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Eidotterersatz für die Herstellung von Leder Die Verwendung von Eidotter
in der Weißgerberei ist uralt und begründet in der feinen Verteilung des Eieröls,
das im Dotter als IJmulsion vorliegt, sich 'mit Wasser leicht mischt und dadurch
-in hohem Grade geeignet ist, die Blöße zu durchdringen und ihr im Gerbungsverfahren
jenen unerreichten Grad von Feinheit und Weichheit zu erteilen, der sich bisher
nur mit dem Dotter erzielen ließ und für die Feinlederindustrie, beispielsweise
die Glacegerberei, unerläßliche Vorbedingung ist.
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Das Ausgangsmaterial für das verwendete Eigelb bilden die bei der
Albumingewinnung erhaltenen Gemenge von Hühner- und Entendotter, die mit Salz und
Borax konserviert als sogenannte Faßeier für den vorliegenden Zweck in den Handel
kommen.
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Der Dotter besitzt aber geringe Haltbarkeit und gerät leicht in stinkende
Gärung oder wird von Pilzwucherungen befallen. Er enthält rund 5o0/0 Wasser, das
nicht nur nutzlosen Ballast darstellt, sondern auch als Ursache der geringen Haltbarkeit
des Dotters schädlich wirkt. Es ist zu berücksichtigen, daß die Hälfte der Trockensubstanz
im Dotter aus Stickstoffsubstanz besteht, die mit -dem Wasser und den Salzen des
Dotters einen vorzüglichen Nährboden für alle möglichen Keimwucherungen abgibt.
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Man hat deshalb seit langem nach Ersatzmitteln. gesucht, die bei genügender
Emulgierbarkeit die geschilderten Mängel nicht aufweisen.
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So erwähnt bereits W. F. Gintl in seinem Handbuch der Weißgerberei
@ 1873 (Weimar) Versuche zur Herstellung haltbarer Emulsionen aus Weizenmehl und
fetten Ölen sowie die Verwendbarkeit des frischen Käsestoffes für den gedachten
Zweck, während P r o c t e r Eieröl durch eine Mischung von Oliven- und Palmöl ersetzen
will.
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Einen Schritt weiter auf diesem Wege stellt das aus der Patentschrift
172 578 bekannte Verfahren dar, bei dem leicht aufgeschlossene Klebersubstanz zur
Bindung von Ölen verwendet und die erhaltenen festen Emulsionen als Ersatz von Eidotter
in der Weißgerberei dienen, ähnlich wie dies bereits früher in den Patentschriften
15o 554,15o 763, 152 596 vorgeschlagen wurde, die sich auf die Emulgierung, von
Rizinusöl bzw. von halogenisierten Ölen mit Magermilch und ähnlichen Stoffen beziehen.
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Alle diese Versuche haben zu einem durchgreifenden Erfolge nicht geführt
und auch nicht führen können, weil die näheren Bedingungen, die für die Zustandsform
der Dotteremulsion charakteristisch sind und die leichte Emulgierbarkeit des Dotterfettes
gewährleisten, unberücksichtigt blieben bzw. nicht völlig erkannt waren. So äußert
sich denn Lauffmann in seinem Abschnitt über die Gerberei im IV. Band des Ergänzungswerkes
zur Musprattschen Enzyklopädie 1915, S. 462, bei Betrachtung dieser Ersatzstoffe
wörtlich: »Für das. auch in Form der Faßeier noch teure Eigelb hat man schon seit
langem ohne besonderen Erfolg Ersatzstoffe zu finden gesucht.« Es wurde nun- gefunden,
daß durch Eintropfen von lecithin= oder sterinhaltigen, pflanzlichen oder tierischen
Ölen oder (geschmolzenen) Fetten, z. B. Sojabohnenöl, Dorschlebertran, Fischrogenöl
u. dgl., in heißen, gegebenenfalls
denaturiertenAlkohol, Abtrennen
der ungelösten Anteile und Abdestillieren des Alkohols aus den entstandenen Lösungen
gewonnene Öle oder Fette hinsichtlich ihrer Ernulgierbarkeit vollwertige Ersatzstoffe
für Eidotter in der Lederindustrie bilden, vor dem Eidotter aber noch den besonderen
Vorzug fast unbegrenzter Haltbarkeit bieten. Diese Ersatzstoffe bestehen aus Glyceriden,
Phosphatiden und Sterinen. Der Gehalt an Sterinen ist für die günstige Wirkung der
Stoffe in der Lederindustrie von besonderer Wichtigkeit.
