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Elektrische Lokomotive für Verschiebe- und Abdrückbetrieb Die bisher
bekannten elektrischen Rangierlokomotiven besitzen auch bei größerer Motorenzahl
nur wenige Geschwindigkeitsstufen, bei denen die Motoren ohne Vorschaltwiderstände
an die vorhandene feste Spannung der Stromquelle, also an eine Akkumulatorenbatterie
im Fahrzeug oder eine Oberleitung angeschlossen sind. Diese Geschwindigkeitsstufen
reichen zwar für den allgemeinen Verschiebedienst aus, insbesondere wenn"-von der
Feldschwächung der Motoren Gebrauch gemacht wird.
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Bei Abdrückbetrieb wird hingegen eine feinstufige Regelung der Geschwindigkeit
in den Grenzen von etwa 04 bis 1,2 m pro Sek. verlangt, damit man die Fahrgeschwindigkeit
den dauernd wechselnden Erfordernissen des Ablaufbetriebes anzupassen vermag. In
diesem niedrigen Geschwindigkeitsbereich liegt im allgemeinen höchstens eine von
den Geschwindigkeitsstufen, die ohne Widerstandsvorschaltung arbeiten. Auch die
Anwendung der Feldschwächung allein ergibt noch nicht den für .diesen Betrieb befindlichen
weiten Regelbereich.
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Es kommt hinzu, daß die bisher bekannten Rangierlokomotiven mit Hauptstrommotoren
ihre Geschwindigkeit infolge der Motorcharakteristik, die durch vorgeschaltete Widerstände
ihren Hauptstromcharakter noch verstärkt zeigt, mit der Änderung der Last stark
ändern, was ebenfalls für den Abdrückbetrieb unerwünscht ist und ein stetes Nachregeln
erforderlich macht. Die Vorschaltwi.derstände, die- für die Dauereinschaltung bemessen
werden müssen, bedingen erhöhte Anschaffungskosten und infolge ihrer Verluste auch
erhöhte Betriebskosten und verteuern dadurch den Betrieb.
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Die geschilderten Nachteile einer elektrischen Lokomotive für Verschiebe-
und Abdrückbetrieb werden erfindungsgemäß dadurch behoben, daß die Fahrmotoren der
Lokomotive bei Abdrückbetrieb .mit Nebenschlußcharakteristik und mit durch Regelung
ihrer Klemmenspannung veränderlicher Drehzahl, bei Verschiebebetrieb mit Hauptstromcharakteristik
betrieben werden.
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Die mit vollständigen Hauptstrom- und Fremderregerwicklungen ausgerüsteten
Fahrmotoren können während des Ab:drückbetriebes entweder nur mit Fremderregung
oder auch mit Haupterregung und Fremderregung als Kompoundmotoren betrieben
werden.
Die Spannung,.die die Fahrmotoren speist, kann man im Abdrückbetrieb dadurch regeln,
daß der festen, für den Verschiebedienst an sich vorhandenen Stromquelle eine regelbare
Zusatzspannung zu- und gegengeschaltet wird, die etwa mit Hilfe eines besonderen,
durch Primärmaschine (Benzinmotor, Dieselmotor) oder durch von der Hauptstromquelle
gespeisten Elektromotor angetriebenen Generators, dessen Feld regelbar ist, erzeugt
wird.
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Der Zusatzgenerator kann sowohl auf der Lokomotive selbst aufgestellt
wenden und dann beispielsweise gleichzeitig als Lademaschine dienen; er kann aber
auch ortsfest angeordnet sein und die Lokomotive durch Oberleitung oder dritte Schiene
speisen.
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Auch wenn der Zusatzgenerator auf der Lokomotive aufgestellt ist,
kann die Lokomotive sowohl von dem Lokomotivführer bedient als auch durch besondere
Einrichtungen an sich bekannter Art, z. B. über eine Hilfsleitung oder elektrische
Wellen ferngesteuert werden. Bei Anwendung der w ahlweisen Steuerung erhält man;
was für kleinere Bahnhöfe von Wichtigkeit sein kann, die Möglichkeit, die Lokomotive
auch für den Abdrückbetrieb mit Lokomotivführer, also ohne Fernsteuerung, zu verwenden.
