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Verfahren zur Zerlegung von Teeren oder deren Destillaten in reine
Phenole und Neutralöle Bei der Befreiung des Teers von Phenolen soll aus wirtschaftlichen
Rücksichten eire möglichst scharfe Trennung der neutralen und sauren Teerbestandteile
angestrebt werden. Mit Hilfe von Chemikalien ist dies ohne weiteres durchführbar,
die bezüglichen Verfahren sind jedoch - besonders bei Rohmaterialien von hohem Gehalt
an höheren, schwer verwertbaren Phenolhomologen -ziemlich kostspielig, da die erforderlichen
und nur zum Teil regenerierbaren Chemikalien die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens
stark herabsetzen.
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Um die Nachteile der Verwendung von Chemikalien zu vermeiden, wurden
zur Abtrennung der sauren Teerverbindungen bereits zahlreiche physikalische Verfahren
in Vorschlag gebracht.
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Man hat z. B. versucht, die Phenole dem Teer mittels überhitzten Wassers
zu entziehen (vgl. die Patentschrift 375 7i6). An Stelle von Wasser können auch
wäßrige Lösungen von Stoffen benutzt werden, welche die Löslichkeit der Phenole
in Wasser begünstigen (vgl. S. r Zeilen. 56 bis 6o der genannten Patentschrift).
An derartigen Stoffen ist in der Patentschrift Glycerin und an einer anderen Stelle,
in der Zeitschrift »Brennstoffchemie« 4 [i923] S. 229, auch Soda und Ammoniak genannt.
Bei Temperaturen von etwa :225' C (entsprechend Überdrücken von etwa q.o Atm.) ist
es in den beschriebenen Fällen tatsächlich gelungen, qualitativ zufriedenstellende
Ergebnisse zu erzielen, doch schließen die mit der Anwendung sehr hohen Druckes
und hoher Temperatur verbundenen Schwierigkeiten sowie die bedeutenden Einrichtungs-
und Betriebskosten die industrielle Verwendbarkeit dieses Verfahrens vollständig
aus.
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Man versuchte auch jene bekannte Eigenschaft des konzentrierten Äthylalkohols
für diesen Zweck nutzbar zu machen, wonach dieser die sauren Bestandteile des Teers,
insbesondere die Phenole, sehr gut, die Kohlenwasserstoffe dagegen in geringem Maße
löst. Zufriedenstellende Ergebnisse konnten jedoch auch auf diesem Wege nicht erzielt
werden, da einerseits bei Verwendung von konzentrierteren alkoholischen Lösungsmitteln
die Trennung nicht scharf genug durchgeführt werden konnte, andererseits aber die
Verwendung von verdünnteren alkoholischen Lösungsmitteln (vgl. z. B. die Patentschrift
433:268) überaus große Lösungsmittelmengen bedingt.
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Ein weiterer Nachteil a11 der bisher bekannt gewordenen alkoholischen
Waschverfahren
ist in jenem Umstande zu erblicken, daß das alkoholische
Lösungsmittel auf destillativem Wege regeneriert werden mußte. Dieser Nachteil konnte
bis jetzt auch durch die Maßnahme, das alkoholische Lösungsmittel in der Dampfphase
oder bei mäßigem Überdruck zur Anwendung zu bringen (vgl. die britische Patentschrift
257 z51), nicht behoben werden.
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Es wurde nun gefunden, daß die Entphenolisierung der Teere bereits
bei verhältnismäßig sehr niederen Temperaturen und bei mäßigem Überdruck unter vollkommen
selbsttätiger Regenerierung des verwendeten Lösungsmittels vorgenommen werden kann,
wenn man den von Phenolen zu befreienden Rohstoff mit wäßrigem Alkohol bei durch
Erwärmen auf höchstens 150° C erzeugtem Überdruck behandelt, bis sich das Gemisch
in eine kohlenwasserstofffreie, phenolhaltige Lösungsmittelschicht und in eine phenolfreie
oder phenolärmere Ölschicht trennt, die man, ohne Aufhebung des Druckes und ohne
Unterbrechung der Erwärmung, jede für sich, zeitweise oder ständig abzieht, worauf
die abgesonderte wäßrige Lösungsmittelschicht durch Abkühlung und Aufhebung des
Druckes von neuem in zwei Schichten, und zwar in eine Phenolschicht und eine darüberstehende
Lösungsmittelschicht, zerlegt wird, welch letztere gegebenenfalls zu dem von den
Phenolen zu befreienden Rohstoff zurückgeleitet und die zurückbleibende, aus Phenolen
bestehende Schicht, nach oder ohne Fraktionierung, für sich abgelassen werden kann.
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Die Zerlegung der verschiedenen Teere bzw. Teerdestillate in Phenole
und Neutralöle erfolgt besonders scharf, wenn man mit dem Verdünnungsgrad des Lösungsmittels
noch weiter, als bei dem zuletzt erwähnten bekannten Verfahren (Patentschrift 433
268) angegeben, heruntergeht.
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Die Versuche zeigten hierbei, daß das wäßrige Lösungsmittel, z. B.
