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Ein Reibradgetriebe enthaltende Multiplikationseinrichtung, insbesondere
für artilleristische Zwecke Man hat bisher Reibradgetriebe in mechanischen Recheneinrichtungen
ausschließlich zur Bildung der zeitlichen Änderung einer Veränderlichen (Differentialquotient)
oder auch zur Integration des Zeitintegrals einer Veränderlichen benutzt. Wollte
man das Ergebnis, welches mit einem Reibradgetriebe erhalten wird, also den Differentialquotienten
einer Veränderlichen nach der Zeit oder den Integrationswert einer Veränderlichen
über die Zeit, mit irgendeiner zweiten Veränderlichen multiplizieren, so war man
bisher genötigt, hierfür ein zusätzliches Multiplikationsgetriebe zu verwenden,
beispielsweise ein solches, welches nach dem Prinzip der Bildung ähnlicher Dreiecke
arbeitet.
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Die Erfindung bezweckt, derartige Einrichtungen wesentlich in der
Richtung zu vereinfachen, daß das Reibradgetriebe selbst so ausgebildet wird, daß
es zur Multiplikation von beliebig viel veränderlichen Größen ohne Verwendung einer
zusätzlichen Multiplikationseinrichtung geeignet wird. Dies wird gemäß der Erfindung
dadurch erreicht, daß die mit gleichbleibender Geschwindigkeit laufende Antriebsmaschine
(Motor oder Uhrwerk o. dgl.) über mindestens zwei axial verschiebbar gelagerte Reibrollen
eine Anzeigevorrichtung für den einen Faktor des zu bildenden Produktes antreibt,
derart, daß bei Einstellung der ersten Reibrolle entsprechend dem zweiten Faktor
die axiale Verschiebung der zweiten Reibrolle das Produkt aus diesem Faktor ist
und dem an der Anzeigevorrichtung eingestellten Faktor proportional ist. Will man
eine Veränderliche mit der zeitlichen Änderung einer zweiten Veränderlichen multiplizieren,
so kann man die Anzeigevorrichtung für die zeitliche Änderung der zweiten Veränderlichen
in der Weise ausbilden, daß ein über die beiden Reibräder angetriebener Gegenzeiger
mit einem die Veränderliche selbst anzeigenden Hauptzeiger durch Verstellen der
zweiten Reibrolle in Deckung gehalten wird. Zweckmäßig wird ein und dieselbe Reibscheibe
von der ersten Reibrolle, also mit veränderlicher Geschwindigkeit, angetrieben und
zum Antrieb der zweiten Reibrolle benutzt. Zur Entlastung der ersten Reibrolle schaltet
man zwischen dieser und der Antriebsmaschine vorzugsweise ein Differentialgetriebe
ein, derart, daß von dem Differentialgetriebe die Reibscheibe einerseits mittelbar
über die erste Reibrolle und andererseits unmittelbar angetrieben wird. Zur Verhinderung
einer übermäßigen Beanspruchung der ersten Reibrolle kann man außerdem noch zwischen
ihr und der mit gleichbleibender Geschwindigkeit laufenden Antriebsmaschine eine
sich selbst in Abhängigkeit
vom Drehmoment regelnde Brerüsvorrichtung
einschalten.
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Auf der Zeichnung ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung -dargestellt,
für den einfachen Fall, daß eine Veränderliche mit der zeitlichen Änderung einer
zweiten Veränderlichen multipliziert werden soll.
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Fig. i zeigt eine Gesamtansicht und Fig. 2 in vergrößertem Maßstabe
eine Einzelheit der Fig. i.
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Nach Fig. i treibt ein mit gleichbleibender Geschwindigkeit laufender
Motor i über Kegelräder :2 das Planetenrad 3 eines Differentialgetriebes an. Das
eine Sonnenrad 4 des Differentialgetriebes dreht über die Stirnräder 5, eine Bremsvorrichtung
6 und einen Reibungszylinder 7 die erste Reibrolle 8, während das zweite Sonnenrad
9 über die Kegelräder io unmittelbar auf die mit der Reibrolle 8 sich berührende
Reibscheibe i i einwirkt. Die Reibscheibe i i dreht ihrerseits eine zweite Reibrolle
12,e welche über. einen Reibungszylinder 13, Stirnräder 14 und ein Differentialgetriebe
15, das seinen zweiten Antrieb über die Kegelräder io und das Kegelrad 16 von der
Reibscheibe i-i erhält, mittels eines Schneckengetriebes 17 einen Gegenzeiger 18
antreibt. Dieser ist auf dem als Ring ausgebildeten Schneckenrad angebracht. Der
Hauptzeiger z9 wird in nicht dargestellter Weise fortlaufend entsprechend einer
veränderlichen Größe, z. B. dem Seitenwinkel, verstellt.