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Ein aus Eieröl in der erwähnten Weise bereitetes Stoffgemisch hat
z. B. folgende Eigenschaften bzw. Zusammensetzung: Löslichkeit :i: io : in Äther
klar, mit einer Spur feinen, weißen Rückstandes; in Alkohol abs. trübe Lösung, geringer
weißer, körniger Bodensatz; in Benzin trübe Lösung, Spur eines weißen. Bodensatzes;
in Chloroform klar, bis auf einige weiße Flöckchen; in Benzol vollkommen klar gelöst,
Lecithin . . . . . . . . . . . . . 5o bis 6o 0/0, Cholesterin .... -...... io bis
15 %, fettes Öl . . . . . . . . . . . .3o bis qo 0/0. Diese Produkte stellen bei
gewöhnlicher Temperatur zähe, schmiegsame Massen von rotbrauner Farbe dar, die mit
fettem Öl je nach Bedarf verdünnt werden können, ohne ihre Emulgierbarkeit zu verlieren.
Ein solches annähernd zu gleichen Teilen mit fettem Öl verdünntes Produkt zeigt
folgende Zusammensetzung Asche . . . . . . . . . . . . . . . 2,98 0/0, Feuchtigkeit
. . . . . . . . . . . z,310(0, Lecithin. . : . . . . . . . . . . . . .32,65 0/0.
Cholesterin . . . . . . . : . . . . . . 4,000/0, fettes Öl . . . . . . . . . . .
. . . . 63,35%, Verseifungszahl . . . . . . . . .19235. In einem praktisch durchgeführten
Versuch wurde z. B. eine Gare verwendet, welche aus 7 Teilen Alaun, 6 Teilen Mehl,
i,75 Teilen Kochsalz und an Stelle der sonst verwendeten 20 Teile Eidotter 3 Teile
des obigen Stoffgemisches enthielt.
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Das Ersatzmittel hat sich sehr gut bewährt. Im Vergleich zu Häuten,
die mit gewöhnlichem Dotter behandelt wurden, sind die aus vorstehender Gare erhaltenen
Felle auffallend weich, schmiegsam und wollig. Das Leder ist vorzüglich haltbar
und zeigt nicht den geringsten Fehler.
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Durch ein älteres Patent ist die Maßnahme geschützt, beimEinfetten
vonLederan Stelle von Eidotter Mischungen von fettem Öl und Lecithin zu verwenden.
Die Verwendung von Mischungen, welche neben fettem Öl und Phosphatiden Sterine enthalten,
ist in dem älteren Patent nicht erwähnt. Es ist sogar vorgesehen, zwecks Herstellung
von Eidotterersatzmitteln Fischrogen mittels Aceton erschöpfend auszuziehen und
den ungelösten Rückstand zu dem Eidotterersatzmittel- zu verarbeiten. Bei dem Ausziehen
mit Aceton wird aber das im Fischrogen enthaltene Cholesterin restlos entfernt.
Das Patent erwähnt zwar auch zu gleichem Zweck die Verwendung von Sojaschlamm, welcher
durch Abschleudern und Trocknen von der Hauptmenge des fetten Öles und vorhandenen
Wassers befreit worden ist. Das so erhaltene Erzeugnis enthält zwar Sterin; diese
Tatsache kommt in dem älteren Patent aber nicht zum Ausdruck und war ebenso wie
ihre Bedeutung für die beabsichtigte Wirkung dem Erfinder des äl-
teren Patents
offenbar nicht bekannt. Zudem ist der Gehalt des wie -angegeben behandelten Sojaschlammes
ans Sterin wesentlich geringer als der Steringehalt . der, gemäß vorliegender Erfindung
als Eidotterersätzmittel verwendeten Stoffgemische, selbst wenn diese, was keineswegs
erforderlich ist, aus Sojabohnenöl hergestellt sind.
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Es ist auch bekannt; die gegerbten rohen Häute nachträglich zwecks
Vervollständigung des Gerbungsprozesses sowie um die Weichheit und Schmiegsamkeit
des Leders zu verbessern einem Fettungsprozesse, zu unterwerfen. Hierzu haben sich
bislang die teilweise oxydierten Tranabfälle von der Sämischgerberei am besten bewährt,
weil Tran infolge seiner stark ungesättigten Fettsäureradikale leicht zur Sauerstoffbindung
neigt und dadurch den Nachgerbungsprozeß günstig beeinflußt.
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Als Ersatz dieser übelriechenden Tranabfälle haben sich die vorbenannten
Sterinphosphatidemulgenzien als ganz besonders geeignet erwiesen, insbesondere infolge
ihres Reichtums an ungesättigten Fettsäuren. Die Gemenge können entweder direkt
oder in passendem Mischungsverhältnis mitWasser, Talg oder Soda an Stelle von Degras
oder in Mischung mit diesem Verwendung finden.