Der regelbare Zusatzgenerator, der als Leonard-Maschine ausgebildet sein kann, und
an dessen Stelle auch ein Gleichrichter treten kann, besitzt nur verhältnismäßig
kleine Leistung und ist daher sowohl in der Anschaffung wie auch im Betriebe billig.
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In dieser Beziehung unterscheidet sich die neue Rangierlokomotive
vorteilhaft von benannten Bauformen, die komplizierte und kostspielige Zusatzeinrichtungen
erforderten, wenn man die Erfüllung der gleichen Bedingungen, denen die neue Lokomotive
Genüge leistet, von ihnen forderte. Es ist bereits bekannt, daß man Fahrmotoren
bei verschiedener Betriebsform vorteilhaft auch mit verschiedener Charakteristik
betreiben kann, insbesondere also eine Umschaltung beim Übergang von Fahrt auf Bremsung
vornehmen kann. Man wußte jedoch nicht, daß man durch die gleiche Maßnahme elektrische
Rangierlokomotiven für die beiden Betriebsformen des Abdrückbetriebes und des Verschiebebetriebes
geeigneter machen kann.
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In Abb. z ist die Schaltung einer elektrischen Lokomotive gemäß der
Erfindung in einem Ausführungsbeispiel dargestellt, und zwar für den Abdrückbetrieb.
a1, a2, a3, a4 sind die Anker der vier Motoren, die von der mit dem Anker der Lademaschine
g in Reihe liegenden Batterie b gespeist werden. Die Spannung des Generators g wird
über -die Vorschaltwiderstände in seiner Erreger-Wicklung k geregelt. Die Fremderregerwicklungen
dl, d2, d3, d4 der Fahrmotoren liegen über die zur Feldschwächung benutzten Widerständen
an der Batterie b. Die Hauptstromwicklungen cl, c2, c3, c4 sollen beim Ausführungsbeispiel
im Abdrückbetrieb abgeschaltet sein, können statt dessen aber auch zur Kompoundierung
unter Parallelschaltung eines geeignet bemessenen Widerstandes verwendet werden.
Der Generator g wird von dem Dieselmotor f angetrieben.
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Die Steuerung der Anlaßwiderstände 1, die auch für den normalen Fahrbetrieb
verwendet werden können, sowie die Regelung der Spannung des Zusatzgenerators g
und die Regelung der Erregerwiderstände in und n erfolgt durch -die Schaltwalze
r mit den Belägen o, p, q. Die Schaltwalze kann sowohl von Hand durch
den Lokomotivführer als auch durch einen Hilfsmotor t über das Vorgelege s angetrieben
werden. Die Steuerung des Hilfsmotors t erfolgt durch den Umschalter v, durch dessen
Auslegen in der einen oder anderen Richtung über die Schaltwalze r eine Erhöhung
oder Erniedrigung der Spannung des Generators g und damit der Klemmenspannung der
Fahrmotoren erzielt wird. Der Hilfsmotor wird von der Batteriespannung erregt, so
daß eine Umkehr seiner Ankerspannung durch den Umschalter 7.1 eine Änderung der
Drehrichtung bewirkt.
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Der Stromwächter i unterbricht den Ankerstrom des Hilfsmotors t und
verhindert eine Weiterdrehung der Schaltwalze r, wenn die Stromstärke im Fahrmotorenstromkreis
den zulässigen Wert überschreitet. Der Leistungsbegrenzer h, dessen Spannungswicklung
an den Klemmen des Generators g liegt, unterbricht ebenfalls den Ankerkreis des
Hilfsmotors t, wenn die Leistung des Generators g den vorgeschriebenen Wert überschreitet;
er verhindert also eine Überlastung des. Dieselmotors f.