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Die Reibrolle 8 ist auf einer Schraubenspindel2o gelagert, die mittels
eines Handrades 21 drehbar ist. Mittels des Handrades 21 wird an einer Anzeigevorrichtung
22 die erste Veränderliche eingestellt. Die Reibrolle i2 ist auf einer Schraubenspindel
23 gelagert, die mittels eines Handrades -24 verstellbar ist. Die Handkurbel 24
wird so verstellt, daß der vom Reibradgetriebe angetriebene Gegenzeiger 18 mit dem
Hauptzeiger i9 ständig in Deckung bleibt. Dabei verschiebt sich, wie noch gezeigt
wird, die zweite Reibrolle 12 so, daß ihre Verschiebung und damit die Drehung der
Schraubenspindel 23 .dem Produkt aus der mit Handkurbel2i an der Anzeigevorrichtung
22 eingestellten ersten Veränderlichen und der mit der Anzeigevorrichtung 18, 19
ermittelten zeitlichen Änderung der zweiten Veränderlichen proportional ist. Demgemäß
kann das gesuchte Produkt mittels der Kegelräder 25 von der das Handrad 24 tragenden
Welle ohne weiteres abgenommen werden.
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Zur Erläuterung der durch die neue Einrichtung nachgebildeten mathematischen
Beziehungen seien die Drehzahl des Motors i mit n, die Drehzahlen der Reibungszylinder
7 und 13 mit yzl und n2, die Radien dieser Zylinder finit r1 und r2, die Drehzahl
der Reibscheibe i i mit n3 und die Drehzahl der Planetenradwelle des Differentialgetriebes
15 mit n4 sowie die Abstände der Reibrollen 8 und 12, von ihren Nullstellungen mit
a und b bezeichnet. Eine einfache Rechnung ergibt dann, daß zwischen den angegebenen
Größen folgende Beziehung besteht:
Diese Bedingung läßt erkennen, daß der Abstand b der Reibrolle 12 von ihrer Nullstellung
in der Tat dem Produkt aus dem Abstand a der Reibrolle 8 von ihrer Nullstellung
und der Drehzahl n4 der Planetenradwelle des Differentialgetriebes 15 proportional
ist, da alle in der Gleichung sonst vorkommenden Größen r1, r2 und n konstant sind.
Zu beachten ist dabei lediglich, daß, wie.übrigens auch aus Fig: i deutlich erkennbar
ist, die Nullstellungen der Reibrollen 8 und 12 in einer gewissen Entfernung von
dem Mittelpunkt der Reibscheibe i i liegen. Gemäß der obigen Gleichung befindet
sich die Reibrolle 8 im Abstande r1 vom Mittelpunkt der Reibscheibe i i in der Nullstellung,
während die Reibrolle 12 dann ihre Nullstellung hat, wenn sie vom Mittelpunkt der
Reibscheibe i i sich im Abstand n # ri befindet. Der in der obigen Gleichung auf
der rechten Seite stehende konstante Faktor @@ - Y1 bedeutet lediglich eine
r; Maßstabsänderung bei der Einstellung von b, die durch passende Wahl der Übersetzungen,
z. B. der Kegelräder 25, berücksichtigt werden kann.
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Wird gemäß der Fig. = die Größe n4 mit Hilfe des Hauptzeigers i9 und
des Gegenzeigers 18 als zeitliche Änderung irgendeiner Variablen, z. B. des Seitenwinkels,
gebildet, so liefert die mittels der Kegelräder 25 abgenommene Verstellung der Reibrolle
12 gemäß obiger Gleichung somit das Produkt aus der vorerwähnten zeitlichen Änderung
und der mittels Handkurbel2i eingestellten Veränderlichen a, als welche beispielsweise
die Geschoßflugzeit für den Treffpunkt eines Zieles benutzt werden kann.
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Die Tatsache, daß durch das Differentialgetriebe 3, 4, 9 eine wesentliche
Entlastung der Reibrolle 8 eintritt, ergibt sich aus folgender Überlegung.