2oo/oiger Alkohol, zuerst die Phenole von stärkster, dann fortschreitend die von
weniger starker Säurewirkung löst, so daß die Trennung der einzelnen Phenole schon
im Laufe der Extraktion, demnach auch ohne Anwendung eines besonderen Fraktionierverfährens,
möglich ist.
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Das Lösungsmittel vermittelt im wesentlichen das Lösen des Phenols
in Wasser, d. h. es hat zwischen dem Teer und dem Wasser die Rolle eines Phenolüberträgers
inne. Dem wäßrigen Lösungsmittel können auch neutrale Salze, z. B. Natriumchlorid,
Natriumsulfat, zugesetzt werden, wodurch, wie die Versuche zeigen, der Reinheitsgrad
der extrahierten Phenole, offenbar infolge der Abnahme der Auflösung der Kohlenwasserstoffe,
erhöht wird. Als Ergebnis des Verfahrens werden einerseits reine Phenole gewonnen,,
andererseits der Teer von den Phenolen vollständig befreit.
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Die Höhe des Druckes und der Temperatur stehen mit der gewählten Konzentration
des wäßrigen Lösungsmittels im Zusammenhang; wird ein stark verdünnter Alkohol verwendet,
so müssen Druck und Temperatur erhöht werden, und umgekehrt. Aus wirtschaftlichen
Gründen erscheint es natürlich angezeigt, unterhalb jener Druck- und Temperaturgrenzen
zu bleiben, bei denen keine Sondereinrichtungen nötig sind, um so eher, als ja einer
der wesentlichen Vorteile der Erfindung darin besteht, " daß kein allzu hoher Druck
bzw. keine hohe Temperatur erforderlich ist. Ausführungsbeispiel Ein mit einem Rührwerk
versehener, beliebig heizbarer Autoklav wird mit einem Raumteil sog. Kreosotöls
der königl. ungar. Eisenwerke in Diösgyör (aus Braunkohlen des Borsod-Miskolczer
Kohlenreviers in einer Drehrostgeneratoranlage erzeugt), enthaltend 55
% Kreosot, und drei Raumteilen 4o°/oigen wäßrigen Alkohols gefällt und so
erhitzt, daß im Autoklav en ständig ein Druck von 6 Atm. herrscht. Nach halbstündigem
Umrühren wird die abgesonderte wäßrige, phenolhaltige, alkoholische Lösung, ohne
den Druck aufzu-Heben und die Erwärmung abzubrechen, in einen mit dem Autoklaven
verbundenen Kühler überführt. Der Kühler ist mittels einer Leitung mit einem Sammelgefäß,
z. B. einer Florentiner Flasche, verbunden, in welche der noch unter Druck stehende
Inhalt des Kühlers abgelassen wird. Die abgelassene Flüssigkeit scheidet sich im
Sammelgefäß in eine untere, aus Phenolen bestehende und eine obere, die alkoholische
Flüssigkeit darstellende Schicht. Falls 1o 1 obigen Kreosotöls und 30 1 q.oo/oigen
Alkohols in das Reaktionsgefäß gebracht werden, kann man nach vorsichtiger Absonderung
der übrigens eine sehr scharfe Trennungsfläche zeigenden unteren alkoholischen Phenolschicht
aus dieser insgesamt 3,15 kg Phenole gewinnen, welche bei der Prüfung mit Natronlauge
einen Reinheitsgrad von über 99 % aufweisen. Der wäßrige Alkohol, welcher
pro Liter noch 22 g, also insgesamt 66o g Phenole gelöst enthält, wird in das Druckgefäß
zurückgebracht und zur Extraktion der restlichen Phenolmenge verwendet. Bei der
zweiten Extraktion kann man aus der abgesonderten Phenolschicht noch weitere 1,65
kg Phenole abtrennen. Den Phenolgehalt des Lösungsmittels mitgerechnet beträgt demnach
die gesamte extrahierte Phenolmenge dem analytisch ermittelten Gesamtphenolgehalt
von 5,50 kg des ursprünglichen Öls gegenüber 5,46 kg. Das abgelassene
gereinigte
Öl zeigt mit N atronlauge geschüttelt an der Trennungsfläche nur einen schwarzen
Ring; eine Volumenabnahme des Öls ist jedoch nicht feststellbar. Das Verfahren kann
selbstverständlich auch kontinuierlich gestaltet werden, indem man für ständige
Zuführung des zu reinigenden Rohstoffes und des Lösungsmittels sorgt, die gereinigte
ölschicht sowie die phenolhaltige Alkoholschicht ständig abführt usw. Es können
auch mehrere Autoklaven und Kühler zur Anwendung gelangen, wobei einerseits der
Teer bzw. die Teerdestillate, andererseits das wäßrige Lösungsmittel in ununterbrochenem
Kreislauf gehalten wird. An Stelle des Umrührens können die beiden Flüssigkeitsarten
einander entgegengeführt werden, auch können Zerstäuber, `Värmeaustauscher usw.
angewendet werden. Da ferner das System vollständig geschlossen ausgebildet werden
kann, sind Lösungsmittelverluste fast vollständig vermeidbar.