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Beim Einschalten des Motors t auf Vorwärtslauf werden zunächst die
Fahrmotoren a1, a2, a3, a4 bei konstanter Erregung über die Widerstände mit Hilfe
des Belages o angelassen. Nach Kurzschließen der Vorschaltwiderstände 1 hat man
die niedrigste Geschwindigkeitsstufe erreicht, die etwa bei o,4 m pro Sek. liegen
wird. Bei Weiterdrehung der Schaltwalze steigt die Spannung der Zusatzmaschine g
allmählich an, bis sämtliche Vorschaltwiderstände in zur Erregerwicklung k der Zusatzmaschine
durch Belag p kurzgeschlossen sind. Eine weitere Geschwindigkeitssteigerung der
Lokomotive kann dann ,durch Feldschwächung der Antriebsmotoren mit Hilfe der Widerstände
erzielt werden, die durch Belag q vor die Erregerwicklungen d1, d2, d3,
d4 gelegt werden.
Soll die Lokomotive vom Rangiermeister
aus ferngesteuert werden, so wird von den Schaltungspunkten x, y der eine an einen
Stromabnehmer, der andere an Erde gelegt. Der Umschalter v wird auf dem Gipfel des
Ablaufberges am Standort des Rangiermeisters aufgestellt. Die Zuführung des Steuerstromes
für ,den Hilfsmotor erfolgt in bekannter Weise über eine Fahrleitung und die Fahrschienen.
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Für die Fernsteuerung der Lokomotive kann man, wie in Abb.2 angegeben
ist, mit Vorteil ein polarisiertes Relais w verwenden, das sich ebenso wie die vom
Relais gesteuerten Schütze z1 und z, auf der Lokomotive befindet. Mit Hilfe des
Umschalters v der Abb. i wird dann nur die Erregung des polarisierten Relais w geändert,
so daß. von dem Standort des Rangiermeisters bis zur Lokomotive nur geringe Steuerenergien
zu übertragen sind. Eine derartige Einrichtung kann Vorteile bieten, wenn Steuergleichstrom
geeigneter Spannung zur Speisung eines Schaltmotors nicht zur Verfügung steht, da
man nach Abb.2 mit einer kleinen Steuerspannung von einigen Volt auskommt. Auch
Wechselstrom kann man zur Steuerung verwenden, wenn man statt des polarisierten
Gleichstromrelais ein Ferrarisrelais benutzt. Durch die Schütze z1 und z2 werden,
wie in Abb. 2 angedeutet ist, nun die Stromführungen des auf der Lokomotive befindlichen
Schaltmotors vertauscht.
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Bei Fernsteuerung der Rangierlokomotive unter Verw endung elektromagnetischer
Wellen kann man in bekannter Weise durch eine Wellenlänge für Vorwärtsfahrt Schlitz
z1, durch eine andere Wellenlänge für Rückwärtsfahrt Schütz z2 steuern. Die Umschaltung
von Verschiebebetrieb auf Abdrückbetrieb kann der Lokomotivführer selbst vornehmen,
so daß eine Fernsteuerung hierfür nicht erforderlich ist.
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Der Hilfsgenerator g kann durch Gegenschaltung auch beim Anfahren
benutzt werden, wenn zu seinem Antrieb ein Elektromotor benutzt wird; er gibt dann
seine überschüssige Energie an die Stromquelle oder das Netz zurück. Durch die Gegenschaltung
erreicht man in bekannter Weise eine feinstufige Regelung und erspart gleichzeitig
die Anfahrwiderstände.
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Bei ortsfester Aufstellung des Aggregates f-g wird man die Erregerleistung
für die Wicklung k zweckmäßig einer besonderen kleinen Erregermaschine mit konstanter
Spannung entnehmen. Die Zuführung der Spannung des Zusatzgenerators zur Lokomotive
erfolgt dann wieder über eine Fahrleitung oder dritte Schiene unter Verwendung der
Fahrschienen als Rückleitung.