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Denkt man sich zunächst die Reibrolle 8 außer Berührung mit der Scheibe
i i, so verteilt sich der Antrieb durch den Motor i durch die Wirkung des Differentialgetriebes
auf zwei getrennte Getriebeteile 4, 5, 6, 7 8 und 9, 1o, i i. Wird nun die Scheibe
ii mit einem hinreichend großen Drehmoment belastet, so wird sie stehenbleiben,
und die Reibrolle 8
wird sich mit der vollen Drehzahl des Antriebsmotors
i drehen. Bremst man nun die Reibrolle8 mit einem hinreichenden Drehmoment auf eine
geringere Drehzahl ab, so wird sich die Scheibe i i wieder drehen, und zwar um so
schneller, je mehr die Reibrolle 8 abgebremst wird.
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Die zum Abbremsen der Reibrolle 8 erforderliche Kraft kann man dadurch
verringern, daß man zwischen der Reibrolle 8 und dem Motor i eine sich selbst regelnde
Bremsvorrichtung einschaltet, die ein mit dem Antriebsdrehmoment proportional wachsendes
Bremsmoment für die Rolle 8 liefert. Eine für diesen Zweck geeignete Bremsvorrichtung
6 kann, wie aus Fig. i ersichtlich ist, z. B. zwischen den Stirnrädern 5 und dem
Reibungszylinder 7 eingeschaltet sein. In Fig. 2 ist in vergrößertem Maßstabe eine
hierfür geeignete Ausführungsform dargestellt. Die Welle 7' des Reibungszylinders
7 ist mit Schraubengängen 26 versehen, auf welche ein Rad 27 aufgeschoben ist. Das
Rad 27 liegt mehr oder weniger stark an gegen eine ortsfest angeordnete Fläche 28.
An der Berührungsstelle des Rades 27 und der Fläche 28 wird infolge Reibung ein
Bremsmoment auftreten, das dein Antriebsmoment der Welle 7' entgegenwirkt. Durch
Verändern der Gewindesteigung sowie auch durch die besondere Ausbildung der Reibfläche
zwischen den beiden Teilen 27 und 28 kann man das Andrücken des Rades 27 an die
Fläche 28 so einstellen, daß das Bremsmoment stets kleiner als das Antriebsmoment
der Welle 7' bleibt und daß damit das restliche Antriebsmoment über den Reibungszylinder
7 auf die Reibrolle 8 und damit auf die Reibscheibe i i übertragen wird. Dieses
restliche Drehmoment, d. h. also die Belastung der Reibrolle 8, läßt sich durch
entsprechende Dimensionierung der in Fig. 2 dargestellten Bremsvorrichtung in weiten
Grenzen ändern.
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Die neue Einrichtung bietet nicht nur den Vorteil, daß ein bei bekannten
Einrichtungen neben dem keibradgetriebe notwendiges Multiplikationsgetriebe in Wegfall
kommt, sondern sie hat auch noch den Vorteil, daß das gesuchte Produkt am Handantrieb
zur Verfügung steht, also als Kraftantrieb mit kleinem Umdrehungswert.
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Außer zur Bildung des Produktes aus der Geschoßflugzeit und der zeitlichen
Änderung des Seitenwinkels kann man die neue Einrichtung auch verwenden zur Bildung
beliebig anderer für artilleristische Zwecke benötigter Produkte, beispielsweise
des Produktes aus der Änderung der Zielentfernung in der Zeiteinheit der Geschoßflugzeit
u. dgl. m. Dabei kann, wenn in mehreren zu bildenden Produkten der gleiche Faktor
vorkommt, beispielsweise die Geschoßflugzeit für den Treffpunkt, die in Fig. i mittels
des Handrades 21 einstellbar ist, die gleiche Reibscheibe i i zugleich auch noch
zum Antrieb einer dritten, vierten, fünften usw. Reibrolle benutzt werden, mittels
welcher in entsprechender Weise, wie dies für die Reibrolle i2 beschrieben ist,
die zeitliche Änderung einer anderen Veränderlichen ermittelt und aus der hierfür
notwendigen Einstellung der weiteren Reibrollen die gesuchten Produkte der Geschoßflugzeit
für den Treffpunkt mit den zeitlichen Änderungen der verschiedenen Veränderlichen,
denen die weiteren Reibrollen zugeordnet sind, abgenommen werden.