH3), 4,20 (t, 2H, CH2O),
5,15–5,30
(m, 3H, CH2O und CH=).
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MMF
wurde in analoger Art und Weise mittels Umesterung, auch ausgehend
von den folgenden MPS-Estern hergestellt: Methylester, 2,2,2-Trifluorethylester,
2,2,2-Trichlorethylester, n-Propylester, i-Propylester, n-Butylester.